Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Abiturientenschwemme verstärkt Bildungsflucht


von Matthias Hergenröther (Gast)


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G12 tut seine Wirkung: Waren in den zurückliegenden Jahren nur 15%-25% 
der Abiturienten nach ihren Prüfungen mit Bewerbungen bei Firmen 
erfolglos und fingen ein Zwangstudium an, so rechnet das 
Bildungsministerium für die Jahrgänge 2010 und 2011 mit weit über 50% 
Abiturienten, die nach Schulabschluss keinen Job finden werden. Ein 
immer größerer Anteil muss daher in Ausweichstellen oder doch ins 
Studium, obwohl sie das eigentlich nicht wollen.

Schon bisher wurde ein Anstieg der Studentenzahlen beobachtet, der 
allein deshalb bedingt ist, weil man sich mit Studium mehr Chancen 
ausrechnet, nachdem man eigentlich direkt bei einer Firma anfangen 
wollte. Dieser Trend wird weiter anhalten. Und das Problem wird nach 
hinten weitergereicht:

Mehr Abiturienten heisst auch "mehr Studienabgänger". Dabei erfolgt 
durch G12 und Bologna eine doppelte Konzentration: G12 spült in den 
nächsten 2 Jahren durchschnittlich 30% mehr Abgänger in den Markt, da 
ein ganzer Jahrgang (Insgesamt 100%) auf ca 3 Jahrgänge verteilt wird. 
Durch Bologna wird das Studium ebenfalls verkürzt, sodass sich diese 
Welle nicht auch mehrere Jahrgänge verteilen kann, wie bisher, sondern 
weitgehend konzentriert bleibt. Durch Bologna selber erfolgt sogar eine 
Studienverkürzung der bisher Studierenden, da diese sich sputen müssen, 
fertig zu werden, weil gewisse Studiengänge auslaufen.

Somit gehen Fachleute von einer regelrechten Abgängerwelle in 2012-2013 
aus, die eine hohe Zahl von arbeitslosen Bachelorn und überhängigen 
FH-Absolventen erzeugen wird. Diese werden zwangsweise in ein 
Masterstudium wechseln müssen, um nicht arbeitslos zu sein. Durch die 
Kompaktheit des Masterstudims wird aber auch diese Welle nicht sehr beit 
ausfallen und in den Jahren 2013-2015 einen großen Überhang an 
Masterabslventen ereugen, die der Markt vermutlich nicht aufnehmen kann. 
Die Folge: immer mehr Promotionen und Zeitstudiengänge werden 
aufgesucht.

Experten sprechen schon von einem neuen Unwort des Jahrzehnts: 
Bildungsflucht und raten Abiturienten zu praktischen Nebenausbildungen 
wie dem Dualen Studium oder der Berufsakademie, die einen besseren 
Zugang zur Industrie sichere.

von Matthias (Gast)


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> Ein immer größerer Anteil muss daher in Ausweichstellen oder doch ins
> Studium, obwohl sie das eigentlich nicht wollen.
Von einem Abiturienten erwarte ich, daß er studiert! Alles andere könnte 
er schließlich ohne Abitur machen. Außerdem sollten Abiturienten den 
Haupt- und Realschülern die ohnehin raren Ausbildungsplätze nicht 
streitig machen.

Viele Grüße, ein Ex-Abiturient

von Random .. (thorstendb) Benutzerseite


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> Außerdem sollten Abiturienten den Haupt- und Realschülern
> die ohnehin raren Ausbildungsplätze nicht streitig machen.
Nich hauen, aber kriegt man als Hauptschüler heut noch was?

Wenn ich so aus Jux mal durch die Anzeigen schaue, scheint sich das 
verschoben un haben, wo früher Hauptschule ausreichte wird jetzt Real 
gefordert.

