Hallo! Ich habe da ein kleines Verständnisproblem von Klemmdioden. In folgender Darstellung, soll mal irgendein Eingang dargestellt werde, der mit Klemmdioden jeweils gegen Vcc und GND versehen ist. Vcc | ----- / \ / \ ----- | | | Vin--|------- | | | ----- / \ / \ ----- | | | Gnd Sagen wir Vcc ist +5 Volt. Jetzt kommt ein Impuls von 6V (Diode 0,7V). Was passiert? Die obere Diode wird jetzt leitend, aber dann würde ja ein Strom von Vin nach Vcc fließen, also in die Spannungsquelle hinein. Ist das nicht ein Problem? Und die andere Richtung: Sagen wir es kommt ein Impuls von -1 Volt. Dann würde ja die untere Diode leitend werden. Nun würden ja aber ein Strom von GND in Richtung Vin entstehen, aber das wollen wir doch eigentlich gar nicht? Entschuldigt wenn meine Frage zu dumm ist. Gruß, Martin
Doch, genau das wollen wir. Die Dioden sorgen dafür, dass der Eingangspin ein maximal ca. 0,6 V höheres Potenzial als Vcc und ein minimal ca. 0,6 V niedrigeres Potenzial als GND haben kann, was für den Chip an sich noch ungefährlich ist (zumindest dann, wenn man es nicht übertreibt). Wenn die Signalquelle, die am Pin hängt, nicht zu niederohmig ist, stellt der über die Dioden fleißende Strom auch überhaupt kein Problem dar. Wenn natürlich die Signalquelle vergleichsweise niederohmig ist, dann können einerseits Probleme wegen der Strombelastbarkeit der Dioden und andererseits auch weitere Störungen auftreten. Das mit dem "Strom, der in die Spannungsquelle fließt" ist, vereinfacht gesagt, insofern unkritisch, als dass eine Spannungsquelle i.d.R. einen vergleichsweise niedrigen Innenwiderstand hat.
Hallo Martin, die Frage ist nicht dumm. Du musst Dir nur am Eingang einen möglichst hochohmigen Widerstand vorstellen (der fehlt in der Skizze). Alles, was größer als Vcc ist, fließt an Vcc ab, der hinter den Dioden liegende Teil wird vor Überspannung geschützt. Ebenso funktioniert es mit negativen Eingangspotenzialen. Wichtig ist der Widerstand vor den Dioden: Der begrenzt den Eingangsstrom auf einen Wert, den Vcc (der Spannungsregler) aufnehmen kann. Gleichzeitig schützt der Widerstand die Schaltung vor den Dioden, wenn das Potenzial negativ zu Gnd liegt.
Serienwiderstände sind nicht in allen Fällen möglich, beispielsweise sind sie bei bidirektionalen Leitungen nicht einsetzbar. Richtig ist, dass Schaltungen mit geringem Stromverbrauch u.U. versehentlich allein über die Schutzdioden mit Strom versorgt werden. Kann man gelegentlich auch beobachten, so ist schon der eine oder andere AVR ganz ohne VCC-Anschluss ausgekommen. Oder wenn AVCC vergessen wurde und der dadurch versorgte Port sich recht sonderbar benahm. In Umgebungen, in denen Störungen zu erwarten sind, muss man daher zusätzliche Massnahmen ergreifen. So kann es u.U. sinnvoll sein, den Schaden durch extern einlaufende "Hochspannung" mit einer Überspannungs-Sicherung (z.B. Z-Diode) an Vcc auf das Interface-IC zu beschränken, so dass nicht auch der Rest der Schaltung dabei mit über die Wupper geht.
Johannes M. wrote: > Das mit dem "Strom, der in die Spannungsquelle fließt" ist, vereinfacht > gesagt, insofern unkritisch, als dass eine Spannungsquelle i.d.R. einen > vergleichsweise niedrigen Innenwiderstand hat. Das ist etwas zu kurz formuliert. Einen niedrigen Innenwiderstand hat eine Spannungsquelle meist nur "sourcend", nicht "sinkend". Fließt also genügend Strom "hinein", und ist die Belastung der Versorgung gering, kann das durchaus die Versorgung anheben. Die 4000er-CMOS Schaltung konnte man durchaus betreiben über einen kräftigt getriebenen Inputpin, der dann über die Substratdioden die Vdd versorgt hat. Edit: Andreas war schneller.
Tcf Kat wrote: > Die 4000er-CMOS Schaltung > konnte man durchaus betreiben über einen kräftigt getriebenen Inputpin, > der dann über die Substratdioden die Vdd versorgt hat. Richtig. Wenn viel Strom fließt, dann gilt das nicht mehr. Es ging mir um "normale" Ströme. Wobei "viel" und "normal" wie immer relativ sind... Im "Normalfall" sollte man ja auch die Klemmdioden nicht beanspruchen. Und wenn man es dennoch tut, dann ist man mit ausreichend bemessenen Vorwiderständen gut bedient. Soll ja Leute geben, die 230V-Signale einfach über einen Vorwiderstand an einen µC-Pin hängen und sich darauf verlassen, dass die Schutzdioden ihren Dienst ordnungsgemäß verrichten.
Johannes M. wrote: > Soll ja Leute geben, die 230V-Signale > einfach über einen Vorwiderstand an einen µC-Pin hängen und sich darauf > verlassen, dass die Schutzdioden ihren Dienst ordnungsgemäß verrichten. Jenen möchte ich die Seiten 31-32 von http://www.standardics.nxp.com/support/documents/logic/pdf/user.guide.hcmos.pdf empfehlen.
