Forum: HF, Funk und Felder Rauschzahl von Verstärkern


von Martin O. (ossi-2)


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Die Rauschzahl eines Verstärkers gibt ja, wenn ichs richtig verstanden 
habe, an, um wieviel sich das SNR bei Durchgang durch den Verstärker 
verschlechtert.

Hängt diese Rauschzahl eigentlich von der Amplitude des Eingangssignals 
(bzw. Aussteuerung des Verstärkers) ab ?

Ich denke mir irgendwie dass, wenn ich mit nem ganz ganz kleinen fast 
rauschfreien Signal in den Verstärker gehe, fast nur das Eigenrauschen 
des Verstärkers rauskommt, dann müsste die Rauschzahl schlecht sein.

Wenn ich mit nem ziemlich dicken Pegel reingehe dürfte das Rauschen des 
Verstärkers viel weniger ausmachen.

Was verstehe ich da falsch, denn meist wird nur eine einzige Rauszahl 
angegeben?

von Ralph B. (rberres)


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Die Rauschzahl eines Verstärkers gibt an um wieviel der Verstärker mehr 
rauscht als ein am Eingang liegender Widerstand.

Angenommen ein Verstärker hat einen Eingangswiderstand von 50 Ohm.

Dann rauscht er im Idealfall mit dem Pegel am Eingang der durch das 
thermische Rauschen des 50 Ohm Widerstandes erzeugt wird ( Stichwort 
Bolzmansche Konstannte ).

Ein realer Verstärker fügt diesem thermischen Widerstandsrauschen ein 
eigenes Rauschen hinzu.

Und genau diese Differenz ist die Rauschzahl des Verstärkers.

Dieses Rauschen erscheint natürlich um die Verstärkung des Verstärker am 
Ausgang höher.

Ralph Berres

von Pandur S. (jetztnicht)


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> Und genau diese Differenz ist die Rauschzahl des Verstärkers.

Nennt sich zwar Differenz, ist in db gemeint, und daher, resp sowieso, 
ein Faktor. Sinnvollerweise, zum Vergleichen, bezieht man das 
Zusatzrauschen auf den Eingang, dann faellt die eigene Verstaerkung 
raus.

Und, zum Vergleich, koennte man auch die Bandbreite rauswerfen.

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Die Messtechnik ist interessant, man schaltet vor den Eingang 
abwechselnd einen kalten und heissen Widerstand. Kalt heisst 
Zimmertemperatur, heiss entspricht etwa 10000 Grad. Der wird allerdings 
durch eine Rauschdiode simuliert, die möglichst genau vermessen ist und 
deren Frequenzgang mitgeliefert wird. Umschaltung auf "kalt" einfach 
durch Abschaltung der Diode.

von Sven B. (scummos)


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Martin O. schrieb:
> Die Rauschzahl eines Verstärkers gibt ja, wenn ichs richtig verstanden
> habe, an, um wieviel sich das SNR bei Durchgang durch den Verstärker
> verschlechtert.

Nein, das ist nicht so. Das ist nur genau dann der Fall, wenn das Signal 
genau die Referenzamplitude hat, auf die die Rauschzahl bezogen ist, 
also zum Beispiel das thermische Rauschen eines 50-Ohm-Widerstands bei 
290K. In der Regel sind Signale viel größer, dann ist der Verlust an SNR 
viel viel kleiner (wenn du 30dB über diesem Pegel liegst und dein 
Verstärker hat eine Noise Figure von 3dB, ändert sich am SNR i.d.R. so 
gut wie gar nichts -- insbesondere wird es nicht um 3dB schlechter). Ist 
das Signal allerdings kleiner als dieser Referenzpegel, kann das SNR 
auch um mehr als die Rauschzahl schlechter werden.

von Martin O. (ossi-2)


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Wofür macht man denn zwei Messungen, obwohl man eigentlich nur eine Zahl 
bestimmen will?

von Sven B. (scummos)


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Martin O. schrieb:
> Wofür macht man denn zwei Messungen, obwohl man eigentlich nur eine Zahl
> bestimmen will?

Wenn du den Gain genau kennst brauchst du nur eine, tust du aber in der 
Praxis meist nicht.

von Martin O. (ossi-2)


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Sven B.: Vielen Dank, das klärt alles auf.

