Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Erfahrungen im Sozialplan


von junger Facharbeiter (Gast)


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Hallo,
wer von euch kennt sich mit Sozialplänen aus? Bei uns in der Abteilung 
gibt es außer mir noch einen Facharbeiter. Der andere Facharbeiter hat 
eine Pause von 2 Jahren im Arbeitsvertrag somit wäre er kürzer da als 
ich weil er nur 3 Jahre im Betrieb ist, vor seiner Pause war er aber 6 
Jahre da und kommt dann mit den 6 Jahren auf eine längere Zeit.
Ich hoffe ich konnte es gut genug erklären :-) Ich frage mich wer als 
erstes gehen muss?

von alter Facharbeiter (Gast)


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ausser der Beriebszugehörigkeit gibt meist noch weitere Kriterien:

* Lebensalter
* Kinder
* Hauptverdiener in der Familie (Lohnsteuerklasse 3)
* Behinderungen

das alles zusammen ergibt eine Punktzahl, die bei solchen Entscheidungen 
herangezogen werden...

von leider (Gast)


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Die Betriebszugehörigkeit ist nur ein Aspekt. Hat z.B. nur einer von 
euch Kinder, so hat derjenige schon gewonnen. Es gibt auch noch eine 
Reihe anderer Kriterien, such mal unter dem Stichwort "Sozialauswahl".

Generell gilt: wer die größeren Chancen hat, wieder eine Stelle zu 
finden muss gehen. Man kann es auch böse formulieren...die schlechten 
bleiben und die guten wirft man raus...

von Marc (Gast)


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Ich sehe das so:

wenn die Firma Dich unbedingt braucht, findet sie einen Weg, Dich zu 
behalten. Wenn die Firma nicht auf Dich angewiesen ist, suchst Du Dir 
besser gleich einen neuen Job.

Gruß

Marc

von Andy N. (matador)


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Marc schrieb:
> Ich sehe das so:
>
> wenn die Firma Dich unbedingt braucht, findet sie einen Weg, Dich zu
> behalten. Wenn die Firma nicht auf Dich angewiesen ist, suchst Du Dir
> besser gleich einen neuen Job.
>
> Gruß
>
> Marc

So ist es und nicht anders! v.a. bei kleineren Mittelständlern

von David (Gast)


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äh lese ich da richtig, die firma darf bei betriebsbedingtern 
kündigungen nicht jene entlassen die sie möchte, sondern hat obrig 
genannte willkürkriterien anzuwenden???

von Ulrich (Gast)


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ja verstehe ich auch nicht so ganz. zum einen ist es ja ok das man 
sozial kündigt. Aber wenn dann nur noch versager in der Firma sind und 
die deswegen vollens ganz pleite geht dann haben die auch nix gewonnen.

von ... (Gast)


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Könnte es sein, das es auch Leute mit Kindern und Familie gibt, die 
hervoragende Arbeit leisten?

von alter Facharbeiter (Gast)


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ähm, ja, jetzt bin ich auch verwirrt, dass es Leute gibt, die oben 
genannte Kriterien als willkürlich bezeichnen. Ich will jetzt keinem zu 
nahe trten, aber haben diese Leute keine Familien, Kinder etc.?

von Jens (Gast)


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Könnte es sein das ein Sozialplan nicht automatisch bei
jeder Entlassung zur Anwendung kommt? Meine Vermutung
wäre das so etwas beispielsweise zwischen Geschäftsführung
und Betriebsrat vereinbart wird. Es würde mich wundern
wenn in einer kleinen Firma (ohne Betriebsrat) so etwas
zur Anwendung kommt.

von IGBT (Gast)


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>Könnte es sein, das es auch Leute mit Kindern und Familie gibt, die
>hervoragende Arbeit leisten?
Nein.

>Aber wenn dann nur noch versager in der Firma sind und
>die deswegen vollens ganz pleite geht dann haben die auch nix gewonnen.
Ja, tatsächlich. Alle ältere Arbeitnehmer sind Versager.

von Link zu (Gast)


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> ähm, ja, jetzt bin ich auch verwirrt, dass es Leute gibt, die oben
> genannte Kriterien als willkürlich bezeichnen. Ich will jetzt keinem zu
> nahe trten, aber haben diese Leute keine Familien, Kinder etc.?
Oder sind charakterlich etwas schlechter ausgestattet...