...wobei das mit dem "richtig viel Strom" relativ ist: Stellt euch mal eine Schaltung vor, wo so ein kleines Stromsparwunder (z.B. MSP430 oder Picopower-AVR) über zwei Dioden wahlweise aus dem Netz oder aus einer Batterie versorgt werden kann (hinter den Dioden also nur noch ein paar Block-Cs als Energiepuffer am Prozessor sind), und dann kommt da einer auf die Idee, über die Klemmdioden einen Strom von - sagen wir mal - 500µA in das Vcc-Netz(chen) zu treiben. Das kann schon schnell mal zum Verlassen des zulässigen Betriebsspannungsbereiches der Schaltung führen. Autsch!
Danke für die Antworten! Eine letzte Sache habe ich aber noch nicht ganz verstanden. Für positive Impulse weiß ich jetzt dass es geht. Wenn der Impuls über Vin aber negativ ist (z.B. -1 V wie oben) würde ja wie gesagt "aus" der Masse ein Ausgleichsstrom in Richtung Vin fließen. Ist das kein Problem für Spannungsregler wenn die Masse quasi "umgedreht" belastet wird?
Ist das gleiche Prinzip wie oben, nur umgekehrt. Es kann passieren (wenn ein nennenswerter Strom fließt), dass das Massepotenzial abgesenkt wird. Deshalb gilt auch hier: Solche Zustände vermeiden. Die Klemmdioden sind, wie oben bereits gesagt, eigentlich nur für Notfälle da, um den Chip gegen kurzfristige Überspannungen zu schützen, und nicht für den Dauerbetrieb außerhalb der Spezifikationen!
Stefan Wimmer wrote: > ...wobei das mit dem "richtig viel Strom" relativ ist: > > Stellt euch mal eine Schaltung vor, wo so ein kleines Stromsparwunder > (z.B. MSP430 oder Picopower-AVR) über zwei Dioden wahlweise aus dem Netz > oder aus einer Batterie versorgt werden kann (hinter den Dioden also nur > noch ein paar Block-Cs als Energiepuffer am Prozessor sind), und dann > kommt da einer auf die Idee, über die Klemmdioden einen Strom von - > sagen wir mal - 500µA in das Vcc-Netz(chen) zu treiben. Das kann schon > schnell mal zum Verlassen des zulässigen Betriebsspannungsbereiches der > Schaltung führen. > Autsch! Genau das meinte ich, das "fremdspeisen" über Inputpins geht nicht nur bei 4000er. @Martin: Damit sind aber lange noch nicht alle Fragen beantwortet... ;) Der maximale Strom per Inputpin, der über die Dioden abgeführt werden darf, ist im Datenblatt spezifiziert, meist so 10...20mA. Wenn es mehr wird, kann es noch einen anderen, bösen Effekt geben... den Latchup durch parasitäre SCRs. Bedingt durch den Herstellungsprozess gibt es im Chip PNPN-Übergänge, die einen parasitären, also ungewollten SCR (Thyristor) bilden. Wird dieser durch einen zu hohen Strom gezündet, wird der dauerhaft leitend, und schliesst im Chip die Vcc kurz - wenn die Versorgung stark genug ist (man denke an die Blockkondensatoren), brennt der Chip intern durch. Abhilfe ist hier meist ein Reihenwiderstand, der den Strom auf einen sicheren Wert begrenzt. Manche Chips sind als "latchup free" spezifiziert, aber auch nur, wenn man den maximalen Strom einhält. Zu diesem ungewollten Stromfluß kann es schneller kommen, als einem lieb ist. Man denke nur an gemischte Analog-/Digitalschaltungen, die mit unterschiedlichen Spannungen versorgt werden. Steigen die Spannungen beim Einschalten nicht gleichzeitig schnell an (und das kann je nach Netzteilkonzept sehr leicht passieren), ist es eben so, dass ein Schaltungsteil schon versorgt ist, und einen anderen Teil speist, dessen Versorgung noch nicht volle Höhe erreicht hat. Gleiches gilt auch beim Ausschalten, hier hängt der Verlauf nur von der Belastung und der Gesamtkapazität im System ab. Weiterhin gibt es die ESD-Problematik, z.B. ein "geladener" User, der sich über einen Taster, der direkt an einem Portpin hängt, entlädt. Manche Pins sind als ESD-sicher spezifiziert, dabei bedient man sich des HBM - Human Body Model. Das ist ein R in Reihe mit einem C, über das an den Pin eine definierte Spannung im kV-Bereich plötzlich gelegt wird. Das simuliert wohl elektrisch recht nahe einen menschlichen Körper. Du siehst, ein weites Feld. Ich hatte schon den Fall eines unsauber terminierten AT96-Busses: Je weiter der Steckplatz von der CPU weg war, desto größer waren die Über- und Unterschwinger (im Voltbereich!). Bei einer Karte mit einem Adressdekoder-PLD (alter Mach-Chip von Amd) wurde durch die Ströme durch die Schutzdioden die interne Vcc des Chips gestört, und damit die Flipflops; die Karte spinnte somit total... naher Steckplatz, Karte läuft, weiter Steckplatz, Karte spinnt. Das zu suchen ist spaßig, zudem andere Karten (mit Bustreibern zwischen Bus und Logik) auf allen Steckplätzen bisher problemlos liefen. Das Problem war eben das Zusammentreffen der beiden. Ein einzelner Designfehler bleibt manchmal unentdeckt, treffen jedoch mehrere zusammen, kann es zu völlig unerwarteten Effekten kommen. Hier war es die Karte mit dem PLD ohne Buffer, die ich gemacht hatte, und der unterminierte Bus, den ein Kollege gemacht hatte, mit dem ich es absolut nicht konnte. Da gibt es dann auch unschöne nicht-technische Konflikte und Schuldzuweisungen...
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