Forum: Offtopic Flugzeug mit ausfallender Turbine


von Franz (Gast)


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Hallo,

angenommen ein Flugzeug fliegt geradeaus und die rechte Turbine fällt 
aus. Der Pilot steuert nicht dagegen, wie verhält sich das Flugzeug?

Ist folgende Aussage richtig?
Da auf der linken Seite nun mehr "Schub" ist, wird das Flugzeug eine 
Rechtsdrehung machen und gleichzeitig langsamer werden.

Franz

von (prx) A. K. (prx)


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Betrachte beispielsweise die dadurch unterschiedliche Luftströmung bei 
gepfeilten Tragflächen.

von Franz (Gast)


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"Da auf der linken Seite nun mehr "Schub" ist, wird das Flugzeug eine
Rechtsdrehung machen und gleichzeitig langsamer werden."


"Nein. Links ist nun nicht mehr Schub als vorher."


Ich meinte, dass bei dem Vergleich zwischen Schub auf linker und rechter 
Seite der linke Schub größer ist, weil die rechte Turbine keine Luft 
mehr bewegt.
Deshalb liegt nach meiner Argumentation nur auf der linken Seite eine 
Kraft vor (als Gegenkraft zu der bewegten Luft durch die Turbine)
Legt man einem Objekt nur auf der linken Seite eine Kraft an, dann wird 
das Objekt eine Rechtsdrehung machen.

von Rudi (Gast)


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@bertram:

>Nein. Links ist nun nicht mehr Schub als vorher.

zwar nicht mehr Schub als 'vorher' aber mehr Schub als 'jetzt' :-)

von Mr.X (Gast)


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Dann muss der Copilot halt rechts anschieben damit der Schub wieder 
ausgeglichen ist.

von Rudi (Gast)


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@bertram

>zwar nicht mehr Schub als 'vorher' aber mehr Schub als 'jetzt' :-)

>Links ist nun mehr Schub als jetzt? Bitte erklären!

ja nun, du hast ja jetzt kein gleichmäßiges Antriebssystem mehr - nur 
noch eine Turbine und die nicht mehr in der Symmetrieachse...also 
demnach mehr Schub auf der 'schwerlastigen' Seite...ob links oder rechts 
hängt vom Betrachter ab :-)

von Pilot (Gast)


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Wenn der Pilot nicht dagegen steuert, "schiebt" das Flugzeug, d.h. es 
wird nicht mehr von vorne angeströmt, sondern von der Seite mit dem 
intaktem Triebwerk, aber fliegt immer noch geradeaus, auch wenn nicht in 
Richtung Flugzeuglängsachse.

Die Seitenflosse ist ja auch noch da, auch wenn das Seitenruder nicht 
bedient wird.

Der Luftwiderstand des Flugzeuges ist im Schiebeflug höher, da der 
seitlich angeströmte Rumpf einen hohen Widerstand hat. Deshalb ist es 
günstiger, die Flugzeuglängsachse mit einem Gegenseitenruderauschlag 
wieder gerade zu richten und damit das Giermoment der unsymetrischen 
Triebwerke auszugleichen.

Übrigens, es gibt ein Flugmanöver, das sich "slip" nennt. Dabei wird 
auch eine Schiebeflugzustand hergestellt um einen hohen Widerstand zu 
erhalten. Flugzeuge ohne Landehilfen brauchen das für Landungen oder bei 
ausgefallen Landehilfen bekommt man damit den Vogel an den Boden.

Ob noch irgendwelche Rollmomente beim Triebswerksausfall entstehen, weiß 
ich nicht. Allerdings werden Flugzeuge grundsätzlich eigenstabil 
konstruiert, so dass die Position der Triebwerke sich neutral auf die 
Rollachse auswirken sollte, bzw. die Länchsachseneigenstabilität dieses 
Rollmoment auffangen kann.

von Mouse (Gast)


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>Wenn der Pilot nicht dagegen steuert, "schiebt" das Flugzeug, d.h. es
>wird nicht mehr von vorne angeströmt, sondern von der Seite mit dem
>intaktem Triebwerk, aber fliegt immer noch geradeaus, auch wenn nicht in
>Richtung Flugzeuglängsachse.