In vielen Quellen findet man die Aussage, dass die Rauschzahl die 
Verschlechterung des SNRs ist, ohne dass auf die Referenzamplitude 
hingewiesen wird.

von Sascha (Gast)


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Also, wenn ich das so sehe, komme ich bei einem Widerstand 50R bei 20 
Grad und einer Bandbreite mit 10 MHz auf ein Rauschen von 2.84uV was ca. 
-98 dBm entspricht. Also wenn nun der Transistor diese Bandreite 
verstärkt muss ich noch die Rauschzahl addieren und dann den 
Verstärkungsfaktor addieren oder ?

von Sven B. (scummos)


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Sascha schrieb:
> Also, wenn ich das so sehe, komme ich bei einem Widerstand 50R bei 20
> Grad und einer Bandbreite mit 10 MHz auf ein Rauschen von 2.84uV was ca.
> -98 dBm entspricht. Also wenn nun der Transistor diese Bandreite
> verstärkt muss ich noch die Rauschzahl addieren und dann den
> Verstärkungsfaktor addieren oder ?

Wenn die Rauschzahl auf 50 Ohm bei 20 Grad bezogen ist dann darfst du 
das so machen um den Rauschpegel am Ausgang zu berechnen, ja. Das ist 
dann eben die Rauschleistung in dem betrachteten 10 MHz-Band.

von Horst (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Nein, das ist nicht so. Das ist nur genau dann der Fall, wenn das Signal
> genau die Referenzamplitude hat, auf die die Rauschzahl bezogen ist,
> also zum Beispiel das thermische Rauschen eines 50-Ohm-Widerstands bei
> 290K

Keysight schrieb im Beitrag 
http://cp.literature.agilent.com/litweb/pdf/5952-8255E.pdf auf Seite 6:
> Thus noise figure is independent of the input signal level.

Soll ich nun Keysight glauben oder dir?

von Ralph B. (rberres)


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Eine recht verbreitete Methode die Rauschzahl zu bestimmen ist eine 
kalibrierte Rauschquelle zu Hilfe zu nehmen. Solche breitbandigen 
Rauschquellen haben üblicher Weise eine Rauschleistung von 15db.

Wenn man jetzt einen Stufenabschwächer zwischen Rauschquelle und 
Empfänger schaltet und die Betriebsspannung wechselweise ein und 
ausschaltet, dann erhöht man die Dämpfung des Stufenabschwächers so 
lange bis am Ausgang des Verstärkers bzw AM Ausgang des Empfängers eine 
Zunahme des Rauschens um 3db erfolgt, wenn man die Rauschquelle 
einschaltet.

Dann entspricht die Rauschleistung dem Eigenrauschen des Empfängers.

Die Rauschmessplätze machen das automatisiert.

Voraussetzung ist das der gesamte Empfängerzug sich im absolut linearen 
Verstärkungsbereich befindet und die AGC ganz sicher noch nicht 
einsetzt.

Ralph Berres

von Sven B. (scummos)


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Horst schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Nein, das ist nicht so. Das ist nur genau dann der Fall, wenn das Signal
>> genau die Referenzamplitude hat, auf die die Rauschzahl bezogen ist,
>> also zum Beispiel das thermische Rauschen eines 50-Ohm-Widerstands bei
>> 290K
>
> Keysight schrieb im Beitrag
> http://cp.literature.agilent.com/litweb/pdf/5952-8255E.pdf auf Seite 6:
>> Thus noise figure is independent of the input signal level.
>
> Soll ich nun Keysight glauben oder dir?

Die Diskrepanz kommt von der Interpretation von "Signal". Du hast aber 
Recht, meine Formulierung war falsch -- das muss heißen "wenn das 
Rauschen genau die Referenzamplitude hat, auf die die Rauschzahl 
bezogen ist". In meiner Vorstellung skalierten die beiden immer zusammen 
(was ja in der Praxis auch sehr oft der Fall ist).

