Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Digitaler Class D Verstärker


von Patrick W. (seennoob)


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Hallo

Ich hab das Internet schon durchsucht aber ich hab nicht wirklich was 
gefunden wie ein Digitaler Class D Verstärker funktioniert. Mir ist klar 
wie ein Analoger arbeitet aber ich kann mir nicht ganz vorstellen wie 
die Daten dann digital verarbeitet und welche Algorythmen so 
zeitkritische Sachen schaffen.

Ich hoff ihr könnt mir da etwas weiter helfen.

Danke!

MFG Patrick

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Ein Class D Verstärker muss keinen Prozessor oder irgendwelche 
Algorithmen haben. Es handelt sich einfach nur um ein Schaltnetzteil, 
das entsprechend hochfrequent in der Spannung verstellt werden kann. Das 
ist alles.

Meistens wird das so gelöst, dass es eine positive und negative 
Zwischenkreisspannung gibt, die entweder per Schaltnetzteil oder 
konventionellem Trafo erzeugt wird.
Diese Spannung wird pulsweitenmoduliert mit einigen hundert kHz mit 
einer FET-Endstufe, die den Ausgang zwischen der negativen zur positiven 
Zwischenkreisschiene umschaltet. Danach folgt eine kräftige 
Glättungsdrossel und der Lautsprecher gegen Masse (den Mittelpunkt der 
Zwischenkreisspannung).

Nun lässt sich durch das Pulsweitenverhältnis die mittlere 
Ausgangsspannung einstellen. Das Audiosignal wird zur Erzeugung der PWM 
üblicherweise mit einem Dreiecksignal der Modulationsfrequenz (einige 
hundert kHz) verglichen. Das kann durch einen einfachen Komparator, z.B. 
LM393 passieren.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Class D Endstufen nicht besonders 
gut klingen, getestet habe ich eine X-Kind DDX 2022 mit etwa 1,2 kW im 
Vergleich zu einer konventionellen Dynacord S1200 an 
Seburg-Lautsprechern.
Besonders bei hohen Frequenzen klingt die lineare Endstufe deutlich 
schöner. Meiner Meinung nach sind die Class-D nur für den Basseinsatz 
bis etwa 150 Hz sinnvoll. Bezüglich der Effizienz muss ich sagen, dass 
die Class-D genausoviel Strom braucht, wie die lineare, das habe ich 
nachgemessen. Die Schaltnetzteiltechnik und D-Endstufe bringen nur in 
der Theorie eine Energieeinsparung. In der Paxis muss für einigermaßen 
passablen Klang die Schaltfrequenz so hoch sein, dass die Schaltverluste 
genauso hoch sind, wie die Verluste einer linearen Endstufe. Zudem 
ergibt sich durch die hohe Taktfrequenz ein erhebliches EMV-Problem mit 
den Lautsprecherleitungen.

Viele Grüße,

Peter

von Patrick W. (seennoob)


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Danke Peter aber ich wollte explizit wissen man das digital löst

MFG

von Ich (Gast)


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Den Wert des zu verstärkenden Eingangssignals PWM Modulieren. Das kannst 
du z.B. durch Vergleich des Eingangssignals mit einer "hochfrequenten" 
Sägezahnspannung machen.

von Patrick W. (seennoob)


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Wie würde das aussehen wenn man in den Verstärker noch Filteranwendungen 
integriert ? Wie wird dann das solche Signal am schnellsten verarbeitet 
usw.


MFG

von Georg A. (Gast)


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Es gibt mehrere Möglichkeiten, das zu machen.

Die einfachste ist die schon erwähnte PWM-Sache. Im Prinzip nur der 
analoge Vergleich mit einem Sägezahn. Die Ansteuerung kann man dann 
beliebig kompliziert machen, jeder Hersteller hat dann so seine eigenen 
Patente...

zB:
http://media.digikey.com/pdf/Data%20Sheets/Zetex%20PDFs/ZXCD1010.pdf
http://focus.ti.com/lit/ds/symlink/tpa2000d1.pdf

Man kann es aber auch aufwendiger machen und mit DSP arbeiten. Gibts zB. 
von TI aufgekauft unter dem Namen Equibit:

http://focus.ti.com/lit/ds/symlink/tas5010.pdf

So ein richtiges delta-sigma-Konzept eines normalen DACs sollte es auch 
geben, da wird es dann aber mit den benötigten Schaltgeschwindigkeiten 
bei grösseren Leistungen kritisch. So auf die Schnelle habe ich kein 
Beispiel dafür gefunden-

Bei vielen Class-D-Endstufen fehlt aber die Rückkopplung vom Ausgang an 
den Eingang. Damit werden Schwankungen in der Versorgungsspannung 
ignoriert, was dann schon zu deutlichen Nicht-Linearitäten führen kann. 
Nicht umsonst macht man bei delta-sigma-Wandlern so einen Aufwand, dass 
das 0 bzw. 1-Bit genau symmetrisch sein muss...

