Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Pronomen in wissenschaftlicher Arbeit


von enge (Gast)


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Hallo!

Vielleicht eine etwas "komische" Frage: Wie haltet man es eigentlich mit 
den Personalpronomen in einer wissenschaftlichen Arbeit?

Habe gerade für das Studium eine Thesis gelesen, die von einem Autor 
geschrieben wurde, allerdings verwendet dieser Autor durchgehend "we". 
"We present a new method for... There we agreed upon using Method 
A....".

Bisher kannte ich vorallem die Anwendung des Passivs.

Daher meine Frage: Was ist üblich? Mir kommt diese Verwendung von "we" 
irgendwie recht unprofessionell vor und abgesehen davon auch sehr 
eigenartig, da es ja nur einen Autor gab.

von Migel C. (migelchen)


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enge schrieb:
> Daher meine Frage: Was ist üblich? Mir kommt diese Verwendung von "we"
> irgendwie recht unprofessionell vor und abgesehen davon auch sehr
> eigenartig, da es ja nur einen Autor gab.

Hallo,

also ich kenne das auch so, dass solche Arbeiten auch eher passiv 
geschrieben werden, aber dieses "we" kann man durchaus missverstehen.
Auch wenn es nur einen Author der Arbeit gibt, heißt es nicht, dass auch 
nur eine Person an dem Thema gearbeitet hat.
Genauso ist es durchaus üblich, als "wir" im Sinne von uns als 
Unternehmen oder Forschungsgruppe / -abteilung zu sprechen.

Dann macht das schon einen anderen Eindruck.
Viele Firmen, die wissenschaftliche Arbeiten unterstützen / anleiten, 
sprechen gerne vom "wir", auch wenn nur eine Person die ganze Arbeit 
vielleicht erledigt hat. :)
Nach außen hat aber das Institut diese Arbeit ermöglicht und die 
einzelne Person hat diese durchgeführt und dokumentiert.

Vielleicht ist das ja hier ähnlich.
Aus den gegebenen Satzschnipseln kann man aber nicht viel in diese 
Richtung ableiten.


Gruß
Migelchen

: Bearbeitet durch User
von Np R. (samweis)


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Eine wissenschaftliche Arbet soll neue Informationen über die Natur (der 
Dinge) dokumentieren.
Sie muss personenunabhängig verifizierbar sein.

Da bleibt eigentlich für "ich", "wir", "du" und "die Anderen" wenig 
Raum. Es ergibt sich einfach nicht die Notwendigkeit, diese Pronomen 
überhaupt zu benutzen - es sei denn man möchte unbedingt seine eigene 
Eitelkeit zur Schau stellen (wobei das dann mehr ein Thema für den 
Bereich Püschologie wäre...).

Es muss doch wurscht sein, ob "ich" das gemacht habe oder ob jemand 
anderes dasselbe macht.
Wenn nicht, dann kommt am Ende heraus:
" Ich habe meine Hände aufgelegt und schon hat's geklappt. "
Vielleicht sehen die Dissertationen im Fachbereich Esoterik ja so aus...

von Tommi (Gast)


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Mein Betreuer hat gesagt, Das singulare wir dürfe man nur als 
Krankenschwester verwenden: "Wie gehts uns denn heute?"
:-)

Prinzipiell sollte, wie du gesagt hast, eher das Passiv verwendet 
werden, insbesondere bei technischen Beschreibungen. Dagegen gibt es 
auch Situationen/Beschreibungen, wo klargestellt werden soll, dass man 
das selbst durchgeführt hat (und sich nicht auf Literatur etc. stützt). 
Durch geeignete Formulierungen kann man das ich/wir aber eigentlich 
immer vermeiden.

Im Englischen scheint es mir aber eher möglich zu sein "we" zu verwenden 
wie im Deutschen das "wir".

von Cyblord -. (cyblord)


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Tommi schrieb:
> Mein Betreuer hat gesagt

in welcher Einrichtung bist du denn Untergebracht? Und warum lassen die 
euch da ins Internet?

von Clemens L. (c_l)


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enge schrieb:
> Was ist üblich?

deutsch: passiv
englisch: we

Im Zweifelsfalls musst du selber herausfinden, was in deinem speziellen 
Bereich üblich ist.

von Tommi (Gast)


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Cyblord -. schrieb:
> in welcher Einrichtung bist du denn Untergebracht?
:-)
Im Irrenhaus, manche sagen auch Uni...

von meckerziege (Gast)


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Im deutschen ist die erste Person unüblich in wissenschaftlichen 
Arbeiten. Im englischen ist das völlig in Ordnung, wobei ich das selbst 
jetzt aber auch nicht überstrapazieren würde.