Also erstmal, die NF ist nach Definition natürlich immer unabhängig vom 
Signalpegel. Was sich ändert ist die effektive Degradation des SNR des 
Signals. Und die hängt davon ab, wie das Gesamt-Eingangssignal (Signal 
und Rauschen) skaliert ist. Ist der Rauschpegel der thermische 
Rauschpegel und mein Signal ist 20 dB drüber, und der Verstärker hat 3 
dB NF, dann sinkt mein SNR um 3 dB -- das stimmt. Schicke ich das Signal 
aber vorher durch einen anderen Verstärker, der den sowohl Rauschpegel 
als auch Signalpegel um 30 dB anhebt, dann verschlechtert sich das SNR 
beim Durchgang durch den zweiten Verstärker mit 3 dB NF fast gar nicht 
mehr, insbesondere nicht um 3 dB (siehe auch 
https://de.wikipedia.org/wiki/Friis-Formel).

Wenn man genau das was am Eingang des Verstärkers liegt als Signal 
interpretiert, und den thermischen Rauschpegel am Eingang als das 
Rauschen für dieses Signal, dann stimmt es dass das SNR immer gleich 
stark schlechter wird. Diese Interpretatioin ist aber nur für den LNA 
sinnvoll und da auch nur manchmal (der Rauschpegel am Eingang vom LNA 
liegt oft unter dem thermischen Rauschpegel). Ich finde diese Sichtweise 
verwirrend und praxisfern, und sie hat ja auch den TO verwirrt.

: Bearbeitet durch User
von Elektrolurch (Gast)


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Sven B. schrieb:
> der Rauschpegel am Eingang vom LNA
> liegt oft unter dem thermischen Rauschpegel

Da solltest du uns nochmal erläutern wie du das meinst?

von Sven B. (scummos)


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Elektrolurch schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> der Rauschpegel am Eingang vom LNA
>> liegt oft unter dem thermischen Rauschpegel
>
> Da solltest du uns nochmal erläutern wie du das meinst?

Wenn du eine Antenne nimmst und die irgendwo hin richtest wo nicht der 
gesamte Pattern mit Boden gefüllt ist, hast du einen Teil Weltraum / 
Atmosphäre dabei, der je nach Frequenz eine Temperatur von 3K..100K oder 
so ähnlich haben kann. Dann ist die Gesamt-Rauschenergie unter der eines 
Widerstands auf Zimmertemperatur. Bei Satellitenkommunkation oder 
Astronomie wird das quasi immer der Fall sein.

: Bearbeitet durch User
von Horst (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Schicke ich das Signal aber vorher durch einen anderen Verstärker, der
> den sowohl Rauschpegel als auch Signalpegel um 30 dB anhebt, dann
> verschlechtert sich das SNR beim Durchgang durch den zweiten Verstärker
> mit 3 dB NF fast gar nicht mehr, insbesondere nicht um 3 dB

Ja und der andere Verstärker hat keine NF oder wat? Hebt nur beides 
gleich um 30dB an? Ich glaube nicht...
Dass es natürlich insbesondere auf die NF des ersten Verstärkers 
ankommt, ist schon klar. Wer NF kennt, kennt auch Friis.

Sven B. schrieb:
> Wenn man genau das was am Eingang des Verstärkers liegt als Signal
> interpretiert, und den thermischen Rauschpegel am Eingang als das
> Rauschen für dieses Signal, dann stimmt es dass das SNR immer gleich
> stark schlechter wird

Ob das jetzt das thermische Rauschen oder galaktisches oder man-made 
Rauschen ist, spielt keine Rolle. Die Gleichung gilt trotzdem. Man nimmt 
zwar häufig thermisches Rauschen an, aber das muss nicht immer eine 
vernünftige Entscheidung sein, zB wenn man mit der Antenne ins All oder 
in die Sonne schaut.

Sven B. schrieb:
> Dann ist die Gesamt-Rauschenergie unter der eines Widerstands auf
> Zimmertemperatur.

Naja, ganz so einfach ist aber auch das nicht. Ansonsten würde es keinen 
Sinn machen, zB in Effelsberg nen Kryo-Empfänger zu verwenden. Es sind 
hier noch beispielsweise ohmsche Verluste zu berücksichtigen, die einem 
dann leider doch mehr als 3K Rauschtemperatur bescheren.

von Sven B. (scummos)


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Horst schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Schicke ich das Signal aber vorher durch einen anderen Verstärker, der
>> den sowohl Rauschpegel als auch Signalpegel um 30 dB anhebt, dann
>> verschlechtert sich das SNR beim Durchgang durch den zweiten Verstärker
>> mit 3 dB NF fast gar nicht mehr, insbesondere nicht um 3 dB
>
> Ja und der andere Verstärker hat keine NF oder wat? Hebt nur beides
> gleich um 30dB an? Ich glaube nicht...

