Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik NF-Spektrumsumkehrer mit S042P


von Karl B. (gustav)



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Hi,
möchte hier den im Thread schon angedeuteten NF-Spektrums-Umkehrer 
vorstellen.
Beitrag "Re: Tonhöhenverschieber mit Eimerkettenspeicher"

Die Hauptbestandteile sind die beiden Mischer Type S042P, hier in der 
Artikelsammlung unter "Gilbert-Zelle" ausführlich erklärt werden.
https://www.mikrocontroller.net/articles/Demo_Gilbertzelle

Der Spektrumsumkehrer hier funktioniert so:
(Es liegt das Application example Seite 6 des PDFs im
Datasheet zugrunde.)

Der erste Modulator mischt die fixe, von ihm selbst
erzeugte Oszillatorfrequenz von ca.448 kHz mit der NF. Das modulierte 
HF-Signal passiert ein Keramikfilter, dessen Flankensteilheit ausgenutzt 
wird, und wird dem zweiten Modulator zugeführt, der in der wiederum von 
ihm selbst erzeugten Oszillatorfrequenz mit
Hilfe einer Kapazitätsdiode um etwa 8 kHz variabel ist.
Dessen HF-Frequenz wird nun so eingestellt, dass das obere Seitenband 
des ersten Modulationsvorgangs mit dem unteren Seitenband des 
Modulationsprozesses vom zweiten Modulator wieder in das Basisband der 
NF heruntergemischt wird.
Theoretisch mutet das recht simpel an. Das akustische Ergebnis sollte im 
Idealfalle so sauber
sein wie das als LSB(USB) heruntergemischte USB(OSB) eines 
hervorragenden SSB-Senders. (Die Amateurfunker möchten bitte einmal 
bitte weghören, wenn es jetzt allzu laienhaft wird.) In der Praxis ist 
dazu aber noch Einiges an Aufwand zu treiben.

Beim hier vorgestellten Baustein muss man also mit gewissen 
Einschränkungen rechnen:

Das NF-Spektrum wird auf Sprachspektrum eingegrenzt.
Dazu ist noch ein "Bandpass" mit 2 OPVs vorzuschalten, dessen 
Eigenschaften (S/N-Ratio und Welligkeit) besser sein sollten als 
diejenigen in der vorgestellten Schaltung.

Die NF-Eingangs-Pegel sind so einzurichten, dass diese beschriebenen 
"Dreck-Effekte" möglichts gering bleiben, sie sind nämlich 
hauptsächlich, wie (fast) überall im AM-Radio-Bereich, modulationsgrad-, 
sprich NF-Pegel-abhängig. (Auf einen Limiter wurde hier der Einfachheit 
halber bewusst verzichtet.)
Am NF-Ausgang erhält man also ein Signal, das im "Basisband" der NF 
liegt. (Es reicht z. B. zur Übertragung eine herkömmliche 
Telefonverbindung aus.) Wird dieses Signal in "Kehrlage" noch einmal 
derselben Prozedur unterzogen, also noch einmal mit Hilfe desselben 
Bausteins unter den gleichen Einstellungen umgekehrt, erhält man wieder 
das NF-Signal-im "Basisband" in "Normallage".

Das zweite Bild zeigt den Vergleich des Originalsignals in "Normallage" 
zum Signal am Ausgang in "Kehrlage". Dazu wurde das Originalsignal des 
Sinussweeps (0 Hz bis ca. 4,5 kHz) auf den im Bild unteren Kanal der 
Soundkarte gelegt, gleichzeitig dem "Inverter" zugeführt, dessen Ausgang 
mit der Frequenzantwort erhält man dann auf den oberen Kanal 
dargestellt.
(Man sieht nebenbei ganz deutlich auch das leidige Kanal-Übersprechen in 
der Soundkarte, da diese ja "Full-Duplex" aufnehmen und wiedergeben 
muss.)

