Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Phasenverschiebung mit Oszi bestimmen?


von Kermit (Gast)


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Hallo,
kann man die Phasenverschiebung cos(phi) eines Verbrauchers am 50Hz Netz 
mit einem Oszilloskop messen? In der Schule hatten wir dazu bisher ein 
Messegerät das Wirkleistung und Blindleistung (mit Anzeige ob Kapazitiv 
oder Induktiv) messen konnte und haben dann die Zeiger gezeichnet und 
daraus Phi bestimmt.
Würde das auch mit einem Oszilloskop (2 Kanalbetrieb) gehen? Nur wie? 
Muss ich dazu noch ein ohmschen Messwiderstand in Reihe einbauen oder wo 
nehme ich die Referenzkurve her? Ich habe mir das etwa so vorgestellt: 
Oszilloskop (an Trenntrafo wegen PE-Schluss!) über Messewiderstand und 
Verbraucher (Ground des Scopes natürlich zwischen beiden - eine Kurve 
muss dann natürlich noch invertiert werden). Ist die Spannung über den 
Verbrauchen mit der Spannung über den ohmschen Messwiderstand dann 
entsprechend Phasenverschoben?

Oder liege ich falsch oder "das" Phi kann man mit einem 2Kanal 
Oszilloskop gar nicht messen, weil es sich um Leistungen handelt?


Danke im voraus,
Kermit

von Martin L. (Gast)


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Du kannst mit Shunt oder Messwandler den Strom messen und im XY-Betrieb 
eine Lissajous-Figur zeichnen lassen.
Mehr als 10° Genauigkeit würde ich aber selbst bei einem großen 
Bildschirm nicht erwarten. Wenn es ein digitales Oszi ist und man die 
Daten an den PC übertragen kann geht es vielleicht noch ein bissl 
besser.

Viele Grüße,
 Martin L.

von Helmut L. (helmi1)


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Du kannst die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung mit einem 
Oszilloskope so messen. Das kannst du mit einem 2 Kanalskope machen es 
geht aber auch mit einem 1 Kanalskope. Bei einem 1 Kanalskope kannst du 
das im X-Y betrieb ausmessen. Stichwort: Lissajousfiguren. Auch wie du 
schon richtig bemerkt hast brauchst du um den Strom zu messen einen 
Shunt Widerstand

Gruss Helmi

von Kermit (Gast)


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An den Lissajousfiguren kann ich aber doch die Phasenverschiebung nicht 
genau ablasen (am Raster).
Zum Problem: Wir sollen die Phasenverschiebung eines 3Phasen 
Asynchronmotors in Sternschaltung oszilloskopieren. Dazu sollen wir in 
der Tat einen Shunt in Reihe zu einer Wicklung einbauen. Nun sollen wir 
auf Kanal1 die Spannung über den Shunt oszilloskopieren (soweit so gut) 
und(!) die Spannung über Shunt UND Motorwicklung (Also zwischen L1+ und 
Sternpunkt) auf Kanal2.
Ist das überhaupt richtig? Da kann ich ja gleich die Spannung zwischen 
L1 und N oszilloskopieren?
Ich hätte nur die Spannung über der Motorwicklung ohne den Shunt 
oszilloskopiert (Masse halt in die Mitte gesetzt und den 1.Kanal 
invertiert). Mein Lehrer meint, der 1Ohm Shunt würde dabei keinen großen 
Unterschied machen. Das irritiert mich ein wenig.

Um die Potentialtrennung und Berührungsspannungen muss ich mir übrigens 
keine Gedanken mehr machen, da wir zwischen Oszilloskop und Schaltung 
noch Messwandler nutzen, die angeblich (galvanisch) trennen.

von Jens G. (jensig)


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Wenn der Spannungsabfall über den Shunt im Vergleich zur Speisespannung 
vernachlässigbar ist, hat Dein Leherer schon recht. Je nachdem, welcher 
Strom da drüber geht, ist der Fehler eben vernachlässigbar. Angenommen, 
der Motor zieht 1A, dann sind das 1V bei 1Ohm-Shunt - eigentlich total 
verrnachlässigabr bei 230V oder gar 400V. Zumal, wenn es mit dem Oszi 
geschehen soll, dann hast Du ohnehin keine extreme Genauigkeit - da 
fallen die paar Volt Fehlspannung gar nicht auf.
Also immer im Hinterkopf haben - welchen Fehler kann ich mir leisten, 
bzw. ist der mit dieser Anordnung überhaupt meß/sichtbar.

von Tom (Gast)


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Genauere Methode ohne Lissajous, aber mit 2 Kanaelen:

Den voreilenden Sinus vertikal zentrieren. Zeitablenkung und x-Position 
so einstellen, dass eine Periode des Sinus die 10 div genau ausfuellt, 
bei Bedarf auch mit dem stufenlosen Knopf fuer die Zeitablenkung.

