Forum: HF, Funk und Felder Leiterplattenentwurf: HF und Mikrokontroller - was muss man beachten?


von Harald H. (harald_horn)


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Hallo,

ich plane grade an einem Kreuzschienenverteiler für Antennen/Funkgeräte 
mit Mikrocontroller-Steuerung herum.
Das Gerät soll HF-Leistungen im Bereich bis 100W verteilen (nicht unter 
Last schlaten!) bei Frequenzen bis 50MHz.

Da ich bisher noch nie einen Kontroller im HF-Umfeld eingesetzt habe, 
frage ich mich nun, was ich beim Entwurf alles beachten sollte. Ich habe 
Sorge, daß die HF die Steuerung stören wird.

Die Relais sollen über SPI, Schieberegister und UDN2981 angesteuert 
werden.

Ich bin für alle Ratschläge offen...

Gruß,
Harald

von Harald H. (harald_horn)


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So,

ich hab mit jetzt mal schon mal selbst ein paar Gedanken gemacht.

- Der Controller-Teil wird hinter den Schieberegistern optisch 
entkoppelt und kommt unter einen Blechdeckel mit Massefläche auf der 
anderen Layer.
- Bleibt noch das Problem, daß ich dann immer noch die Eingänge der 
ULN2981 der HF-Umgebund aussetzen muss.

Wie löst man das?

TIA,
Harald

von Ralph B. (rberres)


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Harald H. schrieb:
> ULN2981

Direkt zwischen Steuerpin und Masse des ULN2981 keramische Kondensator 
10nF legen und die Steuerspannung über einen Widerstand einkoppeln.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Es wird ja wohl noch moeglich sein, die HF so zu fuehren, dass nichts 
abstrahlt. Es sind ja schliesslich Relais.

von Harald H. (harald_horn)


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Sapperlot W. schrieb:
> Es wird ja wohl noch moeglich sein, die HF so zu fuehren, dass nichts
> abstrahlt. Es sind ja schliesslich Relais.

Danke für den Hinweis - aber ich dachte, ich hätte klargemacht, daß ich 
just genau das wissen möchte: Wie macht man das? Ist mein erstes 
Platinen-Projekt im HF-Bereich...

Gruß,
Harald

von H-G S. (haenschen)


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Am besten du verminderst die EMI-Abstrahlung des potentiell störenden 
Signals. Da gibt es diverse Techniken, du könntest dir Literatur 
besorgen.

Soetwas zB.:
https://de.scribd.com/doc/6657039/High-Speed-Digital-Design-A-Handbook-of-Black-Magic

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Namensvetter,

> ich plane grade an einem Kreuzschienenverteiler für Antennen/Funkgeräte
> mit Mikrocontroller-Steuerung herum.
> Das Gerät soll HF-Leistungen im Bereich bis 100W verteilen (nicht unter
> Last schlaten!) bei Frequenzen bis 50MHz.
>
> Da ich bisher noch nie einen Kontroller im HF-Umfeld eingesetzt habe,
> frage ich mich nun, was ich beim Entwurf alles beachten sollte. Ich habe
> Sorge, daß die HF die Steuerung stören wird.

Deine Sorge ist vollkommen berechtigt. Ich durfte mal Firmware für AVR 
in Antennenschaltungen entwickeln.

Nach Deiner Frage bist Du in einer schlimmen Situation:
1. Sollte der Kunde eine Neukonstruktion verlangen wegen einer 
unerwünschen Einkopplung, dann stammt die bestimmt von DEINEM Prozessor 
und DU bist der ideale Sündenbock.
2. Deiner Frage nach fehlt Deiner Firma die Erfahrung um EMV, Hardware, 
Einkopplungen, Messtechnik und Simulation. Ihr habt noch nicht einmal 
eine Schaltung mit uC und HF-Wegen aufgebaut und gemessen, was da 
passieren kann, was dagegen getan werden muss und warum die schön 
billigen Gehäuse viel zu teuer werden.
Der Vertrieb Deiner Firma bräuchte diese Kenntnisse auch, damit er vor 
Abgabe seines Angebots, das die Ausschreibung gewinnt, weiß, warum er in 
der Fremde eine "höhere Herausforderung" gefunden haben muss, bevor das 
Controlling die Phase "learned lessons" über sein so tolles Vorhaben 
eröffnet.