(Hab selber Real gemacht, dann BGJ(pflicht), Ausbildung, FOT, Studium 
El/TI)

von Matthias (Gast)


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> Nich hauen, aber kriegt man als Hauptschüler heut noch was?
Zum Teil ist das die Schuld der Abiturienten: Wenn sich jahrelang 
Abiturienten um ursprünglich für Haupt- und Realschüler gedachte 
Lehrstellen bewerben, tritt bei den Firmen irgendwann ein 
Gewöhnungsefekt ein. Obgleich ich nicht verstehe, warum die Firmen auf 
Abiturienten setzen: Die meisten fangen hinterher doch mit einem Studium 
an und werden niemals in ihrem 'erlernten' Beruf arbeiten, die 
Ausbildung war somit für beide Seiten ein Griff ins Klo.

von Justus S. (jussa)


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Matthias schrieb:
> Obgleich ich nicht verstehe, warum die Firmen auf
> Abiturienten setzen:

imo hat sich einfach das ganze Gefüge nach unten verschoben. Wer früher 
einen Hauptschulabschluß schaffte, der packt heute auch die Realschule. 
Und die die früher "nur" die Realschule gepackt hätten, kommen heute 
durch das Abitur, was einem ja praktisch hinterher geworfen wird...

Verlierer sind halt die, die selbst heute "zu blöd" für die Realschule 
sind und darum auf der Hauptschule versacken...wir hatten vor kurzem ein 
paar Hauptschüler bei uns, die laut ihren Lehrern zu den besseren 
gehörten..aber meine Fresse, bei denen hat es überall gefehlt...

von Soenio (Gast)


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ich  bin momentan in der 10 Klasse Realschule in BW. Wer dieses Jahr als 
Hauptschüler einen Ausbildungsplatz sucht hat es auch dank Finanzkrise 
schwer. Trotzdem denke ich kann jeder Hauptschüler sein Traumberuf 
machen, wenn er ein relative gutes Zeugnis hat und sich nicht ganz Doof 
anstellt. Kommt aber stark auf das Berufsfeld an und auch auf den 
Wohnort. Mein Cousin der gerade in der 8.Klasse auf der Realschule in 
Niedersachsen ist wird es in zwei Jahren deutlich schwerer haben...

G8 wird bei uns in der gegend auch in 2Jahren einschlagen, war selbst im 
G8 und ich habe zum Glück die Entscheidung getroffen lieber den 
einfacheren Weg über die mittlere Reife genommen. Ich habe einen 
Ausbildungsplatz bekommen, obwohl sich andere Abiturienten dafür 
beworben haben, die Betriebe in meiner gegend setzen mehr auf die 
Interesse der Bewerber nicht auf die Noten.

von Warmweiß (Gast)


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Wie sagt man so schön, aufgeschoben ist nicht aufgeschoben.
Die Problematik ist aber nicht neu, in 2002/2003, wo es auch nicht 
gerade super auf dem Ausbildungsmarkt aussah, begannen auch viele ein 
Verlegenheitsstudium. Als dann in allen Medien präsent war, dass ein 
MINT-Studium bares Geld und Arbeitsplatzsicherheit bedeutet, brachen 
erneut die Dämme. Neben den Opfern, die trotz Abschluss nichts finden 
können/konnten, darf man die hohe Zahl der Abbrecher nicht vergessen. 
Viele von denen bekommen nie wieder einen Fuß auf den Boden, vor allem 
nicht, die erst nach 5 oder mehr Semestern die Reißlinie zogen oder 
gezogen bekommen haben. Für den Staat ist die Bildungflucht erst mal 
gut, denn die Arbeitslosigkeit wird verzögert. Es spricht auch nichts 
gegen ein Studium, wenn die Eltern einen fördern oder man 
bafögberechtigt ist. Hauptsache man macht keine Schulden bei den anderen 
Aasgeiern, wo man auf Jahre nicht mehr froh wird.

von Matthias Hergenröther (Gast)


Angehängte Dateien:

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Ich habe dazu noch diesen Anhang gefunden:

Bezogen auf das Jahr 2007 steigen die Abiturientenzahlen noch bis 2010 
kontinuierlich an. Auch der Anteil der Studierenden dürfte etwas 
steigen. Wegen der Kompression G12 drängen aber um 2011 die meisten 
Abiturienten in den Markt. Mit 3 Jahren Verzögerung sind diese bei den 
bachelorn und mit 5 Jahren Verzägerung bei den Mastern beobachtbar.

von Max M. (xxl)


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Hauptschul- und Realschulabgänger werden wohl im Handwerk und in den
wenig attraktiven Berufen landen. In einigen Berufen bestehen schon
immer hohe Ansprüche. Abiturienten dagegen dürfte das Anspruchsdenken
entgegenkommen aber die Wirtschaft muss auch wollen und können und da
siehts z.Zt. ziemlich traurig aus. Vielleicht macht die Politik dann
wieder Aktionen um die jungen Leute unterzubringen.

Manchmal wird eine Lehrstelle auch nur nicht besetzt weil so ein
vollgefressener Chef oder Personaler erst mal überzeugt werden will
und welcher junge Mensch kann das schon. Das muss er ja auch erst
lernen.

von Matthias Hergenröther (Gast)


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von Bernd F. (metallfunk)


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Max M. schrieb:
> Hauptschul- und Realschulabgänger werden wohl im Handwerk und in den
> wenig attraktiven Berufen landen. In einigen Berufen bestehen schon
> immer hohe Ansprüche.

Denkfehler.

Gerade im Handwerk braucht es Führungskräfte mit Hirn.
Die verdienen dann auch gutes Geld.

( In meiner Schlosserei fängt kein Lehrling ohne ABI mehr
an, seltsamerweise melden sich auch keine Anderen )

( Meine 2 Gesellen haben ein abgeschlossenes Studium ! ? ,
aber das brauchts wirklich nicht)

Vor kurzem war ich in einer neuen Großmetzgerei, der Chef
sucht einen intelligenten! Metzger der auch die 25 Rechner-
gesteuerten Maschinen bedienen kann.
So eine Ladung Kochschinken ( 25000,-) kann man mit einem
Tastendruck ins Nirwana befördern.

Das Gehalt liegt bei 3-5000,- im Monat.

Wer will es den Handwerkern ( mittelständige Unternehmen )
verdenken, daß sie Abiturienten einstellen, dies ist heute
die Regelschule geworden.

Und manche Abiturienten sind schlau genug, einen solchen
Beruf zu ergreifen, der vieleicht nicht das gesellschaftliche
Ansehen eines Ingenieurs hat, aber sicher, halbwegs gut bezahlt ist
und die Aussicht auf eine spätere Übernahme des Betriebes
bietet.

Gerade im Handwerk braucht es nicht nur Indianer, sondern
auch Häuptlinge.

von Gast2 (Gast)


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>( Meine 2 Gesellen haben ein abgeschlossenes Studium ! ? ,
>aber das brauchts wirklich nicht)

Da würde mich Folgendes interessieren: welche Tätigkeiten führen Deine 
Akademiker in Deinem Betrieb aus? Welches Studium haben sie mit welchem 
akademischen Grad abgeschlossen?

>Und manche Abiturienten sind schlau genug, einen solchen
>Beruf zu ergreifen, der vieleicht nicht das gesellschaftliche
>Ansehen eines Ingenieurs hat,

Ich glaube, die letzten zwanzig Jahre sind an Dir vorbei gegangen. Das 
Ansehen des Ingenieurs ist schon längst im Keller. Und Dank der 
katastrophalen Jobaussichten durch massiven Abbau der Ingenieursstellen 
wird "Ingenieur" immer öfter mit "Loser" assoziiert. Aber da Du ja hier 
in den Foren aktiv bist, dürftest Du das inzwischen auch mitbekommen 
haben.

von Warmweiß (Gast)


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Bernd Funk schrieb:
>Und manche Abiturienten sind schlau genug, einen solchen
>Beruf zu ergreifen, der vieleicht nicht das gesellschaftliche
>Ansehen eines Ingenieurs hat, aber sicher, halbwegs gut bezahlt ist
>und die Aussicht auf eine spätere Übernahme des Betriebes
>bietet.
> Gerade im Handwerk braucht es nicht nur Indianer, sondern
> auch Häuptlinge.