Den zweiten Sinus auch vertikal zentrieren. Wenn die Periode des zweiten 
Sinus bei 2.8 div beginnt, sind die beiden um 2.8/10 * 360 Grad = 108 
Grad verschoben.

Gruesse.

von Kermit (Gast)


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Wieso die Zeitablenkung auf eine ganze Periode einstellen? Bei einer 
halben-, viertel-, oder gar achtel- Periode (so dass man die 
Phasenverschiebung halt gerade noch sehen kann auf einem Schirmbild) 
wird's doch noch genauer?

Aber zum Messfehler. Mir ist schon klar, dass an den 1Ohm Widerstand nur 
eine geringe Spannung abfällt. Trotzdem wundert mich das:
Nehmen wir zur Vereinfachung mal an, dass wir an nur einer Phase mit 
einem (einphasigen) Verbraucher und einem Shunt in Reihe messen wollen. 
Wenn ich die Spannung über Shunt und Verbraucher zusammen messe, dann 
messe ich doch direkt die Netzspannung? Kann ich dann überhaupt noch 
eine sinnvolle Aussage über die Phasenverschiebung von Spannung und 
Strom dieses Verbrauchers treffen? An der Phase können ja zeitgleich 
etliche andere Verbraucher parallel am Netz hängen? Wo liegt da mein 
Denkfehler?

Vielen Dank,
Kermit

von Ahem (Gast)


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>Wenn ich die Spannung über Shunt und Verbraucher zusammen messe, dann
>messe ich doch direkt die Netzspannung? Kann ich dann überhaupt noch
>eine sinnvolle Aussage über die Phasenverschiebung von Spannung und
>Strom dieses Verbrauchers treffen?

Damit alleine nicht. Du musst noch die Spannung am Shunt zusätzlich 
messen.
Diese beiden Spannungen setzt Du dann mit der Lissayuuuuu....figur in 
Beziehung.

von Jens G. (jensig)


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Denkfehler? Bis jetzt sprachen wir wohl nur von einem Verbraucher (nach 
dem Shunt), nicht mehreren.
Der Spannungs-Sinuns wird als Referenz genommen (auf einem Kanal), und 
der Strom-Sinus (welcher am Shunt als Spannung abgreifbar ist) wird dann 
auf den Spannungssinus bezogen (also die Phase dazu bestimmt. Da stören 
andere Verbraucher vor dem Shunt überhaupt nicht, weil die den Strom 
nicht beeinflussen .

von Ahem (Gast)


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Der Strom durch den Shunt fliesst dann nur noch durch Deinen 
Verbraucher. Durch die anderen nicht. Die sind parallel geschaltet.

von Kermit (Gast)


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Den Strom messe ich am Shunt nur von dem einem Verbraucher, der in Reihe 
geschaltet ist, soweit klar. Aber die Spannung (Kanal2) messe ich doch 
von ALLEN Verbraucher die am Netz hängen, wenn ich parallel zum Shunt 
und Verbraucher messe? Macht das nichts aus?

von Kermit (Gast)


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Ok, mein Denkfehler ist wohl, dass ich den Strom als Referenz nehme. In 
Reihenschaltungen haben wir bisher immer den Strom als Referenz 
betrachtet, da dieser sich ja nicht ändert (und dann Aussagen über vor- 
und nacheilende Spanungen an Induktivitäten und Kapazitäten getroffen).

von Andrew T. (marsufant)


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Tom schrieb:
> Genauere Methode ohne Lissajous, aber mit 2 Kanaelen:
>
> Den voreilenden Sinus vertikal zentrieren. Zeitablenkung und x-Position
> so einstellen, dass eine Periode des Sinus die 10 div genau ausfuellt,
> bei Bedarf auch mit dem stufenlosen Knopf fuer die Zeitablenkung.
>
> Den zweiten Sinus auch vertikal zentrieren. Wenn die Periode des zweiten
> Sinus bei 2.8 div beginnt, sind die beiden um 2.8/10 * 360 Grad = 108
> Grad verschoben.
>