Dein bester Verbündeter wäre dann der Techniker beim Kunden, der von all 
dem eine Ahnung hat - und der aus dem Gerät ja auch keine Baustelle wie 
Flughafen Berlin-Brandenburg machen will.


Zu dem Gerät, zu dem ich beitragen durfte:
1. Das Gehäuse für Prozessor im einen Fach und Antennenschaltung im 
anderen war Aluminium, aus dem Vollen gefräst mitsamt der Zwischenwand. 
Die Deckel festgeknallt mit M3-Schrauben im Abstand von 1-2 cm. 
Umlaufendes Leitgummi erinnerte an eine Zylinderkopfdichtung.
2. Ein Flachbandkabel verband die beiden Einheiten. Taktfrei. Nur DC. 
Tiefpass vor jeder Ader, die das uC-Fach verließ, und nach jeder Ader, 
die in das Antennenfeld eintrat.
3. Alle freien Pins des Prozessors waren intern abgeschaltet.

> Das Gerät soll HF-Leistungen im Bereich bis 100W verteilen
Mein Gerät schaltete Antennensignale auf Funkempfänger. Die Kunden wären 
über einen Peak im Rauschflur sehr verärgert gewesen.
Die Konstruktion in der Firma hat die Störfestigkeit simuliert.
Es kommt da nicht auf die Spitzenleistung an, die geschaltet wird, 
sondern auf die minimale Leistung, die in die Signalwege eingekoppelt 
werden darf.

Etwas weniger Aufwand wäre wohl möglich, wo Sendesignale an 
Sendeantennen zu schalten sind.

Vorschlag: Erwirke, dass der Kunde eine Vorerprobung fordert:
1. Du stellst die Schaltung deiner Firma so vor, wie Dein Vorgesetzter 
dir für optimal hält. Dein Prozessor, Deine digitale Schaltungen und 
Deine Relais laufen irgendwie.
2. Der Kunde lässt in einem EMV-Labor prüfen, ob seine Forderungen 
bezüglich maximal erlaubter Einkopplung erfüllt sind.
Ist er zufrieden, ist gut. Andernfalls erzählt Dein Kunde Deinen 
Vorgesetzten, was sie Dir nie glauben würden.

Ciao
Wolfgang Horn

von blubb (Gast)


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Bei anderen Projekten dieser Art schauen wie es gemacht wurde:
https://remoteqth.com/6x2-antenna-switch-control.php

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, blubb,

> Bei anderen Projekten dieser Art schauen wie es gemacht wurde:
> https://remoteqth.com/6x2-antenna-switch-control.php

Ja, wenn nur Sender auf Sendeantennen zu schalten sind, dann kann die 
EMV entsprannter und billiger ausgeführt werden.

Ein Antennenschalter gleicht nicht jedem anderen, sondern die 
Anforderungen des Kunden sind zu beachten - und zu erfüllen.

Ciao
Wolfgang Horn

von Axel R. (Gast)


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Hallo zusammen

@Wolfgang
von welchem Kunden redest Du?
Ich glaube, er will sich (für sich selbst) einen Antennenumschalter 
basteln...

Gruß
Axel

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Axel,

> @Wolfgang
> von welchem Kunden redest Du?

Ich meine halt, in den Worten des Harald als TO eine professionelle 
Aufgabenstellung erkannt zu haben.
Dann gebe ich lieber eine Antwort, die dazu passt, als eine Antwort, die 
einem Bastler recht wäre.
,
> Ich glaube, er will sich (für sich selbst) einen Antennenumschalter
> basteln...
Klar, würde ich das auch glauben, dann hätte ich auch eine Zigarrenkiste 
als Gehäuse akzeptieren können.