Das ist ja jetzt für das Beispiel egal.


> Sven B. schrieb:
>> Wenn man genau das was am Eingang des Verstärkers liegt als Signal
>> interpretiert, und den thermischen Rauschpegel am Eingang als das
>> Rauschen für dieses Signal, dann stimmt es dass das SNR immer gleich
>> stark schlechter wird
>
> Ob das jetzt das thermische Rauschen oder galaktisches oder man-made
> Rauschen ist, spielt keine Rolle. Die Gleichung gilt trotzdem. Man nimmt
> zwar häufig thermisches Rauschen an, aber das muss nicht immer eine
> vernünftige Entscheidung sein, zB wenn man mit der Antenne ins All oder
> in die Sonne schaut.

Der Punkt ist doch aber dass die "Noise Figure" auf das thermische 
Rauschen eines gematchten Widerstands bei 290K bezogen ist. Hat das 
Rauschen irgendeine andere Ursache, bewirke diese dass es höher ist oder 
niedriger oder bereits von einem Vorverstärker verstärkt, ist der Noise 
Factor eben nicht mehr einfach der Faktor zwischen den SNR an Eingang 
und Ausgang. Und das ist verwirrend.

Ich will nur Folgendes sagen: Man liest zum Noise Factor die zwei Sätze 
"Der Noise Factor ist der Faktor zwischen SNR am Eingang und am Ausang" 
und "Der Noise Factor hängt nicht von der Signalamplitude ab". Wenn das 
das ist was man über das Thema weiß, kommt man sehr leicht zu falschen 
Schlüssen. Stattdessen würde ich es so formulieren: "Der Noise Factor 
ist der Faktor, um den das SNR schlechter wird, wenn der Rauschpegel dem 
eines angepassten Widerstands bei 290K entspricht.".


> Sven B. schrieb:
>> Dann ist die Gesamt-Rauschenergie unter der eines Widerstands auf
>> Zimmertemperatur.
>
> Naja, ganz so einfach ist aber auch das nicht. Ansonsten würde es keinen
> Sinn machen, zB in Effelsberg nen Kryo-Empfänger zu verwenden. Es sind
> hier noch beispielsweise ohmsche Verluste zu berücksichtigen, die einem
> dann leider doch mehr als 3K Rauschtemperatur bescheren.

Weiß ich, ich hab mal dort gearbeitet ;)
Klar, auf 3K Rauschtemperatur kommt man nicht. Und mit den gekühlten 
Empfängern und den resistiven Verlusten hast du auch Recht. Trotzdem 
kommt man damit je nach Wetter auf Rauschtemperaturen von ~40K, weit 
unter Zimmertemperatur. Und: Auch mit einem Verstärker auf 
Zimmertemperatur kann man Rauschtemperaturen unter Zimmertemperatur 
beobachten.

von nachtmix (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Und: Auch mit einem Verstärker auf
> Zimmertemperatur kann man Rauschtemperaturen unter Zimmertemperatur
> beobachten.

Ja, ein simpler Sat-LNB und ein Spektrum-Analysator, mit dem man das 
Ausgangssignal des LNB bei 1..2 GHz beobachten kann, reicht dafür aus.
Ohne Schüssel.
Es ist beeindruckend zu sehen, wie im Spektrogramm das Gras wächst, wenn 
man den LNB vom kalten Himmel auf irdische Objekte richtet.

von Ralph B. (rberres)


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Sven B. schrieb:
> Man nimmt
>> zwar häufig thermisches Rauschen an, aber das muss nicht immer eine
>> vernünftige Entscheidung sein,

Es ist aber nun mal da, und beeinflusst die Empfindlichkeit eines 
Empfangssystemes.

Das ist ja der Grund warum man in der Astronomie das LNB bis auf wenige 
Grad Kelvin runter kühlt.