Die Spiegelungsachse liegt hier bei 4600 Hz.
Ab dieser Frequenz endet die "Kehrlage". Würden höhere Frequenzen 
beaufschlagt, würden sie wieder in "Normallage" dem weiter ansteigenden 
Sinussweep mit dem Frequenzversatz von 4,6 kHz nach oben folgen.
Diese Frequenzen sollten dann zur Vermeidung dieses
Effekts durch die entsprechende NF-Vorfilterung schon von
vorne herein unterdrückt werden.
Habe bewusst ein paar Austastungen vorgenommen, die als
"Frequenzmarken" zur Orientierung dienen sollen.

erste Lücke ca. 400 Hz
zweite Lücke      ca. 1020 Hz
(Oberwelle   ca. 1550/3100)
dritte Lücke     ca. 1900 / 2700
Schwebungsnull ca. 2300
vierte Lücke ca. 3200/1200
fünfte Lücke ca: 3600/900
sechste Lücke ca. 4000/550


ciao
gustav

von Tobias P. (hubertus)


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Wie klingt denn das, wenn man das Spektrum eines Audiosignals umkehrt? 
habe ich noch nie gehört.

von Jobst M. (jobstens-de)


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Tobias P. schrieb:
> Wie klingt denn das, wenn man das Spektrum eines Audiosignals umkehrt?
> habe ich noch nie gehört.

Früher™ konnte man das auf einigen Pay-Sendern auf den analogen 
Satelliten hören.

Zirpt sehr. Zu verstehen ist nichts.


Gruß

Jobst

von Karl B. (gustav)


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Hi @hubertus,

Tobias P. schrieb:
> Wie klingt denn das, wenn man das Spektrum eines Audiosignals umkehrt?
> habe ich noch nie gehört.

In Minute 2.16 im Video
https://www.youtube.com/watch?v=pr18fj0d948
 so in etwa hört sich das dann an.

Leider ist die Tonqualität des hier vorgestellten Bausteins nicht 
annähernd so gut wie die im Video vorgestellte.
Das liegt eben daran, dass die Qualität mit den Filtern steht und fällt. 
Es müssen schmalbandigere HF-Filter verwendet werden. Hier wurden zur 
Demonstration handelsübliche TOKO 455-kHz-ZF-Filter mit 9 kHz (!) 
Bandbreite für "Mittelwellenradios" verwendet. Zur reinen 
Versuchszwecken reicht das vielleicht, ist aber  - wie schon gesagt - 
stark verbesserungsbedürftig.
Wüsste momentan nicht, wo es die schmalbandigen Dinger zu kaufen gäbe.
Und dann muss das Ganze noch am besten mit Wobbler und Markengeber 
optimal abgeglichen werden. Wollte nicht so einen grossen Aufwand 
treiben.
Das nur nebenbei.


ciao
gustav


P.S.:
Die Eingangsbeschaltung des LM386-N1 ist noch etwas eigenartig.
Man findet dazu in den Datenbüchern:
"...Ist die Abschlussimpedanz der vorgeschalteten Stufe höher
als 250 kOhm, erhöht sich der Offset..."
Deshalb wird empfohlen, Pin 2 auf Masse zu legen. Hier im Beispiel 
nicht, um eine zusätzliche Filterwirkung zu erzielen. Abgesehen davon 
ist die Eingangsimpedanz geringer als 10 kOhm gewählt. Gibt also keine 
Probs. mit Schwingneigung.

: Bearbeitet durch User
von Jobst M. (jobstens-de)


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Karl B. schrieb:
> Wüsste momentan nicht, wo es die schmalbandigen Dinger zu kaufen gäbe.

3kHz
Farnell 1448137


Gruß

Jobst

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Jobst M. schrieb:
> Früher™ konnte man das auf einigen Pay-Sendern auf den analogen
> Satelliten hören.
>
> Zirpt sehr. Zu verstehen ist nichts.
>
Klingt immer ein bisschen wie Schluesselbundklirren, find' ich.
Vor ueber 20 Jahren konnte man in Aachen analog auf UHF Canal+ aus 
Belgien empfangen. Die hatten das auch. Eigenartigerweise nicht mal mit 
der Zeilenfrequenz als Traeger, was ich erst vermutete, sondern mit 
12.8khz iirc.
Da hatte ich aber eine ziemlich einfach gestrickte Schaltung mit 
Analogschalter und einem OpAmp, die so gewirkt hat, wie ein 
Ring(De)modulator.

