Forum: Platinen Anbindung Blockkondensator: Via oder Leiterbahn?


von mika (Gast)


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Hallo,

ich route gerade eine vierlagige Platine für den UHF-Bereich. Der 
vorhandene Platz rund um meinen Transceiver-IC ist dabei so eng und 
bereits von den Signalleitungen bzw. Leitungsanpassungen aufgebraucht, 
dass ich für die meisten der Blockkondensatoren vor folgender Wahl 
stehe:

a) Anbinden über lange Leiterbahn, d.h. Abstand Spannungspin IC zu 
Blockkondensator etwa 7 bis 12mm. Mit bekannter Faustregel komme ich so 
auf 7-12 nH Induktivität. Vom Blockkondensator dann weiter zur 
Spannungsquelle.

b) Anbinden über ein Via. Das heißt vom Spannungspin IC etwa 1,5mm 
Leiterbahn zu einem Via (Durchmesser 0,3 mm) zum unteren Layer. Dort auf 
dem unteren Layer dann nochmal 1 mm Leiterbahn zum Blockkondensator und 
von dort zur Spannungsquelle. Induktivität also 2,5 nH + Induktivität 
Via.

Leiterbahnbreite wäre in beiden Fällen jeweils 0,25 mm.


Welche der beiden Varianten wäre die günstigere, um die Induktivität 
gering bzw. die Spannung sauber zu halten?

von Bernd G. (Gast)


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Rein gefühlsmäßig würde ich in jedem Fall die zweite Variante vorziehen.
Der Kondensator muss dann aber auf der Unterseite sitzen. Bisher hatte 
ich damit keine Probleme, außer eben den Kondensator unten zu haben, was 
bei der Bestückung nicht so prickelnd ist. 7 - 12 mm über eine 
Leiterbahn sind eindeutig zu lang.

von Aehh (Gast)


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>.. UHF-Bereich .. Blockkondensatoren ... Anbinden über lange Leiterbahn

Soll das ein Witz sein ? Ein Milimeter Leiterbahn kann als 1nH 
angenommen werden. Die Induktivitaet hast ja selbst berechnet. Falls nur 
die Wahl zwischne etwas Schlechtem und etwas Unbrauchbarem besteht 
sollte man es sein lassen.
Und vielleicht mit einer 6 Lagigen neu beginnen. Im Einzelstueck sind 
das 100 euro mehr, aber die vergebens gemachte Arbeit ist auch auch 
nicht umsonst.
Was sind denn die Bauteilgroessen ? 0603 ?

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Hallo Mika,

Eine andere Not-Alternative wäre vielleicht, die Pins deines IC nicht 
direkt über deine 250µm Leitung zu verbinden, sondern über die Plane an 
deine Kondensatoren. Diese Verbindung wäre dann bedeutend breiter und 
damit niederinduktiver, und das trotz der 2 Vias. Kommt natürlich darauf 
an, wieviel versch. Spannungsschienen du hast.

Was für eine Bauform hat der IC ?
Soll die Platine ein- oder zweiseitig bestückt werden ?


@ Aehh (Gast):

> Und vielleicht mit einer 6 Lagigen neu beginnen.

6 Lagen heisst (leider) noch nicht, das man damit Mikas Problem löst. 
Zumindest nicht, wenn der Lagenaufbau EMV gerecht sein soll und 
Impedanzen (hier mit Sicherheit) berücksichtigt werden müssen.


> Im Einzelstueck sind das 100 euro mehr, aber die vergebens gemachte
> Arbeit ist auch auch nicht umsonst.

In einer Serie (die vielleicht hier geplant ist) ist die verrichtete 
Arbeitszeit (fast) irrelevant da man dies in der Regel nur einmal tut, 
hier zählt jeder Cent der Platinenkosten. Versuch mal einen Einkäufer 
(die von Leiterplatten i.d.R. keine Ahnung haben) 2 Lagen mehr zu 
verkaufen.