Aber bitte auch darauf achten, was bei euch im Fachbereich bzw. der 
Community so üblich ist.

von Richard H. (richard_h27)


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np r. schrieb:
> Da bleibt eigentlich für "ich", "wir", "du" und "die Anderen" wenig
> Raum. Es ergibt sich einfach nicht die Notwendigkeit, diese Pronomen
> überhaupt zu benutzen - es sei denn man möchte unbedingt seine eigene
> Eitelkeit zur Schau stellen (wobei das dann mehr ein Thema für den
> Bereich Püschologie wäre...).

Wir teilen seine Sichtweise.

von Vancouver (Gast)


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In vielen englischsprachigen Arbeiten wird das "we" verwendet, also der 
Paper-Style. Mein Betreuer meinte damals, das sei auch in Ordnung, weil 
ja auch andere (z.B. die Betreuer) ihren Beitrag dazu geleistet haben. 
Andererseits muss der Autor in der eidesatttlichen Erklärung das 
Gegenteil unterschreiben, nämlich dass er die Arbeit alleine verfasst 
hat. Insofern ist "we" sachlich falsch, denn es gibt kein "wir" in 
diesem Fall. Personen, die in irgendeiner Weise an dieser Arbeit beteilt 
waren, kannst Du in der Danksagung erwähnen, aber die wissenschaftliche 
Arbeit ist auf Deinem Mist gewachsen. Bleibt also entweder "I" oder das 
Passivum. Die Ich-Form ist formal richtig, wirkt aber etwas narzistisch, 
besonders in Abschnitten, wo das Ich sehr häufig vorkommt. Das Mittel 
der Wahl ist daher das Passivum. Es ist formal richtig, stilistisch am 
saubersten und lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers nicht auf unwichtige 
Nebenschauplätze. Einzig in der allgemeinverständlichen Einleitung 
kannst Du notfalls die Ich-Form verwenden, weil Du dem Leser hier 
komprimiert klarmachen willst, was Du geleistet hast in Deiner Arbeit.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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https://de.wikipedia.org/wiki/Pluralis_Majestatis
...um eine Person, meist einen Herrscher, als besonders mächtig oder 
würdig auszuzeichnen...
Mein Gott!
Danke, Majestät reicht als Anrede.

von Jack (Gast)


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Christoph K. schrieb:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Pluralis_Majestatis
> ...um eine Person, meist einen Herrscher, als besonders mächtig oder
> würdig auszuzeichnen...
> Mein Gott!
> Danke, Majestät reicht als Anrede.

Na ja, wenn Ihre Majestät sich bis zum Verweis auf den Duden 
durchgeklickt hätte, hätten Ihre Majestaet geruhen zu sehen, dass drei 
spezielle Formen bekannt sind:

http://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/pluralis-majestatis-pluralis-modestiae-und--krankenschwesternplural-

- Pluralis Majestatis

- Pluralis Modestiae

- Krankenschwesternplural

Daneben wird, aber offensichtlich nicht vom Duden, gelegentlich noch der

- Pluralis Auctoris

(Autorenplural) unterschieden.

Bei dem "wir" in wissenschaftlichen Arbeiten handelt es sich häufig um 
den Pluralis Modestiae oder Pluralis Auctoris, nicht den Pluralis 
Majestatis. Da eine Verwechselung mit dem Pluralis Majestatis oder gar 
dem Krankenschwesternplural nicht ausgeschlossen ist und da die 
Schreibweise als veraltet gilt, sollte man trotzdem das "wir" in 
deutschen wissenschaftlichen Aufsätzen vermeiden.

Ich muss gestehen, meine Diplomarbeit von Anno Tobak habe ich das "wir" 
verwendet. Wenn ich das heute lese lache ich mich kaputt. Ich habe zwei 
Ausreden: 1. Das war damals so, und 2. ist eine Diplomarbeit keine 
zitierfähige wissenschaftliche Arbeit.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Hat Guttenberg das "wir" benutzt?

„Auf diesen Punkt wollen wir nicht weiter eingehen …“
https://de.wikipedia.org/wiki/Pluralis_Auctoris

von Dr. Faust (Gast)


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Jack schrieb:
> Ich muss gestehen, meine Diplomarbeit von Anno Tobak habe ich das "wir"
> verwendet. Wenn ich das heute lese lache ich mich kaputt. Ich habe zwei
> Ausreden:

Statt dir irgendwelche Ausreden auszudenken, könntest du auch einfach 
zugeben, dass du unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidest. 
;)

von nfet (Gast)


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Habe meine Arbeit komplett im passiv auf Englisch geschrieben, fand das 
aber um ehrlich zu sein grausam!
Es heißt ja immer man soll klar und verständlich schreiben, genau da 
wirken die Passivkonstrukte aber meiner Meinung nach nicht gerade 
förderlich.
Und so kam es, dass auf wundersame Weise die Dinge, die für diese Arbeit 
erforderlich waren, erledigt wurden. Höchstwahrscheinlich waren höhere 
Mächte am Werk, der Autor aber war es bestimmt nicht, der hätte das ja 
sonst mal rein geschrieben.

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