Ralph Berres

von Elektrolurch (Gast)


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nachtmix schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Und: Auch mit einem Verstärker auf
>> Zimmertemperatur kann man Rauschtemperaturen unter Zimmertemperatur
>> beobachten.
>
> Ja, ein simpler Sat-LNB und ein Spektrum-Analysator, mit dem man das
> Ausgangssignal des LNB bei 1..2 GHz beobachten kann, reicht dafür aus.
> Ohne Schüssel.
> Es ist beeindruckend zu sehen, wie im Spektrogramm das Gras wächst, wenn
> man den LNB vom kalten Himmel auf irdische Objekte richtet.

Da werden zwei Dinge unzulässig durcheinandergemischt.
Nicht ein Verstärker beobachtet in diesem Fall die Rauschtemperatur 
unter Zimmertemperatur, sondern die Antenne. Und die muss nach Fries als 
eigenständiges Element mit eigener Rauschzahl betrachtet werden.

von Sven B. (scummos)


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Ralph B. schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Man nimmt
>>> zwar häufig thermisches Rauschen an, aber das muss nicht immer eine
>>> vernünftige Entscheidung sein,
>
> Es ist aber nun mal da, und beeinflusst die Empfindlichkeit eines
> Empfangssystemes.
Das Zitat ist nicht von mir ;)

> Das ist ja der Grund warum man in der Astronomie das LNB bis auf wenige
> Grad Kelvin runter kühlt.
Ja, im Endeffekt natürlich schon. Aber die Rauschtemperatur am Eingang 
ist trotzdem nicht die physikalische Temperatur des LNB ... deshalb ist 
das nicht unbedingt eine intuitive Bezugsgröße. Wie erwähnt, typische 
Systemtemperaturen bei niedrigen Frequenzen sind so um die 50K, und das 
ist weder die physikalische Temperatur des LNB noch die der Umgebung. 
Ich glaube man würde sich oft einen Gefallen tun, wenn man es einfach in 
W/sqrt(Hz) angeben würde statt als NF. Denn wenn man mit der NF 
irgendwas anfangen will außer sie mit anderen NF zu vergleichen muss man 
sie sowieso umrechnen.

Grüße,
Sven

: Bearbeitet durch User
von Elektrolurch (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Ich glaube man würde sich oft einen Gefallen tun, wenn man es einfach in
> W/sqrt(Hz) angeben würde statt als NF.

Man tut sich keinen Gefallen. Denn es ist gerade der Vorteil der 
Rauschzahl, dass sie universell und unabhängig von der Bandbreite das 
Rauschverhalten beschreibt.

von Sven B. (scummos)


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Elektrolurch schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Ich glaube man würde sich oft einen Gefallen tun, wenn man es einfach in
>> W/sqrt(Hz) angeben würde statt als NF.
>
> Man tut sich keinen Gefallen. Denn es ist gerade der Vorteil der
> Rauschzahl, dass sie universell und unabhängig von der Bandbreite das
> Rauschverhalten beschreibt.

Das tut sie auch dann noch, wenn ich sie in W/sqrt(Hz) statt in dB 
angebe. Die Größe ist dieselbe, nur dass die Logarithmierung und der 
(oft willkürliche) Bezug zur Rauschleistungsdichte eines 
50-Ohm-Widerstands bei Zimmertemperatur wegfällt.

von Elektrolurch (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Die Größe ist dieselbe, nur dass die Logarithmierung und der
> (oft willkürliche) Bezug zur Rauschleistungsdichte eines
> 50-Ohm-Widerstands bei Zimmertemperatur wegfällt.

Die Rauschzahl (bzw. das Rauschmaß in dB) ist nicht 50 Ohm bezogen, es 
ist ein dimensionsloses Leistungsverhältnis.

W/sqrt(Hz)ist eine Absolutleistung auf ein Hz Bandbreite normiert.

von Sven B. (scummos)


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Elektrolurch schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Die Größe ist dieselbe, nur dass die Logarithmierung und der
>> (oft willkürliche) Bezug zur Rauschleistungsdichte eines
>> 50-Ohm-Widerstands bei Zimmertemperatur wegfällt.
>
> Die Rauschzahl (bzw. das Rauschmaß in dB) ist nicht 50 Ohm bezogen, es
> ist ein dimensionsloses Leistungsverhältnis.