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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>Danke Peter aber ich wollte explizit wissen man das digital löst

Ja, du nimmst dann einfach einen PWM-Ausgang von deinem Prozessor und 
erzeugst die Pulsweitenmodulation damit. Wenn deine Audiodaten im 44,1 
kHz wav Format vorliegen, änderst du den Comparewert von der PWM Unit 
mit jedem Sampleschritt einfach auf den Wert des neuen Samples. fertig.

Was du da davor noch an Vorverarbeitung einbaust mit Filtern, 
Frequenzweiche usw. hat ja nichts mit der Funktionsweise der Endstufe zu 
tun. Die Filter könnste man je genauso extern vor der Endstufe betreiben 
oder direkt im Mischpult haben.

Grüße,

Peter

von Patrick W. (seennoob)


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Aber rein Theoretisch könnte man die Filter auch gleich in die DSP oder 
DSC integrieren welche die Signale dann via PWM ausgibt ?

Aber wie macht man dies dan in Echtzeit? Sprich einlesen mit ADC, Filter 
anwenden und dann via PWM wieder ausgeben das ganze ?
Da steht ja ein jitter von mindestens einigen Millisekunden wenn nicht 
mehr ?
Wie bekommt man diesen jitter unter kontrolle?

MFG

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Es darf keinen großen Jitter geben. Der ADC ist dann üblicherweise ein 
24 bit Typ mit 44,1 kHz oder 96 kHz und über I²S angeschlossen. Damit 
gibt der Takt des I²S exakt die Samplingrate vor und jeglicher Jitter 
kommt nur von der Takterzeugung innerhalb des Prozessors.

Dann rechnet man die Filter. Das sollten, damit sie linearphasig sind, 
FIR-Filter mit symmetrischer Impulsantwort sein. Diese Filter haben dann 
also immer die gleiche Gruppenlaufzeit, verzögern das Signal also immer 
gleich viel, unabhängig von der Konfiguration. Das Problem dieser 
Latenzzeit ist, dass man sie irgendwann hört, wenn sie zu groß wird, das 
gilt aber für jeden Filter, egal ob er in der Endstufe ist, oder nicht.

Nun liegt nach dem Filter jede Samplingperiode ein neues Sample an, das 
in das Compareregister des PWM-Moduls geschrieben wird. Damit keine 
Schwebungen entstehen, sollte die Modulationsfrequenz ein ganzzahliges 
Vielfaches der Samplingrate sein, etwa einen Faktor 5 schneller. Das 
bedeutet, nach jedem 5ten Ausgangspuls wird die Pulsweite an das neue 
Sample angepasst.

Damit sich ein ganzzahliges Vielfaches ergibt, verwendet man für den 
I²S-Takteingang des ADC ein Signal, das man durch geeignetes Teilen aus 
der CPU-Frequenz erzeugt. Für die Takterzeugung des PWM-Moduls des 
Prozessors macht man das genauso, also auch durch Runterteilen des 
CPU-Taktes. Bei korrekter Konfiguration ist damit ein Entstehen von 
Schwebungen (Ein Sample wird nur für 4 Takte verwendet, das nächste für 
6) unmöglich.

Grüße,

Peter

von Patrick W. (seennoob)


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Also man kann das ganze Filtern auf 3 Phasen aufteilen (sprich 
verarbeitung) Sampling, Filter berechnen und ausgabe.
Aber rein theoretisch könnte man so eine Filteranwendung in ein paar 
100µS realisieren was dann nicht auffallen würde für den Zuhörer.
Dann ist Problem sicher das man ned genug Samples bekommt

MFG

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Es kommt eben immer darauf an, welche Filterordnung man benötigt. In der 
Regel liegen die Latenzen gängiger Frequenzweichen bei einigen Zig bis 
einigen Hundert Samples. Bei Frequenzweichen erwartet man ja eine 
entsprechende Steilheit, so dass die Frequenzbereiche, für die der 
angeschlossene Lautsprecher nicht gebaut ist, dort auch nicht 
nennenswert eingespeist werden.

Wenn man nur eine leichte Korrektur des Frequenzgangs der Lautsprecher 
oder des Raumes möchte, kann man auch wesentlich einfachere Filter 
verwednen.

Wichtig ist nur, dass man dafür sorgt, dass alle Endstufen und 
Frequenzweichen eines Systems die gleiche Latenzzeit haben. Es sollte 
also eine Funktion geben, die die Filterlatenz anzeigen kann und eine 
weitere, mit der man einfach nur zusätzliche Verzögerungszeit einbauen 
kann. So kann man dafür sorgen, dass Signale, die die Ausspielwege am 
Mischpult gleichzeitig verlassen, auch gleichzeitig an den Lautsprechern 
ankommen.

Oft hat man auch im Aufbau der Boxen unterschiedliche Abstände zum 
Zuhörer, da erweist sich zusätzlich konfigurierbare Latenz als sehr 
hilfreich.