Gruss Uwe

von Reinhard Kern (Gast)


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mika schrieb:
> b) Anbinden über ein Via. Das heißt vom Spannungspin IC etwa 1,5mm
> Leiterbahn zu einem Via (Durchmesser 0,3 mm) zum unteren Layer. Dort auf
> dem unteren Layer dann nochmal 1 mm Leiterbahn zum Blockkondensator und
> von dort zur Spannungsquelle. Induktivität also 2,5 nH + Induktivität
> Via.

Hallo,

nur so, die Alternative ist unbrauchbar. Ich weiss zwar nicht, in 
welchem Frequenzbereich du arbeitest, aber wenn die Möglichkeit besteht, 
solltest du für den Kondensator gleich auf jeder Seite 2 Vias 
nebeneinander vorsehen (im GHz-Bereich zu empfehlen).

Natürlich ist es unschön, wenn die Cs auf der anderen Seite sitzen, aber 
bei FPGAs mit3 oder 4 Versorgungsspannungen geht das eigentlich garnicht 
anders.

Falls du es hyperexotisch haben willst (ist hier im Forum ja sehr 
beliebt): man kann 0402-Kondensatoren in teilmetallisierte Vias 
einlöten. Jedenfalls wenn man genug Geld hat.

Gruss Reinhard

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Hallo Reinhard,

was sind teilmetallisierte Vias ?  Klingt nach Blind Vias ... oder 
etwa Backdrilling ?

Gruss Uwe

von mika (Gast)


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Danke soweit für eure Antworten!

Die Platine wird nicht in eine Großserie gehen, es wird wohl auf ca. 
10-15 Platinen hinauslaufen. Vier Lagen sind aber mehr oder weniger 
durch die Kosten als Maximum vorgegeben.

Bauform ist 0603, damit man auch noch per Hand eingreifen kann. Der IC 
sitzt in einem QFN 64 Gehäuse, d.h. 64 Pins auf einem knappen 
Quadratzentimeter, mit gut 35 0603er Bauteilen, die möglichst nah an den 
IC ran wollen.

Zweiseitige Bestückung wäre nicht das Problem. Die Serie ist klein, d.h. 
zumindest die Unterseite kann per Hand gemacht werden. Frequenzbereich 
sind 868MHz.

Zum Vorschlag von Uwe N: Eventuell missverstehe ich das, aber in dem 
Fall wenn ich vom IC zur einer Powerplane möchte, habe ich doch immer 
noch ein Stückchen schmale Leiterbahn, welches ich vom Pin des IC 
wegroute, und ein Via? Damit dürfte meine Induktivität insgesamt doch 
nicht viel anders aussehen wie in meinem zweiten Beispiel.

Zwei Vias parallel sind eine Idee, allerdings lässt sich das (sofern der 
Platz überhaupt da ist) aus Platzgründen in der Regel nur hintereinander 
und nicht nebeneinander platzieren.

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Hallo Mika,

> Eventuell missverstehe ich das, aber in dem
> Fall wenn ich vom IC zur einer Powerplane möchte, habe ich doch immer
> noch ein Stückchen schmale Leiterbahn, welches ich vom Pin des IC
> wegroute, und ein Via? Damit dürfte meine Induktivität insgesamt doch
> nicht viel anders aussehen wie in meinem zweiten Beispiel.

Ja, aber das Via kannst du direkt am Pin (nicht im Pin !) setzen. Das 
Via geht direkt in deine Plane, genauso am Kondensator. Damit ist der 
jeweilige Leiterzug kurz und zum Routen der Signale bleibt etwas mehr 
Platz. Allzuweitweg darf das C auch hier nicht sein, aber etwas mehr 
Spielraum hast du schon.

Wie gesagt, das ist eine Not-Alternative.