Genau so macht man das.
Ist auch sehr schön beschrieben z.B. bei Tektronix, 2465 Operating 
Manual (downloaden bei BAMA)

Dann nochmal fix den x10 Magnifier Knopf der Horizontal-Ablenkung 
gedrückt.
Und so erreicht man mit einigermaßen soliden Analogoszilloskopen 
Genauigkeiten von 2 bis 3 Grad in der Phasneverschiebung.

hth,
Andrew

von Jens G. (jensig)


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@Kermit

>Ok, mein Denkfehler ist wohl, dass ich den Strom als Referenz nehme. In
>Reihenschaltungen haben wir bisher immer den Strom als Referenz
>betrachtet, da dieser sich ja nicht ändert (und dann Aussagen über vor-
>und nacheilende Spanungen an Induktivitäten und Kapazitäten getroffen).

genau - die Spannung ist die Ursache des Stroms - nicht umgekehrt ...

von faraday (Gast)


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>Wieso die Zeitablenkung auf eine ganze Periode einstellen? Bei einer
>halben-, viertel-, oder gar achtel- Periode (so dass man die
>Phasenverschiebung halt gerade noch sehen kann auf einem Schirmbild)
>wird's doch noch genauer?

sehe ich auch so.

von Andrew T. (marsufant)


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faraday schrieb:
>>Wieso die Zeitablenkung auf eine ganze Periode einstellen?

Weil man das mit recht geringem Fehler sauber einstellen kann: 
Zweckmäßigerweise an den Nulldurchgängen des Signals. Die kriegt man 
zügig und sauber definiert "einjustiert" auf dem Bildschrim.

Beim Spanungsmaximum ist eher schwieriger.

Bei einer
>>halben-, viertel-, oder gar achtel- Periode (so dass man die
>>Phasenverschiebung halt gerade noch sehen kann auf einem Schirmbild)
>>wird's doch noch genauer?
>
> sehe ich auch so.

Tja, dann schau mal genau hin. Denn Nulldurchgang kriegste noch.
Aber dann beim Maximum des 4tel Periode wird's schon schlecht. 8tel erst 
recht.

Darum: Ganze Periode einstellen.
Wenn dann genau werden soll: x10 drücken (siehe Beschreibung weiter 
oben).

von faraday (Gast)


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>Denn Nulldurchgang kriegste noch.
>Aber dann beim Maximum des 4tel Periode wird's schon schlecht.

Das verstehe ich nicht. Ist Maximum genauer als Nulldurchgang?
Wurde doch auch gesagt, daß es auf den Schirm passen soll.

von Andrew T. (marsufant)


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faraday schrieb:
>>Denn Nulldurchgang kriegste noch.
>>Aber dann beim Maximum des 4tel Periode wird's schon schlecht.
>
> Das verstehe ich nicht. Ist Maximum genauer als Nulldurchgang?


Nö.

Da steht doch das das Maximum ungenauer abzulesen ist.

Eben der Nulldurchgang ist die genauere Möglichkeit.

> Wurde doch auch gesagt, daß es auf den Schirm passen soll.

Nö.

Da steht:

"Wieso die Zeitablenkung auf eine ganze Periode einstellen? Bei einer
halben-, viertel-, oder gar achtel- Periode (so dass man die
Phasenverschiebung halt gerade noch sehen kann auf einem Schirmbild)"

Da steht das man die Phasneverscheibung noch sehen kann auf dem Schirm.

Die nutzt Dir aber nix wenn Du die Periode nicht genau genug 
kennst/ablesen kannst. D.h. wen Du "irgendwas " zwischen 0.22 und 0.27 
einer Periode hast (und so was als 1/4 Periode nimmst).

Ergobleibt: ... ganze Periode oder halbe Periode - eben wegen des 
Nulldurchgangs...

von Dieter S. (accutron)


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Andrew,

für die gesamte Periode stimmt das schon. Aber er meint wahrscheinlich, 
die Phasendifferenz zwischen den Nulldurchgängen lässt sich mit dem 
kurzen Zeitraster besser auflösen. Vor allem dann, wenn der Winkel sehr 
viel kleiner ist als 360°.

