Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Gestern auf RTL : Spielefirma jammert über Fachkräftemange


von PCGH-Autor (Gast)


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Am Montag dem 10.12.2007 präsentierte das RTL Nachmagazin den Gipfel der 
Lächerlichkeit :

Dem derzeit allgemeinen Tenor des Lamentierens folgend, führte das 
geistig offenbar vollkommen umNACHTete MAGAZIN ein äusserst 
überraschendes Beispiel des angblichen Fachkräftemangels an, um in das 
Horn zu stossen, welches da Miesere der IT-Branche heist:

Eine Frankfurter Firma für Computerballerspiele klagt lautstark über die 
angeblich nicht vorhandenen Entwickler, präsentiert einen Alibi-Inder 
und lamentiert, das man unbedingt Fachkräfte aus dem Ausland benötige 
und das Anstellen der "Fachkräfte" sofort vereinfacht werden müsse.

Da fragt sich doch der in der Computerspiele- und Multimediabranche 
nicht gerade unerfahrene Schreiber dieser Zeilen sofort, was denn eine 
Nieschenfirma wie diese wohl mit (diplomierten) IT-Fachkräften zu tun 
haben könnte?

Die Antwort gab eine Person mit mir nicht errinnerlichem Namen, welche 
flux im Bild auftauchte und sich als "Chef" der ach so erfolgreichen 
Firma entpuppte und sogleich begann, die bekannte Mär herunterzuleiern, 
daß ihm die Spezialisten fehlten: Nebst dem Inder, der wörtlich als 
"Animator" bezeichnet wurde, existieren dort eine Reihe von 
multimedialen Experten im T-Shirt -allesamt unter 30 - welche eifrigst 
die unzähligen Figürchen zusammenstricken, welche später über den 
Bildschirm der geistig minderbemittelten User huschen. Aha, So sehen 
also die benötigten IT-Experten aus!

Chefentwicklerin und einzige Frau ist übrigens eine Ungarin, die man 
wohl direkt aus der Pusta hat einfliegen müssen, da es ja in Deutschland 
keine Spieleentwickler zu geben scheint.

Bevor nun der geneigte Phreak zuhause am Bildschirm sich nun anschickt, 
sich bei solchen Firmen zu bewerben und glaubt hier das große Geld 
machen zu können- einmal ein paar Fakten aus der Branche :

Die Spiele bestehen real aus sogenannten game engines, fertig 
programmierten Modulen für Grafik und Sound, die lediglich noch 
konfiguriert werden müssen. Die professionellen Firmen arbeiten dazu 
meist mit festen Grafikern zu sammen, welche die Spielfiguren entwicklen 
und Grafiker liiegen in Deurschland mehr vor, als man in Fussgängerzonen 
als Protraitzeichner unterbringen kann. Die meisten studierten Grafiker 
arbeiten fachfremd oder beziehen ALG IV. In der großen Breite 
beschäftigt die Multimediabranche darüber hinaus meist Autodidakten und 
Ungelernte, die nicht viel kosten. IT-Experten benötigen solche Firmen 
bestensfalls, um die Entwicklungs-PCs neu zu booten, wenn die angelernte 
Fachkraft sie zerschossen hat.

Wie ein Journalist oder ein Politiker oder überhaupt eine vernüftig 
denkende Person auf die Idee kommen kann, ausgerechnet so ein Beispiel 
zu bringen, ist mir komplett schleierhaft. Sollen dies die Arbeitsplätze 
in der Zukunft sein ?

Wenn die Firma tatsächlich Bedarf hat, so mag sie eine 
Stellenausschreibung in die einschlägigen game-Foren posten und ein 
angemessenes Gehalt bieten, doch dort findet man nichts dergleichen. 
Vorzufinden sind dort praktisch ausschcließlich Stellengesuche von 
Programmierern, Soundexperte und Grafiker.

