Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Berechnung eines RL Schaltkreises beim Laden mit einer Gleichstromquelle


von Baiy000r (Gast)


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Hi,

Ich habe folgendes Problem:
Ich habe die Aufgabe gestellt bekommen den zeitlichen Verlauf des 
Stromes und der Teilspannungen in einem RL-Netz mittels 
differentialgleichung lösen soll.

Allerdings hatte ich bis jetzt immer die Gleichung (für L) U=L*di/dt im 
Kopf.

Sollte ich also, so wie angegeben den Schalter vor dem RL Glied (Serie) 
schließen, müsste ich doch eine unendlich hohe Spannung an der Spule 
haben (rechnung mit idealen Elementen), oder liege ich da ganz falsch???

Wäre super wenn mir jemand helfen könnte, Ich möchte keine komplette 
Rechnung, sondern nur den Fehler in meinem Ansatz finden.


mfg
Baiy000r

von Martin (Gast)


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Wenn du den Schalter einschaltest, ist der Strom in der Spule null. 
DAmit fällt auch keine Spannung am Widerstand ab, daher liegt die 
gesamte Eingangsspannung über der Spule. Nach einiger Zeit ist die Spule 
ein Kurzschluss und dann ust Ul = 0 und Ur = U0 / R.

von Nicht_neuer_Hase (Gast)


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Grundlagen:

siehe Kondensator-Aufladung, Spule geht ganz entsprechend.

U = i*R + L*di/dt

oder so ähnlich ...

Viele Grüsse

von Helmut L. (helmi1)


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Herleitung der Formel:

Loesung der imhomogenen DGL  U = i*R + L*di/dt

1. Loesung der homogenen DGL  i*R + L*di/dt = 0 durch trennen der 
Variablen

di / dt = -i * R/L

trennung der Variablen

di/ i = -R/L * dt

integration auf beiden Seiten ergibt

ln(i) = -R/L * t + ln(K)

nach Umformung

ln(i/K) = - R/L * t

i / K = exp(-R/L * t)

i = K * exp(-R/L * t)   homogene Loesung der DLG

2. Loesung der inhomogenen DGL durch Aufsuchen einer partikulaeren 
Loesung

L * di/dt + i * R = U

die rechte Seite ist eine Konstante also Loesungsansatz als Funktion K0

einsetzen in die DGL ergibt   K0' = 0  und i = K0

0 + K0 * R = U

ergibt

K0 = U/R partikulaere Loesung

3. Die Loesung der inhomogenen DGL setzt sich zusammen aus der Loesung 
der homogenen DGL und einer partikulaeren Loesung:

i = K * exp(-R/L * t) + U/R

Was jetzt noch fehlt ist die bestimmung der Konstanten K aus der 
Anfangsbedingung  i (t = 0) = 0

also 0 = K * 1 + U/R     die 1 ergibt sich aus der e funktion von 0

K = -U/R

Setzt man das in die Formel ein ergibt sich

i = U/R*(1-exp(-R/L * t))

also so aehnlich wie beim RC-Glied

Ich hoffe das hilft dir weiter

Gruss Helmi

von Yücel A. (yuetzi)


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Hallo nochmals!

Danke für deine ausführliche Antwort.

Wenn ich nun den Strom habe, aber ich die Spannung brauche, was muss ich 
dann tun?

von gast (Gast)


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dann setzt du das in die Formel U=L*di/dt ein, d.h. du leitest den Strom 
nach der Zeit ab und multiplizierst mit der Induktivität...

von Yücel A. (yuetzi)


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sagen wir mal i(t) ist 10mA und L=50mH und ich möchte die Spannung nach 
1s wissen.

U ist 10V und R ist 100Ohm...

Dann ist U=50mH * 10V/100ohm*(1-exp(-100/50mH * 1s))

Is das so richtig?

von Helmut L. (helmi1)


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Spannung am R:

ur(t) = U(1-exp(-t/T))

Spannung am L:

ul(t) = U*exp(-t/T)

U = deine Betriebsspannung
T = L/R  die Zeitkonstante

Gruss Helmi

von Yücel A. (yuetzi)


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ahaa.

