Forum: HF, Funk und Felder Interdigitalfilter Entwurf


von G. Ast (Gast)


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Hi,
ich versuche für 2.45 GHz ein Bandpassfilter als Interdigitalfilter auf 
Rogers RO4350B zu entwerfen. Ich benötige ein Chebyshev Filter 7. 
Ordnung, um meine Anforderungen zu erfüllen. Mittels dem Zverev habe ich 
die Prototypen Tiefpass Elemente bestimmt.

Nun habe ich die benötigten Koppelfaktoren zwischen den einzelnen 
Resonatoren berechnet, sowie die externe Güte des ersten und letzten 
Resonators. Die Werte sind auch absolut plausibel. Beispielsweise 
beträgt der Koppelkoeffizient vom 1. zum 2. Resonator 0.0315. Wenn ich 
nun jedoch eine FEM-Simulation mache von den gekoppelten Lambda/4 
Resonatoren, und eine Kopplung von nur 0.0315 realisieren will, dann 
muss ich meine Resonatoren bereits in einem Abstand von über 6 mm 
voneinander platzieren. Ansich kein Problem, jedoch wird so die 
Einfügungsdämpfung gross. Was mache ich falsch, wie entwirft man ein 
Interdigitalfilter richtig?

von Gerhard H. (ghf)


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Ich habe mal vor einem guten Dutzend Jahren sowas gemacht, für 
Amateurfunkzwecke. Das ging am besten durch educated guess und dann cut 
& try mit einem Electromagnetics-Simulator. Die Sache ist dann 
irgendwann im Sande verlaufen, ich glaube, der AO-40 wurde nie gestartet 
oder ging nicht und nach Plattenproblemen hab' ich mir dann nicht mehr 
die Mühe gemacht, das ordentlich zu recovern.

Ich habe das Design Kuchenstückfilter genannt; es ist ziemlich 
platzsparend. Wo der viele Strom fließt, ist der Resonator dünn und hat 
viel Induktivität, wo viel Spannung herrscht ist er breit und hat viel 
Kapazität. Das beschädigt auch die Obertonresonanzen sehr schön, weil 
diese Verhältnisse dort nicht zutreffen.

Bild: Raster = 10 mil, Rogers 5870, 0.5mm.

Ich habe das später noch zum Exzess getrieben: Die induktive Hälfte nur 
eine Leiterbahn bis zum Via, die kapazitive Hälfte ein fast 
quadratischer Patch. Das lässt sich schön ineinander schieben und die 
Kopplung kann man gut einstellen. Die rechteckigen Strukturen waren sehr 
EM-Simulator-freundlich. Der Empower war etwas zickig, wenn die 
Symmetrie nicht absolut exakt war.

Ich kann die Filter- und Oszillatorbücher von Randall Rhea nur 
empfehlen.

Gruß, Gerhard

: Bearbeitet durch User
von Gerhard H. (ghf)


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Ich finde zwar auf die Schnelle nicht mehr die Simulationen hierfür, 
aber immerhin Photos. Und weil ich zufällig gerade ein 2400MHz-Filter 
für die Abtastrate eines schnellen ADCs brauche, habe ich vor ein paar 
Tagen auch die Passbänder gemessen.
(Die Filter sind alt, aber der VNA noch neu, zumindest bei mir.)

Bungard FR-4, 0.8mm
Vermutlich kann man da noch dies & jenes verbessern. Z.B. die Portkabel
wegkalibrieren, hab' ich nicht gemacht; war nur zur Übersicht.

Beim Stepped impedance filter koppelt es kaum vom Patch auf die dünne 
Stripline, die ist dort ja fast geerdet. Es koppelt recht stark über die 
Kanten zwischen den rechteckigen Patches, das kann man gut einstellen.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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G. Ast schrieb:
> dann
> muss ich meine Resonatoren bereits in einem Abstand von über 6 mm
> voneinander platzieren.