Dieter

von faraday (Gast)


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>Die nutzt Dir aber nix wenn Du die Periode nicht genau genug
>kennst/ablesen kannst.

ja klar, hast Recht. Man muß ja die gesamte/halbe Periode sowieso mit 
kleinerer Auflösung messen.

von Jens G. (jensig)


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Der  Nulldurchgang ist quasi nur ein Punkt deutlich sichtbar, wo er 
durch die x-Achse (Zeit) geht (starke Steigung). Eigentlich sehr genau 
lokalisierbar, weil sich dort zwei Linien im großen Winkel kreuzen.
Das Maximum ist eher so ein WischiWaschi-Bereich auf dem Dach der 
Sinuskurve. Da haste paar mm links und rechts des Maximums, wo der Sinus 
kaum abfällt (geringe Steigung) - also schlechter bzw. mit weit höherem 
Unsicherheitsfaktor nur bestimmbar.
Deshalb den Nulldurchgang als Referenz nehmen, und nicht das Maximum.

von Andrew T. (marsufant)


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Dieter S. schrieb:
> Andrew,
>
> für die gesamte Periode stimmt das schon. Aber er meint wahrscheinlich,
> die Phasendifferenz zwischen den Nulldurchgängen lässt sich mit dem
> kurzen Zeitraster besser auflösen. Vor allem dann, wenn der Winkel sehr
> viel kleiner ist als 360°.
>
> Dieter

Dieter,

tja genau das was du bestätigst schreibe ich doch oben:

Erst die Periode einstellen. Phasendifferenz ist ja ein relatives Maß.

Dann x10 dehnen um im kurzen Zeitraster bestmöglich aufzulösen.

Und für alle die es nachlesen möchten:

http://bama.edebris.com/manuals/tek/2465/

Schöner als dort kann man es eigentlich nicht erklären.


Andrew

von Andrew T. (marsufant)


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Jens G. schrieb:
> Der  Nulldurchgang ist quasi nur ein Punkt deutlich sichtbar, wo er
> durch die x-Achse (Zeit) geht (starke Steigung). Eigentlich sehr genau
> lokalisierbar, weil sich dort zwei Linien im großen Winkel kreuzen.

Yo. Für alle die das mal in der Schule hatten: Nullstellendiskussion, 
Extremwertberechnung, etc.
Anderes Thema, aber identischer Denkansatz.


> Das Maximum ist eher so ein WischiWaschi-Bereich auf dem Dach der
> Sinuskurve. Da haste paar mm links und rechts des Maximums, wo der Sinus
> kaum abfällt (geringe Steigung) - also schlechter bzw. mit weit höherem
> Unsicherheitsfaktor nur bestimmbar.
> Deshalb den Nulldurchgang als Referenz nehmen, und nicht das Maximum.

Voll d'accord.

von Jens G. (jensig)


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Setzt natürlich voraus, daß der Oszi möglichst genau genullt ist (also 
Sinus mit der Null-Verstelung schön symmetrisch auf der x-Achse 
platzieren, so daß pos. und neg. Halbwellen genau gleich "schwer" sind.

von Andrew T. (marsufant)


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Jens G. schrieb:
> Setzt natürlich voraus, daß der Oszi möglichst genau genullt ist (also
> Sinus mit der Null-Verstelung schön symmetrisch auf der x-Achse
> platzieren, so daß pos. und neg. Halbwellen genau gleich "schwer" sind.

Nö. Eben das mit der x Achse ist für diese Messung (siehe dazu ganz oben 
was der TE als Aufgabenstellung eigentlich messen wollte) vollkommen 
schnuppe.

Denn sonst würde es nicht mit einer 1/2 Periode genausogut 
funktionieren.

Ergo: Du kannst das Signal genausogut 1 Div. rechts oder 2 links 
plazieren.
Oder irgendwas was angenehm ist, um die 2 bzw. 3 Nulldurchgänge auf dem 
Bildschirm zu haben.


Aber "trace-rotation" sollte man schon korrigert haben ;-)

von Jens G. (jensig)


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ich sprach nicht von 1 Div. rechts oder 2 links, sondern wenn schon, 
dann von 1 Div. oben oder 2 unten (genau die x-Achse muß man ja nicht 
nehmen, aber irgendeine Parallele davon)
(ich hoffe, x-Achse ist die waagerechte Linie auf dem Schirm ;-)

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