Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik verständnisfrage zu gedämpfte rechtecksignale


von alex (Gast)


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hallo

hab mal kurz ne verständnisfrage zur signaltheorie (oder auch praxis
jenachdem). es geht um periodische rechtecksignale.
rein mathematisch kann man ja ein per. rechtecksignal aus der summe aus
mehreren oberschwingungen darstellen. wenn ich dieses signal jetzt in
einen tiefpassfilter reinlaufen lass, dann müssten eigentlich ein paar
oberwellen verschwinden und dadurch eine welligkeit enstehen.
aber ich frage mich wie es dann dazu kommt, dass statt dieser
welligkeit einfach ein exponentielles ansteigen und abklingen des
signals zustande kommt, wie beim aufladen und entladen eines
kondesators.
wenn ich so überleg kommt mir das auch bekannt vor, das wäre praktisch
die sprungantwort eines einfachen tiefpasses und rechtecke sind ja nix
anderes wie sprünge. aber ich versteh trotzdem den grund nicht, bzw.
warum am oszi z.b. keine welligkeit zu sehen ist bzw. um es als frage
zu formulieren:

wann tritt die welligkeit auf (aufgrund der abgebrochenen
fourierreihe), und wann entsteht dieses eförmige ansteigen und
abklingen ? .. ist es das selbe ??

stehe grad aufm schlauch
vielen dank
mfg

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi, alex,

Ob der Rechteck zu einer Lade- Entladekurve wird, zu seinem Sägezahn
oder einem Sinus, das hängt von der Übertragungsfunktion Deines Filters
ab.
Vor allem vom Verlauf ihrer Dämpfung über die Frequenz und dem Verlauf
der Phasendrehung über die Frequenz.

Beispiel: compressive-delay SAW-Filter wandeln einen Dirac-Stoß in ein
FM-Chirp-Signal und umgekehrt.

Ciao
Wolfgang Horn



Tiefpass

von alex (Gast)


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aus der antwort von wolfgang ist es offensichtlich doch nicht so trivial
wie ich erst gedacht habe. ich hätte aber gern noch ein einfaches
beispiel erklärt bekommen um den exakten unterschied zu erfahren.

nehmen wir als beispiel einen einfachen RC Tiefpass:
1/1+Ts
T bzw. grenzfrequenz sei so gewählt, dass immernoch ein wenig
oberschwingungen durchgelassen werden. wie verändert sich das signal
aufm oszi ?
ich habe es bis jetz noch nich ausprobiert.
ich frage deshalb jetzt einfach mal..

(ich hatte mal 2 elektroden mit einem 50 Hz 9V-rechteck an meinen
körper gehalten. aus dem signal entstand dieses typische ansteigen und
abklingen)

von alfsch (Gast)


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alex, du machst nen denk-bzw formulierungs-fehler:
ein rc ist erster ordnung, dh ohne resonanzen usw, es gibt einfach eine
zunehmende dämpfung. also "verschwinden" keine oberwellen, es werden
auch keine verstärkt...somit kanns keine welligkeit geben. dazu
brauchste mindestens filter 2. ordnung.

von Geniesser (Gast)


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Hallo Alex,

dein Tiefpass ist kein ideales Filter, bei dem auf einmal z.B. ab der
3. Oberwelle die Amplituden zu Null werden. Die Amplituden werden beim
Tiefpass um so stärker gedämpft, je höher die Frequenz ist.

Die Rechteckfunktion im Zeitbereich (bei Null ansteigend, bei T/2
abfallend, bei T wieder ansteigend usw.) enthält nach Fourier nur
ungradzahlige Sinusglieder mit abfallender Amplitude.

u(t) = 4/pi  û  (sin(1*wt)/1 + sin(3*wt)/3 + sin(5*wt)/5 + ..)
1, 3, 5, .. n-Vielfache der Grundfrequenz

Jeder Frequenzanteil für sich betrachtet wird umso stärker vom TP
(Tiefpass) abgeschwächt, je höher die Frequenz ist.

Ich glaub ich weiss was du meinst. Die Rechteckfunktion hat im
Zeitbereich dann Überschwinger und Welligkeiten, wenn nicht genügend
höhere Frequenzanteile vorhanden sind z.B. n = 10. Die abgebrochene
Sinusreihe konvergiert gegen die Ausgangsfunktion je höher n ist.