"The noise factor is defined as the ratio of the output noise power of a 
device to the portion thereof attributable to thermal noise in the input 
termination at standard noise temperature T0 (usually 290 K)."
https://en.wikipedia.org/wiki/Noise_figure

Die 50 Ohm waren jetzt nur ein Beispiel, tatsächlich ist das natürlich 
die Eingangsimpedanz deines Verstärkers -- die kann auch anders sein. 
Dimensionsloses Leistungsverhältnis stimmt, aber das heißt ja nicht dass 
es keine anderen Randbedingungen gibt, für die diese Angabe gültig ist. 
Und diese andere Randbedingung ist eben der Rauschpegel am Eingang.

Man kann den Noise Factor auch über das Verhältnis der 
Signal-zu-Rausch-Verhältnisse an Eingang und Ausgang definieren, aber 
dann muss man das Rauschniveau für das dieser Noise Factor (eben zum 
Beispiel "angepasster Widerstand bei 290K") gilt jedes mal dazu sagen.

: Bearbeitet durch User
von knallbär (Gast)


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Sven B. hat Recht.

Es hat mich seinerzeit die weit größte Anstrengung gekostet die genaue 
Definition und Bedeutung der Rauschzahl zu begreifen, als die anderen 
Themengebiete der HF zu verstehen.

Ich finde die Rauschzahl ist eine, durch die gewohnte Logarithmierung 
auf einen vermeintlich sinnvollen Referenzwert, missglückte 
Vereinfachung. Die absolute Angabe in W/sqrt(Hz) wäre deutlich 
intuitiver und einfacher zu verstehen.

von Elektrolurch (Gast)


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knallbär schrieb:
> Ich finde die Rauschzahl ist eine, durch die gewohnte Logarithmierung
> auf einen vermeintlich sinnvollen Referenzwert, missglückte
> Vereinfachung.

Die Rauschzahl und auch das Rauschmaß (= Rauschzahl in dB) sind  keine 
"missglückte" Vereinfachung Sie sind als unverselle Verhältnisgröße in 
der HF-Technik absolut sinnvoll und haben sich bewährt.

Und die Rauschzahl ist auch einfach zu begreifen, sie ist ganz simpel 
das Verhältnis von SNRein zu SNRaus an einem Zweiport. Einfacher geht es 
wohl nicht.

Die Ermittlung des Rauschens einer Kettenschaltung von Zweiports ist 
durch die Rauschzahl erst einfach möglich. Genauso auch eine 
bandbreitenunabhängige Angabe einer Empfängerempfindlchkeit.

In der Hochfrequenz vermeidet man es nach Möglichkeit mit Absolutgrößen 
zu rechnen - es schränkt viel zu sehr ein. Die Angaben von 
Rauschleistungen, Spannungen oder Strömen als Absolutwert wie z.B. 
W/sqr(Hz) sind vornehmlich bei den Analogleuten z.B. bei 
Operationsvertärkern üblich.

von Sven B. (scummos)


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Elektrolurch schrieb:
> Und die Rauschzahl ist auch einfach zu begreifen, sie ist ganz simpel
> das Verhältnis von SNRein zu SNRaus an einem Zweiport. Einfacher geht es
> wohl nicht.

Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, so einfach ist es aber nicht. 
Ich formuliere es mal extrem: in keinem realen System ist die Rauschzahl 
tatsächlich gleich dem Verlust an SNR, was mich interessiert.

Beispiel Effelsberg: Sagen wir, ein Verstärker hat eine NF von 1.5 dB. 
Die Systemtemperatur am Eingang ist, sagen wir mal, 25 K. Dann ist die 
Rauschleistungsdichte am Eingang -184.6 dBm = 3.45e-22 W/Hz. Durch das 
Rauschen des Verstärkers, was 1.64e-21 W/Hz ist, erhöht sich diese 
Rauschleistungsdichte auf 1.99e-21 W/Hz, was einem Verlust an SNR von 
7.6 dB entspricht. Das sind 6 dB, aka ein Faktor 16 Messzeit mehr, als 
die NF, wenn man sie blind (d.h. falsch) verwendet, behauptet.

