Hallo, ich kämpfe seit einiger Zeit mit einem Effekt im Zusammenhang mit POE. Dabei gelang es mir, reihenweise PHYs (Davicom DM9000) zu zerstören. Beschreibung: POE Versorgung erfolgt über die 4 Datenleitungen einer 100BASE-T Verbindung. D.h. das Paar P1,P2 liegt 48V über dem Potential vom Paar P3,P6 der RJ45 Buchse. Damit man die Leistung entnehmen kann braucht man für jedes Adernpaar einen Trafo mit Mittelanzapfung auf der Primärseite. Im normalen Betrieb fließt dann je die Hälfte des Stroms durch die obere Primärwindung, die andere Hälfte gegenphasig durch die untere Primärwindung - das resultierende Magnetfeld ist also Null - es gibt keine Induktion auf der Sekundärseite des Trafos. Wenn man nun aber den Stecker zieht und ihn dabei schief hält und auch noch ein wenig zittert, kann man es schaffen, dass einer der beiden Trafos nicht mehr symmetrisch betrieben wird. Es fließt nur noch durch eine der Halbwindungen Strom (weil z.B. der Kontakt von P6 schon abgerissen ist, P3 aber noch leitet). Dieser Strom hat nun keinen Gegenspieler mehr, der ihn kompensieren könnte, es gibt also bei jeder Stromänderung eine induzierte Spannung auf der Sekundärseite. Ganz besonders heftig wird das, wenn man beide Kontakte P3,P6 eines Adernpaars getrennt hat und mit einer der Leitungen den Kontakt wieder herstellt, bevor der POE-Switch gemerkt hat, dass das Gerät abgezogen wurde (das meine ich mit "zittern"). In dieser Situation hat das Gerät die Kondensatoren des Schaltreglers leer gesaugt, der Switch hat noch seine 48V auf dem Kabel liegen und der gesamte Stossstrom fließt nun unsymmetrisch in den Trafo. Ich konnte auf diese Weise an 2*47 Ohm Last eine Spannungsspitze von 2*79 V erzeugen indem ich eine 100nF Kondensator aufgeladen habe. D.h. da sind in jedem der beiden Widerstände knapp 2 Ampere geflossen. Das ist zwar nach 200ns bereits wieder vorbei aber die Zeit reicht offensichtlich aus, den DM9000 zu himmeln. Auch Ethernettaugliche Schutzdioden (kleine Kapazität, z.B. TI TPD4E001) werden mit der Leistung nich fertig. Ich kann damit zwar die Spannung auf ca. 15V reduzieren, es bleibt aber trotzdem genung Dampf übrig, weil das IC schon hin ist bevor die Dioden versuchen zu begrenzen. Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob ich tatsächlich der einzige bin, der mit diesem Effekt Probleme hat. Ist mein Trafo (Wuerth 749013010) zu gut? Hat einer von Euch eine gute Idee? Hinweis: Beim Einstecken ohne Zittern passiert das uebrigens nicht, weil der Switch (Netgear FS108P) normkonform erst einmal mit 2.8V prüft, ob da ein POE-Gerät angestckt wurde. Erst wenn er es erkennt, wird die Spannung langsam (48 Volt/75 Mikrosekunden) hochgefahren. Bei dieser Flankensteilheit gibt es selbst bei unsymmetrischem Trafobetrieb keinen Stossstrom, der Störimpuls bleibt voellig harmlos.
Sollte es zu diesem Phänomen nicht von den üblichen Verdächtigen (sprich Herstellern) entsprechende Application Notes oder Evaluation Boards geben, wo man sich was abkupfern kann? Ad hoc habe ich leider z.Z. keine nennenswerte Hilfe für Dich.
Alle Applicationnotes, die ich kenne ignorieren dieses Problem. Aus Davicom habe ich auch nichts sinnvolles herauslocken können. Den Tip mit den Schutzdioden hatten sie auch - hilft aber ja nicht.
Travel Rec. wrote:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Power_over_Ethernet
Ja, kenne ich. Aber auch nach dreimaligem Nachlesen finde ich keinen
Hinweis, der mit meinem Problem zu tun hat.
...
IEEE 802.3af hilft übrigens auch nicht weiter.
Nach dem ich mir mal das Datenblatt zum DM9000 angesehen habe, möchte ich behaupten, das er nicht für PoE 'vorbereitet' ist. Er hält wohl die Spec zur IEEE 802.3u ein, aber nicht die 802.3af, die für PoE nötig wäre.
