Forum: HF, Funk und Felder TLR Kalibration - Was ist bei Line zu beachten?


von Thomas (Gast)


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Ich möchte die Thru-Line-Reflect Kalibration verwenden um ein genaueres 
Modell einer Diode zu erhalten, als das es der Hersteller angibt. Thru 
und Reflect ist ja relativ einfach zu realisieren:
Thru: Reine Durchverbindung ohne Deviceslänge.
Reflect: Open anstatt Device

Line: ? wenn es nach Microwave Engineering (Pozar) ginge wäre auch die 
Länge egal, solange nicht Länge=0. Andere Literatur gibt an, dass die 
Line-Länge bei der Mittenfrequenz lambda/4 sein muss. Also für 8 GHz 
etwa 9,3 mm. Zusätzlich stoße ich auf die Aussage, dass der mit diesem 
Linestandard abgedeckte Frequenzbereich 8:1 betragen soll.
Was heißt das? 8 GHz : 8 = 1 GHz als Anfangsfrequenz und 8 * 8 GHz = 64 
GHz als Endfrequenz? Kann nicht sein oder?
Welchen Frequenzbereich decke ich denn nun mit diesem einen Linestandard 
ab?

von Thomas (Gast)


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Nachtrag:
- Wodurch ist denn das Kalibrationsverfahren limitiert?
- Über jede Link-/Buch-Tipp bin ich dankbar, welcher das ganze 
ausführlicher beschreibt.

von Clemens (Gast)


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Hallo Thomas,

die Wahl der Länge ist in der Tat nicht kritisch. In der Praxis 
verwendet man ein Hohlleiterstückchen, mit der Länge von etwa einem 
Viertel einer Hohlleiterwellenlänge(!).
Wenn dies bei Dir 9.3 mm sind, dann vermesse dieses Hohleiterstückchen 
sehr genau und trage diesen Wert in Deinem Networkanalyzer im 
Kalibration Kit ein.
Der Analyzer bestimmt dann den Zusammenhang zur Phase.

Eine Begrenzung dieser Kalibrationsmethode kann ich mir nur durch den 
gewählten Hohlleitertyp vorstellen. Nach unten durch die Cutoff 
Frequenz, nach oben durch die Ausbreitung unerwünschter Moden.
Bessere Auskünfte erteilt Dir sicherlich der Hersteller des 
Networkanalyzers.

Gruß

Clemens

von Matthias (Gast)


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Beschreibungen zu den verschiedenen Kalibriermethoden finden sich im 
Gronau, "Höchstfrequenztechnik", Springer-Verlag oder im Schiek 
"Grundlagen Hochfrequenz-Messtechnik", auch Springer-Verlag.
Gronau finde ich anschaulicher, Schiek ist der VNA-Papst.

von Silvio K. (exh)


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Meinst du, dass TRL wirklich viel genauer ist, als zum Beispiel TOSM? 
Kann ich mir nicht vorstellen. Wie willst du deine Diode schalten, in 
Reihe oder nach GND? In jeden Fall solltest du sehr kleine 
Anregungsleistungsen nehmen. Vielleicht so -30dBm, damit du noch im 
einigermaßen linearen Bereich bleibst. Und natürlich entsprechen kleine 
Messbandbreite einstellen.
Um welchen Frequenzbereich geht es denn? Ein Kollege, nein eigentlich 
ein Typ einer gekannten Tuner-Firma, hat mal versucht mit TRL den vollen 
Frequenzbereich von unserem ZVC (20kHz-8GHz) zu kalibrieren. Versuche es 
erst gar nicht. (Der Versuch spricht nicht gerade für diesen Typen.) Das 
TRL-Verfahren braucht einen deutlichen Phasenunterschied im S21(12) 
zwischen Thru und LINE. -> Mindestfrequenz

Gruß

von Gyrotron (Gast)


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Hallo Thomas,

finde das TRL-Verfahren sehr elegant und für Microstrip-Systeme auch 
eines der genauesten Verfahren, sofern der "Line"-Standard genau 50 Ohm 
bzw. deine gewünschte Bezugsimpedanz hat. Das ist dann auch der 
eigentliche Knackpunkt. 50 Ohm lassen sich mit einer Koaxial-Luftleitung 
einfach und genau realisieren. Anders sieht es bei Microstrip-Leitungen 
aus. Die Substratparameter sind in aller regel nicht genau bekannt, so 
dass es allein deswegen schwierig werden kann, die korrekte 
Microstrip-Leitungsbreite zu finden. Ich löse das so, dass ich 
TRL-Substrate mit unterschiedlichen Leiterbahnbreiten anfertige, also 
grob ein paar 100stel mm um die berechnete Breite herum. Zusätzlich 
fertige ich Microstrip-Abschlüsse aus 50 
Ohm-Hochfrequenz-SMD-Widerständen wiederum mit den angesetzten 
Microstip-Breiten an, wie sie später auch in der Schaltung als 
Abschlüsse verwendet werden. In Micorstrip-Technik sind die 
Abschlusswiderstände durch ein Via mit Masse verbunden. Dieses Via hat 
einen Induktiven Anteil. Dadurch startet die Kurve im Smith-Diagramm von 
irgendeinem Punkt auf der X-Achse (Imag=0) und läuft dann nach oben 
(induktiv). Die Leiterbahnbreite, deren Reflexionsfaktor des 50 
Ohm-Widerstandes im Zentrum des Smith-Diagramms startet, ist die 
Richtige.

Bzgl. Deiner Frage zum Frequenzbereich. Du misst mit Deinem Aufbau ja 
nicht bei einer Frequenz, sondern über einen Frequenzbereich. 
Dementsprechend müssen auch Deine Kalibriersubstrate aufgebaut sein. Man 
sagt, dass die Länge des L-Standards eine Phase von 10 grad bis 170 grad 
abdecken soll. D.h freqMin = v/L*10/360 und freqMax = v/L*170/360. Dabei 
ist v die Ausbreitungsgeschwindigkeit, z.B. bei Rogers RO4350 15mil 
1,7e8m/s. L ist die Länge des L-Standards.

Grüße,
Gyrotron

von Thomas (Gast)


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So nachdem mein Problem nun gelöst ist, spreche ich zu diesem Problem 
eine Empfehlung für das erwähnte Buch "Höchstfrequenztechnik" aus. In 
"Grundlagen Hochfrequenz-Messtechnik" dagegen wird das Problem der 
praktischen Linelänge nicht angegangen. Umformung der in 
"Höchstfrequenztechnik" angegebenen Gleichung führt genau zu den von 
Gyrotron gelisteten Formeln!

Vielen Dank an euch alle! Insbesondere auch für die Tipps über das 
direkte Problem hinaus.

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