> Könnte es sein das ein Sozialplan nicht automatisch bei
> jeder Entlassung zur Anwendung kommt? Meine Vermutung
> wäre das so etwas beispielsweise zwischen Geschäftsführung
> und Betriebsrat vereinbart wird.
Dann trifft man sich vor dem Arbeitsgericht und das wird teuer oder 
endet in einer Wiedereinstellung.
> Es würde mich wundern wenn in einer kleinen Firma (ohne Betriebsrat)
> so etwas zur Anwendung kommt.
Laut wikipedia ist es eine Abmachung zwischen Betriebsrat und 
Firmenleitung. Ich vermute aber, dass auch ohne Sozialplan ähnlich 
entlassen werden muss, oder halt wieder mal das Arbeitsgericht 
entscheidet.

von Auf den Hund gekommen (Gast)


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>ähm, ja, jetzt bin ich auch verwirrt, dass es Leute gibt, die oben
>genannte Kriterien als willkürlich bezeichnen. Ich will jetzt keinem zu
>nahe trten, aber haben diese Leute keine Familien, Kinder etc.?
Es ist nur schwer nachzuvollziehen, warum Leute mit Kinder Schonfrist 
bei Kündigungen haben sollten. Okay, es ist sozialer, aber was bringt es 
der Firma? Es sollte nur noch nach Leistungs- und 
Entbehrlichkeitskriterien bei Entlassungen gehandelt werden. Ansonsten 
könnte auch einer kommen und sagen, mich bitte nicht entlassen, ich habe 
2 kleine Haustiere, die ihr Futter brauchen.

von Gast (Gast)


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>Es sollte nur noch nach Leistungs- und Entbehrlichkeitskriterien bei
>Entlassungen gehandelt werden.

Es gibt hier haufenweise Threads, daß nur die Schwätzer und Kravatten- 
bzw. Anzugträger gut bewertet werden.

Oder meinst Du, daß sich die Einhaltung von Leistungs- und 
Entbehlichkeitskriterium darin äußert, daß gerade Du nicht entlassen 
wirst?

von Mitglied (Gast)


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Oft entscheiden die Sozialpunkte. Gerüchten zu Folge auch manchmal die 
Nasen. Nähere Erkundigungen bei Betriebsrat und Gewerkschaft sind dann 
durchaus angebracht.

von juppi (Gast)


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von Auf den Hund gekommen (Gast)
>Es ist nur schwer nachzuvollziehen, warum Leute mit Kinder Schonfrist
>bei Kündigungen haben sollten. Okay, es ist sozialer, aber was bringt es
>der Firma? Es sollte nur noch nach Leistungs- und


wenn dies nicht so wäre ,würden diese die Ersten sein.

....Ausfallwahrscheinlichkeit höher
....Älter
....Auf Grund der längeren Zugehörigkeit,mehr Gehalt/Lohn

von Bernd O. (bitshifter)


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Auf den Hund gekommen schrieb:
>>ähm, ja, jetzt bin ich auch verwirrt, dass es Leute gibt, die oben
>>genannte Kriterien als willkürlich bezeichnen. Ich will jetzt keinem zu
>>nahe trten, aber haben diese Leute keine Familien, Kinder etc.?
> Es ist nur schwer nachzuvollziehen, warum Leute mit Kinder Schonfrist
> bei Kündigungen haben sollten. Okay, es ist sozialer,
So ist es. Es macht schon einen großen Unterschied, ob ein Single 
arbeitslos ist und ggf. der Gemeinschaft über Hartz IV auf der Tasche 
liegt oder ob es eine ganze Familie ist, also drei bis vier Leute.

> aber was bringt es der Firma? Es sollte nur noch nach Leistungs- und
> Entbehrlichkeitskriterien bei Entlassungen gehandelt werden.
Dann kannst Du davon ausgehen, dass bei jeder kleinen Krise zuerst mal 
die über 50-jährigen entlassen werden und die Stellen kurz danach durch 
jüngere und billigere Mitarbeiter ersetzt werden.
Für die Firma ist das natürlich toll, weil jüngere MA leistungsfähiger, 
formbarer und billiger sind. Für eine Gesellschaft ist es fatal, denn 
wer stellt diese älteren Menschen wieder ein - und wenn doch - zu 
welchem Gehalt?

