Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Digitaltechnik: Wann Leitungen mit Widerständen abschließe


von Black F. (black_friday)


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Moin,

da ich mich bisher meistens mit Analogtechnik beschäftigt habe, habe ich 
eine Frage an die Digitaltechikspezialisten unter euch:
Wann muss ich eine Leitung / Bus mit Widerständen abschließen (und wenn 
ja, wie und welche Größe).
In der Schaltung, an der ich gerade baue, werden ein ADC, ein CPLD und 
ein uC über 8-Bit Datenbusse verknüpft. Die höchsten Frequenzen, die auf 
den Bussen auftreten können, liegen bei 600 kHz.

P.S. Früher habe ich oft auf Mainboards Widerstandsnetzwerke gesehen, 
auf aktuellen Mainboards sieht man diese jedoch sehr selten. Woran liegt 
das?

von unsichtbarer WM-Rahul (Gast)


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>P.S. Früher habe ich oft auf Mainboards Widerstandsnetzwerke gesehen,
>auf aktuellen Mainboards sieht man diese jedoch sehr selten. Woran liegt
>das?

Inzwischen arbeitet man auf Mainboards mit differentiellen 
Datenleitungen.

Die Widerstandsnetzwerke dürften für definerte Pegel 
(Pull-up/pull-down)gesorgt haben, nicht als Terminierungswiderstand.

Abschlußwiderstände braucht man in der Digitaltechnik dann, wenn die 
Analogtechnik wieder einsetzt - wenn also Wellenwiderstände, hohe 
Rechteckfrequenzen etc. ins Spiel kommen.

von Falk (Gast)


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Das "Abschliessen mit Widerständen" heisst Terminierung und ist eine 
Geschichte volle Missverständnisse ;-)

Pi mal Daumen kann man sagen, dass eine Terminierung notwendig wird, 
wenn die Signallaufzeit auf einer Leitung länger ist als 1/6 der 
Anstiegszeit.

DAS IST VOLLKOMMEN UNABHÄNGIG VON DER FREQUENZ!!!!

Das wird oft nicht verstanden.

Ein Meter Kabel/Leiterbahn hat eine Signallaufzeit von ca. 5ns. Wenn nun 
mein Logikausgang eine Anstiegszeit (Minimum) von 10ns hat, darf meine 
Leitung maximal 10/6 = 1,7 ns Laufzeit haben, d.h. 1,7/5 = 0,34 m lang 
sein.

DAS GILT ABER NUR BEI HALBWEGS IMPEDANZGERECHTEM AUFBAU!

Es ist mit einer wilden Klingeldrahtkonstruktion und vor allem 
saumässiger Masseführung auch möglich, mit dieser kurzen Leitungslänge 
Problem zu bekommen. Die zahlreichen Postigs zu dem Thema beweisen es.

> P.S. Früher habe ich oft auf Mainboards Widerstandsnetzwerke gesehen,
> auf aktuellen Mainboards sieht man diese jedoch sehr selten. Woran liegt
> das?

Die Widerstände sind in den ICs, da bei den hohen Frequenzen heutzutage 
das dort wesentlich besser gehandhabt werden kann. Ausserdem ist es 
billiger.

MfG
Falk

von Falk (Gast)


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@ WM Raul

> Inzwischen arbeitet man auf Mainboards mit differentiellen
> Datenleitungen.

Wirklich? Selbst DDR-2 Speicher hat "nur" single ended Datenleitungen, 
lediglich der Takt ist differentiell.

> Die Widerstandsnetzwerke dürften für definerte Pegel
> (Pull-up/pull-down)gesorgt haben, nicht als Terminierungswiderstand.

Falsch. Es waren Terminierungen.

> Abschlußwiderstände braucht man in der Digitaltechnik dann, wenn die
> Analogtechnik wieder einsetzt - wenn also Wellenwiderstände, hohe
> Rechteckfrequenzen etc. ins Spiel kommen.

Apfelmus ist Mus aus Äpfeln. Sehr gehaltvolle Aussage.

MFG
Falk

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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SCSI-Bus hat immer Terminierung, auch RS485. Auf VME-Bus-Backplanes ist 
alles terminiert. Sobald die Leitungslänge ca 1/2 Meter übersteigt wird 
das nötig, auch für differentielle Busse.

von Falk (Gast)


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@ Christoph Kessler

RS485 hat nicht notwendigerweise immer eine Terminierung. Siehe slew 
rate limited Tranceivers. Die schalten bewusst langsam, so kommt man 
auch bei ein paar Metern noch sehr gut ohne Terminierung aus.