Wenn ich nun den Spannugnsverlauf an tp13 (gekennzeichnet mit output) 
ermitteln will, sagen wir mal nach 500µs, und die Referenzspannung (tp5) 
ist 10V, wie muss ich die Formel hierauf anwenden?

etwa

Ureferenz - U_R4 - ur(t) - ul(t) = 0 und dann nach U_R4 auflösen und das 
von der Ureferenz abziehen?

von Helmut L. (helmi1)


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>Ureferenz - U_R4 - ur(t) - ul(t) = 0 und dann nach U_R4 auflösen und das
>von der Ureferenz abziehen?

Ja . Es bleibt aber eine e-Funktion. Am Ausgang ergibt sich eine 
Offsetspannung durch R11 bedingt.

Mal eine andere Frage warum nuetz du nicht LTSPice fuer sowas. Je mehr 
Bauteile ins Spiel kommen um so wilder wird die Rechnerei. Wenn man 
sowas analysiert dann zeichnet man sich ein Ersatzschaltbild wo nur die 
noetigsten Elemente vorkommen.

von Yücel A. (yuetzi)


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Du hattest ja geschrieben:

ur(t) = U(1-exp(-t/T))

ul(t) = U*exp(-t/T)

Wenn jetzt wie in meinem Schaltplan gezeigt, R4 dazukommt, was ist dann 
U? Ist es Ureferenz?

Ich habe das Ganze simuliert, das Problem ist, ich muss die Ergebnisse 
vorrechnen. Ich komme nicht auf die gleichen Ergebnisse, wie bei der 
Simulation. Ich habe erhebliche Unterschiede.

von Helmut L. (helmi1)


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>Wenn jetzt wie in meinem Schaltplan gezeigt, R4 dazukommt, was ist dann
>U? Ist es Ureferenz?

Ja

von Yücel A. (yuetzi)


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Ich habe nun anderes Problem!

Wenn Du Dir die grüne Kurve anguckst (tp13 aus der gestrigen Schaltung):

Warum hat er beim Einschaltvorgang einen Knick bzw. warum lädt er nicht 
weiter und geht über in die Entladephase, obwohl an tp5 immer noch 10V 
anstehen???

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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> warum lädt er nicht weiter und geht über in die Entladephase
Definiere Lade- und Entladephase...

> Ich habe nun anderes Problem!
Du hast offenbar ein grundlegendes Problem, deine Schaltung zu 
verstehen.

Im Einschaltaugenblick bei 5ms (der durch die blödsinnige ansteigende 
Flanke von 5,0 bis 5,03 ms etwas hinausgezögert wird) ist der Strom 
Null. deshalb ist die Ausgangsspannung 10V. Dann beginnt Strom durch die 
Spule zu fliessen, daher kommt die e-Funktion in der grünen Kurve. 
Nachdem der Strom seinen Endwert erreicht hat, ist nur noch der 
Spannungsteiler R4:R11 (die Spule sei ideal mit 0 Ohm) relevant.
Die Zeitkonstante beträgt t = L/R = 100mH/(100+220)Ohm = 312us. Der 
Ladevorgang der Spule ist nach etwa 5t abgeschlossen, das wäre also von 
5,03ms bis 6,6ms. Am Ende deines Oszibildes (=5,8ms) ist die Spule also 
noch mitten im Ladevorgang. Am Endes des Ladevorgangs hast du eine 
Spannung von etwa 3V am Ausgang.

von Yücel A. (yuetzi)


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Hallo Ikmiller,

danke für deine ausführliche Antwort. Ich habe andere Werte für L (14mH) 
und R11 (53ohm) genommen. Die Ausgangsspannung ist nun am Peak mit 8,18V 
angegeben, obwohl die 10V anstehen. ICh hätte vielleicht erst dieses 
Beispiel vorbringen sollen. Den UNterschied von ca.1,8V verstehe ich 
nicht.

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