Dieses Problem ist leider kein individuelles Problem und wer jetzt 
glaubt, dass er so ein toller Entwickler-Hecht ist, dass ihm das nicht 
passieren kann liegt leider falsch, denn es gibt nur sehr wenige 
Entwickler, die jenseits der 50 mit Absolventen mithalten können - 
einfach aufgrund des Alters. Ich seh's bei meinen Kollegen auf 
Arbeitsebene. Die tun sich einfach schwerer bei neuen Technologien, 
Tools und Prozessen - obwohl es zu ihrer Zeit sehr gute Entwickler 
waren.
Wer es bis dahin nicht in eine Führungsposition geschafft hat, gerät ins 
Hintertreffen. Nur ist es leider so, dass es einfach nicht genügend 
Führungspositionen gibt - es reicht nur für einige wenige.

Für die überwältigende Mehrheit der älteren Mitarbeiter würde das dazu 
führen, dass sie ab 45 bei jeder kleineren Konjunkturschwankung um ihren 
Job fürchten müssten. Leider bleibt es nicht beim  verlorenen Job. Es 
steht alles auf dem Spiel, was während der letzten 20-30 Arbeitsjahre 
aufgebaut wurde. Bevor es nach dem einen Jahr AlG in Hartz IV geht 
müssen die private Rentenvorsorge, das Haus/Wohnung, sämtliches Vermögen 
aufgebraucht werden.

> Ansonsten
> könnte auch einer kommen und sagen, mich bitte nicht entlassen, ich habe
> 2 kleine Haustiere, die ihr Futter brauchen.
Wenn Du zwischen Kindern und Haustieren keinen Unterschied siehst, dann 
hast Du mit Sicherheit ein Defizit bei Deiner sozialen Kompetenz, an dem 
Du dringend arbeiten solltest, wenn Du vorhast, Mitarbeiter zu führen. 
Da zählt kaum noch dass Du technisch fit bist - da zählen hauptsächlich 
Softskills!

Gruß,
Bernd

von Auf den Hund gekommen (Gast)


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>wenn dies nicht so wäre ,würden diese die Ersten sein.

>....Ausfallwahrscheinlichkeit höher
>....Älter
>....Auf Grund der längeren Zugehörigkeit,mehr Gehalt/Lohn
Kann passieren, aber eigentlich sollte man doch den Zustand einer 
Marktwirtschaft ohne äußere künstliche Regelmentierung vorziehen. Ist am 
Ende auch erfolgreicher für alle. Systeme regeln sich von selber am 
besten aus, das sieht man auch in der freien Natur. Man kann nur hoffen, 
dass speziell die FDP nach Bundestagswahl bei einer 
Regierungsbeteiligung da etwas in die richtige Richtung bewegt. Ist die 
einzige Partei, die noch ein zukunftsfähiges Konzept und Ideen 
vorzuweisen haben.
Andernfalls geht es mit Deutschland nur noch weiter bergab.
Kein Wunder, dass Ältere mit Kinder nur ungern eingestellt werden. Wer 
will sich als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer an das Bein binden, den er 
selbst unter widrigen Bedingungen nur noch schwer los wird?

von alter Facharbeiter (Gast)


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na dann hoffe ich, das deine FDP auch einen Plan für die daraus 
resultierenden Arbeitslosen und den in den nächsten Jahrzehnten 
fehlenden Nachwuchs hat!

So engstirnig kann man doch nicht denken, oder...

Achso, entschuldigung, dass ich geheiratet habe, zwei Kinder ausversehen 
in die Welt gesetzt habe und bald 45 werde...

von David (Gast)


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>alter Facharbeiter
>ähm, ja, jetzt bin ich auch verwirrt, dass es Leute gibt, die oben
>genannte Kriterien als willkürlich bezeichnen. Ich will jetzt keinem zu
>nahe trten, aber haben diese Leute keine Familien, Kinder etc.?

