Forum: Offtopic Wie "Presse" gemacht wird


von Rüdiger K. (sleipnir)


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Ein Journalist plaudert aus dem Nähkästchen:

http://ronpaul.blog.de/2008/12/15/redakteur-packt-5227434/

Geändert hat sich seit 1880 nichts:
John Swinton, Ex-Redaktions-Chef der N.Y. Times zur Presseunabhängigkeit 
- seine Reaktion auf die Aufforderung, auf die "freie Presse" einen 
Toast auszubringen

“Bis zum heutigen Tag gibt es so etwas wie eine unabhängige Presse in 
der Weltgeschichte nicht.

Sie wissen es und ich weiß es.

Es gibt niemanden unter Ihnen, der es wagt, seine ehrliche Meinung zu 
schreiben, und wenn er es tut, weiß er im Voraus, daß sie nicht im Druck 
erscheint.
Ich werde jede Woche dafür bezahlt, meine ehrliche Meinung aus der 
Zeitung herauszuhalten, bei der ich angestellt bin.
Andere von Ihnen werden ähnlich bezahlt für ähnliche Dinge, und jeder 
von Ihnen, der so dumm wäre, seine ehrliche Meinung zu schreiben, stünde 
sofort auf der Straße und müßte sich nach einem neuen Job umsehen.
Wenn ich meine ehrliche Meinung in einer Ausgabe meiner Zeitung 
veröffentlichen würde, wäre ich meine Stellung innerhalb von 24 Stunden 
los.

Es ist das Geschäft der Journalisten, die Wahrheit zu zerstören, 
unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammon 
zu lecken und das Land zu verkaufen für ihr tägliches Brot.

Sie wissen es und ich weiß, was es für eine Verrücktheit ist, auf eine 
unabhängige Presse anzustoßen.
Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene.
Wir sind die Hampelmänner, sie ziehen die Strippen und wir tanzen. 
Unsere Talente, unser Fähigkeiten und unser ganzes Leben sind Eigentum 
anderer Menschen.

Wir sind intellektuelle Prostituierte.”

von Rüdiger K. (sleipnir)


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"Nochmal zur Zensur zurück: Was weißt Du über diese „Zensurabteilungen“ 
bei Deinen Auftraggebern? Sind diese wiederum von irgendwelchen 
Lobbyverbänden oder Werbekunden abhängig? Wer sagt denen, was erlaubt 
und was verboten ist?

Im gedruckten Bereich, ob Zeitungen oder Zeitschriften, läuft ohne 
Werbekunden gar nichts. Das gilt inzwischen in einem bestimmten Rahmen 
auch für die Internetpublikationen der Verlagshäuser. Wer behauptet, 
dass dadurch keine klaren Abhängigkeitsverhältnisse entstehen würden, 
hat das Geschäft nicht verstanden. Keine Werbung – keine Publikation. So 
einfach ist das. Je einflussreicher der Werbekunde, desto größer das 
Mitspracherecht. Das wird zwar von den dort angestellten Journalisten 
oder den freien Mitarbeitern stets als Unfug abgewiegelt, aber allein 
die Logik spricht eine andere Sprache. Wenn ich einen großen Konzern 
besitzen würde und regelmäßig für viel Geld Anzeigen bei dir schalten 
ließe, würdest du mir dann mit deinen Artikeln in die Quere kommen 
wollen und damit riskieren, dass ich abspringe und mit mir und durch 
meinen Einfluss diverse andere Kunden gleich mit? Die einzelnen 
Publikationen und deren Journalisten stecken somit in einem echten 
Dilemma. Eine "freie" Presse ist unter solchen Gesichtpunkten 
illusorisch und unabhängige Journalisten kann es gar nicht geben. Die 
hat es auch nie gegeben. Wer denen sagt, was sie zu publizieren haben 
und wie das auszusehen hat, dürfte danach klar sein: Der ganze 
Medienbereich wird nicht nur von den Unternehmen finanziert, er gehört 
ihnen sogar. Direkt oder indirekt."

[...]

"Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein durchschnittliches 
Redaktionsbüro seit jeher nur auf diese Weise „Auftragsarbeit“ 
abliefert. Seit wann ist das denn so?

Ich arbeite jetzt seit Ende der 90er-Jahre für dieses Redaktionsbüro. Am 
Anfang war alles noch so, wie man es sich vorstellt: Kurzes Briefing, 
Gespräche mit dem Auftraggeber, eigene Konzepte dazu erarbeiten und 
umsetzen, viel Freiraum, eigene Recherchen, eigene Quellen, Prüfung der 
Quellen, Rückfragen, Interviews selbst durchführen, viele Telefonate, 
umherreisen u.s.w. Das volle Programm eben (Fxxxxx hat einen fast 
sehnsuchtsvollen Gesichtsausdruck).

Seit dem 11. September 2001 ist alles plötzlich ganz anders. Das kam 
zwar nicht von heute auf morgen, aber innerhalb weniger Monate änderte 
sich alles. Das bezog sich zunächst nur auf die ganz Großen der Branche 
und arbeitete sich immer weiter nach unten durch. Heute sind wir an 
einem Punkt angelangt, der uns nur noch bei ganz kleinen Fischen 
Freiräume lässt. Wenn du über den Wochenmarkt im Stadtteil X was 
schreiben sollst, kannst du machen, was du willst. Das interessiert 
niemanden. Sobald du aber über den regionalen Bereich hinausgehst oder 
bestimmte Grenzen innerhalb der Region überschreitest, ist es vorbei mit 
Kreativität und Arbeitsfreiheit (Fxxxxx ist sichtlich wütend). Natürlich 
kann ich an dieser Stelle nicht für alle Presse- oder Redaktionsbüros 
sprechen. Da mag es durchaus Abweichungen geben. Aber von Kollegen aus 
anderen Büros habe ich einen ziemlich ähnlichen Ablauf mitbekommen."

von Thilo M. (Gast)


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@ Rüdiger:

leider konnte ich am eigenen Arbeitsplatz miterleben, dass die 
Abgesandten der Presse (TV und Schreiberlinge) beim Castortransport nur 
das einfingen, was ihnen der Chef(redakteur), oft von Politikern oder 
abgehalfterten solchen eingesetzt, diktiert.
Man sieht das auch täglich in den privaten TV-Sendern, dass die 
persönliche Meinung des Chefs publiziert wird => Meinungsmacher.

Sowas kann ein Land schneller ruinieren als ein Krieg! :(

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