Forum: PC Hard- und Software Warum vertragen lüfterlose PCs keine Kälte?


von Bauform B. (bauformb)


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Guten Morgen!

Es gibt viele PCs ohne Lüfter mit ca. 6 Watt TDP. Die vertragen laut 
Datenblatt z.B. maximal 55°C Umgebungstemperatur, das ist klar. Aber 
warum gibt es nur wenige Typen für -20°C oder wenigstens -10°C? Null 
Grad scheint eine magische Grenze zu sein.

- Angst vor Kondenswasser?
- Tradition, weil früher die Elkos zu hochohmig wurden?
- freie Marktwirtschaft?
- Kunststoff wird spröde?
- immer noch bipolare Transistoren?

Das kann doch alles nicht der Grund sein.

: Bearbeitet durch User
von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Der PC ist halt nach allen seinen Einzelteilen spezifiziert, d.h. wenn 
auch nur ein Brocken nicht fuer unter 0° spezifiziert ist, ists der 
gesamte PC auch nicht.
iirc sind Quarze/Oszillatoren gerne mal nur bis 0° spezifiziert - nur 
weiss halt keiner sicher, was passiert, wenn man ihn <0° betreibt. Kann 
sein, dass er nicht mehr anschwingt (was ganz doof waere), kann auch 
sein, dass er "nur" ausserhalb seiner Toleranz ist (was vielleicht noch 
ginge, weil ja dann die Temperatur langsam ansteigen sollte).
Und den ganzen Aerger mit Tau, Feuchtigkeit etc. wird man auch deutlich 
kleiner halten, wenn man nur gerade auf 0° runtergeht mit der Spec.

Gruss
WK

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Thermischer Stress.
Gefrorene Heatpipe bekommt Riss.

von Clemens S. (zoggl)


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Wasser in Heatpipes friert ein. Je nachdem wo das passiert geht die 
Kühlung nicht mehr, oder die Heatpipes platzen.

Es gibt welche mit Alkohol, aber das ist teurer.

von Daniel A. (daniel-a)


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Falls es Laptops sind, ich glaube zwischen -10°C und -20°C frieren die 
LCDs ein. Dann sind die gaaaanz langsam. Und die Akkus mögen es auch 
nicht.

von Frank K. (fchk)


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Ich kann Dir sagen, dass NVidia Jetson ARM/GPU Systeme unter -20°C nicht 
mehr zuverlässig starten. Das ist so, und die Lösung sind Heizelemente, 
die das System sicher über die kritische Grenze bringen und dann erst 
einschalten. Anschließend sind die Heizelemente nicht mehr notwendig, 
weil das System selber mehr als genug Wärme produziert.

Die Angaben sind also durchaus real.

fchk

von Rainer W. (rawi)


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Clemens S. schrieb:
> Es gibt welche mit Alkohol, aber das ist teurer.

Am Preis des Alkohols kann das nicht liegen und es gibt genug andere 
Methoden zur Absenkung des Gefrierpunktes.

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


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Frank K. schrieb:
> Das ist so, und die Lösung sind Heizelemente

Weshalb beispielsweise System in Verkaufsautomaten unter freiem Himmel 
einerseits solche Heizelemente benötigen, andererseits Probleme mit der 
Obergrenze haben können. In der prallen Sonne kann es in den Geräten 
verteufelt heiss werden. Richtung 60°C ist im oberen Bereich durchaus 
drin.

Man muss zudem unbedingt Kondensation vermeiden. Den Proz stört das 
weniger, der heizt sich selbst, wenn er nicht total einpennt. Aber da 
ist noch mehr drin.

: Bearbeitet durch User
von Vanye R. (vanye_rijan)


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Das ist ganz einfach. Der Consumer Temperaturbereich geht von 0 bis 
40Grad.
Das wird getestet, mehr geht nicht weil es keiner testet und es waer 
halt
eventuell mehr aufwand oder es gibt dann hier und da auch mal technische 
Probleme.