So sieht's aus.
Im Ingenieurbereich gibt's eh nur noch wenig zu holen, es ist ein 
hartes, globalisiertes Kampffeld geworden. Da braucht's Soldaten mit 
High-Potential-Genen, um den universell hohen Anforderungen gerecht zu 
werden und seine Mitkonkurrenten in die Klitschen und Krauter oder auf 
das Arbeitsamt zu blasen. Und wenn man dort landet, dann ist man als 
Indianer im Handwerk besser dran - in fast jeglicher Hinsicht.

von besucher (Gast)


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Um diese Entwicklung zu puffern gibts ja seit ein paar Jahren 
Studiengebühren.
:)

von Klaus (Gast)


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Matthias schrieb:
> Von einem Abiturienten erwarte ich, daß er studiert! Alles andere könnte
> er schließlich ohne Abitur machen. Außerdem sollten Abiturienten den
> Haupt- und Realschülern die ohnehin raren Ausbildungsplätze nicht
> streitig machen.

Bildung ansich ist auch ein Wert. Ich habe jedenfalls in den 3 Jahren
eine gewisse Denke gelernt von der noch heute profitiere.

Wählst du FDP ?

von hahalol (Gast)


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> Experten sprechen schon von einem neuen Unwort des Jahrzehnts:
> Bildungsflucht und raten Abiturienten zu praktischen Nebenausbildungen
> wie dem Dualen Studium oder der Berufsakademie, die einen besseren
> Zugang zur Industrie sichere.

Nicht klagen. Kämpfen! Und wenn es sein muss in letzter Konsequenz gegen 
den Staat und die Regierung.

von Das muss mal gesagt werden (Gast)


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Die Hauptschulen haben aber auch einen besch.... Ruf.

Die sind in den letzten 20-30 Jahren zu einem Sammelbecken von 
lernunwilligen, versagenserprobten, desilusionierten Prekariatskindern 
geworden. Verschärft wurde die Situation von Kindern aus anderer 
Kulturkreise die orientierungs- und chancenlos ihre eigene Subkultur 
begründet haben, in der Bildung keine Rolle spielt.

Wer will es einem Handwerksbetrieb verdenken, dass er jungen Menschen 
ohne Realitätssinn, deren Lebensziel häufig nur "Hartzen" ist keine 
Chancen einräumt.

Da hat die Gesellschaft und die Politik in den vergangen Dekaden 
versagt.

von Gast12 (Gast)


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Dreht es wie ihr wollt und seht es euch von allen Seiten an.

Es gibt zu wenig Ausbildungs- und Arbeitsplätze.
Da könnt ihr euch qualifizieren und bilden bis der Artz kommt.

Es gäbe eigentlich genug zu tun.
Das Land und die Geselschaft ist noch lange nicht da, wo sie sein 
könnte.

Ein mehr an Arbeitsplätzen ist eigentlich auch gar nicht gewollt.
Die Arbeitslosen bezahlt ja die Gesellschaft und bei dem tollen Überhang 
an Arbeitnehmern ist eine gute Auswahl möglich.

Man greift sich also die Leistungsstarken, spannt sie sich vor den 
Karren und die Leistungsschwachen, darf der Teufel holen und die 
Gesellschaft durchfüttern.