Ich würd die kriterien nicht nur als willkürlich, sondern als saudumm, 
wirtschaftsfeindlich und für den standort deutschland wachstumshemend 
bezeichnen...

meine schon die tatsache, das dieses system zwangsweise dazu führt, dass 
weniger menschen eingestellt werden, das wirtschaftswachstum durch 
bürokratie verhindert wird, sollte grund genug sein das ganze 
abzuschaffen...

und da wundert man sich, dass die firmen lieber leute von dienstleistern 
holen... unglaublich...

von alter Facharbeiter (Gast)


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... na dann kann man ja nur hoffen, dass ihr mal keine Familie gründet 
und nie älter als 30 werdet...

Und in Watte packen nicht vergessen, am besten nie auf die Strasse 
gehen, kein Sport treiben etc., denn es könnte ja passieren, dass man 
einen Unfall hat! Wäre ja zu dumm, wenn dann der Chef auf die Idee 
kommen könnte, dass man den Aufgaben nicht mehr gewachsen ist.... Denn 
es ist ja keiner mehr da, der einem helfen könnte. Nicht mal der Staat, 
denn der muss ja die Arbeitslosen verwalten... Aber vielleicht rückt ja 
dann die FDP was aus ihren Kassen raus? Bestimmt, denn die wollten es ja 
so!

von alter Facharbeiter (Gast)


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... man, wie arrogant muss man nur sein, um so zu denken?!

von Michael S. (msk) Benutzerseite


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junger Facharbeiter schrieb:
> Hallo,
> wer von euch kennt sich mit Sozialplänen aus? Bei uns in der Abteilung
> gibt es außer mir noch einen Facharbeiter. Der andere Facharbeiter hat
> eine Pause von 2 Jahren im Arbeitsvertrag somit wäre er kürzer da als
> ich weil er nur 3 Jahre im Betrieb ist, vor seiner Pause war er aber 6
> Jahre da und kommt dann mit den 6 Jahren auf eine längere Zeit.
> Ich hoffe ich konnte es gut genug erklären :-) Ich frage mich wer als
> erstes gehen muss?

Das hängt vom konkreten Sozialplan ab. Der wird zwischen Betriebsrat und 
Firmenleitung ausgehandelt und beachtet neben der Betriebszugehörigkeit 
üblicherweise noch Dinge wie Familienstand, Anzahl der Kinder etc.
Hinzu kommt, dass auch Altersgruppen gebildet werden können, in die die 
Angestellten eingeordnet werden und innerhalb der dann die Auswahl 
isoliert von anderen Gruppen erfolgt. Ziel ist die Erhaltung der 
Altersstruktur. Gerade in dem Fall spielt dann die Betriebszugehörigkeit 
bei weitem nicht mehr die Rolle - das heißt, es sind nicht mehr 
automatisch die Jüngeren als Erstes draußen...

von Michael S. (msk) Benutzerseite


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David schrieb:
> Ich würd die kriterien nicht nur als willkürlich, sondern als saudumm,
> wirtschaftsfeindlich und für den standort deutschland wachstumshemend
> bezeichnen...

Nö, sie sind nicht saudumm, sondern geprägt von der Überzeugung, dass 
auch Unternehmen eine gewisse soziale Verantwortung haben. 
Volkswirtschaftlich ist es auch für mich viel überzeugender, bei 
Entlassungen so wenig wie möglich staatlich zu unterstützende Personen 
zu "produzieren". Daher die allgemeine Regel, bei Entlassungen so wenig 
wie möglich "Kollateralschäden" anzurichten.

Ob eine Hire & Fire-Politik volkswirtschaftlich klüger wäre, darf 
bezweifelt werden. Schließlich lebt unsere Wirtschaft nicht von ein paar 
billigen, schnell austauschbaren Arbeitskräften, sondern von den 
Technologien, die man trotz höherer Preise im Ausland gern kauft. Und ob 
man die Innovationskraft bei kurzfristigen und instabilen 
Arbeitsverhältnissen beibehalten kann, halte ich für sehr fraglich.

von Bernd O. (bitshifter)