Und dann gibt es den industriellen Temperaturbereich von -40 bis 
+85Grad, das wird getestet, alles beim Design beruecksichtigt und durch 
teurere Bauteile oder andere aufwendigere Techniken garantiert. Das ist 
einer der Gruende warum solche Geraete erheblich teurer sind. Das 
gefaellt dir natuerlich nicht. :-)

Wobei es durchaus sein kann das so eine Consumerkiste mehr kann, es hat 
halt nur nie jemand ausprobiert und der Entwickler hat beim Design auch 
nicht drüber nachgedacht. Viel Glueck...

Vanye

von (prx) A. K. (prx)


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Als Netzwerkanschlüsse noch nicht auf dem Mainboard waren, konnte es 
ausgesprochen schwierig sein, passende Karten zu finden.

Gehen Industrie-PCs wirklich bis 85°C?

: Bearbeitet durch User
von Bauform B. (bauformb)


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Oha, hier werden Sie geholfen, Danke! Zwar gibt es in der 
Leistungsklasse keine Heatpipes, aber die Quarz-Oszillatoren sind 
wirklich ein Argument.

Frank K. schrieb:
> Ich kann Dir sagen, dass NVidia Jetson ARM/GPU Systeme unter -20°C nicht
> mehr zuverlässig starten.

Feuchtigkeit ist immer ein Problem, auch über 0°C und da helfen auch 
keine besseren Bauteile. Deshalb heißt es doch immer "nicht 
kondensierend". Dem Monitor könnte man helfen, wenn man bei Frost den 
Bildschirmschoner abschaltet und die Hintergrundbeleuchtung voll 
aufdreht. Warum ist das eigentlich nicht fernsteuerbar?

Vanye R. schrieb:
> Und dann gibt es den industriellen Temperaturbereich von -40 bis
> +85Grad, das wird getestet, alles beim Design beruecksichtigt und durch
> teurere Bauteile oder andere aufwendigere Techniken garantiert. Das ist
> einer der Gruende warum solche Geraete erheblich teurer sind. Das
> gefaellt dir natuerlich nicht. :-)

-40 bis +85 für komplette Geräte ist heftig. Wenn man nicht dermaßen 
übertreibt, bezahle ich auch freiwillig etwas mehr, mich stört mehr das 
fehlende Angebot.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Naja, wenn man guckt, gibts tatsaechlich auch bei den Oszillatoren 
welche mit knackigem Temperaturbereich:
https://q-tech.com/products/xo-products/xo-for-high-temperature/

-55...+200/250 ist schon eine Ansage.
Sicherheitshalber stehen da keine Preise. Daher ist mein Kaffee noch in 
der Tasse/Magen und nicht aufm Monitor und ich sitze auch noch auf 
meinem Stuhl.

Gruss
WK

von Daniel A. (daniel-a)


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Bauform B. schrieb:
> Bildschirmschoner abschaltet und die Hintergrundbeleuchtung voll
> aufdreht. Warum ist das eigentlich nicht fernsteuerbar?

Ist es. Display Data Channel (DDC). Bei linux gibt es ein Userspace 
Tool, oder alternativ einen (momentan noch nicht upstream / dkms) Kernel 
Treiber (implementiert die selben APIs wir für 
Laptopbildschirmhelligkeit).
Ich habe bei mir 2 Buttons in der Taskleiste, mit denen ich den 
Bildschirm damit auf Hell  Dunkel für Tag  Nacht stelle.

von Harald K. (kirnbichler)


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(prx) A. K. schrieb:
> Gehen Industrie-PCs wirklich bis 85°C?

Die, die so spezifiziert sind, tun das. Alleine das Label "Industrie-PC" 
trifft darüber aber keine Aussage; es gibt auch "Industrie-PCs", die nur 
mit 40° spezifiziert sind. 60° ist dann schon die gehobenere Klasse.

Merke: Beim Fertigprodukt PC haben Temperaturangaben ("consumer", 
"industrial" etc.) nicht die gleiche Aussagekraft wie bei 
Bauelementen.

