Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Heute Tag der offenen Tür in Garching b.München


von Profi (Gast)


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von Profi (Gast)


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So, wieder zurück. Alles recht sehenswert. Bei den Plasmaphysikern 
versuchen sie sich an der Wasserstoff->Heliumkernverschmelzung bei 100 
Mio °C. Dazu haben sie einen Plasmaring mit 3 m Durchmesser, den sie 10 
Sekunden aufrecht erhalten können.
Dazu brauchen sie allein für das Magnetfeld 1800V 80kA (144MW). Damit 
nicht in ganz München (ca. 1000MW) die Lichter dunkler werden, laden sie 
3 Schwungräder (270t (+120t im Motor/Generator/Rotor) für das 
Magnetfeld, 2*ca.150t für die Aufheizung des Plasmas) auf 1700 U/min auf 
(dauert ca. 30 Minuten bei 5MW Antriebsleistung, Umfangsgeschwindigkeit 
920 km/h, Verlustleistung durch Luft und Reibung ca. 1,3MW). Diese 
Schwungräder treiben Drehstromgeneratoren mit 12-Puls-Gleichrichtung, 
die Ausgangsleistung wird mit 20000mm² (Stromdichte 4A/mm²) Aluschienen 
300m zu den 16 Ring-Magneten geleitet.
Allein die beiden Ölfilm-Gleit-Lager für das große Schwungrad wiegen je 
3 Tonnen. Die Schraubengrößen sind M80x500 - M80x2750 (Schlüsselweite 
130, eine 500erter Schraube und die entsprechenden Schlag- und 
Hydraulik-Schraubenschlüssel lagen als Muster zum Hochheben zur 
Verfügung).
Es ist das weltweit größte horizontal gelagerte Schwungrad, noch größere 
stehen vertikal (einfachere Lagerung).

Die Plasmaheizung funktioniert auf zweierlei Methoden:
1. Mikrowelle und
2. Einspeisung von Teilchen mit 1000 Mio °C ins Plasma

Leider bis April 2007 kein Betrieb, weil sie kürzlich einen größeren 
Crash im Ring produzierten.... Da muß erst einmal wieder alles repariert 
werden.


Im Plasma-Wand-Labor gibt es noch einen Tandem-Beschleuniger, mit dem 
sie auf 24MeV beschleunigen können, um z.B. die Wolfram-Wände des Ringes 
analysieren zu können. Tandem deshalb, weil sie zuerst den 
Material-Strahl (H2, Deuterium, Tritium, He2, Silizium, Lithium) mit 3MV 
beschleunigen (Anziehung), dann umladen auf +7, das ergibt eine weitere 
Beschleunigung durch Abstoßung um 21MeV.

Diesen Strahl splitten sie durch ein extrem starkes Magnetfeld (Magnet 
wiegt 2t), um nur Atome mir der richtigen Ladung, Masse und Energie 
auszufiltern. Damit beschießen sie die Graphit- und Wolfram-Proben. Aus 
der resultierenden Bremsstrahlung kann man Rückschlüsse auf die 
quantitavive und qualitative Zusammensetzung und Tiefenverteilung 
ziehen.

Andererseits wird auch gezielt Material beschossen, um zu sehen, wie 
tief die Teilchen eindringen können.
Dazu haben sie eine Höchst-Vakuum-Anlage (10^-11 mbar), dessen Reinheit 
so hoch wie nirgendwo im Weltall ist.


Des weiteren gab es noch Kugelblitz-Vorführungen. Sie entladen eine 
Kondensator-Bank (500µF 4,7kV) in einem Wassergefäß (an der 
Wasseroberfläche). Dabei entsteht eine Plasma-Kugel, die sich abhebt und 
ca 50cm hochschwebt. Das interessante ist, dass die Kugel noch etliche 
100ms weiterleuchtet, ohne dass Energie zugeführt wird.
Die Experimente wurden mit Hochgeschwindigkeit-Kameras aufgenommen und 
nochmal in Zeitlupe abgespielt. Insgesamt wenig spektakulär, kein Knall 
o.ä.
Die Erforschung dieser Phänomene steht noch ganz am Anfang.

Die Zeit verging flugs, sodass ich leider keine Möglichkeit für das LRZ 
hatte. Wird aber nachgeholt.
Prädikat sehr sehenswert.

von Tipp (Gast)


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Danke für den sehr interessanten Bericht! Leider ist Garching viel zu 
weit weg für mich.

von Benedikt K. (benedikt)


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Wirklich interessant. Wenn München nicht 4-5h weg wäre, hätte ich mir 
das auch angeschaut. Ich hatte zwar schonmal einen Bericht im TV 
gesehen, aber da wurde auf die technischen Daten verzichtet, aber die 
Schwungräder waren trotzdem beeindruckend.

@Profi
Hast du zu dem Kugelblitz noch genauere Daten, wo die Elektroden genau 
waren (oberhalb vom Wasser, genau an der Oberfläche, oder im Wasser ?
Normalerweise knallt eine Entladung solch eines Kondensators gewaltig 
(man spürt deutlich die Druckwelle aus einigen Metern Entfernung). Eine 
Entladung entlang von Oberflächen sollte den Knall eigentlich noch 
verstärken.

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