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Auf den Hund gekommen schrieb:
>>wenn dies nicht so wäre ,würden diese die Ersten sein.
>
>>....Ausfallwahrscheinlichkeit höher
>>....Älter
>>....Auf Grund der längeren Zugehörigkeit,mehr Gehalt/Lohn
> Kann passieren, aber eigentlich sollte man doch den Zustand einer
> Marktwirtschaft ohne äußere künstliche Regelmentierung vorziehen.
Selbst die FDP will die soziale Marktwirtschaft. Abgesehen davon ist 
die Regelung nicht "künstlich", sondern aufgrund negativer Erfahrungen 
in der Vergangenheit entstanden bzw. gewachsen und demnach nicht 
künstlich. Wir hatten in Deutschland früher mal Zustände komplett ohne 
"äußere künstliche Reglementierung". Da konnten Firmeninhaber nach 
Gutsherrenart entlassen, aber wenn gestreikt wurde, dann ging das selten 
ohne den Einsatz von Polizei oder Armee aus, war meistens blutig und hat 
neben Menschenleben auch Produktionsstätten vernichtet. Genau das hat zu 
den damals sehr starken Gewerkschaften geführt. Aktuell sind die 
Gewerkschaften schwach, weil es den Leuten noch relativ gut geht. Wenn 
das aber kippt, und die Leute unzufrieden sind, werden sie sich wieder 
zusammenschließen und die Regeln neu festlegen.

"Ohne Regeln" ist keine Einbahnstraße, die nur Arbeitgeber für sich in 
Anspruch nehmen können - das ist beidseitig und hat zu wüsten Auswüchsen 
geführt, die wir eigentlich schon hinter uns haben sollten.

> Ist am
> Ende auch erfolgreicher für alle. Systeme regeln sich von selber am
> besten aus, das sieht man auch in der freien Natur.
Nur produzieren die natürlichen Regelzyklen starke Überschwinger, die 
nicht zu unserer aktuellen Gesellschaft passen. Beim klassischen Hasen 
und Fuchsmodell stirbt regelmäßig ein Großteil der jeweiligen Population 
- ein Gleichgewicht stellt sich nicht ein.

Nicht ohne Grund gilt beispielsweise das Faustrecht schon lange nicht 
mehr (was ja ein sehr "natürliches" Machtinstrument ist). In 
Gesellschaftsformen mit Hire&Fire wird der Mitarbeiter am Tag seiner 
Entlassung direkt vom Werkschutz nach draußen geleitet weil die Firmen 
ernsthaft davon ausgehen, dass der gekündigte Mitarbeiter sich sonst 
direkt an seinem Chef und seiner Firma rächen würde, was schon öfter 
passiert ist. Das ist schon näher am System ohne Regeln, aber aus meiner 
Sicht nicht erstrebenswert weil es dazu führt, dass die Menschen in viel 
stärkerem Maße egoistisch agieren müssen um gut durch's Leben zu kommen.

Natürlich denkt jeder zuerst an sich, aber auch der Arbeitgeber genießt 
in Deutschland einen hohen Grad an Loyalität und Mitarbeiter geben 
beispielsweise nicht so einfach Internas für Geld preis, weil sie etwas 
zu verlieren haben. In den USA sieht das schon ganz anders aus. ("Warum 
nicht das Geld mitnehmen - bei nächster Gelegenheit bin ich ohnehin 
weg...")

> Man kann nur hoffen,
> dass speziell die FDP nach Bundestagswahl bei einer
> Regierungsbeteiligung da etwas in die richtige Richtung bewegt. Ist die
> einzige Partei, die noch ein zukunftsfähiges Konzept und Ideen
> vorzuweisen haben.
Die FDP war und ist die Partei der oberen 10.000. Mit der FDP wird sich 
die Spaltung der Gesellschaft in wenige immer reichere Menschen und 
immer mehr arme Menschen drastisch fortsetzen. Keinen Mindestlohn und 
die Ausweitung der Leiharbeit fördern diesen Trend extrem. Ist der gute 
Job weg, hat man kaum eine Chance auf einen ähnlich guten Job, weil in 
konjunkturell guten Zeiten nicht neu eingestellt wird, sondern der 
Bedarf über (billigere) Leiharbeiter gedeckt wird.