So ein toller sozialer Haufen ist die Menschheit.

von Warmweiß (Gast)


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Matthias Hergenröther schrieb:
> Komischerweise beschwören die Verbände genau zum Zeitpunkt 2014 ein
> Riesentalentloch:

Riesentalent ist halt was anderes als Absolvent. Die suchen in 
Bohlen-Manier die Superstars, die dann meistens in einer Dekade verheizt 
werden, wenn sie nicht selber die Kurve kratzen. Auch viele Personaler 
fürchten sich, dass die Bewerbungsflut abebbt. Denn das Begutachten, 
grob Aussortieren und das in Auftrag ausgeführte Feinfiltern ist deren 
Lohn und Brot.
Wenn man selber einen Gebrauchtwagen sucht, dann bevorzugt man ja auch 
eine Plattform mit reichhaltigem Angebot, um die Chancen zu erhöhen, 
möglichst einen nach seinem Geschmack zu finden. Am Ende verlässt dann 
maximal ein Wagen das Verkaufsgelände. Genauso sieht's im 
Bewerbungszirkus aus. Je einseitiger das Geschäft, desto besser für 
alle, ausgenommen die arme Bewerbersau.

von Bewerbersau (Gast)


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Auf eine Stelle als Ingenieur kommen 6 Bewerber

von Matthias (Gast)


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> Auf eine Stelle als Ingenieur kommen 6 Bewerber
In anderen -akademischen- Berufszweigen kommen auf eine Stelle 50 
Bewerber.

von Bernd F. (metallfunk)


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Das muss mal gesagt werden schrieb:
> Die Hauptschulen haben aber auch einen besch.... Ruf.
>
> Die sind in den letzten 20-30 Jahren zu einem Sammelbecken von
> lernunwilligen, versagenserprobten, desilusionierten Prekariatskindern
> geworden. Verschärft wurde die Situation von Kindern aus anderer
> Kulturkreise die orientierungs- und chancenlos ihre eigene Subkultur
> begründet haben, in der Bildung keine Rolle spielt.
>
> Wer will es einem Handwerksbetrieb verdenken, dass er jungen Menschen
> ohne Realitätssinn, deren Lebensziel häufig nur "Hartzen" ist keine
> Chancen einräumt.
>
> Da hat die Gesellschaft und die Politik in den vergangen Dekaden
> versagt.

Ja sicher.

Aber auch die Gewerkschaften haben ihren Teil dazu beigetragen,
indem gerade die unteren Lohngruppen überproportional angehoben
wurden.
Dazu kommt unser Sozialsystem, daß vor Allem den Faktor Arbeit
aussaugt.

( Vergleich mal das Einkommen eines Ungelernten, der beim
Daimler Autos zusammenschraubt, mit dem Anfangsgehalt eines
Ingenieurs )

Diese Tarifverträge haben eine allgemeine Gültigkeit.
( Besonders zu Zeiten der Hochkonjunktur )

In der Konsequenz bedeutet das aber, das einfache Arbeiter
für viele Betriebe unbezahlbar geworden sind.

Die Arbeitsplätze wurden wegrationalisiert.

Jetzt gibt es aber eine Bevölkerungsgruppe die aus
welchen Gründen auch immer, nicht bereit oder fähig ist,
komplexere Aufgaben zu übernehmen.

Die werden jetzt halt vom Rest durchgefüttert.

von Martin (Gast)


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... Vergleich mal das Einkommen eines Ungelernten, der beim Daimler 
Autos zusammenschraubt, mit dem Anfangsgehalt eines Ingenieurs ...

Wo ist da ein Problem?

von Norbert (Gast)


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Bernd Funk schrieb:
> Aber auch die Gewerkschaften haben ihren Teil dazu beigetragen,
> indem gerade die unteren Lohngruppen überproportional angehoben
> wurden.
> Dazu kommt unser Sozialsystem, daß vor Allem den Faktor Arbeit
> aussaugt.
>
> ( Vergleich mal das Einkommen eines Ungelernten, der beim
> Daimler Autos zusammenschraubt, mit dem Anfangsgehalt eines
> Ingenieurs )

Tja, da hast Du es wirklich genau auf den Punkt gebracht. Aber diese 
Aussage wird bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung sicherlich 
nicht auf großes Verständnis stoßen und hier in diesem Forum erst recht 
nicht.