Es fliegt also seitlich sowie geradeaus, also in Richtung halb zwei Uhr?

von Franz (Gast)


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>Warum schreibst du dann
>>Da auf der linken Seite nun mehr "Schub" ist,
>statt
>>Da auf der linken Seite im Vergleich zu rechts mehr "Schub" ist,
>?

Na ja, es ist deine (falsche) Interpretation, dass "nun" hier zeitlich 
gebraucht ist.
Meine Intention war es aber das "nun" als zusätzliche Floskel 
vergleichend für linke und rechte Seite einzusetzen.

Wie du bemerkt hast, ist deine Interpretation auch nicht sinnvoll, so 
dass eigentlich jeder auf das Gemeinte hätte schließen können.

_______________________________________________________________

Es ging bei dieser Frage nur um das Grundsätzliche. Welche Raffinessen 
ein echtes Flugzeug noch eingebaut hat, ist hier egal.
Stellt euch meinetwegen vor, dass die Turbinen an zwei Stahlträgern 
befestigt sind, die aerodynamisch nicht besonders sind, oder so. Oder 
auch ein einfaches Modellflugzeug, bei dem die Turbinen nur die Zustände 
ein und aus kennen.

Würde in einem solchen Fall meine Vermutung zu treffen?

von (prx) A. K. (prx)


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Pilot schrieb:

> Ob noch irgendwelche Rollmomente beim Triebswerksausfall entstehen, weiß
> ich nicht.

Da Flugzeuge mit Turbinenantrieb üblicherweise gepfeilte Tragflächen 
haben, werden im Schiebeflug die Flächen sehr unterschiedlich 
angeströmt. Die "voranfliegende" Seite liefert erheblich mehr Auftrieb 
als die andere.

von Thomas S. (tsalzer)


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Jo, ohne weitere Maßnahmen würde ich für anhaltende Rolle rechtsrum, in 
einem großen Bogen nach rechts und dann halt Richtung Erdboden stimmen.

guude
ts

von Karl H. (kbuchegg)


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Mouse schrieb:
>>Wenn der Pilot nicht dagegen steuert, "schiebt" das Flugzeug, d.h. es
>>wird nicht mehr von vorne angeströmt, sondern von der Seite mit dem
>>intaktem Triebwerk, aber fliegt immer noch geradeaus, auch wenn nicht in
>>Richtung Flugzeuglängsachse.
>
> Es fliegt also seitlich sowie geradeaus, also in Richtung halb zwei Uhr?

In dem Moment, in dem das Triebwerk ausfällt, beginnt eine Gierbewegung. 
Das Flugzeug behält aber seine ursprüngliche Richtung bei. Erst nach und 
nach beginnen die Kräfteungleichgewichte den Kurs des Flugzeugs zu 
ändern.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass ein Flugzeug immer und überall 
in die Richtung fliegt, in die auch seine Nase zeigt. Genauso wie es ein 
weit verbreitetr Irrtum ist, dass ein Flugzeug sofort herunterfällt wie 
ein Stein, wenn die Triebwerke ausfallen.

von (prx) A. K. (prx)


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Pilot schrieb:

> Allerdings werden Flugzeuge grundsätzlich eigenstabil konstruiert,

An sich ja, zivile jedenfalls, aber da man bei hoher 
Unterschallgeschwindigkeit um gepfeilte Flächen schlecht herum kommt, 
muss man auch bei symmetrischem Schub gewisse Nebeneffekte wie die Dutch 
Roll steuerungstechnisch kompensieren.

von Mouse (Gast)


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>In dem Moment, in dem das Triebwerk ausfällt, beginnt eine Gierbewegung.