Immer ganz genau ins Datenblatt sehen!

von Daniel A. (daniel-a)


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Bei TVs kann man, unter anderem, die Helligkeit übrigens auch oft über 
das Netzwerk fernsteuern, per UPNP. Es gab mal ein praktisches Tool, 
"UPnP-Inspector", da konnte man per GUI Geräte und dessen UPNP 
Funktionen anzeigen lassen, aufrufen, und sehen, was passiert. Ist aber 
schon einige Jahre her, das ich das ausprobiert habe. Damals habe ich 
Sachen im Zusammenhang mit DLNA ausprobiert, Filme auf dem Fernseher 
laufen lassen, und auch mal ein Desktopstream (der war aber extrem 
laggy).

von Re D. (re_d228)


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Bauform B. schrieb:
> Es gibt viele PCs ohne Lüfter mit ca. 6 Watt TDP. Die vertragen laut
> Datenblatt z.B. maximal 55°C Umgebungstemperatur, das ist klar. Aber
> warum gibt es nur wenige Typen für -20°C oder wenigstens -10°C? Null
> Grad scheint eine magische Grenze zu sein.

Was hat das ganze jetzt mit lüfterlos zu tun? Sind Laptops mit Lüfter da 
signifikant anders spezifiziert? Ich denke du siehst Zusamenhänge, wo 
keine sind.

von (prx) A. K. (prx)


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Bissel Zusammenhang könnte es geben: Lüfter können die Wärme einzelner 
Komponenten besser im Gehäuse verteilen, so dass keine Coldspots 
entstehen.

: Bearbeitet durch User
von Martin H. (horo)


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Bauform B. schrieb:
> -40 bis +85 für komplette Geräte ist heftig.

Das sind typische Anforderungen für Automotive-Elektronik, einfach im 
Innenraum -40°C..+80°C, bei Sonneneinstrahlung der Einbauposition geht's 
bis 105°C, im Motorraum bis 120°C und direkt am Motor/Getriebe hoch bis 
140°C, siehe z.B. LV124 oder VW80000.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> -40 bis +85 für komplette Geräte ist heftig. Wenn man nicht dermaßen
> übertreibt,

Das ist nicht heftig, das ist normaler industrieller Standard.
Heftiger ist dann Automotive auf dem Motorblock.

Vanye

von (prx) A. K. (prx)


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Vanye R. schrieb:
> Das ist nicht heftig, das ist normaler industrieller Standard.

Ist bloss nicht ganz einfach, einen Prozessor mit nicht-trivialer 
Leistung in 85°C Umgebung zu kühlen, ohne dabei auf Kühlschranktechnik 
zurückzugreifen. Daher die Frage. Da wird man wohl mindere Ansprüche 
haben müssen und diese Technik gezielt dort platzieren, wo es nicht 
ganz so krass zugeht.

Eine spezielle Form vom "Automotive" findet man in modernen Fahrzeugen 
mit einem Zentralpanel, wie Tesla es vormachte: Verhüterli fürs Panel, 
wenn ohne Sonnenschutz geparkt.

: Bearbeitet durch User
Beitrag #7665363 wurde vom Autor gelöscht.
von Bauform B. (bauformb)


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Daniel A. schrieb:
> Display Data Channel (DDC)

coole Sache, besonders DDC/CI, danke! Temperaturfühler hat man ja 
irgendwo, also wird der Monitor von Sommer- auf Winterbetrieb 
umgeschaltet. Natürlich funktionieren die wirklich nützlichen Sachen wie 
Eingangsumschaltung bei meinem NEC nicht.

von Frank K. (fchk)


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Bauform B. schrieb:

> Feuchtigkeit ist immer ein Problem, auch über 0°C und da helfen auch
> keine besseren Bauteile. Deshalb heißt es doch immer "nicht
> kondensierend".

Dafür gibts Trockenpatronen zum Einschrauben. Sind bei meinem 
Arbytegeber Standard. Und die Kisten werden vor dem Dichtschrauben mit 
Stickstoff ausgeblasen.

Und für extrema Anforderungen gibts auch Displaylösungen:

https://crystal-display.com/products/electroluminescent-rugged-displays/

Die gehen teilweise von -60°C bis +85°C.

fchk

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