Gruss Uwe

PS: Man darf allerdings auch nicht zu nahe am Pin durchkontaktieren, da 
sonst die Gefahr des Lötzinnablaufens besteht. Ich denke, 200-250µm 
Abstand von der Bohrwandung zum Pin sollte gehen - das Via sollte 
teilweise mit Lötstoplack verschlossen sein. Am besten deinen 
Bestücker fragen.

von mika (Gast)


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Jein, das ist bei dem 64er QFN auch nicht so ohne weiteres möglich, 
einen 0.3er Via so nahe an einen Pin heranzulegen. Da muss ich erstmal 
die Leiterbahnen links und rechts davon wegschaffen und zur Seite 
routen. Mit Restring hat der Via ja einen Durchmesser von 0.6 mm, da 
passen die benachbarten Leiterbahnen nicht mehr dran vorbei (selbst wenn 
diese nur 0.15er Breite haben, wäre der Abstand Via -> Leiterbahn 5 mil 
bzw. 0.125 mm...das sprengt dann schon wieder den Kostenrahmen).

D.h. ca. 1 - 1,5 mm Leiterbahn bis zum Via ist unvermeidlich. In der 
Breite kann ich aber noch 0,1 mm drauflegen. Aber ich sehe schon, die 
Ideallösung gibt es nicht - ich werde wohl probieren müssen.

Auf jeden Fall Danke für deine Antworten!

von Pirat! (Gast)


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Nimm 0402er Kondensatoren wenn ihr die Platinen eh bestücken lasst.

Hab ich schon per Hand gelötet - geht problemlos wenn man nicht zu 
zittrig ist und ne gute Pinzette+Lupe benutzt.

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Nachtrag:

Ja, 250µm sind in diesen Fall mit einem 300µm Via schon arg grenzwertig.
Aber ich denke, wenn du den Abstand unter 1mm halten kannst, hast du 
schon einiges gewonnen. Du ersparst dir auf der Bottom Seite das zweite 
Leiterbahnstückchen - du bist ja schon in der Plane.
Wenn es hart auf Hart kommt könntest du ja dein Via auf 200µm 
reduzieren.
Ich weiß, bei Stromversorgungsvias tut das schon weh.
Viel Spass noch beim Entflechten !

Gruss Uwe

von mika (Gast)


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Bei 0402ern bin ich als Grobmotoriker doch etwas überfordert, wenn ich 
dann doch per Hand ran muss!



>Viel Spass noch beim Entflechten !

Den werde ich werde ich mit Sicherheit noch haben :)
Schönes Wochenende!

von Reinhard Kern (Gast)


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Uwe N. schrieb:
> was sind teilmetallisierte Vias ?  Klingt nach Blind Vias ... oder
> etwa Backdrilling ?

Hallo Uwe,

das ist natürlich eine interessante Frage, das einlöten eines Bauteils 
senkrecht in ein normales Via macht ja keinen Sinn. In ein Via ohne 
dk-Hülse halte ich nicht für zuverlässig, ausserdem müsste dann das 
Bauteil herausstehen. Ein Via für ein Bauteil müsste eine Hülse haben, 
die etwa in der Mitte unterbrochen ist.

Als Mitinhaber einer LP-Fertigung weiss ich im Moment auch nicht, wie 
man das herstellen sollte, aber die Fa. Beyschlag (heute bei Vishay) hat 
das jahrelang propagiert für Widerstände, Kondensatoren und Dioden. Das 
ist aber schon länger her, ich erinnere mich nicht mehr an die Details 
des Aufbaus. Irgendein Hersteller muss aber eine Methode entwickelt 
haben, da es Demoboards gab.

Auch in den Unterlagen eines FPGA-Herstellers gab es den Hinweis, 
0402-Kondensatoren (oder noch kleiner) unter dem BGA in Vias zu 
bestücken. Meine Meinung dazu ist, dass das nach dem Stand der Technik 
ziemlich verrückt ist, obwohl es natürlich theoretisch geht. 2 extrem 
präzise Blindvias und anschliessendes Durchbohren mit etwas geringerem 
Durchmesser wäre denkbar.

Gruss Reinhard

von chris (Gast)


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@ Reinhard Kern (Firma: RK elektronik GmbH) (rk-elektronik)
> was sind teilmetallisierte Vias ?  Klingt nach Blind Vias ... oder
> etwa Backdrilling ?