Es gibt halt nichts was auf der Welt so gerecht verteilt ist wie der 
Verstand. Jeder hier ist sich sicher, genug davon zu haben.

Norbert

von Bernd F. (metallfunk)


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Und für einen Abiturienten kann es doch durchaus eine
Lebensperspektive sein, in einem Handwerksbetrieb anzufangen,
und sich dort zu einem der Besten seiner Branche zu ent-
wickeln. ( Mit dem finanziellen Erfolg )

Statt sich halbherzig durch ein Studium zu quälen
und später nur Mittelmaß zu sein.

von Norbert (Gast)


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Martin schrieb:
> Wo ist da ein Problem?

Genau da ist das Problem. Naja, der Autoschrauber wird es erst dann 
bemerken wenn es für ihn zu spät ist. Oder er erkennt es niemals. Oder 
er macht unsere Politiker dafür verantwortlich. Oder die Lottofee im 
Fernsehen.

Norbert

von Martin (Gast)


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Also die Zeile mit dem Verstand ist schon süß, aber jetzt einmal 
konkret: verdient nun der Schrauber zuviel und der Ingenieur zuwenig 
oder umgekehrt?

Martin (der Verwirrte)

von Bernd F. (metallfunk)


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Martin schrieb:
> ... Vergleich mal das Einkommen eines Ungelernten, der beim Daimler
> Autos zusammenschraubt, mit dem Anfangsgehalt eines Ingenieurs ...
>
> Wo ist da ein Problem?

Das Problem ist, die Gewerkschaft sucht sich solche Großbetriebe
um ihre Lohnforderungen durchzudrücken.

Als kleiner Handwerker, in unmittelbarer Nähe zu so einem
Laden, mußt du mitziehen oder deine Leute wandern ab.

Wäre ja Alles kein Problem, wenn nicht die blöden Kunden
immer den Billigsten nehmen würden.

Kannst also nur drauf hoffen, daß deinen Leuten es langweilig
ist, jeden Tag Autos zusammenzuschrauben, und die auch für etwas
weniger Geld bleiben.

von Martin (Gast)


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Ach so, du störst dich daran, dass es so schwer ist, jemanden zu finden, 
der  für kleines Geld arbeitet. Kann ich verstehen, geht mir auch so.

von Norbert (Gast)


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Martin schrieb:
> Also die Zeile mit dem Verstand ist schon süß, aber jetzt einmal
> konkret: verdient nun der Schrauber zuviel und der Ingenieur zuwenig
> oder umgekehrt?

Ich amüsiere mich immer köstlich, wenn Menschen fast schon in einem 
Atemzug eine Leistungsgesellschaft ablehnen oder in Frage stellen und 
sich dann über Auswirkungen beschweren, die praktisch eine direkte Folge 
davon sind.

Letztendlich hängt die persönliche Sichtweise hauptsächlich davon ab, ob 
man sich durch die Medien eine Meinung BILDen läßt, oder ob man den 
Punkt der geistigen Reife erlangt hat, gewisse Dinge in Frage zu stellen 
und in der Lage ist, sich tatsächlich eine eigene Meinung zu bilden und 
den tatsächlichen Zusammenhang gewisser gesellschaftspolitischer 
Faktoren zu erkennen und zu bewerten.

Ich habe selbst erlebt, wie Mitarbeiter mit niedrigem Bildungsgrad durch 
Gewerkschaftshilfe auf Personalstellen gelangt sind, deren Anforderungen 
sie bei weitem nicht bewältigen konnten. Aber wenn man im Leben nie 
gelernt hat, dass das eigene Dasein und der eigene Sozial- und 
Bildungsstatus letztendlich nur ein Produkt des eigenen Denkens und 
Handelns ist und dass jeder Mensch für sein eigenes Leben selbst 
verantwortlich ist, ist es natürlich leicht, jederzeit andere Menschen 
zu finden, die man für das eigene Unvermögen verantwortlich machen kann.