Das bedeutet, dass viel vom Feld durch die Luft geht.
Du wirst dann den Einfluß des Deckels zu spüren bekommen, evtl. auch 
Gehäuseresonanzen und, falls die Resonatoren nicht in getrennten Kammern 
untergebracht sind, auch die direkte Kopplung zwischen Eingang und 
Ausgang.

von G. Ast (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Das bedeutet, dass viel vom Feld durch die Luft geht.
> Du wirst dann den Einfluß des Deckels zu spüren bekommen, evtl. auch
> Gehäuseresonanzen und, falls die Resonatoren nicht in getrennten Kammern
> untergebracht sind, auch die direkte Kopplung zwischen Eingang und
> Ausgang.

Hi Hp,

ja das kann schon sein. Wie kann ich bewirken, dass mehr vom Feld durch 
das Substrat geht? oder soll ich in der Simulation einfach den Deckel 
noch berücksichtigen? im Moment habe ich vorgesehen, dass oben offen 
ist, was so auch in der Simulation berücksichtigt ist, d.h. oberhalb des 
Filters ist Freiraum.



Gerhard H. schrieb:
> Bungard FR-4, 0.8mm
> Vermutlich kann man da noch dies & jenes verbessern. Z.B. die Portkabel
> wegkalibrieren, hab' ich nicht gemacht; war nur zur Übersicht.

Hi Gerhard,
WOW, du hast es sogar auf FR4 hinbekommen! das möchte ich eigentlich 
auch. Ich will nicht unbedingt Rogers einsetzen, FR4 wäre mir lieber. 
Mit dem etwas höheren Insertion Loss könnte ich leben. Das Problem ist 
aber, dass beim FR4 die Verluste schon gigantisch werden, wenn die 
Resonatoren so weit von einander entfernt sind. Bei dir sind sie ja noch 
recht nahe beieinander.

Grundsätzliche Frage:

Mein Filter soll bei 2400 MHz die untere Grenzfrequenz haben und bei 
2350 MHz bereits wenigstens 60 dB dämpfen. Nach den Nomogrammen im 
Zverev müsste das mit einem Chebyshev Filter Ordnung 7 und Rippel 0.5 
dB gehen. Eine SPICE Simulation des idealen Filters zeigt, dass dem auch 
wirklich so ist. Die obere Grenzfrequenz soll bei 2500 MHz liegen, und 
bei 2550 MHz soll die Dämpfung wenigstens 50 dB betragen. Auch das 
erreiche ich mit dem genannten Filter. Die Realisierung wird aber 
schwierig, weil die Kopplung der Resonatoren extrem lose sein muss. 
Bedeutet es, dass es gar nicht möglich ist, dieses Filter als 
Interdigitalfilter zu realisieren, weil durch die benötigte lose 
Kopplung die Abstände einfach zu gross werden?

von Gerhard H. (ghf)


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Scheint mir zu ambitioniert zu sein. Das stepped imp. Filter liegt ja 
auch bestimmt 30 MHz zu tief. Bei FR4 kann eps-r beträchtlich schwanken, 
je nach Glasfaser / Epox-Verhältnis. Man kann sich natürlich auf einen 
bestimmten Hersteller kalibrieren.

Wenn der Deckel viel Einfluss hat, bedeutet das natürlich auch 
Abstrahlungsverluste wenn man ihn weglässt. Das geht zu Lasten des Q.

Dickes Substrat = gutes Q wenn man die Abstrahlung verhindert, dünnes 
Substrat = schlechteres Q bei weniger Kopplung. Der induktiv wirksame 
Teil der Striplines ist besser "portabel" auf unbekanntes 
Platinenmaterial als der kapazitive.

Im Strombauch spielt eps-r kaum eine Rolle, allenfalls die Glattheit der 
Kupferfolie. Bei FR-4 ist sie rauher, damit sie besser klebt. Bei Teflon 
klebt eh nix richtig, wie das Spiegelei in der Pfanne. Dort ist die 
Folie glatter gewalzt für weniger Verluste bei UHF/SHF.

