Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Frage zu drei Zeugnis-Formulierungen


von Bezeugter (Gast)


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Nach 2 1/2 Jahren im Beruf habe ich ein Zwischenzeugnis beantragt und 
erhalten.

Die Einleitung gefällt mir nicht so: "Herr X, geboren am X, trat am X 
als X in den X Sector (sic!) in die Abteilung X am Standort X in unser 
Unternehmen ein. Das finde ich etwas sperrig formuliert, und über das 
Sector lässt sich auch streiten. Nachdem ich aber vorher schon einen 
Rechtschreibfehler reklamiert hatte, weiß ich noch nicht, ob ich 
deswegen nochmal nachhake.

Das Zeugnis beginnt mit der Formulierung "Herr X verfügt über eine große 
Berufserfahrung". Ist diese Formulierung unproblematisch? Ich hatte viel 
Vorerfahrung mitgebracht, aber eben noch nicht viel Berufserfahrung. 
Kann es sein, dass dies nur eine Standard-Floskel ist?

Gegen Ende der Beurteilung heißt es "Sein Verhalten gegenüber 
Vorgesetzten und Kollegen ist jederzeit einwandfrei". Kunden werden 
nicht erwähnt, allerdings hatte ich auch nicht mit unmittelbar Kunden zu 
tun (Entwicklungsabteilung), nur mit Entwicklern, Testern, 
Produktmanagern, Fertigung usw. Ist das Weglassen der Kunden ein 
Problem?

von Bezeugter (Gast)


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Hat vielleicht jemand mit Erfahrung auf dem Gebiet eine Einschätzung, 
wie die Formulierungen zu bewerten sind?

Vielen Dank schon im Voraus!

von Timm R. (Firma: privatfrickler.de) (treinisch)


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Bezeugter schrieb:

> Das Zeugnis beginnt mit der Formulierung "Herr X verfügt über eine große
> Berufserfahrung". Ist diese Formulierung unproblematisch? Ich hatte viel
> Vorerfahrung mitgebracht, aber eben noch nicht viel Berufserfahrung.
> Kann es sein, dass dies nur eine Standard-Floskel ist?

Standardfloskel, große Berufserfahrung ist eine 2 oder eine 3, je 
nachdem, wie es weitergeht.

> Gegen Ende der Beurteilung heißt es "Sein Verhalten gegenüber
> Vorgesetzten und Kollegen ist jederzeit einwandfrei". Kunden werden
> nicht erwähnt, allerdings hatte ich auch nicht mit unmittelbar Kunden zu
> tun (Entwicklungsabteilung), nur mit Entwicklern, Testern,
> Produktmanagern, Fertigung usw. Ist das Weglassen der Kunden ein
> Problem?

Ist eine Standardformulierung, jederzeit einwandfrei ist eine 2

vlg
 Timm

von Joe F. (easylife)


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Bezeugter schrieb:
> Die Einleitung gefällt mir nicht so

Das würde ich nicht überbewerten. Der Rechtschreibfehler ist nicht 
schön, er zeugt von einer gewissen Schlampigkeit des Zeugnisausstellers, 
aber es hat nichts mit deinen Leistungen zu tun. Wenn du das Zeugnis 
nochmal überarbeiten lässt, sollte das natürlich auch gleich korrigiert 
werden.

Bezeugter schrieb:
> Das Zeugnis beginnt mit der Formulierung "Herr X verfügt über eine große
> Berufserfahrung". Ist diese Formulierung unproblematisch? Ich hatte viel
> Vorerfahrung mitgebracht, aber eben noch nicht viel Berufserfahrung.

Das "eine" klingt auch etwas sperrig - aber auch egal. Dir große 
Berufserfahrung zu attestieren würde ich insgesamt positiv auffassen. 
Wenn jemand 10 Jahre immer das gleiche gemacht hat wäre seine 
Berufserfahrung eher gering im Gegesatz zu jemandem der sehr vielseitig 
im Unternehmen gewirkt hat.