Was der TO nicht angibt, das muss man sich halt selber denken.

Ciao
Wolfgang Horn


P.S.: Da ist noch ein weiteres Motiv, Axel: Den professionellen 
Herstellern, die von Amateur-Buden bedrängt werden, etwas von diesem 
Druck zu nehmen.
W.H.

von Flachpfeife (Gast)


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Es gibt HF Relais, sie sind hermetisch geschlossen mit 50 Ohm SMA in und 
50 Ohm SMA Out. Diese Relais verbindet man nun mit Semirigid. Da kann 
man GHz drueber lassen und nichts strahlt ab. Man kann nun aber auch 
etwas mit KFZ Relais probieren, indem man die kapselt. Wichtig ist, dass 
die Wege kurz sind.

von Ralph B. (rberres)


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Flachpfeife schrieb:
> Es gibt HF Relais, sie sind hermetisch geschlossen mit 50 Ohm SMA in und
> 50 Ohm SMA Out. Diese Relais verbindet man nun mit Semirigid.

Naja 100W über SMA Buchsen zu führen hätte ich meine Bedenken.

Diese Relais sind in der EHF zu Hause und findet man eher in 
Mikrowellenmessgeräte. Da ist dann auch Semirigid Kabel angesagt.

Bei KW mit 100W ( und eventuell auch mehr? ) würde ich eher zu normalen 
Relais mit kräftigen Kontakten tendieren. Dicke HF Relais gibt es zwar 
auch sind aber unbezahlbar wenn sie was taugen.


Ralph Berres

von Flachpfeife (Gast)


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Wenn wir denn mal die Frequenz wuessten.. Ich habe mal DIL Reed Relais 
ausgemessen. Damal gab's welche mit Schirm zwischen Spule und 
Relais-Schalter-Roehrchen. Ich glaube mich zu erinnern, es ist mehr als 
20 Jahre her, bei 100MHz eine Isolation von 30-40dB erreicht zu haben. 
Jeweils mit einem SPDT, dh Umschalter, der nicht verwendete Kontak auf 
einen Abschluss.
Und zwei von solchen in Serie ergaben 50-60dB oder so. Auf alle Faelle 
die Ansteuerung vom HF Teil trennen, dh die Steuerleitungen so kurz wie 
moeglich im HF Bereich und durchgangsgefiltert auf die Steuerseite.

Fuer KW Frequenzen wuerd ich's tatsaechlich mit KFZ Relais versuchen und 
ein paar Messungen machen.

von Gerhard O. (gerhard_)


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In Anbetracht meiner Jahrzehntenlangen Erfahrungen mit HF Design im UKW 
Bereich würde ich halt folgendes vorschlagen:

Der HF Schaltungsteil muß komplett abgeschirmt und nach Möglichkeit in 
50Ohm Technik verdrahtet werden. Auf der PCB bedeutet dass, z.B 
Mikrostrip Leitungen zu verwenden und natürlich deshalb eine zweiseitig 
durchkontaktierte Leiterplatte. Alle HF führende Buchsen müssen 
fachgerecht HF mäßig angeschlossen werden. Dafür gibt es spezielle 
Koaxial Buchsen die zum Teil für Mikrostrip gedacht sind. Bei den Relais 
aufpassen, dass man kapazitätsarme Ausführungen mit kurzen 
Kontaktführungen und Zuleitungen verwendet. Idealerweise sollten 
richtige HF Relais eingesetzt werden. Omron stellt ein paar PCB-Typen 
her die bei 50Mhz noch mehr als 50dB Isolation haben und nicht sehr 
teuer sind.

Es muß allerdings untersucht werden wieviel Übersprechen die 
angeschloßene Funkgeräte verkraften können. Sonst muß man mehr Aufwand 
treiben.

