Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Regelungstechnik-Fragen


von Markus (Gast)


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Hallo,

hätte mal ein paar Verständnisfragen zum Thema Regelungstechnik,
vielleicht kann mir da jemand kurz helfen.

Zum I-Regler:
Wenn der Eingang z.B. konstant auf 5 Volt ist, läuft der Ausgang ja
"langsam hoch" bis sich der Ausgang wieder ändert.
- Wenn der Eingang nun auf 0 Volt geht, bleibt der Ausgang dann auf dem
Pegel den er bis dahin erreicht hat?
- Wenn die Eingangsspannung negativ wird, läuft dann der Regler wieder
herunter?
- Was wenn die Eingangsspannung von 5Volt runter auf 2,5Volt geht?
Läuft er dann nur noch halb so schnell hoch am Ausgang?

Zum D-Regler:
- Sein Ausgang ändert sich nur solange der Eingang sich ändert, bleibt
dieser Konstant auf einer Spannung stehen, geht der Ausgang auf 0 Volt
herunter, ist das richtig?

Zum PI-Regler:
- Es wird ja die Eingansspannung "integriert" und je nachdem ändert
sich der Ausgang. Was ist dann mit dem P-Anteil? Wird diese
Ausgangsspannung noch mit dem Verstärkungsfaktor des P-Anteils
multipliziert?

Hoffe jemand kann mir nen Teil oder alles beantworten :-D

von johnny.m (Gast)


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Zu I- und D-Regler: Genau so ist es.

Zum PI-Regler: Nein, der P-Anteil wird dazu-*addiert*! PI ist die Summe
aus P und I. Die Ausgangssignale beider Teile werden summiert.

von Markus (Gast)


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Danke :-)

Hast mit sehr geholfen!

von johnny.m (Gast)


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Zur Erläuterung: Integrieren ist nicht anderes als ständiges
Aufsummieren. D.h. im Prinzip, der aktuell am Eingang vorliegende Wert
wird zu dem am Ausgang vorhandenen Wert addiert. Ist der Eingangswert
positiv, dann wächst der Ausgangswert zu positiven Werten hin. Ist der
Eingang null, dann bleibt der Ausgangswert da, wo er vorher war (es
wird permanent Null addiert) und bei negativen Eingangswerten gehts am
Ausgang abwärts. Die Sprungantwort des I-Gliedes ist eine Rampe.

Differentiation ist die Umkehr der Integration. Die Sprungantwort ist
ein Dirac-Stoß. Ein (reines!) I- und ein (reines) D-Glied in Reihe
heben sich in der Wirkung auf. Ein D-Glied gibt praktisch am Ausgang
einen der Steigung des Eingangssignals proportionalen Wert aus, während
ein I-Glied aus einem konstanten Wert eine dazu proportionale Steigung
am Ausgang erzeugt.

(Die vorherigen Angaben beziehen sich jeweils auf I- und D-Glieder mit
Verstärkung '1', also 'reine' Glieder!)

Beim PI-Glied sind ein P-Glied und ein I-Glied parallel geschaltet,
d.h. sie haben das selbe Eingangssignal und die Ausgänge werden über
einen Summierer zusammengeführt. Daher ist die Sprungantwort des
PI-Reglers zunächst ebenfalls ein Sprung (vom P-Glied), dem jedoch die
Rampe vom I-Glied aufaddiert wird.

von Markus (Gast)


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Tolle Erklärung, das bestätigt meine Vermutungen, danke dir :-)

Aber eine Frage habe ich noch: Gibt es in der Praxis ein "reines"
D-Glied? Habe bisher nur immer den D-Anteil bei nem PD/PID-Regler
gesehen.

von johnny.m (Gast)


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Gibts schon, macht aber nicht viel Sinn, es als Standalone einzusetzen
(wg. der Übertragungsfunktion). Ist eigentlich nur sinnvoll, um schnell
auf Änderungen in der Regeldifferenz reagieren zu können. Da aber,
sobald keine Änderung mehr vorliegt, das Ausgangssignal wieder null
wird, nimmt man eigentlich immer mindestens ein P-Glied dazu.

von Michael Jungnickl (Gast)


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Hallo,

nutze auf keinen Fall eine D-Anteil in einer Regelung. Dieser
differenzielle Summand verstärkt hochfrequente Signale wie z.B. externe
Störungen. Der Regler mag in gewöhnlicher Umgebung funktionieren, neben
einer Störquelle (z.B. Antrieb) jedoch fällt er aus.

Tschüß

Michael Jungnickl

von johnny.m (Gast)


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> ...nutze auf keinen Fall eine D-Anteil in einer Regelung.

Das ist anwendungsabhängig! Auch ein D-Regler (in Verbindung mit nem
P(I)) hat seine Daseinsberechtigung in hochdynamischen Systemen. Das
kann man so pauschal nicht 'verurteilen'.

von HAL9000 (Gast)


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jop, ein PID-regler ist doch der Gott unter extrem schnellwechselnden
und zeitkritischen anwendungen...
Nur T ist böse :)

von Ivan der Schrecklichste (Gast)


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>>Gibt es in der Praxis ein "reines" D-Glied?

Soweit ich mich an meine Regelungstechnik-Vorlesung erinnern kann,
gibt's das nur theoretisch, da eine Übertragunsfunktion deren
Zählergrad größer ist als der Nennergrad nicht kausal und damit
physikalisch unsinnig bzw. unmöglich ist.

von Markus (Gast)


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Okay, vielen Dank euch!

von johnny.m (Gast)


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@Ivan:
Ein (lineares) D-Glied kann man sich relativ leicht mit nem OPV, nem C
und zwei Rs zusammenbauen, mit anderen Worten: es existiert zumindest
(wäre auch ein harter Schlag für die Elektronik, wenn man zwar
integrieren aber nicht differenzieren könnte;-). In der digitalen
Regelungstechnik gibts entsprechende Algorithmen. In der
Regelungstechnik ist es für sich alleine allerdings, wie oben schon
angemerkt und wie Du auch ganz richtig erläutert hast, unbrauchbar.

von Ivan der Schrecklichste (Gast)


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Ja, ist dann allerdings kein "reines" D-Glied mehr.
Einfaches Bsp. für ein D-Glied: idealer Kondensator mit Spannung als
Eingangsgröße und Strom als Ausgangsgröße. Durch den unvermeidbaren
Zuleitungswderstand allerdings wird der reale Kondensator zu einem
System mit Zählergrad = Nennergrad und damit kausal. Ist dann
allerdings nur noch angenähertes D-Verhalten, differenziert aber
trotzdem und die Welt der Elektronik ist wieder in Ordnung ;-)

von johnny.m (Gast)


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"rein" != "ideal"

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