Gieren ist die Bewegung, die auch bei Betätigung des Seitenruders 
passiert, oder?

von oszi40 (Gast)


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Wie man lesen konnte, mußte z.B. der A320 zur Abnahme auch einige 
Stunden mit EINEM Triebwerk über den Atlantik fliegen. Also ein durchaus 
geprüfter Zustand, der unter normalen Umständen beherrschbar ist.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Bertram Luchs schrieb:
>>zwar nicht mehr Schub als 'vorher' aber mehr Schub als 'jetzt' :-)
>
> Links ist nun mehr Schub als jetzt? Bitte erklären!

Ist doch klar - die kriegt jetzt die doppelte Menge Sprit ;-)

von (prx) A. K. (prx)


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oszi40 schrieb:

> Wie man lesen konnte, mußte z.B. der A320 zur Abnahme auch einige
> Stunden mit EINEM Triebwerk über den Atlantik fliegen. Also ein durchaus
> geprüfter Zustand, der unter normalen Umständen beherrschbar ist.

Selbstverständlich. Nur wird dann gegengesteuert. Hier ging es um die 
Frage, was passiert wenn man das nicht tut.

von Karl H. (kbuchegg)


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Mouse schrieb:
>>In dem Moment, in dem das Triebwerk ausfällt, beginnt eine Gierbewegung.
>
> Gieren ist die Bewegung, die auch bei Betätigung des Seitenruders
> passiert, oder?

Ja.

Seitenruder = Drehung um die Gierachse (oder Hochachse)
Querruder   = Drehung um die Rollachse (oder Längsachse)
Höhenruder  = Drehung um die Nickachse (oder Querachse)


Wobei die Verhältnisse nicht ganz so einfach sind. Gerade bei Betätigung 
des Seitenruders passieren auch noch andere Dinge:

Zunächst giert das Flugzeug. Die Nase beginnt sich zu drehen.
Dadurch bewegt sich die 'kurvenäussere' Tragfläche schneller durch die 
Luft als die 'kurveninnere' (noch bewegt sich das Flugzeug aber am alten 
Kurs, es fliegt noch keine Kurve). Durch diese Geschwindigkeitsdifferenz 
erzeugt die äussere Tragfläche mehr Auftrieb als die innere -> es 
beginnt eine zusätzliche Drehung um die Rollachse. Dazu kommt dann, das 
die Umströmung des Flugzeugs verändert wird, der Luftwiderstand zunimmt, 
Tragflächenteile durch den Rumpf abgeschattet werden etc.

von Pilot (Gast)


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> Es fliegt also seitlich sowie geradeaus

Nimm einen Bleistift und leg ihn vor Dir auf den Tisch, mittig vor den 
Monitor und lass die Spitze zum Monitor gucken. Nun drehst Du den 
Bleistift 45° nach rechts. Und jetzt schiebst Du den Bleistift in 
Richtung Monitomitte ohne ihn zu drehen.

Und genau so fliegt ein Flugzeug mit asymetrischem Antrieb wenn man 
nicht dagegen steuert.

von Karl H. (kbuchegg)


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Pilot schrieb:

> Und genau so fliegt ein Flugzeug mit asymetrischem Antrieb wenn man
> nicht dagegen steuert.

Na ja. Wenn man ganz genau ist: nicht sehr lange. Damit genau diese 
Bewegung möglich ist, musst da aktiv gegensteuern (das oben erwähnte 
slippen: Seitenruder weiter nach rechts und die Tragflächen mit dem 
Querruder nach links runterdrücken). Wenn man gar nichts tut, zieht der 
Motorvektor das Flugzeug in einer Kurve, die Tragflächen beginnen sich 
zu neigen und die Kurve wird immer steiler und endet als Steilspirale am 
Boden.

von O. D. (odbs)


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Ein Flugzeug mit Motorausfall biegt sofort in Richtung des toten 
Triebwerks ab. "Das Flugzeug fliegt schiebend geradeaus weiter und 
beginnt nach einer Weile, langsam..." - das ist Quatsch.