>Wenn man nun aber den Stecker zieht und ihn dabei schief hält und auch >noch ein wenig zittert, kann man es schaffen, dass einer der beiden >Trafos nicht mehr symmetrisch betrieben wird. Das fällt dann aber schon unter böswillige Absicht. Erstmal schafft man es nur mit Gewalt, einen RJ45-Stecker "schräg" reinzustecken bzw. rauszuziehen. Zweitens müsste man schon extremes Händezittern haben, um sowas "zufällig" zu erreichen. Fazit: Im normalen Betrieb kommt sowas nicht vor, deshalb wird auch in der Spezifikation nicht daruf eingegangen. Wer rechnet auch schon mit so etwas? >Dabei gelang es mir, reihenweise PHYs (Davicom DM9000) zu zerstören. Einer ist Zufall. Zwei auch noch. Aber reihenweise? Das ist dann Absicht!
Gast wrote: >>Wenn man nun aber den Stecker zieht und ihn dabei schief hält und auch >>noch ein wenig zittert, kann man es schaffen, dass einer der beiden >>Trafos nicht mehr symmetrisch betrieben wird. > > Das fällt dann aber schon unter böswillige Absicht. Erstmal schafft man > es nur mit Gewalt, einen RJ45-Stecker "schräg" reinzustecken bzw. > rauszuziehen. Zweitens müsste man schon extremes Händezittern haben, um > sowas "zufällig" zu erreichen. Fazit: Im normalen Betrieb kommt sowas > nicht vor, deshalb wird auch in der Spezifikation nicht daruf > eingegangen. Wer rechnet auch schon mit so etwas? > >>Dabei gelang es mir, reihenweise PHYs (Davicom DM9000) zu zerstören. > > Einer ist Zufall. Zwei auch noch. Aber reihenweise? Das ist dann > Absicht! Natürlich ist es bei mir inzwischen Absicht. Ich versuche ein Produkt zu machen, dass eben nicht durch Zufall kaput geht. Aber ich selbst habe 2 von den Dingern hin gekriegt ("was passiert denn eigentlich, wenn der Strom ausfällt, ohne das System sauber herunter zu fahren"). Und ein Kunde hat es ebenfalls hin bekommen. Mir sind das zu viele Zufälle um das Problem zu ignorieren.
Gast wrote: > Das fällt dann aber schon unter böswillige Absicht. Erstmal schafft man > es nur mit Gewalt, einen RJ45-Stecker "schräg" reinzustecken bzw. > rauszuziehen. Zweitens müsste man schon extremes Händezittern haben, um > sowas "zufällig" zu erreichen. Fazit: Im normalen Betrieb kommt sowas > nicht vor, deshalb wird auch in der Spezifikation nicht daruf > eingegangen. Wer rechnet auch schon mit so etwas? > Ich meine mit schräg nicht, den Stecker mit dem Hammer im 45° Winkel in die Buchse zu treiben. Die mechanischen Toleranzen lassen durchaus zu, entweder Pin1 oder Pin8 zuerst Kontakt geben zu lassen. Ich habe nun mal festgestellt, dass ich das Ereignis zuverlässiger auf dem Oszi zu sehen bekomme, wenn ich dem Stecker mit ganz leichtem Druck so verkannte, dass Pin1 zuerst Kontakt gibt. Um die Mechanikdiskussion zu beenden erinnere ich noch einmal daran, dass der Vorgang nach 200 ns (!) abgeschlossen ist. Innerhalb dieses extrem kurzen Zeitraums gibt es keine mechanischen Kontaktpaare, die zuverlässig "gleichzeitig" Kontakt geben. Man benötigt wirklich weder Vorsatz noch Gewalt um das zu erreichen.
Greaete verbinden ...Spannung einschalten - no plug & play !
Ich weiß nicht, "Power over Ethernet" erinnert mich irgendwie immer an dieses Kabel: http://www.falki-design.ch/wordpress/?p=2276 :-)
Jörg Wunsch wrote: > Ich weiß nicht, "Power over Ethernet" erinnert mich irgendwie immer > an dieses Kabel: > > http://www.falki-design.ch/wordpress/?p=2276 > > :-) Jau, werde ich als Plan B mich des Problems zu entledigen im Hinterkopf behalten.