Habe sowas schon mal gemacht, zwecks low cost Prototype einer Schaltung 
welche
dann mit embedded Kondensatoren sowie Widerständen gefertigt wurde.
Erkläre es hier mit 4 Lagen, wie es oben dargestellt wurde.
Im Prinzip sind es 2x Blind Vias, welche auf der gleichen Position
von den zwei Aussenlagen auf den zwei Innenlagen gehen. Diese Vias 
müssen
einen größeren Durchmesser haben, als dann die ND Bohrung, auf der 
gleichen Stelle. Die ND Bohrung wird erst zum Schluß gemacht, und der 
Bohrdurchmesser
muß derart sein, daß das Bauteil daring festgehalten wird.
Bei einem 4Layer Platine 1.5mm Dick wird glaube ich eine 0.8mm Core 
genommen,
sprich man hat 0.4mm Metallisiert, dann 0.8mm ND, dann 0.4mm 
Metallisiert.
Das ist ein teilmetallisiertes Via, Die Kosten sind wie für Blind Vias 
auf
beiden Seiten, sprich wenn man die sowieso schon hat, dann sind es kaum 
Mehrkosten (außer ev. den Bohrerwechsel für die ND Bohrungen, wenn man 
das zahlen muß).

von Gast (Gast)


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von Uwe N. (ex-aetzer)


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Hallo Reinhard,

danke für dein Feedback.

> Auch in den Unterlagen eines FPGA-Herstellers gab es den Hinweis,
> 0402-Kondensatoren (oder noch kleiner) unter dem BGA in Vias zu
> bestücken.

Ich bin mir fast sicher, das die Jungs dort von gepluggten Vias 
ausgehen, anders kann ich es mir nicht vorstellen.
Gepluggte Vias haben ja auch ihre Vorteile ...

@chris:

> Habe sowas schon mal gemacht, zwecks low cost Prototype einer Schaltung
> welche dann mit embedded Kondensatoren sowie Widerständen gefertigt
> wurde.

Embedded Components = Low Cost ?? Wo habt ihr das fertigen lassen ?


Gruss Uwe

von Falk B. (falk)


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@  Uwe N. (ex-aetzer)

>> 0402-Kondensatoren (oder noch kleiner) unter dem BGA in Vias zu
>> bestücken.

>Ich bin mir fast sicher, das die Jungs dort von gepluggten Vias
>ausgehen, anders kann ich es mir nicht vorstellen.

Nein, das geht auch mit normalen 0,3mm Vias und 1mm Pitch im BGA. Been 
there, done that. (Ich bin mir aber nicht ganz sicher ob wir nicht auch 
etwas gemogelt haben, weil einige Balls NC waren und daruch Platz war 
?!?)

MFG
Falk

von Uwe N. (ex-aetzer)


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@ Falk,

habe ich was falsch verstanden ?

>> 0402-Kondensatoren (oder noch kleiner) unter dem BGA in Vias zu
>> bestücken.

Für mich klingt der Satz so, das direkt in die Pads des Cs ein Via 
gesetzt werden soll. Und das geht wirklich nur mit Pluggen (oder 
vielleicht noch im äussersten Notfall mit einer ungedeckelten 100µm 
Bohrung).

Gruss Uwe

PS: Sorry fürs erneute Zitieren des Satzes von Reinhard

von Falk B. (falk)


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Naja, ich meinte halt die 0402 zwischen die Vias setzen.

von chris (Gast)


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@uwe.
Was ich mit low cost prototype meinte, ist daß der Prototype ohne 
embedded components gemacht wurde. Dadurch wurden einige Lagen gespart, 
sowie auch
der Preis für die embedded Geschicht. Weiterhin konnte so der übliche 
Lieferant genommen werden, wo man einen Rahmenvertrag hat, und so 
Prototypen günstiger herbekommt. Gegenüber 4 Leiterplatten mit Embedded 
components,
oder 6 mit Boards mit vertikalen Widerständen war der Preisunterschied 
enorm.

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