Letztendlich ist alles nicht die Frage von fachlichen Kenntnissen oder 
absolut überzeugendem Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit, sondern 
eine Frage der geistigen Reife. Und die erlangt man nur, wenn man sich 
mit gewissen Dingen beschäftigt und gewisse Dinge akzeptiert.

hope that helps!

Norbert

von Bernd F. (metallfunk)


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Da gibt es noch was,

In meiner Branche baut man Sachen für die Ewigkeit ( + - 20 Jahre ).
( Metallgestalter - Schlosser )

Ich gehe davon aus, daß meine Tochter mit meinen Enkeln,
( Gibt es noch nicht ) immer wieder mal stehen bleiben kann,
und sagen " Das hat der Opa gebaut "

Elektronik zu entwickeln, die schon veraltet ist, kaum das sie
im Laden steht stelle ich mir deprimierend vor.

Aber ich weiß, dass eine solche Arbeitsweise, wie wir sie
praktizieren, unzeitgemäß ist.

Genau das macht aber den Reiz für mich und meine Mitarbeiter aus.

von Bernd F. (metallfunk)


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Martin schrieb:
> Ach so, du störst dich daran, dass es so schwer ist, jemanden zu finden,
> der  für kleines Geld arbeitet. Kann ich verstehen, geht mir auch so.

Falsch, von mir aus könnte Jeder 10000,- im Monat bekommen.
Die Kunden rücken das Geld aber einfach nicht raus. :(

von Bernd F. (metallfunk)


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Norbert schrieb:

> Letztendlich ist alles nicht die Frage von fachlichen Kenntnissen oder
> absolut überzeugendem Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit, sondern
> eine Frage der geistigen Reife. Und die erlangt man nur, wenn man sich
> mit gewissen Dingen beschäftigt und gewisse Dinge akzeptiert.


Das kommt, wenn du ein gewisses Alter erreicht hast. :)

von Max M. (xxl)


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>Falsch, von mir aus könnte Jeder 10000,- im Monat bekommen.
>Die Kunden rücken das Geld aber einfach nicht raus. :(

Tja, der Konkurrenzkampf ist schon ruinös.
Verfluchte Marktwirtschaft, was?

Wer sowas (zahlungsunwillige Kunden und so...)behauptet hat
meist noch ganz andere Leichen im Keller.

von Bernd F. (metallfunk)


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Max M. schrieb:
>>Falsch, von mir aus könnte Jeder 10000,- im Monat bekommen.
>>Die Kunden rücken das Geld aber einfach nicht raus. :(
>
> Tja, der Konkurrenzkampf ist schon ruinös.
> Verfluchte Marktwirtschaft, was?
>
> Wer sowas (zahlungsunwillige Kunden und so...)behauptet hat
> meist noch ganz andere Leichen im Keller.

Nein, zahlungsunwillige Kunden sind gottseidank nicht
mein Problem. ( Wir bewegen uns im Luxusbereich )

Aber es gibt für jedes Projekt eine finanzielle Schmerz-
grenze. ( Dann stirbt es )

Es ist äußerst schwer, diese Grenze auszuloten, vor
allem, wenn irgendwelche Nichtkönner mitspielen.
( Die gibt es auch in meiner Branche )

von Bernd F. (metallfunk)


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Das Geld regnet nicht vom Himmel.
Das Geld kommt vom Kunden.

Das sollten auch die Mitarbeiter nie vergessen!

von Banquo (Gast)