Hmm, schwer zu sagen woran das liegt. Ich würde drauf tippen, daß Dein PHY sehr empfindlich ist. Evtl. ist es auch die Kombination aus Übertrager PHY PoE Eingangsbeschaltung. Was setzt Du denn für einen PoE Chip ein ? Wir haben rund 2.500 PoE betriebene Geräte draußen laufen - bisher ist weder bei den Kunden noch bei uns auch nur ein einziges Gerät kaputt gegangen. Wir setzen eine LAN Buchse mit eingebautem PoE Übertrager und Diodenbrücken ein. Gruß, Marcus
Marcus Müller wrote: > Hmm, schwer zu sagen woran das liegt. Ich würde drauf tippen, daß Dein > PHY sehr empfindlich ist. Evtl. ist es auch die Kombination aus > Übertrager PHY PoE Eingangsbeschaltung. Ich vermute auch dass andere PHYs robuster sind (zumindest gibt es einige die mehr als 3000V ESD Festigkeit angeben). > Was setzt Du denn für einen PoE Chip ein ? LM5070. Aber schon der 100nF Kondensator direkt hinter den Gleichrichterdioden - der erforderlich ist um normkonform dem POE Switch mitzuteilen, daß mein Gerät POE kann - erzeugt diesen Impuls. Ich kann den Effekt also auch ganz ohne POE-Schaltregler zeigen. Die 100nF zu verringern bringt aber auch kaum messbare Verbesserung. > > Wir haben rund 2.500 PoE betriebene Geräte draußen laufen - bisher ist > weder bei den Kunden noch bei uns auch nur ein einziges Gerät kaputt > gegangen. > > Wir setzen eine LAN Buchse mit eingebautem PoE Übertrager und > Diodenbrücken ein. > Ich habe einige andere Trafos ausprobiert (separater Messaufbau, nicht in der Schaltung); in Buchse integriert, auf EVA Board von IC Herstellern, ... Im Prinzip haben alle das gleiche Signal erzeugt, wenn man einen unsymmetrischen Stromstoß einspeist. Auch die Leistung des Impulses auf der Sekundärseite ist in der gleichen Größenordnung. > Gruß, Marcus
Schade, dass der Thread hier abbricht. Wir haben hier ein ähnlich gelagertes Problem. Der verwendete PHY ist ein DP83848I von TI/National. Auch der geht kaputt, wenn man das Kabel so einsteckt, dass die "Kontaktpaare" 1/2 bzw. 3/6 nacheinander Verbindung bekommen und dadurch eine hohe Stossspannung entsteht. Gab es denn damals eine Lösung für dieses Problem?
Hallo Hajo, das Problem wurde nicht wirklich gelöst. Ich zähle hier einfach ein paar Erkenntnisse (aus meiner schon etwas verblassten Erinnerung) auf, vielleicht hilft Dir das bei der Argumentation oder fuer Entscheidungen. Das Problem tritt nur auf, wenn man das Kabel abzieht und innerhalb von 300ms wieder eine Verbindung herstellt (ich habe recht treffsicher 50ms geschafft und damit den Mörderimpuls erzeugt). Wenn Du mit dem wieder anstecken 1-2 Sekunden wartest, hat der Switch bemerkt, dass die Last fehlt und die Spannung abgeschaltet. Dann wird sie langsam hoch gefahren (wie der Standard es vorschreibt), dabei passiert nichts. D.h. besonders gefährdet sind SW-Entwickler, die mal eben schnell einen Power On Reset auslösen wollen. Vom Kontakt der ersten Leitung bis zur letzten habe ich niemals weniger als 10ms hin bekommen. Den Effekt der unsymmetrischen Einspeisung gibt es also immer und hat nichts mit Vorsatz zu tun. Da der Todesimpuls (29V an 47 Ohm nur 300 ns dauert, kann man davon ausgehen, dass er immer entsteht wenn die Spannung beim Einschalten noch anliegt. Ich habe keine (kapazitätsarme!) Schutzdiode gefunden, die in der Lage war diesen Impuls so zu begrenzen, dass man die Datenblattangabe (Gnd-0.5 ... Vcc+0.5V) hätte einhalten können. Das Strom begrenzende Element ist die Stromtragfähigkeit des Übertragers. D.h. "billiger Plunder" hilft in dieser Hinsicht. Deswegen spielt auch der Wert der "Lastkapazität" 100nF am Schaltreglereingang keine Rolle. Ich habe den sogar mal ganz ausgebaut, die Leitungs- und Eingangspinkapazität war auch noch gross genug. Bei der Verabschiedung der Norm haben die das sicher alles schon gewusst. Der POE Standard verlangt nämlich ausdrücklich nicht, das man da unter Spannung an der Verkabelung herum bastelt. Wir sind nicht alleine. Ich habe auch einen Netgear POE-Switch (ironischerweise mit seiner eigenen Energie!) gehimmelt. Ich glaube in diesem Dokument habe ich später bestätigt gefunden, was ich mir zusammen gereimt habe: http://www.datasheetarchive.com/dl/Datasheet-099/DSA00182373.pdf Die vorgeschlagene Schutzbeschaltung war fuer unseren PHY nicht ausreichend. (Es war aber damit schwieriger, die Dinger zu killen). Letzlich habe ich resigniert, bei Neuentwicklungen würde ich versuchen einen kleinen Widerstand zwischen PHY und Trafo zu setzen und auf der PHY-Seite mit Schutzdioden zu kämpfen. Ausserdem würde ich vermutlich eher SMSC einsetzen (ich meine die hatten die doppelte Spannung bei der ESD-Festigkeit angegeben). Mit (über-)spannenden Grüssen Holger
Hallo Holger, vielen Dank für Deine Ausführungen. Das Dokument von SMSC war tatsächlich sehr aufschlussreich. Hajo
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