Bezeugter schrieb:
> Gegen Ende der Beurteilung heißt es "Sein Verhalten gegenüber
> Vorgesetzten und Kollegen ist jederzeit einwandfrei". Kunden werden
> nicht erwähnt, allerdings hatte ich auch nicht mit unmittelbar Kunden zu
> tun (Entwicklungsabteilung)

Du sagst es selbst: unproblematisch, da Kunden auf dich nicht zutrifft. 
Man hätte vielleicht noch "Externe" dazusetzen können, aber ich würde 
davon ausgehen, dass wenn du dich im Unternehmen einwandfrei benommen 
hast, dass du das auch nach aussen hin getan hast.

Vielleicht noch auf folgendes achten:
Deine konkrete(n) Tätigkeit(en) im Unternehmen sollten möglichst 
ausführlich, inhaltlich 100% zutreffend und mit positiver Bewertung 
beschrieben sein. Stichworte wie "zu unserer vollsten Zufriedenheit", 
"immer pünktlich", "arbeitete sich innerhalb kürzester Zeit intensiv in 
neue Aufgabenfelder ein" etc. liest man immer gerne.
Wenn sich der Zeugnisaussteller ("der Chef") hier viel Mühe gibt, stellt 
dies eine gewisse Wertschätzung deiner Arbeit dar. Floskelhafte und zu 
allgemeine Beschreibung deiner Tätigkeit hingegen lässt auf eine gewisse 
Distanz der Führungspersonen schließen, überspitzt ausgedrückt: "Chef 
weiss gar nicht so genau, was der Herr X eigentlich gemacht hat".

Dies hier könnte evtl. helfen die Standardfloskeln zu durchschauen:
http://www.jobtipps24.de/themen/tipps-arbeitszeugnis/

Dort auf die verschiedenen Unterpunkte klicken ("Zeugnis: xxxx").

: Bearbeitet durch User
von Ordner (Gast)


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Bezeugter schrieb:
> Ist das Weglassen der Kunden ein
> Problem?

Wenn der AG bei deinen Gespräch mit Kunden nicht zugange war, wie soll 
er das einschätzen? Soll er jedes deiner Kundentelefonate mithören? Soll 
er dir einen "Anstandsdame" bei Kundenkontakte zur Seite stellen?

von Stefan (Gast)


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Das Zeugnis zeigt vor allem eines:
"Ich, der Aussteller, gebe mir mit diesem Zeugnis keine Mühe, 
geschliffen und rund zu formulieren." Auch das ist Teil des 
"Zeugniscodes", den es in Reinform übrigens gar nicht so gibt. Den 
Ausdruck mangelnder Wertschätzung, der da zum Ausdruck kommt, den hast 
Du schon richtig verstanden.

"eine große Berufserfahrung" klingt z.Bsp. so bescheuert, dass der Leser 
denkt, du leidest an Selbstüberschätzung und seiest die letzte Flasche.

Ein Rechtsschreibfehler im Zeugnis ist übrigens auch als eindeutige 
Botschaft bekannt.

Ungeschliffene Formulierungen sagen so etwas aus wie: "Zeugnisse für 
Low-Performer wie Herrn/Frau Y schreibt bei uns ein Praktikant."

Schmeiß das Zeugnis in den Müll. Wenn Du dich neu bewerben willst aus 
einer Stelle heraus, dann tu es einfach. Du brauchst kein Zeugnis.
S.

von Rick M. (rick-nrw)


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Bezeugter schrieb:
> Herr X verfügt über eine große Berufserfahrung

Heisst, du hast viel Erfahrung - setzt die aber nicht um.

von Bezeugter (Gast)


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Hallo Timm Reinisch, hallo Joe F.,

danke für die Hinweise :) Vielleicht bin ich auch zu kritisch. Andere 
Formulierungen ("stets zu usnerer vollsten Zufriedenheit" usw.) klingen 
ohnehin besser.

Danke für die Antwort, Stefan. Von anderen Rückmeldungen und dem Zeugnis 
her denke ich, dass Deine Interpretation deutlich zu negativ ist.

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