Ferner düften auch echte IT-Experten, also solche mit seriöser 
Ausbildung und Studium, wie die Industrie und hier vor Allem der 
Mittelstand sie benötigt, für einen solchen Job leicht überqualifiziert 
zu sein. Aber wer will, kann sich ja mal als Informatiker dort bewerben 
und selber in Erfahrung bringen, was in der Branche gezahlt wird. Ich 
behaupte mal, daß ein deutscher Absolvent mit Fähigkeiten im Bereich 
Programmierung nach Einarbeitung soviel hat, wie der Inder und die 
Ungarin zusammen.

Tenor: Die Multimediabrache ist ein Paradebeispiel für einerseits 
unterbezahlte Experten und andererseits zukunftlose Jobs, denn über 35 
sind in solchen Firmen nur die Chefs.

N.N.

von Gast (Gast)


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:-)

In einer anderen Fernsehsendung wurde gestern gemunkelt, dass die PIN AG 
womöglich noch diese Woche in Konkurs gehen könnte, obwohl die 
Mindestlöhne noch garnicht aktiviert sind.

Einfach nichts mehr glauben!

von Lobbyist (Gast)


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Na, das das mit PIN nur Lobby Propaganda ist, sollte man ja wohl merken.
Schnell mal ein paar Leute entlassen, mit Schließung drohen, damit der 
ja so Böse Mindestlohn schnell wieder fallen gelassen wird.

von Jorge (Gast)


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>Na, das das mit PIN nur Lobby Propaganda ist, sollte man ja wohl merken.

Vielleicht steckt da sogar eine Art Verschwörung dahinter. Die 
Mindestlohndebatte schreibt quasi den status quo fest, 8-10 Euro sind 
branchenüblich. Sortieren wird halt schlechter bezahlt. Natürlich möchte 
das Staatsunternehmen Post Kosten dämpfen. Sie arbeiten mittlerweile 
bevorzugt mit Aushilfkräften, die Beamten müssen den Knochenjob auf dem 
Land machen, dazu braucht man mehr Erfahrung. Jetzt kann man die 
PIN-Leute für ein paar cents mehr bei der Post verarschen und so rechnet 
sich das ganze. Was die grosse Koalition doch alles geschafft hat...

von STS (Gast)


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>...existieren dort eine Reihe von
>multimedialen Experten im T-Shirt -allesamt unter 30 - welche eifrigst...

Also ich denke, man sollte Spieleprogrammierer nicht abwerten. Bisher 
ist es  eher so gewesen, daß die Spielehersteller aus Autodidakten und 
Freaks bestand und nicht aus Hochschulabsolventen. Das Flair war eher so 
wie bei Gates 1978. Da wären bestimmt einige Hochschulinformatiker 
entsetzt, wie die das Spiel programmieren, weil es nicht immer 
regelkoform ist, was aber oftmals das letzte Quentchen Effizienz 
rausholt und so das Spiel vom langweiligen Hochschulinformatiker-Spiel 
zum Kassenschlager macht.

von Gast (Gast)


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>Also ich denke, man sollte Spieleprogrammierer nicht abwerten.

Stimme ich zu, obwohl ich mit Spielen nichts am Hut habe. Aber "freaks" 
kann man nicht nach formalen Kriterien bewerben, geschweige denn, 
sonstwoher importieren.
Bleibt noch zu erwähnen, dass ein richtiger Freak heute durchaus 50 bis 
60++ Jahre alt sein kann :-)

von Andreas (Gast)


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STS: Das mag zu C64-Zeiten so gewesen sein. Aber eine effiziente 
3D-Engine entsteht nicht indem irgend ein Autodidakt mit Assembler 
rumfrickelt, da braucht man Profis, genauso wie für Datenbanken, 
wissenschaftliche Simulationen, Echtzeitsoftware usw. Und von wegen 
"langweiliges Hochschulinformatiker-Spiel", der Programmierer hat beim 
Spieldesign schon lange nichts mehr mitzureden, da herrscht klare 
Aufgabenteilung.