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Ich glaube, das wissen die Mitarbeiter sehr wohl. Problematisch finde 
ich eher, dass die offizielle Geschäftspolitik die ist, dass nur das 
gemacht wird, was ausgehandelt wurde und bezahlt wird, weil beide 
Vertragsparteien Juristen beschäftigen und Angst haben, über den Tisch 
gezogen zu werden. Meine Vermutung ist, die Systeme, die wir als 
Ingenieure, Techniker und Informatiker entwickeln müssen, finden wir 
total beschissen, weil immer nur faule Kompromisse im Spiel sind. Ich z. 
B. habe noch nicht erlebt, wie man sich zusammensetzen und argumentativ 
mal durchgeht, was ein ergonomisches Gerät, was ergonomische Software 
ist und ob man auf diesem Wege die Produktivität erhöhen will. 
Unergonomische Software gibt's mehr als genug und die Menschen sind auch 
nicht von besseren Sachen zu überzeugen: "Wir haben schon immer dieses 
Programm verwendet und wir möchten es auch weiterhin verwenden. Die 
Umschulung kostet uns so viel Geld." - Der Preis für dämliche 
Umschulungen wird stark überschätzt, weil Softwareschulungen nur selten 
stattfinden und obendrein wenig bringen.

Dass die bei Microsoft Office bleiben wollen und insbesondere Outlook 
unersetzbar in der Firma ist, kann ich ja noch verstehen. Trotzdem kann 
doch das Betriebssystem wechseln (Wine macht's möglich.). Ein Gnome hat 
sich die Ergonomie auf die Fahnen geschrieben und die Windowsoberfläche 
ist so ziemlich das schwächste Stück Software, was diese Verbreitung 
hat. Wie kann man nur einen Doppelklick einführen? Wie kann man nur die 
Taskleiste an den unteren Bildschirmrand knüppeln?

von gnom (Gast)


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Die TASKleiste ist bei Gnome aber normal auch unten ;)
Das MENÜ ist oben :-P

von Bernd F. (metallfunk)


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Da sind halt schon Unterschiede zwischen Großunternehmen
und Kleinfirmen.

Wenn ich mit meinem Kunden einen Aufrag bespreche und
Forderungen festgelegt werden, dann wird das auch so gemacht, wie
gewünscht.

Wir sind viel zu klein, um Rücksichten auf andere Firmen
zu nehmen.

Solange das irgendwie möglich ist, wird es auch gemacht wie
vom Kunden gewollt.

Da freut sich der Kunde, und wir müssen auch mal was Neues
lernen.

( In meinem Laden gibt es aber auch keinen Betriebswirt, der
mir die Unwirtschaftlichkeit dieser Flexibilität vorrechnet! )

( Auf Juristen können Alle dankend verzichten )

von Bernd F. (metallfunk)


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gnom schrieb:
> Die TASKleiste ist bei Gnome aber normal auch unten ;)
> Das MENÜ ist oben :-P

Hä ?

von gnom (Gast)


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"Task" => die Programme die grad laufen

von gnom (Gast)


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von phil (Gast)


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Ging es nicht um eine vermeintliche Abiturientenschwemme?

Ich finde die Argumentation etwas einseitig. Bologna soll Schuld sein, 
dass schneller Arbeitskräfte verfügbar sind, aber fast alle werden 
Master machen? Schon alleine von der Regelstudienzeit von Ba und Ma 
dauert es ja dann mind. genauso lange wie ein Diplomstudium. Auch 
schließt nicht jeder in Regelstudienzeit ab. Dann ist man ganz schnell 
bei 6 Jahren Studium. Wieso werden dann in kürzerer Zeit mehr 
Arbeitskräfte auf den Markt gespült als früher? Man kann wohl auch nicht 
sagen, dass sich Bologna positiv auf die Abbrecherquote ausgewirkt hat.

Mich würde ja wirklich interessieren woher diese Grafik/Kurve kommt? Gab 
es nur hier im Osten Anfang der 90er geburtenschwache Jahrgänge und im 
Westen das Gegenteil oder wie kommt man zu diesem massiven Anstieg?

Unterm Strich bleibt auch stehen, dass ein Abiturient, der eigentlich 
nicht vor hatte zu studieren (oft auch begründet durch ein 
Matheproblem), es wohl sehr schwer haben dürfte ein Ingenieursstudium 
abzuschließen. BWL & Co ist momentan ja schon überlaufen und bildet auch 
keine echte Chance für schlechte Abiturienten. Wer ein ordentliches 
Abitur hat, fängt i.d.R. sowieso an zu studieren.

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