Das Argument funktioniert auch andersherum, wenn am Eingang aus 
irgendeinem Grund mehr Rauschen ist.

Ich will die Nützlichkeit der NF als Kenngröße nicht abstreiten, sie 
liefert sehr schöne Zahlen die man viel besser irgendwo hinschreiben 
kann als "1.64e-21 W/Hz". Aber die tatsächliche Bedeutung ist in vielen 
realen Systemen sehr unintuitiv.

> Die Ermittlung des Rauschens einer Kettenschaltung von Zweiports ist
> durch die Rauschzahl erst einfach möglich. Genauso auch eine
> bandbreitenunabhängige Angabe einer Empfängerempfindlchkeit.

Das geht beides auch ziemlich einfach, wenn ich den Wert in W/Hz angebe 
...

> Die Angaben von
> Rauschleistungen, Spannungen oder Strömen als Absolutwert wie z.B.
> W/sqr(Hz) sind vornehmlich bei den Analogleuten z.B. bei
> Operationsvertärkern üblich.

Sorry, hab dich auch mit verwirrt, es ist natürlich W/Hz, nicht 
W/sqrt(Hz). Mein Fehler, hab ich oben zuerst geschrieben.

: Bearbeitet durch User
von Possetitjel (Gast)


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Elektrolurch schrieb:

> Und die Rauschzahl ist auch einfach zu begreifen, sie ist
> ganz simpel das Verhältnis von SNRein zu SNRaus an einem
> Zweiport. Einfacher geht es wohl nicht.

Nein. Genau das stimmt i. Allg. nicht.
(Vielen Dank an Sven fuer den hartnaeckig wiederholten
Hinweis.)

Es liegt die voellig schizophrene Situation vor, dass bei
der Erklaerung der Rauschzahl haeufig auf die Friis-Formel
verwiesen wird -- aber gerade die Friis-Formel ist der
schlagende Beweis, dass die Interpretation "SNR_aus / SNR_ein"
NICHT stimmt: Die Rauschzahl der zweiten Stufe bewirkt ja
gerade KEINE proportionale Verschlechterung des SNR!

Ich selbst bevorzuge daher seit vielen Jahren die Interpretation:
Die Rauschzahl ist das Verhaeltnis von realem Verstaerkerrauschen
zum Rauschen der Systemimpedanz.

von Possetitjel (Gast)


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Sven B. schrieb:

>> Die Ermittlung des Rauschens einer Kettenschaltung von
>> Zweiports ist durch die Rauschzahl erst einfach möglich.
>> Genauso auch eine bandbreitenunabhängige Angabe einer
>> Empfängerempfindlchkeit.
>
> Das geht beides auch ziemlich einfach, wenn ich den Wert
> in W/Hz angebe ...

Naja, "ziemlich einfach" ist relativ :)

Das Problem ist doch gar nicht die Rauschzahl an sich, sondern
die ueberall zu lesende bloedsinnige Interpretation.

Der Wert der Rauschzahl liegt ja darin, dass sie von allen
zufaelligen, leicht veraenderbaren technischen Einfluessen
befreit ist und NUR das Rauschverhalten beschreibt.
Systemimpedanz, Verstaerkung und Bandbreite spielen aufgrund
der Normierung keine Rolle.

von Sven B. (scummos)


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Possetitjel schrieb:
>> Das geht beides auch ziemlich einfach, wenn ich den Wert
>> in W/Hz angebe ...
>
> Naja, "ziemlich einfach" ist relativ :)

Finde schon, ich meine das effektive Eingangsrauschen zweier Verstärker 
ist dann einfach N1 + N2/G1, wenn N1 und N2 die beiden 
Rauschleistungsdichten in W/Hz und G1 der Gain des ersten Verstärkers 
ist. Hat genau die gleiche Form wie die Friis-Formel ;)

> Das Problem ist doch gar nicht die Rauschzahl an sich, sondern
> die ueberall zu lesende bloedsinnige Interpretation.