Fehlender Mindestlohn und die Subventionierung der Dumpinglöhne durch 
den Staat (Aufstocker) führt zu einem Abwärtstrend bei sämtlichen 
Löhnen, da Firmen, die noch anständig bezahlen wirtschaftlich unter 
Druck geraten, da die Konkurrenz viel weniger für Löhne ausgeben muß. 
Der nächste Schritt ist dann gleichziehen, also entlassen und 
Leiharbeiter unter Hartz-IV-Niveau einstellen. Der Staat gibt den Rest 
dazu.

Das Problem mit vielen Leuten, die unzufrieden sind ist, dass sowohl 
soziale Unruhen zu befürchten sind, generell der Anstieg der Gewalt (wer 
nichts zu verlieren hat, hat keine Hemmungen anderen für wenig Geld 
Gewalt anzutun - siehe aktuell perspektivlose Jugendliche) und die 
Empfänglichkeit der Menschen für radikale "Heilsbringer" von rechts oder 
links wie sie immer in der Geschichte in solchen Situationen auf den 
Plan getreten sind.

> Andernfalls geht es mit Deutschland nur noch weiter bergab.
Mit der FDP geht es mit Deutschland richtig bergab. Nichts gegen 
industriefreundliche Politik, aber wenn sie zu Lasten der meisten 
Menschen in einem Land geht ist das Ziel verfehlt. Was nutzt es mir oder 
den Menschen in Deutschland, wenn ein Konzern beispielsweise durch den 
Austausch der Angestellten durch Leiharbeiter immer mehr Gewinn macht, 
den sich einige wenige ohnehin schon sehr reiche Menschen einstecken?

Jede Verschiebung hin zu mehr Willkür durch Arbeitgeber, schlechte 
Löhne, ... führt dazu, dass wir zurück zu Strukturen vor der 
Industrialisierung kommen, bei denen der Begriff "Arbeitskampf" durchaus 
wörtlich zu nehmen ist. Es ist nur deshalb relativ ruhig, weil viele 
Leute Angst haben ihren Status zu verlieren (insbesondere die 
Mittelschicht), aber wenn das mal durch ist und Konzerne im großen Stil 
entlassen und sich die Leute für 40% weniger Gehalt als Leiharbeiter 
zurückholen, so wie es Schlecker gerade vormacht, dann gute Nacht 
Deutschland. Dann brennen wieder Gebäude und wir bedinden uns schnell 
wieder in einer ähnlichen Situation wie im "deutschen Herbst".

> Kein Wunder, dass Ältere mit Kinder nur ungern eingestellt werden.
Welcher Arbeitgeber nimmt freiwillig den 45-jährigen Entwickler mit 
Kind, der den Job für 40.000 vielleicht annimmt ("besser als nichts"), 
wenn er für das gleiche Geld einen guten Absolventen bekommen kann, der 
hocherfreut über das "üppige" Gehalt ist? Das hat mit Kündigungsschutz 
erst mal nichts zu tun.

> Wer
> will sich als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer an das Bein binden, den er
> selbst unter widrigen Bedingungen nur noch schwer los wird?
Es geht hier nicht um das absolute loswerden. Das ist kein Problem. Wenn 
die wirtschaftliche Situation er erfordert, dass er 50% seiner 
Belegschaft abbauen muß, dann kann er das problemlos jederzeit tun.
Die einzige Einschränkung ist, dass der AG sich die zu entlassenden 
Leute nicht aussuchen darf ("Nasenfaktor"), sondern dass er dabei an 
gewisse Regeln gebunden ist. Es ist aber beileibe nicht so, dass am 
Schluß nur noch ein paar alte Leute übrigbleiben, da die Sozialauswahl 
jeweils innerhalb einer Gruppe vergleichbarer und austauschbarer 
Tätigkeiten durchgeführt wird. Es müssen also nicht fiktiv alle 20 
SW-Entwickler gekündigt werden nur weil die 20 Qualitätsprüfer alle über 
50 sind, sondern es werden beispielsweise 10% der SW-Entwickler und 10% 
der Qualitätsprüfer entlassen.
Die 10% der Gruppe werden dann nach der Sozialauswahl bestimmt. Es kann 
also durchaus passieren, dass einem 53-jährigen Qualitätsprüfer 
gekündigt wird, während der 28-jährige SW-Entwickler bleibt.

