Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik positive Rückkopplung, Gleichung mit idealem OP


von daniel (Gast)


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Hallo,

Bei einer neg. Rückkopplung bekommt man die Gleichung
(Up-Un)*A = Un
Up*A = Un(1+A)
=> Un/Up = A/(1+A) = .. 1 wenn A >> 1

Zu meiner Überraschung bei positiven Rückkopplung
(Up-Un)*A = Up
-Un*A = Up(1-A)
Up/Un = -A/(1-A) = .. 1 wenn A >> 1

man kommt wieder auf die 1. Von der Funktion ist es
aber kein Spannungsfolger, es tendiert eher in die
Richtung vom Schmitt-Trigger. Ist Up > Un, wird die
Differenz noch mehr gewichtet, somit Up noch grösser,
und es erreicht die Sättigung(Op-pos.Versorgungsspannung).
Ich schnalle noch nicht warum die rechnerische Variante auf 1 kommt.
Oder sieht jemand einen Fehler dadrin?

von JaaWaa (Gast)


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> Up/Un = -A/(1-A) = .. 1 wenn A >> 1

Der Ausdruck im Nenner geht doch gegen Null ? Heisst der Quotient 
divergiert.

von Stefan (Gast)


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Dein Ansatz ist auch falsch!
Wie Du selbst erkannt hast, geht der OP sehr schnell in die Sättigung, 
d.h. es liegt kein linearer Betrieb mehr vor und Deine Ausgangsgleichung 
ist ungültig!

von daniel (Gast)


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@JaaWaa

>> Up/Un = -A/(1-A) = .. 1 wenn A >> 1

>Der Ausdruck im Nenner geht doch gegen Null ? Heisst der Quotient
>divergiert.

Warum? A >> 1, vielleicht hast Du A -> 1 angenommen?
Sollte heissen A viel viel grösser 1. Dann wird 1 vernachlässigt,
es bleibt dann -A/-A = 1 übrig.

@Stefan

Mir ist nicht bewusst an welcher Stelle ich implizit die Linearität
voraussetze. Up,Un sind beide beliebige auch nicht lineare Funktionen
der Zeit.

Mal im Gedankenexperiment als +/- Spannungsversorgung +/- Unendlichkeit
zulassend, sollte Up dann eben entweder gegen + oder - Unendlichkeit
gehen. In anderen Worten, ich suche nach einer 0 gegen die ich teilen
möchte :)

von yalu (Gast)


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Die Rechnung ist schon richtig. Es gibt in beiden Fällen einen Zustand,
wo die jeweilige Gleichung gilt.

Der Unterschied: Bei der Gegenkopplung ist dieser Zustand stabil, bei
der Mitkopplung nicht.

Wird in (Up-Un)*A=Un das Un auf Grund einer Störung auf der linken
Seite um ein dU größer, wird das Un auf der rechten Seite um A*dU > dU
kleiner, was der Störung entgegenwirkt. Wird Un auf der linken Seite
kleiner, wächst es auf der rechten Seite. Das Un wird also immer wieder
in den ursprünglichen Zustand zurückgeholt.

Wird hinegegen in (Up-Un)*A=Up das Up auf der linken Seite um ein dU
größer, wird das Up auf der rechten Seite um A*dU größer, was die
Störung verstärkt. Das geht so lange weiter, bis Up die maximale oder
minimale Ausgangsspannung des OPV erreicht hat.

von Stefan (Gast)


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Führe Dein Gedankenexperiment mal weiter...
Wenn Du schon im Unendlichen bist, dann ist Un gegenüber Up 
vernachlässigbar (Un hat ja ein festes Potential, z.B. Masse).
Dann lautet Dein Ansatz Up*A = Up  -> Widerspruch!

von daniel (Gast)


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@yalu
Die kausale Kette hast Du gut beschrieben, auch wenn sie mir bekannt war 
:)
BTW: ich freue mich deine sachlichen Beiträge zu lesen

Dennoch denke ich, dass diese Gleichung nicht "das Model" korrekt
beschreibt. Wenn man es so annimmt wie es steht(pos. Rückkopplung):
1
[Up(t)-Un(t)]*A=Up(t)
1
Up*(A-1)=Un*A

Das ist eine Gleichung mit 2 Unbekannten, dh man hat einen 
Freiheitsgrad.
Jedem Up entspricht ein Un, im "realen Modell" gibt es keinen Rückgriff
vom Up nach Un!

