Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schaltzyklen bei PTC-Sicherungen?


von Erwin (erwinh)


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Haben PTC-Sicherungen typischerweise eine begrenzte Anzahl an 
Schaltzyklen? Und ist mit Schaltzyklus in diesem Zusammenhang das 
Auslösen/Ansprechen gemeint?

Im Datenblatt zu einer ESKA FRX01060F finde ich auf Anhieb nichts:
https://www.reichelt.de/ptc-sicherung-radial-60v-100ma-rueckstellend-ptc-frx01060f-p279308.html

(Datenblatt: 
https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/C400/ESKA-RUECKSTELLENDE-SICHERUNGEN.pdf)

Ich frage mich das deshalb, weil es offenbar PTC-Sicherungen mit gerade 
einmal 100 Schaltzyklen laut Datenblatt gibt. Da wäre das Gerät nach 
hundertmal Einschalten im Grunde defekt:
https://www.meditronik.com.pl/doc/komp/kot_c55.pdf

Woran liegt das? Mit wie vielen Auslösungen kann man bei PTC-Sicherungen 
rechnen bzw. was würde am Lebensende passieren? Fällt die PTC-Sicherung 
dann zuverlässig einfach aus, sodass dann kein Durchgang mehr besteht?

: Bearbeitet durch User
von Andreas B. (bitverdreher)


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Erwin schrieb:
> Da wäre das Gerät nach
> hundertmal Einschalten im Grunde defekt:

Unter Schaltzyklen wird hier das Ausloesen der Sicherung verstanden.

von Erwin (erwinh)


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In dem Zusammenhang hätte ich zum Verständnis eine Frage: Wenn Überlast 
eintritt und die PTC-Sicherung auslöst, wird das Element heiß und der 
Widerstand steigt, womit der Strom auch im Element selbst mit dem 
Auslösen deutlich begrenzt wird, richtig?

Angenommen, eine solche Sicherung löst unentdeckt aus und bleibt zwei 
Wochen lang heiß. Ist das kritisch oder grundsätzlich unproblematisch?

von H. H. (hhinz)



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Siehe Anhang.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Siehe Anhang.

Erstaunlich, haette nicht gedacht das die Teile soviel aushalten
und das jemand Bock hat diesen Aufwand zu treiben. :-D

Vanye

von Erwin (erwinh)


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H. H. schrieb:
> Siehe Anhang.

Interessantes Papier. Demnach stieg der Widerstand der Sicherung nach 
5.000 Auslösungen nicht signifikant, er lag immer noch im vom Hersteller 
definierten Bereich (S. 9). Bis 5.000 Zyklen ergaben sich auch keine 
signifikanten Änderungen der Auslösezeit, bei 15.000 sank diese um 15 % 
und bei 28.000 um 25 %, was jedoch mit dem steigenden Widerstand zu tun 
hat (S. 9).

Demnach wäre der Langzeiteinsatz von PTCs unkritisch, wenn sie nur der 
Absicherung dienen und nicht zielgerichtet in hoher Häufigkeit ausgelöst 
werden. Gleichwohl kann man davon ableiten, dass es vermutlich nicht gut 
ist, wenn der PTC in einem hypothetischen Szenario wochen- oder 
monatelang unentdeckt ausgelöst bleibt; die Hitze erhöhte den Widerstand 
und der verringerte die Auslösezeit.

Jetzt frage ich mich natürlich, wie es sein kann, dass dieser PTC nur 
100 Schalzyklen laut Datenblatt verträgt:
https://www.meditronik.com.pl/doc/komp/kot_c55.pdf

Mit bloßer Übervorsichtigkeit lässt sich das eigentlich nicht erklären, 
man muss es ja testen und kann nicht irgendeine willkürliche Zahl 
verwenden. Bezogen auf regelmäßige Inrush Currents kann es doch 
eigentlich auch nicht sein, denn dann müsste die Sicherung weit mehr 
Zyklen vertragen.

von H. H. (hhinz)


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Erwin schrieb:
> Mit bloßer Übervorsichtigkeit lässt sich das eigentlich nicht erklären,

Doch, genau damit. Den Kunden ist das auch genug.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Erwin schrieb:
> Bezogen auf regelmäßige Inrush Currents kann es doch
> eigentlich auch nicht sein,

Wenn die Sicherung so dimensioniert wurde, hat der Entwickler was falsch 
gemacht. Das ist eine Sicherung und keine Strombegrenzung.

von Manfred (manfredw)


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Erwin schrieb:

> Jetzt frage ich mich natürlich, wie es sein kann, dass dieser PTC nur
> 100 Schalzyklen laut Datenblatt verträgt:
> https://www.meditronik.com.pl/doc/komp/kot_c55.pdf
>
> Mit bloßer Übervorsichtigkeit lässt sich das eigentlich nicht erklären,
> man muss es ja testen und kann nicht irgendeine willkürliche Zahl
> verwenden. Bezogen auf regelmäßige Inrush Currents kann es doch
> eigentlich auch nicht sein, denn dann müsste die Sicherung weit mehr
> Zyklen vertragen.
Bei PTCs ist die zulässige Spannung ein wesentlicher begrenzender 
Faktor.
Möglicherweise hat der Hersteller mit den 100 "Schaltzyklen" die 
Auslegung einfach weiter ausgereizt.