Was du meinst, mit dem e-förmigen Ansteigen und Abklingen ist die
Zeitfunktion, die entsteht, wenn so eine Rechteckfunktion einen TP 1.
Ordnung durchläuft mit z.B. tau = 0.1 * T. (tau = Ladekonstante). Dann
sieht man schön die ansteigende Lade- und Entlade e-Funktion. Der TP
wirkt wie ein Integrierer, deswegen wird auch keine Welligkeit (der
Ausgangs e-Funktion im Beispiel) auftreten.  Die Frage wäre, wie schaut
die Zeitfunktion nach dem TP aus, auch wenn man keinen idealen Rechteckt
(sondern einen Rechteck mit schönen Ein- und Überschwingern) reinsteckt?
:-)

von Geniesser (Gast)


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Ein schönes Stichwort wäre noch "Gibbssches Phänomen" bei der
Fourierreihe unstetiger Funktionen. :) Schau doch mal ins Wiki!

von Unbekannter (Gast)


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Ich vesuch's mal möglichst einfach zu erklären.

Das Phänomen, welches du hier beobachtest begründet sich in der Grösse
der Differenz der Zeitkonstanten des Systems und der Periodendauer der
Schwingung.

Gibt man auf ein System mit grosser Zeitkonstante ein Signal mit hoher
Frequenz (also kleiner Periodendauer) werden die Systemspeicher
eigentlich kaum geladen oder entladen man spricht hier von
eingeschwungenem Zustand. Bei deinem RC-Glied ist der Kondensator der
Energiespeicher.
Verkleinert man nun die Frequenz soweit, dass die Periodendauer so
gross wird, dass der Kondensator während einer Periode ge- und entladen
wird, sieht man das Verhalten wie du es beobachtest. Es ergibt sich eine
e-förmige Lade- und Entladekurve, was der Sprung- und Impulsantwort des
Systems 1.Ordnung entspricht.

von stephan (Gast)


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ok mein erster denkfehler war dass die oberwellen nur gedämpft werden
aber nicht komplett verschwinden.
aber dass dann ausgerechnet ein eförmiges ansteigen entsteht ist schon
merkwürdig jetzt rein mathematisch betrachtet.
ich würde sagen ich bastel mir was und probier einfach mal ein wenig
rum.
@Unbekannter: das eförmige ansteigen oder abfallen hat man in beiden
fällen egal ob die periodendauer kleiner oder größer als die
zeitkonstante ist.

danke
mfg

von inoffizieller WM-Rahul (Gast)


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>das eförmige ansteigen oder abfallen hat man in beiden
>fällen egal ob die periodendauer kleiner oder größer als die
>zeitkonstante ist.

Echt? Wie wird das begründet?

von alex (Gast)


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sorry wegem namen, "stephan" war zuletzt hier im forum..
ich bin natürlich alex :)

@WM-Rahul: wenn z.b. die periodendauer wesentlich kleiner ist, dann
wird das signal zunächst eförmig ansteigen aber es nicht vollständig
schaffen und sich dann gleich wieder eförmig entladen. das ganze
pendelt sich auf einen mittelwert ein und das signal sieht dann aus wie
ein sägezahn, wobei der anstieg und abfall trotzdem eförmig ist.
wenn man aber einen TP höherer ordnung nimmt dann schafft man es aus
einem rechteck einen leicht verbeulten sinus zu machen, hab ich schon
mal gesehen :)
aber ich denke das ganz ist in der antwort von genießer begründet

mfg

von Unbekannter (Gast)


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Ausser einer Dämpfung verursacht der reale Tiefpassfilter aus einem
RC-Glied natürlich noch Phasenverschiebungen, von der Frequenz
abhängig.

von alex (Gast)


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ja stimmt, dann wird wohl das auch mit ein grund sein für das entstehen
des eförmigen verlaufs

von Matthias (Gast)


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Vielleicht etwas 'basic', aber gut erklärt...

von Matthias (Gast)


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irgendwie klappt das mit dem hochladen nicht, egal, hier der link:

http://www.ite.uni-karlsruhe.de/LEHRVERANSTALTUNGEN/ETGP/V1-Oszilloskop_SS06.pdf

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