Gruß,
Bernd

von juppi (Gast)


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Hallo
Viele  Arbeitgeber und auch meistens jüngere Arbeitnehmer möchten das 
die
die Wirtschaft frei von Reglementen sein soll(Steinzeit Kapitalismus)

Aber die Unterstützung de Staates und Förderung sollen bleiben.

Die Sicherheit  muß natürlich der Staat gewährleisten,
auch die Private.
Streiks werden durch Polizei unterbunden.
Freies Anbieten der Arbeitskraft wir verboten.
Usw.
Wenn dies alles in die Waagschale geworfen wird,WER möchte das wieder?

von Schwups.... (Gast)


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Wenn wenigstens die Verantwortung des Arbeitgebers, gesetzlich
geregelt, für ein wenig mehr Gerechtigkeit sorgen würde, könnte
man doch zufrieden sein. Nur leider wird es nicht begründet wenn man
den Job nicht bekommt und bei Einstellungen gibts kein ordentliches
Konzept und wenn man entlasssen wird sind die Gründe geschönt oder
nicht nachvollziehbar. Eine soziale Auswahl wird auch nicht immer
eingehalten, sondern es wird willkürlich gefeuert.

Ein Sozialplan kommt meist nicht zum Tragen wenn im Betrieb kein
Betriebsrat nicht dafür sorgt. Eine soziale Auswahl zu treffen
ist, glaub ich, gesetzlich vorgeschrieben.

@Linz zu
>Dann trifft man sich vor dem Arbeitsgericht und das wird teuer oder
>endet in einer Wiedereinstellung.

Wenn du gegen deine Kündigung Widerspruch einlegst bleibst du formell
beschäftigt auch wenn der Arbeitgeber dich nicht mehr in den Betrieb
läßt. Dann muß man Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht innerhalb
3 Wochen(?)einreichen und sein Recht auf Weiterbeschäftigung erstreiten.
Verliert der AG und muß weiter beschäftigen oder ist ihm die 
Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten muß er den Lohn/das Gehalt
nach zahlen oder eine andere Lösung (Abfindung)muss gefunden werden.
Alles im allen kann es für den AG teuer werden aber der AN
bekommt dann in der Regel auch keine Stütze soweit ich
mich erinnere. Ohne Geldpolster ist das eine gewagte Sache.
Vor der Entscheidung stand ich auch schon mal. Andere Kollegen
hätten da eher fliegen müssen aber die konnten wohl mehr,
trotz gleichem Familienstand und halb so langer Beschäftigungszeit. 
Nachdem ich mich erkundigt hatte hab ichs lieber gelassen.
Wer weiß ob durch die Gerüchteküche dann weitere Bewerbungen
erfolgreich gewesen wären. So konnte ich noch einige Jahre
in einer Entwicklung eines Industriebetriebs arbeiten wo ich auch
relativ gut verdient hatte. Später waren die Jobs und der Verdienst
dann schlechter.

von junger Facharbeiter (Gast)


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Mittlerweile wurde bekannt gegeben das es bei uns keinen Sozialplan 
gibt! Einige Mitarbeiter die schon 20 Jahre und mehr in der Firma sind 
wurden gekündigt!
Einige unserer "Chefs" wurden gekündigt
Jetzt warten wir seit 5 Wochen auf eine eventuelle Kündigung von der 
Geschäftsleitung.... es müssen noch 27 (von 250) gehen... keiner hat ne 
Ahnung ob er dabei ist

Ich hoffe bei euch läuft das nicht so !

von Mitarbeiter (Gast)


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Wenn eine Firma kündigen muß, geht es ihr meistens schlecht. 
Anschließend bleibt die Frage, wie sie mit weniger Leuten die gleiche 
Leistung erreichen will.

Oft wird versucht die Fehlentscheidungen des Managements durch das 
schnelle Einsparen von Lohnkosten auszubügeln. Auf die Dauer ist das 
eine schlechte Lösung. Deshalb sollte man sich beizeiten um eine bessere 
Arbeit kümmern. Leider einfach gesagt.

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