"Sobald die Leitungslänge ca 1/2 Meter übersteigt wird
das nötig, auch für differentielle Busse."

Das ist schlichtweg falsch. Begründung siehe mein erstes Posting. Und 
die Aussage "auch für differentielle Busse" ist irreführend, denn 
Terminierung JA/NEIN hängt nicht davon ab ob single ended oder 
differnetiell übertragen wird.

MFG
Falk

von Knut B. (Firma: TravelRec.) (travelrec) Benutzerseite


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Als Faustregel für Basteleien: wenn ohne Terminierung nur noch Müll 
ankommt oder seltsame Effekte vorkommen, dann halt terminieren ;-) 
Hilfreich ist es, ein Oszilloskop bei der Hand zu haben, dann kann man 
selbst entscheiden.

Übrigens: Ein differentieller Bus, z.B. DMX512, was ja RS485 bei 
250kBaud ist, kann ohne Terminierung locker 30 Meter schaffen. Ein 
Praxistest hat´s gezeigt. Eine terminierte 20mA TTL-Leitung schafft bei 
56kBaud ebenfalls diese Strecke, auch praxiserprobt. Ich glaube mal, die 
Frage, ob terminiert werden muß oder nicht, hängt einfach sehr stark vom 
Anwendungsfall ab.

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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Welche Baudrate können die RS485-Transceiver noch, wenn die Slewrate 
limitiert ist ? Vermutlich in der Gegend der schnellsten RS232, also 115 
kBd. Ich dachte mit der Faustformel "1/2 m" an die üblichen 
TTL-Geschwindigkeiten, das wäre mit den 10 ns Anstiegszeit etwa 
beschrieben, und wir kommen mit 34cm in die gleiche Größenordnung.
Für Firewire oder USB2 full speed oder war das highspeed, jedenfalls 480 
MBit/s sind die Anstiegszeiten kürzer, da wird auf jeden Fall 
terminiert. Auch DVI und ähnliche digitale Videoschnittstellen kommen 
ohne Terminierung nicht aus.

von Falk (Gast)


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> Welche Baudrate können die RS485-Transceiver noch, wenn die Slewrate
> limitiert ist ? Vermutlich in der Gegend der schnellsten RS232, also 115
> kBd.

Laut Datenblatt 250 kbaud. Nach den Screenshots zu urteilen sicher noch 
das doppelte.

MfG
Falk

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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Welchen Eingangswderstand hat ein RS485-Transceiver? Ist der so 
hochohmig, dass man noch von einer leerlaufenden Leitung sprechen kann, 
sodaß theoretisch eine Totalreflexion der ankommenden Welle erfolgt ?
Eine Störung ist erst zu erwarten, wenn das Signal auch vom sendenden 
Treiber wieder stark reflektiert wird und sich dann dem Originalsignal 
mit der doppelten Laufzeit verzögert überlagert. Also muß auch der 
Treiber rückwärts eine schlechte Anpassung bieten, Leerlauf ist nicht zu 
erwarten, eher "Kurzschluß" durch einen zu niederohmigen Ausgang.

von Falk (Gast)


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@ Christoph Kessler

> Welchen Eingangswderstand hat ein RS485-Transceiver? Ist der so

Die Standardtypen 12k.

> hochohmig, dass man noch von einer leerlaufenden Leitung sprechen kann,
> sodaß theoretisch eine Totalreflexion der ankommenden Welle erfolgt ?

Ja, theoretisch und praktisch ist das so.

> Eine Störung ist erst zu erwarten, wenn das Signal auch vom sendenden
> Treiber wieder stark reflektiert wird und sich dann dem Originalsignal
> mit der doppelten Laufzeit verzögert überlagert. Also muß auch der

Mehr oder weniger.

> Treiber rückwärts eine schlechte Anpassung bieten, Leerlauf ist nicht zu
> erwarten, eher "Kurzschluß" durch einen zu niederohmigen Ausgang.

Kurschluss ist aber auch ne eher schlechte Anpassung, der 
Reflexionsfaktor ist genauso gross wie im Leerlauf, nur mit anderem 
Vorzeichen ;-)

MFG
Falk

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