PTCs für Netzspannung sind generell nur von wenigen Anbietern verfügbar, 
epcos hat welche.

von Bauform B. (bauformb)


Angehängte Dateien:

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Epcos hat Einschaltstrombegrenzer, die für beides spezifiziert sind:
1
Operating cycles at Vmax (charging of capacitor)  Nc > 100.000 cycles
2
Switching cycles at Vmax (failure mode)           Nf >     100 cycles

von Steve van de Grens (roehrmond)


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Erwin schrieb:
> Da wäre das Gerät nach hundertmal Einschalten im Grunde defekt

Wieso das? Wenn die Sicherung bei jedem Einschalten auslöst, ist das 
Gerät eh schon defekt.

Eine lästige Eingenschaft ist mir an USB Ports aufgefallen: Nach dem 
ersten Auslösen haben sie einen viel höheren Innenwiderstand, als in 
neuem Zustand. Betroffene USB Ports eignen sich dann manchmal nur noch 
für Geräte, die mit wenig Strom auskommen (Mäuse ja, aber keine 
Festplatten).

Erwin schrieb:
> Jetzt frage ich mich natürlich, wie es sein kann, dass dieser PTC nur
> 100 Schalzyklen laut Datenblatt verträgt:

Der Hersteller garantiert mindestens 100. Niemand behauptet, dass das 
Ding nach 101 Zyklen kaputt geht.

> Fällt die PTC-Sicherung dann zuverlässig einfach aus?

Nein, sie fällt vielleicht aus. Vielleicht auch nicht.

: Bearbeitet durch User
von Paule M. (martin_mu)


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und tut sie das dann zuverlässig? Oder löst sie dann nicht mehr aus?
Oder schlimmer, flammt sie auf?
Wäre so eine Sicherrung also als ersatz für einen durchbrennende 
sicherung ZULÄSSIG? oder muss eine schmelzsicherrung immer irgendwo im 
Zweif vorkommen?

von Harry R. (harry_r2)


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H. H. schrieb:
> Siehe Anhang.

findet es noch jemand seltsam, dass alle 4 Auslösezeiten _quasi 
synchron_
* bei 110 ( x 100) abfallen um bei 120 sprunghaft zu steigen
* bei 160, 205, 220, ... deutlich zapplen
* und es nur für den kleineren Ausrutscher bei 190 eine Entsprechung im 
Widerstand gibt?

-> Die hatten ihren Messaufbau nicht im Griff.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Eine lästige Eingenschaft ist mir an USB Ports aufgefallen: Nach dem
> ersten Auslösen haben sie einen viel höheren Innenwiderstand,

Ja, das ist so. :-D
Aber ich vermute das es auch etwas vom Hersteller und seiner 
Bauteilqualitaet abhaengt. Ich kenne die Problematik zwar auch, aber nur 
in relativ geringen Ausmass. Allerdings kann insbesondere bei kleinen 
Ausloesestroemen der Innenwiderstand immer nervig sein weil er 
Wirkungsgrad kostet.

Vanye

von Michi S. (mista_s)


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Erwin schrieb:
> Jetzt frage ich mich natürlich, wie es sein kann,
> dass dieser PTC nur
> 100 Schalzyklen laut Datenblatt verträgt:
> https://www.meditronik.com.pl/doc/komp/kot_c55.pdf
>
> Mit bloßer Übervorsichtigkeit lässt sich das
> eigentlich nicht erklären,
> man muss es ja testen

Wenn der Hersteller nur 100 Zyklen ins DaBla schreibt, muß er auch nur 
bis 100 testen; schreibt er 1000 oder 10000 rein, dauert das Testen 10 
oder 100 mal so lange.

Solange für (fast) allen Kunden 100 Zyklen mehr als ausreichend sind 
(was bei Sicherungen nicht unbedingt abwegig ist), macht es wenig Sinn 
den extra Aufwand beim Testen zu treiben, den man letztlich nicht 
einpreisen kann.

von Roland E. (roland0815)


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Vanye R. schrieb:
>> Siehe Anhang.
>
> Erstaunlich, haette nicht gedacht das die Teile soviel aushalten
> und das jemand Bock hat diesen Aufwand zu treiben. :-D
>
> Vanye

Die UL interessiert sich (zu Recht) für so was. Da ist es durchaus 
relevant, ob das Teil nach x Auslösungen zum Brandbeschleuniger wird 
oder nicht.

von Michael (Firma: HW Entwicklung) (mkn)


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Paule M. schrieb:
> Oder schlimmer, flammt sie auf?

Bei Voltage Spike flammt sie sogar sehr zuverlässig auf.
Ist der Strompeak groß genug, verbrennt ein Teil des PTC zu Kohlenstoff.
Der Rest der Sicherung folgt dann unter Absonderung großer Mengen Rauch.
Nach einigen Laborerfahrungen setze ich die nicht mehr ein.

Sicherungen sind Leitungsschutz.
Keine ist schnell genug einen Halbleiter zu schützen.
Brennt eine Sicherung durch, lieg ein Fehler vor.
Ist die so knapp dimensioniert das ein gelegentliches Auslösen 
dazugehört und  eine PTC Sicherung notwendg macht, ist das Design Mist.

So eine PTC Sicherung ist bestimmt ganz putzig um die verwendung eines 
falschen kleinleistungs netzteils billig abzufangen.
Für ernsthafte Events an einem niederohmigen Netz sind die Murks und 
eine Gefahr.
Wie Sicherungswiderstände.
Bei denen ist auch nicht ganz klar ob sie mehr Brände verhüten als sie 
verursachen.

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