Wenn man partout FR4 haben will, ist man mit verküzten Striplines am 
besten bedient. Man macht den Teil, wo der Strombauch ist mit einer 
möglichst breiten Stripline und ersetzt das Stück mit dem Spannungsbauch 
durch (am besten mehrere) parallele 0603-Kondensatoren. Dann kann man 
auch etwas trimmen und NP0-Kerkos haben noch eine halbwegs brauchbare 
Güte.

Meine Plastik-Trimmer sind albern wenn man performance will.

Wenn nur bestimmte Frequenzen unterdrückt werden müssen, sind Saugkreise 
eine gute Sache.

Ersatzschaltbilder in Spice zu simulieren ist von der Realität zu weit 
entfernt. Die Effekte auf die es ankommt, sind zu leicht "lost in 
translation". Die Ausführung der Vias und Kopplung, Abstrahlung etc. 
spielen eine Rolle.

Besorge Dir die Umsonst / Billig-Version von Sonnet. Ich hatte damals 
Genesys, das ist von HP/Agilent/Keysight gekauft worden, vermutlich 
jetzt unerschwinglich, aber immer noch erreichbarer und für 
Gelegenheitsnutzer besser zu handhaben als das ADS.

Möglicherweise bist Du mit SAWs wie EPCOS/TDK B9430 besser bedient. 
Digikey und Mouser haben einiges.

Gruß, Gerhard

: Bearbeitet durch User
von G. Ast (Gast)


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Gerhard H. schrieb:
> Scheint mir zu ambitioniert zu sein.

Du meinst wegen der schmalen Bandbreite? ich habe zwar gelesen, dass die 
Entwurfsmethode über die Kopplungskoeffizienten und das externe Q 
besonders für schmalbandige Filter kleiner 10% relativer Bandbreite gut 
geeignet sein soll. Wie würde man denn ein so schmales Bandpassfilter 
sonst realisieren? klar könnte ich es als Cavity Filter machen. Aber das 
wird recht sperrig.

Die Idee mit den Kondensatoren, um die Resonatoren zu verkürzen, gefällt 
mir. Wie berechnest du die Grösse der Kondensatoren? wenn da keine 
Trimmer sind, musst du ja die richtigen Werte einlöten. Diese durch 
probieren zu finden scheint mir nicht adäquat ;-)

Gerhard H. schrieb:
> Ersatzschaltbilder in Spice zu simulieren ist von der Realität zu weit
> entfernt.

Es ging ja eben genau nicht darum, die Realität nachzubilden, sondern zu 
schauen, ob das Cheby. Filter 7. Ordnung meine Anforderungen bezüglich 
Frequenzgang erfüllen kann. Dazu wollte ich explizit das verlustfreie 
und ideale Filter simulieren. Dass eine solche Simulation mit SPICE 
nicht realitätsnah ist, ist mir durchaus bewusst ;-)

von Hp M. (nachtmix)


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G. Ast schrieb:
> schauen, ob das Cheby. Filter 7. Ordnung meine Anforderungen bezüglich
> Frequenzgang erfüllen kann. Dazu wollte ich explizit das verlustfreie
> und ideale Filter simulieren.

Aber doch dann wohl nicht auf FR4 aufbauen?

G. Ast schrieb:
> Mein Filter soll bei 2400 MHz die untere Grenzfrequenz haben und bei
> 2350 MHz bereits wenigstens 60 dB dämpfen.

Na, ganz wirst du diesen Dämpfungswert nicht schaffen. Bei FR4 auch im 
Durchlassbereich :)



Gerhard H. schrieb:
> Wenn man partout FR4 haben will, ist man mit verküzten Striplines am
> besten bedient.

Meinst du Stripline oder Microstripline?
Mit Stripline bekommt man auch das Abstrahlungsproblem in den Griff, 
aber hat eben kaum noch Zugriff auf die internen Strukturen.
Imho wird es aber mit FR4 so oder so nicht gelingen ein Filter der 
gewünschten Güte aufzubauen.
Falls das Filter für einen  Sender dienen  soll, lohnt es sich bestimmt 
auch die Verluste unter dem Aspekt der Wärmeentwicklung zu betrachten.

von Gerhard H. (ghf)


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Hp M. schrieb:

> Gerhard H. schrieb:
>> Wenn man partout FR4 haben will, ist man mit verküzten Striplines am
>> besten bedient.
>
> Meinst du Stripline oder Microstripline?