Bei kleineren zweimotorigen Maschinen betragen die erforderlichen 
Pedalkräfte, um den ursprünglichen Kurs zu halten, mal locker über 500 
Newton. Kurven über das noch funktionierende Triebwerk sind dann 
Schwerstarbeit bzw. unmöglich.

Bei den ganz großen Fliegern ist das relativ undramatisch, weil die 
Hebelarme der Triebwerke relativ klein sind und die Seitenruderwirkung 
gut. Mit der Seitenrudertrimmung lassen sich diese Kräfte wegtrimmen. 
Moderne Luftbusse unterstützen den Piloten mit vollautomatischen 
Reaktionen auf einen Triebwerksausfall.

von (prx) A. K. (prx)


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Lies nochmal die ursprüngliche Frage. Es ging darum, was passiert wenn 
nicht gegengesteuert wird. Und was heisst für dich "biegt ab"? Diesen 
Begriff kenne ich eher von Autos.

von O. D. (odbs)


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> Lies nochmal die ursprüngliche Frage. Es ging darum, was passiert wenn
> nicht gegengesteuert wird.

dreht um die Hochachse

> Und was heisst für dich "biegt ab"?

dreht um die Hochachse

von (prx) A. K. (prx)


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Klar doch. Und sonst passiert nichts?

von O. D. (odbs)


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Wurde doch schon alles weiter oben gesagt. Nur die Aussage, daß das 
Flugzeug schiebend den ursprünglichen Kurs schiebend beibehält, und 
höchstens ganz langsam, allmählich die Richtung ändert, die ist falsch.

Es sei denn, man fliegt ein Flugzeug, daß den Triebwerksausfall erkennt 
und automatisch den Kurs hält.

von Bauteiltöter (Gast)


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Deswegen ist schonmal ein Flugzeug schwer beschädigt worden.
Ein Triebwerk (ich glaube Triebwerk 4) ist ausgefallen und der Pilot hat 
den Autopiloten angelassen. Aber der AP hat keine Kontroller über das 
Querruder -> Flugzeug ging in einen extremen Sinkflug über, Teile reißen 
ab.
Die Piloten schaffen es, den Flieger aus dem Sturzflug zu holen und 
landen sicher.

Wer möchte, kann sich hier die ganze Geschichte reinziehen:
http://www.youtube.com/watch?v=difs7YkHyrU


PS: Your post seems to contain spam" ?!? Was soll das?!? Nur weil ich [ 
URL benutzen wollte?!?

von O. D. (odbs)


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> Ein Triebwerk (ich glaube Triebwerk 4) ist ausgefallen und der Pilot hat
> den Autopiloten angelassen. Aber der AP hat keine Kontroller über das
> Querruder -> Flugzeug ging in einen extremen Sinkflug über

Stimmt so nicht. Der Autopilot bewegt die Querruder, jedoch nicht das 
Seitenruder. Bei einem Triebwerksausfall war es üblich, den Autopiloten 
auszuschalten und den unsymmetrischen Schub mit dem Seitenruder 
auszugleichen.

Da der AP aber in diesem Fall aufgeschaltet blieb, probierte dieser, 
durch Querrudereingaben den unsymmetrischen Schub auszugleichen. Dies 
führte zu extremen Querneigungen und schließlich Kontrollverlust, in 
dessen Folge die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde.

Hier ist der offizielle Untersuchungsbericht:
http://www.rvs.uni-bielefeld.de/publications/Incidents/DOCS/ComAndRep/ChinaAir/AAR8603.html

von Bauteiltöter (Gast)


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okay okay,

habe das nur eben schnell aus meinen Erinnerungen zusammengesetzt...

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