von PCGH-Autor (Gast)


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Zweifelsfei sind die Computer-Freaks der ersten Stunde heute um die 50 
Jahre alt, siehe Kai Krause, z.T. leben sie nicht mal mehr, siehe Fred 
Fish. Nur ist es so, daß die echten Freaks ihr Auskommen haben und in 
angemessenen Lohnregionen arbeiten. Das gilt auch für die vielen 
Hundertausende der zweiten Reihe: Viele arbeiten in guten Positionen zu 
guttem Gehalt, nur eben nicht mehr an der Programmierfront, jeden falls 
nicht an der Billigfront, die sich immer mehr auftut.

Ich bleibe daher bei meiner Darstellung, daß die (eine) Spielefirma

a) nicht für DEN Standardjob in der IT-Branche stehen kann, weder 
qualitativ noch quantitativ, und daher nicht als Beispiel für einen 
Fachkräftemangel taugt

b) die Firma ganz konkrete keinerlei Probleme hätte, gute Leute aus dem 
Umfeld der Entwicklung von Software zu bekommen, wenn sie 
Softwareentwickler marktüblich bezahlen würde, denn interessant ist ein 
solcher Job für einen Softwaremann zweifelsohen, nicht wahr? 
Vorrausgesetzt, wie gesagt, man sucht überhaupt IT-Experten und nicht 
etwa Animatoren mit Grafikenntnissen, wobei selbst die im Markt sofort 
beschaffbar wären.

So müssen sie halt weiter auf Billiginder und Billigosteuropäer setzen.

von STS (Gast)


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Dann gilt auch zu bedenken, ob man als "seriöser" Programmierer noch 
einen Job nach der Ära als Spielprogrammierer in einer "seriösen" Firma 
bekommt. Man hat sich den Lebenslauf ruiniert. Kenne einen, der in 
Österreich bei einem Hersteller für digitale Modellbahnsteuerungen als 
Ing. gearbeitet hat und es ihm schwer viel, wieder in der "seriösen" 
Industrie Fuß zu fassen, obwohl viele Dinge dort gleiche Anforderungen 
hatten (Profibus, CAN usw.)

von Anja Zoe C. (zoe)


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PCGH-Autor wrote:
> Zweifelsfei sind die Computer-Freaks der ersten Stunde heute um die 50
> Jahre alt, siehe Kai Krause, z.T. leben sie nicht mal mehr, siehe Fred
> Fish.

Fred Fish ist tot? Wußt ich gar nicht, da sollte ich mal schnell meine 
wenigen, verblienenen Fish-Disks gut aufheben und einrahmen...

Zoe

von Henk ten Bakker (Gast)


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>Fred Fish ist tot? Wußt ich gar nicht,
Guten Morgen! Ging weltweit durch allen Computer-Foren.

Weis garnicht was ihr habt. Stepstone meldet:

> IT-Branche: Die Stimmung ist sehr gut
> Jobaussichten für IT-Spezialisten sind derzeit so gut wie noch lange
> nicht mehr. Erfahrene Profis werden händeringend gesucht. Wir zeigen
> Ihnen, in welchen Bereichen es glänzende Aussichten für IT-Spezialisten
> gibt:

von PeterK (Gast)


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Die Firma um die es ging schreibt ihre Engine selbst. Das ist schon 
etwas komplizierter als ein hier und da eine Grafik einzufügen..
Aber Recht habt ihr schon, das war kein gutes Beispiel für die 
derzeitige Situation..
Gruß

von Forumleser (Gast)