Gruss
WK

von Karl B. (gustav)


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Hi @Jobst M.
Danke für den Tip,


Jobst M. schrieb:
> 3kHz
> Farnell 1448137


Sehe gerade, dass bereits ein 3-kHz-Keramikfilter Type Murata CFS 455 J
eingebaut ist. (Kann man übrigens auch auf dem Bild irgendwie noch 
erkennen (gespiegelt am unteren Abschirmblech)).
Dann ist sicherlich der Abgleich die grosse Baustelle.
(Rein akustisch ist das trickreich, weil man schnell wieder im 
"falschen" Seitenband hängt, und die Verknotung der Fäden dann so extrem 
wird, dass das Aufziehen der Maschen kaum noch gelingt.)
Mein Augenmerk gilt aber zunächst der Vorfilterung (Bandpass für 
Sprachspektrum) mit ICs.
Da gibt es ja unzählige Schaltungsvorschläge im Netz.
Man sieht auch schön auf dem Spektrumsanalysebild das Rauschen am 
Ausgang.
Mit weiteren Filtern liesse sich das auch noch verbessern.

ciao
gustav

von Jakob (Gast)


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Habe ich ein Déjà-Vu, oder ist das NICHT wirklich neu?

Im Kurzwellenbereich gab es schon vor 40 Jahren Einseitenband-
Übertragungen.

Da wurde mit Ringmodulator, oder SO42 (!) die Modulation mit
unterdrücktem Träger (in der ZF-Lage) erzeugt und das jeweils
unerwünschte Seitenband mit Quarz-, oder Piezofiltern
unterdrückt. Anschließend wurde die Einseitenband-ZF auf
die gewünschte Sendefrequenz gemischt. (Evtl. auch mit einem
weiteren SO42).

Im Empfänger geschah Ähnliches rückwärts.

Durch Auswahl von USB/LSB hat man dann entweder die gespiegelten 
NF-Frequenzen, oder das originale NF-Signal demoduliert und zum
Lautsprecher geführt.

Neu ist nur, dass man das jetzt (mit dem uralten Chip) in einem
Gerät verbaut, während es damals zur Halbierung des Frequenz-
Bedarfs in den engen KW-Bändern notwendig war.

von Huh (Gast)


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Jobst M. schrieb:
> Früher™ konnte man das auf einigen Pay-Sendern auf den analogen
> Satelliten hören.

Oder auch im C-Netz...

von Karl B. (gustav)


Angehängte Dateien:

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Tobias P. schrieb:
> Wie klingt denn das, wenn man das Spektrum eines Audiosignals umkehrt?
> habe ich noch nie gehört.

Hallo,
habe heute Morgen gegen 09:25 als Audiobeispiel einmal NDR-Info 
"verdreht".

Dazu NF-Ausgang des einen Radios mit "Filter" und nachgeschaltetem 
"Modulator" verbunden, dann Ausgang "Modulator" ohne weitere Filterung 
an NF-In eines anderen Radios. Aufnahme also über Lautsprecher und in 
Kamera eingebautes Mikrophon. (Daher zeitweise etwas übersteuert.)

Als Filter wurde das Sotabeams DSP-SSB-Filtermodul verwendet, weil das 
Analogfilter (laut Schaltbild oben) mit den zwei OPAmps als 
Hochpass/Tiefpass-Filter eine zu geringe Filterwirkung aufweist.

Zumnächst wurde der "Modulator" so eingestellt, dass er mit ca. 
100-Hz-Versatz im richtigen Seitenband steht. Dann wurde ein bisschen am 
Knopf vor-  und zurückgedreht.

In Stellung "umgekehrt" versteht man garnichts, wenn man nicht weiß, was 
gerade gesagt wird. Interessanterweise ist der Mensch so intelligent, 
dass er bei mehrfacher Wiederholung eventuell doch etwas interpretieren 
kann.

Übrigens: Mittlerweile habe ich auch die Voll-Digitallösung mit 
Spezial-ICs die auf dem beschriebenen Prinzip beruht, in der Mache. 
(Hierbei kann man aber nicht so schön kontinuierlich den ganzen breiten 
Bereich durchkurbeln.)

Viel Spass

ciao
gustav

P.S.: Der leise Pfeifton (Interferenz mit Taktfrequenz des DSP) kommt 
von einer Masseschleife der Spannungsversorgung. Wenn Modulator und 
DSP-Filter völlig separate Speisespannungen bekommen, hört man nichts 
mehr an unerwünschter Interferenz mit den Modulator-"Träger"-Frequenzen. 
Ich hatte aber heute Morgen keine Lust, zwei Netzteile rauszukramen.

: Bearbeitet durch User
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