Ja, micro strip natürlich.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Schon mal ein Helixfilter angeschaut ? Ist halt 3D..

von Gerhard H. (ghf)


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Hp M. schrieb:

> Gerhard H. schrieb:
>> Wenn man partout FR4 haben will, ist man mit verküzten Striplines am
>> besten bedient.
>
> Meinst du Stripline oder Microstripline?

Ja, micro strip natürlich. Obwohl, das geht auch mit echten striplines.
Wer experimentieren will kann auch suspended Microstrip nehmen.
Also: Masseebene, definierte Menge Luft, Leitungen auf dünnem FR4 ohne 
Masse, viel Luft, Deckel. Die Feldlinien gehen dann praktisch nur durch 
Luft, das bisschen FR-4 im toten Winkel ist egal. Ein- und Auskopplung 
sind schwierig, Vias haarig.

Kann den Ärger wert sein bei Strukturen die keine Vias brauchen, wie 
Branchline-Koppler oder Haarnadelfilter. Schmalbandig kann man virtuelle 
Masse erzeugen mit Lambda/4-Strips.

(war wegen der anderen Antwort nicht mehr bearbeitbar)

: Bearbeitet durch User
von Gerhard H. (ghf)


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G. Ast schrieb:

> Die Idee mit den Kondensatoren, um die Resonatoren zu verkürzen, gefällt
> mir. Wie berechnest du die Grösse der Kondensatoren? wenn da keine
> Trimmer sind, musst du ja die richtigen Werte einlöten. Diese durch
> probieren zu finden scheint mir nicht adäquat ;-)

Im Simulatorschaltplan das Filter aus Via-Modellen, Strips, Endstücken, 
Substratangaben, Kondensatoren zusammenbauen. Wenn es halbwegs stimmt, 
den Optimizer drüberlaufen lassen. Wegen der Rechenzeit der 
EM-Simulation Pausenfüller-Tätigkeit einplanen.

von Gerhard H. (ghf)


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von Tobias P. (hubertus)


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Hoi

ich habe zu den Interdigitalfiltern auch eine Frage.
Ich wollte auch so ein Interdigitalfilter entwefen und habe das in CST 
simuliert. Aus dem Zverev kriegt man ja die gewünschten k und q Werte. 
Ich habe dann eine entsprechende Geometrie gezeichnet, welche die 
entsprechenden Abmessungen hat. Mir ist klar, dass dann der erste Wurf 
des Filters nicht die gewünschte Charakteristik hat, weil die 
Resonatoren verstimmt sind. Ich habe dann die Methode von Dishal 
benutzt, um das Filter abzustimmen: alle Resonatoren habe ich (in der 
Simulation!!) durch anfügen grosser Kupferstücke kurzgeschlossen, ausser 
dem ersten. Dann habe ich die Länge des ersten Resonators so optimiert, 
dass die Impedanz Z11 minimal wird (bei Resonanz). Danach habe ich den 
2. Resonator optimiert (diesmal so, dass die Impedanz Z11 maximal wird) 
und so weiter, und habe jeweils auf minimale und maximale Impedanz 
optimiert. Eigentlich habe ich es genau so gemacht, wie hier gezeigt

https://www.johansontechnology.com/dishal-bandpass-filter-tuning-using-lasertrim-chip-caps.html

nur dass man in einem FEM-Programm halt normalerweise nicht die Spannung 
sehen kann, sondern nur S-Parameter oder eben Z-Parameter.

Wenn man das nun aber so optimiert, dann hat das Filter schlussendlich 
doch nicht die richtige Charakteristik. Weshalb nicht? muss man die 
Koppelfaktoren auch noch tunen? Dishal schreibt in seinem Paper 
"Alignment and Adjustment of Synchronously Tuned Bandpass Filters", dass 
man an den Koppelfaktoren nichts ändern soll.

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