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Ich glaub der "PCGH-Autor" sollte mal die Füße still halt. Wie heisst es 
so schön "Wenn man keine Ahnung hat...". Diese ach so professionellen 
Fakten von denen du da redest gilt nur für die 0815 Singleplayer 
UT2k3-Engine mist Spiele von EA und Konsorten. Jedes halbwegs gut 
geplante und innovative Spiel nutzt seine eigens programmierte 
Engine/Netcode und da trifft das Klischee mit dem Pizza essenden 
Infomaniac bei dem die Xena DVD Box im Hintergrund läuft schon ziemlich 
genau den Nagel auf den Kopf.....und das ist auch gut so! Gute Spiele 
können halt nur von Leuten gemacht werden die selbst Spiele lieben und 
Freaks sind.

von Gast (Gast)


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>In einer anderen Fernsehsendung wurde gestern gemunkelt, dass ie PIN AG
>womöglich noch diese Woche in Konkurs gehen könnte, obwohl die
>Mindestlöhne noch garnicht aktiviert sind.

Da stehen ja wohl noch andere Ursachen an. Die zu erläutern, würden den 
einfachen gBILDeteb Bürger geistig überfordern. Deshalb ruhig glauben 
lassen, dass es wegen der Mindestlöhne ist.

von Gast (Gast)


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> nutzt seine eigens programmierte Engine/Netcode

Das ist ja wohl sehr ineffektiv und wird auch so nicht gemacht.. Das 
wäre so, als wenn jeder für sein Programme einen eigenen Compiler 
verwendet.

von Rolf Magnus (Gast)


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> Erfahrene Profis werden händeringend gesucht.
  ^^^^^^^^^
Das ist immer noch das Problem. Man sucht noch immer den 25-jährigen 
Dipl-Ing. mit 10 Jahren Berufserfahrung, der aber trotzdem für ein 
Einstiegsgehalt arbeiten möchte. Und weil man davon so wenige findet, 
schreien die Firmen gleich nach Ausland. Besonders ärgerlich ist das, 
weil einige Firmen erst vor ein paar Jahren, als es nicht so gut lief, 
die Leute, die ihnen jetzt fehlen, rausgeworfen haben.

>> nutzt seine eigens programmierte Engine/Netcode
>
> Das ist ja wohl sehr ineffektiv und wird auch so nicht gemacht..

Naja, fertige Engines werden nicht als Werbegeschenk rumgeschickt, 
sondern müssen teuer lizenziert werden. Außerdem macht man durch die 
Verwendung Werbung für die Konkurrenz. Und man muß eine Engine finden, 
die auch zum Spiel passt. Letztendlich kann man auch nur deswegen 
Engines lizenzieren, weil es Spielehersteller gibt, die welche 
schreiben.
Übrigens: Selbst wenn man eine fertige Engine lizenziert, gibt's noch 
genug Programmieraufwand, da alleine schon die oben erwähnte 
"Konfiguration" der Engine teilweise aus mehreren Hunderttaused Zeilen 
Skript- und C++-Code und Shadern besteht.

von Gast (Gast)


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>Und weil man davon so wenige findet,
>schreien die Firmen gleich nach Ausland.

Na, wenn es die dort gibt, machen die Deutschen wohl was falsch.

von Petri (Gast)


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Die Menge macht es. Es gibt nun mal genug Mittelmäßige (und die sind es, 
die gesucht werden) welche bereits sind, für wenig zu arbeiten. Für 
Deutsche Softwareentwickler macht es aber keinen Sinn, erst aufwändig zu 
studieren und dann für Lau zu arbeiten. Deutschland ist traditionell ein 
Hochlohnland mit allen Vor und Nachteilen. Das kann man nicht einfach so 
switchen. Wenn die Gehaälter sinken, wer soll dann in die Rentenkassen 
einzahlen? Wer zahlt in die Arbeitslosenversicherung?

Es sind doch gerade die jungen und gesunden, die viel verdienen, welche 
am meisten in die Sozialkassen einzahlen. Das solte die Politik 
bedenken, wenn sie Ausländern die Tür öffnen, um den Juppfirmen noch 
mehr Gewinne zu ermöglichen.

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