Hi Steffen!
Ich bin einer von denen die den durchaus üblichen Weg:
Praktikum->Diplomarbeit->Assessment-Center->Anstellung durchlaufen
haben.
Zunächst einmal sei gesagt, daß IBM ein Großunternehmen ist - mit all
den Vorteilen aber auch Nachteilen. Die Bewerbungsunterlagen landen
zunächst in der HR-Abteilung und werden von dort aus an mögliche
interessierte Abteilungen weitergeleitet. So kam es bei mir, daß ich
mein Praktikum auf einer völlig anderen Stelle absolviert habe als
ursprünglich beworben, und es war eigentlich nicht möglich
herauszufinden, wie es dazu kam.
Grundsätzliches:
Vor dem Beginn einer Diplom-/Bachelorarbeit ist ein Praktikum sehr zu
empfehlen. Viele potentielle Betreuer machen dies zur persönlichen
Voraussetzung, denn nur so kann man vorher erfahren, ob man miteinander
auskommt - was ja einer benoteten Arbeit durchaus zuträglich sein kann.
Nebenbei hat man dann den Vorteil, daß man den "Laden" schon mal kennt
und daß man das Thema (im gewissen Rahmen) wirklich auf sich zuschneiden
kann.
Was Kriz schreibt, kann ich hier durchaus bestätigen. Bei mir waren
nicht die Zeugnisnoten ausschlaggebend, sondern das, was ich nebenbei
als Hobby gemacht habe. Das Problem ist halt, daß die Einarbeitungszeit
selbst für Praktikas je nach Bereich durchaus ein oder zwei Monate
betragen kann, und je mehr speziphisches Vorwissen vorhanden ist, desto
einfacher ist es (für beide Seiten). Dein Fach ist auch nicht
ausschlaggebend. Als E-Techniker saß ich eher auf einem
Informatikerposten, allerdings mit Hardwarebezug. Mein Betreuer war ein
Mathematiker, und es gab einige Physiker in der Abteilung. Also alles
bunt gemischt. :-)
Betreuung:
Hier kann ich nichts Negatives sagen. Ich wurde ins Team integriert und
wurde bereits nach kurzer Zeit als "vollwertiges" Teammitglied
betrachtet, so daß mit der Zeit auch Kollegen bei bestimmten Fagen auch
mich um Rat gebeten haben. Ich kenne aber einige Studenten, die ihre
Praktika in entsprechenden Praktikantenräumen absolvierten und kaum
Team-Kontakt haben. Das ist natürlich Projektabhängig, und hier lohnt
sich die Nachfrage während des Interviews. Unabhängig davon herrscht
hier die Politik der offenen Türen. D.h. im Prinzip kannst Du jederzeit
jeden um Hilfe bitten und bekommst sie auch oder wirst an jemanden
verwiesen, der Dir helfen kann. Ansonsten ist es das erste Unternehmen
in meiner Laufbahn, mo Mobbing, Neider und Gehässigkeiten tatsächlich
unbekannt sind. Irgenwie ist es auch logisch: jeder hat ein bestimmtes
Fachwissen, und man ist aufeinander angewiesen. Es sei denn, man möchte
sich wochenlang in etwas einarbeiten. ;-)
Auswahlprozeß:
Bei Praktikas (und Diplomarbeiten) werden die Entscheidungen
hauptsächlich von den Fachabteilungen getroffen - daher wird in den
entsprechenden Interviews (welche auch telephonisch laufen/laufen
können) hautpsächlich Fachwissen abgefragt. Da die Manager aber auch bei
den Assessment-Centern Beobachter spielen, kann man die soziale Schiene
nicht komplett ausblenden. Vermutlich gilt: je "durchgeknallter" das
Thema, desto besser Deine Chancen, weil man mit weniger Gegenkanditaten
rechnen muß. ;-) Für die Festanstellung muß man dann ins kalte Wasser
springen und das Assessment-Center bestehen. Es gibt Gruppenübungen, wo
man vor den Beobachtern bestimmte Aufgaben/Probleme lösen muß. Und es
gibt Einzelinterviews mit diversen Vertretern des Unternehmens. Ein paar
Tage später bekommt man dann das Ergebnis. Vom Ablauf her ist es
durchaus human. Die Aufgaben sind unternehmensbezogen (aber nicht immer
fachlich), und bei mir gab es nichts, wofür man sich lächerlich machen
mußte, etc. Bei den Interviews sollte man allerdings damit rechnen, daß
man nach den Leichen im Keller gefragt wird (evtl. schlechte Noten,
lange Studiendauer, usw.). Gnadenlos? Hmm... Ich würde es nicht
unbedingt so bezeichnen. Es ist sicherlich ein Streßfaktor: nicht
unbedingt die (fachliche) Herausforderung sondern die ständige
Anspannung, sich "richtig" zu präsentieren. Aber es ist machbar - auch
ohne die entsprechende Fachliteratur zur Vorbereitung. Daß es nicht
jeder schafft, ist einleuchtend, aber es ist auch nicht so, daß immer
nur einer aus der Gruppe druchkommen darf.
Bezahlung:
Als Praktikant war das Gehalt top (gemessen an Komillitonen, die in
anderen Unternehmen Praktika absolviert haben). Als Diplomand gab es
eine Prämie im Nachhinein. Ein Teil davon konnte als Vorschuß/Wohngeld
ausgezahlt werden, wobei bei den Mieten hier man schon was auf der hohen
Kante haben sollte. Was auf den ersten Blick schlecht klingt, sieht vll.
besser aus, wenn man bedenkt, daß Du nur Deiner Diplomarbeit nachgehst
und keine weiteren Aufgaben in der Abteilung wahrnehmen mußt. Du mußt im
Vorfeld aber mit Deiner Hochschule abklären, ob sie eine externe
Diplom-/Bachelorarbeit betreuen wird, und ob sie eine Gegenleistung der
Firma erwartet. Letzteres kann evtl. zum Problem werden. Als
Festangestellter - da ist die IBM zunächst an die Tarifabschlüsse
gebunden, und es kommt noch oben etwas drauf (teils leistungsbezogen,
teils nicht).
Es gibt sicherlich Unternehmen wo man mehr verdienen kann, aber auch
weniger. Es gibt aber nicht viele Unternehmen (in Deutschland), wo man
noch Forschung/Entwicklung in diesem Maß betreibt. Ob einem ein
Kleinunternehmen oder ein Großkonzern besser zusagt, ist bekanntlich
auch Geschmackssache - Licht und Schatten gibt es sowohl hier als auch
dort. Ich jedenfalls bereue es nicht. :-)
Ich hoffe, im Groben und Ganzen hilft es Dir weiter. Ob das alles hier
auch für die Schweiz übertragbar ist, weiß ich leider nicht.