Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Konstante Phasenverschiebung


von steff (Gast)


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Hallo Forum!

Ist es in Analogtechnik möglich (und wenn ja wie) ein Signal konstant 
über einen größen Frequenzbereich genau um 90° in der Phase zu 
verschieben? Also zum Beispiel aus einem Cosinus ein Sinus zu machen. 
...vielleicht durch eine Frequenzteilung oder sowas? Digital würde ich 
'nen FIR-Filter nehmen, aber die gibts ja analog nicht (wenn ich damals 
richtig aufgepasst habe).

Vielen Dank schon mal
steff

von yalu (Gast)


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Differenzierer oder Integrierer bewirken eine Phasenverschiebung von
genau +90° bzw. -90°, unabhängig von der Frequenz des Signals.

von Falk B. (falk)


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@  steff (Gast)

>über einen größen Frequenzbereich genau um 90° in der Phase zu
>verschieben? Also zum Beispiel aus einem Cosinus ein Sinus zu machen.

Nennt sich Hilberttransformator. Aber GENAU 90 Grad wird eher schwierig.

@ yalu (Gast)

>Differenzierer oder Integrierer bewirken eine Phasenverschiebung von
>genau +90° bzw. -90°, unabhängig von der Frequenz des Signals.

Na dann mal los. Schau dir mal den Frequenzgang REALER Integrierer und 
Differenzierer an.

MfG
Falk

von steff (Gast)


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Danke erstmal. Wie wird das denn dann in diesen integrierten 
Quadraturmodulatoren (z.B. LT5517) gemacht? Die brauchen ausnahmslos die 
doppelte Frequenz und erzeugen damit irgendwie die orthogonalen Träger.

von Hagen R. (hagen)


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Teile mal diesen doppelten Takt mit einem FF durch 2, aber einmal auf 
steigende und ein anders mal auf fallende Flanke, also invertiertem Takt 
und nicht invertiertem Takt. Raus kommen zwei Takte mit halber Frequenz 
und 90 Grad Phasenlage zueinandner. Deswegen wird ja mit doppelter 
Frequenz am Eingang gearbeitet.

Gruß Hagen

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Analogtechnik war gefragt, das heißt dort "Polyphasen-Netzwerk", viele 
RC- oder LC-Phasenschieber hintereinandergeschaltet.
Auch "SSB nach der Phasenmethode" ist ein Suchbegriff:
http://de.wikipedia.org/wiki/Einseitenbandmodulation

von yalu (Gast)


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Falk Brunner schrieb:
> @ yalu (Gast)
>
>> Differenzierer oder Integrierer bewirken eine Phasenverschiebung von
>> genau +90° bzw. -90°, unabhängig von der Frequenz des Signals.
>
> Na dann mal los. Schau dir mal den Frequenzgang REALER Integrierer und
> Differenzierer an.

Den Phasenfrequenzgang von (+90° bzw. -90°) bekommt man mit der üblichen
OPV-basierten Differenzierschaltung sehr gut hin, natürlich nur bis zu
einer Maximalfrequenz, die durch die Geschwindigkeit des OPV bestimmt
wird. Wenn es gewünscht wird, mache ich gerne eine Spice-Simulation
dazu.

Zum gewünschten Amplitudenfrequenzgang hat der Thread-Eröffner keine
Angaben gemacht, weswegen ich annehme, dass er möglichst linear sein
soll. In dem Frequenzbereich, wo der OPV noch genau arbeitet (wo auch
die Phasenverschiebung noch stimmt), ist diese Forderung erfüllt ;-)

Wo liegt also das Problem?

von Jens G. (jensig)


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Tja, ein Differenzierer wird wohl bei niedrigen Frequenzen ein niedriges 
Signal liefern als bei hohen Frequenzen, wegen der begrenzten 
Anstiegsgeschwindigkeit des Sinus (bim Differenzierer ist ja wohl die 
Ausgangsspannung proportional zum Anstieg der Eingangsspannung, und der 
Anstieg ist bei hohen Frequenzen im Nulldurchgang höher als bei 
niedrigen).
Beim Integrierer ist es wohl genau umgekehrt, was den Zusammenhang 
Ein/Ausgang betrifft, weil dann bei niedrigen Frequenzen mehr Zeit pro 
halbem Sinus zum Integrieren bleibt.
Hat also nix mit GBW der OPV's zu tun ...