Setzt man Un (als einzigen Eingang) auf 0 (bindet man es quasi fest ;)
bekommt man Up=0. Das ist auch der labile Gleichgewichtspunkt.
Würde sich Up auch nur einwenig ändern, müsste rein der Gleichung
nach Un ändern .. das kann es nicht => Widerspruch, Gleichung gilt
nur an einem Punkt.

Das Problem liegt glaube ich im Wesen von algebraischen Schleifen.
Nimmt man sinus Block und führt den Ausgang auf den Eingang so bekommt
man auch x=sin(x) mit einziger Lösung 0. Man kann aber nicht erwarten,
dass x eine Art Zeitfunktion x(t) wäre, da es ausser 0 keine Lösungen 
gibt.

@Stefan
Wie du sagst .. es führt auf den Widerspruch.

von yalu (Gast)


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Noch ein anderer Gedanke zu dem Thema, der allerdings etwas schlampig
mit der Unendlichkeit umgeht (Mathematiker mögen mir verzeihen):

> (Up-Un)*A = Up

Ich glaube, bis dahin stimmt tatsächlich noch alles, auch dann noch,
wenn mann Un=0 setzt:

  Up*A = Up

Diese Gleichung hat die Lösung Up=0, aber auch die "Lösungen"

  Up = +∞  und  Up = -∞

da wegen A>0 +∞*A=+∞ und -∞*A=-∞ ist. Das sind genau die beiden "Werte",
wo der OPV hinstürmt, wenn er das labile Gleichgewicht bei Up=0 nach
oben bzw. nach unten verlässt. Formt man die obige Gleichung allerdings 
zu

  Up*(A-1) = 0

um, fallen die beiden zusätzlichen "Lösungen" unter den Tisch, so dass
es scheint, als ob für Up nur der Wert 0 übrig bliebe.

Bei der Gegenkopplung gibt es diese unendlichen Lösungen nicht:

  (Up-Un)*A = Un

Für Up=0:

  -Un*A = Un

Diese Gleichung hat für A>0 nur die Lösung Un=0. Weder Un=+∞ noch Un=-∞
erfüllen die Gleichung.

von Helmut (Gast)


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Zu dem Thema passt was ich 2005 in einer News group geschrieben habe.

Helmut

"Kevin Aylward" <see_website@anasoft.co.uk> schrieb im Newsbeitrag
news:Zmttf.42527$D47.14976@fe3.news.blueyonder.co.uk...
> Helmut Sennewald wrote:
> > <onehappymadman@yahoo.com> schrieb im Newsbeitrag
> > news:1135984816.969794.45930@z14g2000cwz.googlegroups.com...
> >> I remember someone once posted about a circuit that Spice said should
> >> be unstable, yet when built, the circuit works perfectly fine.
> >>
> >> What circuit was this?  What other circuits don't work in
> >> simulations, but work perfectly fine in real life???
> >
> > Hello,
> >
> > we still wait for the circuits. I remember that somebody
> > (sorry I forgot his name) want bring the circuits
> > next week. This was many months ago. Let's hope he reads
> > this thread and bring the circuits now. I admit that
> > there may be circuits where SPICE fails because the
> > models are not good enough or SPICE doesn't take noise
> > into account.
> >
> > I know of one circuit where SPICE calculates very precisely
> > a mathematical correct solution for a noiseless circuit,
> > but in real life the output of this circuit would run to
> > the rails because of noise at the inputs. It' a very very
> > simple circuit. You wouldn't believe it when you haven't seen it.
> >
>
> Ho hum, any high gain amp with zero offset will give zero output in
> spice with zero input yet its real life embodiment will rail out. So,
> whats new?
>
> GIGO.
>
> Kevin Aylward


Hello Kevin,

My circuit is an amplifier(E-source) in an inverting circuit,
but by mistake the resistors are connected to the positive input.
LTspice and any other SPICE will find a solution which
is mathematically correct, but you will be unable to reproduce
that with any real circuit. The calculated ouput voltage is
-1.0002V with the wrong circuit and -0.9998V with the correct
inverting circuit.