Die Spulenzuleitungen müssen verdrosselt werden und idealerweise durch 
eine eigene abgeschirmte Kammer mit Durchführungsfilter geführt werden. 
Wer mal einen früheren RS Meßsender von innen begutachtet hat, weiß was 
ich meine und welcher Aufwand dort getrieben wird. Richtig bemessene 
Durchführungsfilter und Kondensatoren sollten hier selbstverständlich 
sein.

Die Shiftregister und Treiber können in dieser Kammer eingebaut werden 
solange man die Zuleitungen HF mäßig filtert um Zuleitungen zu ersparen.

Die uC Steuerung sollte ähnlich abgeschirmt und gefiltert werden, so daß 
sogenannte "vagabundierende Hochfrequenz" die durch mangelhafte 
Schirmung im Umfeld der Geräte und auch Antennen nicht beeinflußt werden 
kann. Der uC Teil kann sich natürlich auch in der abgeschirmten Kammer 
befinden solange man alles beachtet.

Wenn Steuerung und Relais Baugruppe getrennt sind muß ein ausreichend 
geschirmtes Kabel verwendet werden. Die Abschirmung dieses Kabel muß 
fachgerecht mit der Aussenseite der Abschirmwandungen verbunden werden. 
Durchführen dies Kabel mit Innenverbindung ist abzulehnen weil die HF 
Ströme auf der Aussenseite fliessen. Es darf unter keinen Umständen 
passieren dass irgendeine Zuleitung ohne HF gerechte Abschirmung in das 
Innere gelangt. Gehäusedeckel müssen HF sicher schliessen.

Nur wenn man alles dies Punkte konsequent beachtet hat man eine robuste 
Schaltung die auf HF nicht reagiert.

Ich habe solche Methoden auch schon in 1KW Hf Endstufen ohne 
irgendwelche Probleme eingesetzt.

Ich konstruierte mal eine MOSFET 750w CO2 Laser HF Quelle für 72 MHz wo 
auf engsten Raum (Größe 1L Milchkarton und Wasserkühlung) die gesammte 
Steuer und Schutzelektronik eingebaut war. Es geht also wie das beweist.

Wem dieser Aufwand zu viel oder zu teuer erscheint muß halt knüffeln und 
probieren. Man zahlt halt oft viel Lehrgeld. Auch hilft es HF Meßgeräte 
wie Spectrum Analyzer und die sonstigen Verdächigen im Labor zu haben.

Mit Ferrithülsen kann man auch zum Teil Probleme beheben.

Jedenfalls, wenn man sich auf bewährte altmodische Methoden der HF 
gerechten Konstruktion verläßt wird auch gute Erfolge haben. Nichts 
rächt sich in HF Anwendungen mehr wie HF ignorante Verbilligung.

Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von Gerhard O. (gerhard_)


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Im Angang sind ein paar Bilder von der besagten HF Einheit wo auf 
engstem Raum bis zu 750W (600W nom.) an HF in Dauerleistung erzeugt 
werden. Wie einige Bilder zeigen ist die empfindliche Steuerelektronik 
nur durch eine Trennwand von den Hochleistungs Baustufen entfernt. Die 
Steuerelektronik dient für Fernsteuerung, Modulation und Schutz der 
Hochleistungsverstärker Stufen. Man kann bei voller Ausgangsleistung die 
Last abstecken ohne Schaden zu nehmen. Stromaufnahme ist 45A bei 28V. 
Die entstehende Verlustleistung wird mit Wasser abgeführt.

Beitrag "Zeigt her Eure HF Kunstwerke"

Leider habe ich keine besseren Bilder.

Was hat das mit der Frage des TO zu tun? Naja, es zeigt, daß Elektronik 
auch in der Nähe von hohen HF Pegeln funktioniert solange man die HF 
dort behält wo sie hingehört.

: Bearbeitet durch User
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