Störend ist Latenz nur bei Livemischungen, da man hier ja auch das 
unverzögerte Signal direkt von der Bühne hört. Geringe Latenzen führen 
dann zum sogenannten Kammfiltereffekt (Auslöschung einiger Frequenzen) 
und große Latenzen hört man als Echo. Hier hilft dann wirklich nur 
möglichst geringe Latenz, nach Möglichkeit gar keine und natürlich 
entsprechende Lautstärke, so dass das Originalsignal im Vergleich zum 
Signal aus den Lautsprechern sehr leise ist.

Aber meine Erfahrtung bestätigt, dass es ungeübten Zuhörern überhaupt 
nicht auffällt, wenn im Spektrum eines Sprechers oder einer Musikband 
ein paar Frequenzbänder etwas abgeschwächt sind. So dramatisch, wie sich 
das anhört, wenn man es durchrechnet, ist das mit den Latenzzeiten in 
der Praxis also nicht.

Grüße,

Peter

von Michael (Gast)


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Die meisten Konzepte der Class-D Endstufen besitzen keine Rückkoppelung 
vom Ausgang und sind daher deutlich schlechter als analoge Endstufen.

Eine analoge Endstufe besteht vereinfacht ausgedrückt aus einem 
Differenzverstärker und einer Leistungsendstufe. Der Leistungsteil muss 
eine komplexe Last (Lautsprecher mit induktiven, resistiven und auch 
kapazitiven Verhalten) speisen. Der Leistungsteil aus Transistoren oder 
Mosfets aufgebaut verhält sich jedoch nicht linear zu dem Ansteuersignal 
und macht "Fehler". Diese Abweichung des Ausgangs vom Originalsignal 
wird gerne durch eine Rückkoppelung und Korrektur des aktuellen Wertes 
erledigt.

Eine gutgemachte analoge Endstufe hat Klirrfaktorwerte die mit 
ausreichend vielen Nullen nach dem Komma (< 0,0001%) bei 1kHz aufwarten. 
Das kommt auch daher, dass z.B. Spannungsschwankungen der Versorgung 
durch die Rückkoppelung ausgeglichen werden.


Ein Class-D Endstufe besteht aus einer H-Brücke (gelegentlich auch 
Halbbrücke) mit 4 MOSFETs. Mit einer Idealen Versorgungsspannung, 
idealen Schaltern und Filterkomponenten könnte man tatsächlich eine gut 
klingende digitale Endstufe aufbauen. Allerdings ist das Aufbauen einer 
Rückkoppelung in digitalen, zeitdiskreten Systemen nicht "mal eben" 
möglich.
Nachteile:
- Leider ist die Versorgungsspannung nicht stabil. Im Prinzip moduliert 
eine schwankende Betriebsspannung direkt das Ausgangssignal mit, da Ua = 
Udc x Tastgrad. Das wird nicht ausgeglichen.
- Die MOSFETs haben einen nicht zu vernachlässigenden Innenwiderstand, 
ebenso das nachgeschaltete Filter. Diese verschlächtern den 
Dämpfungsfaktor erheblich.
- Die Filter-Induktivität bring häufig Nichtlinearitäten in das 
Ausgangssignal.
- Die Halbbrücken werden mit einer Totzeit angesteuert. In dieser Pause 
zwischen Ausschalten des einen- und Anschalten des anderen MOSFETs 
fließt der Strom durch eine der beiden Freilaufdioden. Welche das ist 
müsste man messen. Jedenfalls "verschmiert" dieser unkontrollierte 
Stromfluss die Spannungs-Zeitfläche und führt zu einem unsauberen 
Ausgangssignal.

Puh, es gibt noch soviel mehr.

Allerdings finde ich die Vorteile des Konzepts attraktiv, insbesondere 
wenn man eine voll-digitale Kette aufbauen kann. Mit einem DSP kann man 
die digitalen Filter für Frequenzweiche und mehr rechnen und quasi 
"verlustfrei" ohne DAC und analogendstufe ausgeben.

Eigentlich der beste Weg für einen digitale Endstufe ist meiner Meinung, 
statt einer PWM mit einem delta-sigma Modulator INKLUSIVE Rückkoppelung 
zu arbeiten. Könnte man auf einem FPGA implementieren, ist aber 
Signaltheoretisch nicht ganz trivial.

Alternativ gibt es Hersteller, die Endstufen mit diskret aufgebautem, 
selbsschwingenden Modulator (Bandbreite > 5MHz) und fetten MOSFETs 
bauen. Haben ca. 4-8kW Sinus Ausgangsleistung und klingen nicht ganz 
scheiße.

von Michael (Gast)


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@Peter
In meinem 3 kanaligen DSP-Lautsprechersystem arbeite ich mit 
minimalphasigen Filtern. Bei der Berechnung der Koeffizientensätze 
bestimme ich das maximale Delay der drei Kanäle und füge in die zwei 
Kanäle mit frühem Maximum der Inpulsantwort entsprechend Delays ein.
Linearphasige Filter im Tieftonzweig gehen fast gar nicht :)

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