Again, the math done by SPICE is correct in both cases!
Everybody would say the inputs are wrongly connected,
but SPICE is so clever and finds a solution you never
have seen in any book! Patent pending! :)


Have fun and a happy new year.

Best regards,
Helmut


        R2             R1
    in __    N001    __
V1 ---<___>----o-----<___>------o----out
(1V)           |                |   (-1.0002V)
               |    ---         |
                ---|+  |--------
                ---|-  |--  v=10000
              _|_   ---  _|_
               -    E1    -



This would be the correct circuit.

        R2             R1
    in __    N001    __
V1 ---<___>----o-----<___>------o----out
(1V)           |                |   (-0.9998V)
               |    ---         |
                ---|-  |--------
                ---|+  |--  v=10000
              _|_   ---  _|_
               -    E1    -



The result(V(out)=-1.0002V) from all SPICE programs.

       --- Operating Point ---

V(out):  -1.0002  voltage
V(n001):  -0.00010002  voltage
V(in):  1  voltage




Here is the netlist for every SPICE.

* D:\Share\strange1.asc
E1 out 0 N001 0 10000
R1 out N001 1k
R2 in N001 1k
V1 in 0 1
.op
.end



The schematic file "strange1.asc" for LTspice.

Version 4
SHEET 1 880 680
WIRE -112 128 -112 48
WIRE -112 256 -112 208
WIRE -48 48 -112 48
WIRE 128 48 32 48
WIRE 128 160 128 48
WIRE 192 160 128 160
WIRE 192 256 192 208
WIRE 208 48 128 48
WIRE 240 144 240 112
WIRE 240 256 240 224
WIRE 320 48 288 48
WIRE 320 112 240 112
WIRE 320 112 320 48
WIRE 368 112 320 112
FLAG 192 256 0
FLAG 240 256 0
FLAG -112 256 0
FLAG 368 112 out
FLAG -112 48 in
SYMBOL e 240 128 R0
SYMATTR InstName E1
SYMATTR Value 10000
SYMBOL res 304 64 M270
WINDOW 0 32 56 VTop 0
WINDOW 3 0 56 VBottom 0
SYMATTR InstName R1
SYMATTR Value 1k
SYMBOL res -64 64 R270
WINDOW 0 32 56 VTop 0
WINDOW 3 0 56 VBottom 0
SYMATTR InstName R2
SYMATTR Value 1k
SYMBOL voltage -112 112 R0
SYMATTR InstName V1
SYMATTR Value 1
TEXT -120 -56 Left 0 !.op

von Tobi (Gast)


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Angenommen man koppelt den Ausgang eines Opamps
auf den positiven Eingang zurück, kann man diesen
stabil bekommen wenn man durch das beta-Netzwerk
die Phase entsprechend nochmal um 180° bis zur
Transitfrequenz dreht ?

von Tobi (Gast)


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Keiner ne Antwort parat ?
Hildek und Co. ihr könnt das doch locker ausm Ärmel schütteln :-)

von Helmut (Gast)


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Hallo,

klar geht das, wenn diese Invertierung im Rückkopplungspfad wenig
Verzögerung macht.
Das könnte z.B. ein zusätzlicher invertierender Verstärker sein.
Wäre dann ja nichts anderes als wenn "intern" noch eine extra 
Invertierung
wäre. Damit werden die + und -Eingänge vertauscht.

Die Stabilität gegen Schwingen hängt davon ab, wie ideal diese 
Invertierung gelingt.
Mit einem zusätzlichen RC-Glied am ersten Opamp kann man da eine Menge 
richten.

Helmut

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