von yalu (Gast)


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Jen G. schrieb:

> Tja, ein Differenzierer wird wohl bei niedrigen Frequenzen ein niedriges
> Signal liefern als bei hohen Frequenzen, wegen der begrenzten
> Anstiegsgeschwindigkeit des Sinus

So ist es. Aber stört das den Thread-Eröffner? Nach seiner Aussage
interessiert ihn doch nur die Phasenverschiebung, oder?

Die Idee mit dem Integrierer und Differenzierer war zugegebenermaßen
etwas provozierend gedacht. Andererseits wird das Integratorprinzip aber
auch tatsächlich angewandt, bspw. um Rechtecksignale um 90° in der Phase
zu verschieben:

Man schickt das Signal durch einen Tiefpass mit ausreichend großer
Zeitkonstante (also einen "entschärften" Integrator) und erhält dadurch
ein Dreieckssignal. Wird dieses mit einem nachgeschalteten Komparator
mit Schwellwert 0 (oder einen Schmitt-Trigger mit kleiner Hysterese)
wieder in ein Rechtecksignal zurückverwandelt, hat dieses, unabhängig
von der Frequenz, eine Phasenverschiebung von -90° zum Ursprungssignal.

von Jens G. (jensig)


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@ yalu
Naja, Du hast aber in deinem letzten Update extra angenommen, daß er 
linearen Frequenzgang haben will (weil nix in der Problembeschreibung 
dazu stand) - dazu passen aber eben Integrierer/Differenzierer nicht, 
deswegen bin ich (und Falk) darauf eingegangen.

von yalu (Gast)


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@Jens G.:

> Naja, Du hast aber in deinem letzten Update extra angenommen, daß er
> linearen Frequenzgang haben will (weil nix in der Problembeschreibung
> dazu stand)

Klar, der Frequenzgang ist doch auch linear ;-)

Eine lineare Funktion ist im weiteren Sinne eine, bei der die Kurve eine
gerade Linie ist. Ob waagerecht oder schräg, ist egal. Ein Beispiel aus
der Elektronik, wo der Linearitätsbegriff in diesem Sinne verwendet
wird, ist die Linearisierung von Transistorkennlinien im Arbeitspunkt.

Linear im engeren (mathematischen) Sinn ist eine Funktion dann, wenn sie
homogen und additiv ist, also wenn

  f(c*x) = c*f(x) und
  f(x+y) = f(x) + f(y)

gilt. Nach dieser Definition wäre das, was üblicherweise als linearer
Frequenzgang bezeichnet wird, gar nicht linear. Auch die linearisierte
Transistorkennlinie ist es i.Allg. nicht, wohl aber der Amplituden-
frequenzgang des Differenzierers. Ein Beispiel aus der Elektronik, wo
der Linearitätsbegriff in diesem Sinne verwendet wird, ist die Phasen-
linearität bei Filtern.

Das Problem bei der Linearität in der Elektronik ist eben, dass für

- Amplitudenfrequenzgang,
- Phasenfrequenzgang und
- Halbleiterkennlinien u.ä.

drei verschiedene Definitionen benutzt werden. Die Mathematiker sind da
etwas genauer und verwenden für diese drei völlig unterschiedlichen
Formen der Linearität auch drei unterschiedliche Begriffe, nämlich

- konstant,
- linear und
- affin

Ich bitte um Verzeihung für die Erbsenzählerei, und hoffe, dass du den
Smiley am Ende des Absatzes meines früheren Beitrags, wo ich die
Linearität als Wunsch des Thread-Eröffners annahm, nicht übersehen hast
:)

Und wofür der Thread-Eröffner die Phasenverschiebung einsetzen möchte,
weiß sowieso niemand außer ihm selbst, weswegen man auch nicht so genau
wissen kann, ob nun der Differenzierer, das Polyphasennetzwerk oder
keins von beiden sein Problem gelöst hat.

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