Ja, kann man wohl auch so sehen.

von Martin O. (ossi-2)


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Wenn man die Rauschleistungsdichte statt der Rauschzahl verwendet, 
erhält man zumindest auch ein sinnvolles Resultat wenn man (gedacht) 
eine rauschfreie Signalquelle (SNR unendlich) an den Eingang des 
Verstärkers/Zweitors anschliesst.

von Possetitjel (Gast)


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Martin O. schrieb:

> Wenn man die Rauschleistungsdichte statt der Rauschzahl
> verwendet, erhält man zumindest auch ein sinnvolles
> Resultat wenn man (gedacht) eine rauschfreie Signalquelle
> (SNR unendlich) an den Eingang des Verstärkers/Zweitors
> anschliesst.

Ja, das stimmt wohl - aber unter dieser Bedingung kann man
auch die Rauschzahl verwenden :)

Anders ausgedrueckt: Die uebliche SNR_aus/SNR_ein-Betrachtung
liefert auch NUR unter der von Dir genannten Bedingung sinn-
volle Resultate! Darauf wird aber aus mir unbekannten Gruenden
fast nie hingewiesen.

Das Eigenrauschen eines Verstaerkers ueber einen Faktor (also
als Vielfaches) des unvermeidlichen Rauschens der Systemimpedanz
auszudruecken, das ist durchaus sinnvoll. Das Rauschen der
Systemimpedanz definiert ja die Grenze nach unten.

Nach der Friis-Formel ADDIERT sich aber das Eigenrauschen des
Verstaerkers zu der Rauschleistung, die am Eingang anliegt (und
alles zusammen wird dann verstaerkt). Es ist daher voellig
sinnfrei, die Rauscheigenschaften des Verstaerkers als Faktor
bezogen auf eine unbekannte Rauschleistung am Eingang anzugeben!
Genau das passiert aber, wenn das Eingangssignal schon einen
Rauschanteil mitbringt, der nicht von der Systemimpedanz
hervorgerufen wird.

Ich habe wirklich keine Ahnung, warum man das so oft unter den
Tisch fallen laesst.

von Sven B. (scummos)


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Possetitjel schrieb:
> Es ist daher voellig
> sinnfrei, die Rauscheigenschaften des Verstaerkers als Faktor
> bezogen auf eine unbekannte Rauschleistung am Eingang anzugeben!
> Genau das passiert aber, wenn das Eingangssignal schon einen
> Rauschanteil mitbringt, der nicht von der Systemimpedanz
> hervorgerufen wird.

Sehr schön formuliert, ich denke das trifft genau den Punkt.

von knallbär (Gast)


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Elektrolurch schrieb:
> knallbär schrieb:
>> Ich finde die Rauschzahl ist eine, durch die gewohnte Logarithmierung
>> auf einen vermeintlich sinnvollen Referenzwert, missglückte
>> Vereinfachung.

> Und die Rauschzahl ist auch einfach zu begreifen, sie ist ganz simpel
> das Verhältnis von SNRein zu SNRaus an einem Zweiport. Einfacher geht es
> wohl nicht.

Sven B. hat es schon richtig gestellt, aber ich möchte ebenfalls 
nochmals darauf hinweisen, dass das oben geschriebene natürlich Quatsch 
ist. Zumindest wenn man es verallgemeinert.

Da scheint mir ein Blinder von Farben zu reden.

von knallbär (Gast)


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Sven B. schrieb:
> Sorry, hab dich auch mit verwirrt, es ist natürlich W/Hz, nicht
> W/sqrt(Hz). Mein Fehler, hab ich oben zuerst geschrieben.

Ups, dass ist mir jetzt peinlich. Habe den Fehler ebenfalls 
übernommen...

von DK7JB (Gast)


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Hier noch einige interessante Links zum Rauschen von Verstärkern:

"The Y Factor Technique for Noise Figure Measurements" von R&S:
http://www.rfdesignuk.com/Documents/R&S%20Noise%20Figure%20and%20Uncertainty%20Calculator%20notes.pdf

Weitere interessante Links:
http://g8fek.com/papers.html

Wenn ihr wirklich eigene (vernünftige) Messungen durchführen möchtet, 
empfehle ich dieses Projekt von G8KBB.
„The measurement of noise“ von Dave G8KBB:
http://www.bartelsos.de/dk7jb.php/selbstbau-trx-2012?download=79

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