Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Negative Peaks beim Abschalten von MOSFETs bekämpfen


von Jens D. (jedi82)



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Guten Abend,

ich hab hier ein Problem beim Bau eines Fahrtreglers (Modellbau). Im 
Screenshot zu sehen eine Aufnahme der Gatespannungen an High- & Lowside 
MOSFET. Ich habe bei höheren Batteriespannungen das Problem, dass die 
Source-Spannung negativ ggü. Ground wird, dadurch zerstört sich dann 
irgendwann mein Halbbrückentreiber.

Frage: Wie kann man diesen Effekt genau erklären und wie kann ich Ihn 
beeinflussen?

mit freundlichen Grüßen und schon mal vielen Dank für Tipps und 
Erklärungen.
Jens

von Falk B. (falk)


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@Jens Dierks (jedi82)


>Frage: Wie kann man diesen Effekt genau erklären und wie kann ich Ihn
>beeinflussen?

Liegt wahrscheinlich an der zu wilden Verkabelung -> Induktivität -> 
Schwingkreis. Siehe Artikel Treiber.

MfG
Falk

von Jens D. (jedi82)


Angehängte Dateien:

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hmm, ich hab mir eigentlich Mühe mit den Kabeln gegeben - siehe Bild der 
Anlage ;)

von anonymous (Gast)


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darfst du das Layout deines Leistungsteils posten? Meist liegt da der 
Hund begraben. vl kann ich dir dann ein paar Tips geben, hab sowas schon 
mal erfolgreich gebaut.

von Jens D. (jedi82)


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Moin,

wird schwierig. Bzgl. Layout-Guidelines sind ettliche Appnotes 
eingearbeitet, allerdings bin ich jetzt über andere Threads auf das 
Thema Zwischenkreis gestoßen. Den hab ich bisher immer etwas 
stiefmütterlich behandelt. Hab da gerade zwei billige 500µF Elko 
drinnen.

Außerdem nutze ich aktuell noch die FET-internen Bodydioden. Macht es an 
der Stelle Sinn zusätzliche Freilaufdioden zu verwenden.

Wichtig: Ich möchte nicht nur basteln. Wäre klassen wenn mir jemand den 
Spannungsverlauf auf dem oberen Screenshot grob erklären könnte, damit 
ich auch verstehe warum die Spannung so ins Negative geht.

vielen Dank,
Jens

von Aushilfskellner (Gast)


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Mir ist jetzt leider nicht 100%ig klar, wo du was gemessen hast, mit 
deinem Screenshot. Ein kleiner Schaltplan (+ ggfs Layout) würden da 
helfen.

Die Miller- (Gate-Drain) Kapazität des FETs hast du berücksichtigt? 
Durch die schlagen schnelle Änderungen der Drain-Spannung auf das Gate 
durch.

Hier hilft ein stärkerer Treiber, der den Peak einfach schlucken kann.

Falls du Gate-Widerstände drinne hast: Brücken oder kleiner machen, 
nochmal nachmessen.

Ebenfalls wichtig: Wie hast du die Masseverbindung zu deinem 
Oszi-Tastkopf hergestellt? Evtl. ist deine Gate-Spannung ganz in 
Ordnung, und nur das lange Krokokabel zu GND ist schuld...

von Jens D. (jedi82)


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Hi,

also die Messpunkte waren geweils Source und Drain und Highside und 
Lowside. Es gibt 180 Ohm Gatewiderstände. Die gleiche Messung hab ich 
schon mal mit 47 Ohm Gatewiderständen und einer Antiparallelen 
Shottkydiode gemacht, allerdings waren die negativen Spikes dann noch 
schlimmer (-4,5V).

von Andreas R. (rebirama)


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Wo war denn bei deinen Messungen die GND-Klemme deines Scopes gehangen? 
Das ist wichtig um die Aufnahmen interpretieren zu können.

Durch Induktivitäten im Zwischenkreis wird beim Abschalten des HS FETs 
das Source des LS Mosfets - samt Treiber-GND und Gate - nach unten 
gezogen. Mit dem Effekt, dass die Gatetreiber den Überspannungsheldentod 
sterben. Deswegen die Frage: War Oszi-GND direkt am Source des unteren 
FETs oder irgendwo an der Schaltung?

Was waren das für bescheidene Appnotes? Zwischenkreis ist einer der 
wichtigsten Punkte im Layout-Design!

45-Ohm Gatewiderstand ist jetzt noch nicht soo wahnsinnig wenig, da muss 
etwas im argen liegen

von Andreas R. (rebirama)


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Bez Freilaufdioden:
Bei Niederspannungmosfets (<200V) sind die Body-dioden (bis auf die 
Flussspannung) nicht so schlecht. IMHO Optimale Lösung ist es, einen 
aktiven Freilauf zu implementieren. Mit dem richtigen Gatetreiber 
bekommt man den gratis.

von Ernestus P. (malzeit) Benutzerseite


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Die Beschreibungen sind auf die Entfernung schon etwas Vage. 
Grundsätzlich wären schnelle Freilaufdioden einen Versuch wert und beim 
Schalten von Induktivitäten unverzichtbar. Evtl. mal auch ohne Last 
versuchen. Dann könntest du noch vor und nach den Widerständen messen, 
dann weißt du, ob und in welche Richtung Ströme fließen.

Über mögliche Messfehler solltest du dir natürlich immer Gedanken 
machen.

von Jens D. (jedi82)


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Zur Messung habe ich ein Oszi mit zwei isolierten Eingängen verwendet. 
Abgriff ist direkt an den Pins der TO220-MOSFETs erfolgt.

Der Gatetreiber stirbt tatsächlich relativ häufig ;) Ich hab heute den 
Zwischenkreis mit 3 x 1000µF Low ESR gestützt. Super direkt angebunden, 
also niedrige Zuleitungsinduktivität. Die Peaks waren nach wie vor da.

Was ich komisch finde ist, dass diese Peaks auch dann auftreten wenn ich 
nur 1% DutyCylce fahre, also eigentlich keinen nennenswerten Strom 
ziehe. Das kann ich mir nicht erklären.

von MaWin (Gast)


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> Gatespannungen an High- & Lowside MOSFET.
> Ich habe bei höheren Batteriespannungen das Problem, dass die
> Source-Spannung negativ ggü. Ground wird,
> dadurch zerstört sich dann irgendwann mein Halbbrückentreiber.

Source der Low-Side-MOSFETs ist direkt mit Masse verbunden ?

Ist dein Gate negativ genau in dem Moment, in dem der Low-Side-MOSFET in 
Rückwärtsrichtung durch den Abschaltstrom durchflossen wird, die 
Body-Diode also als Freilaufdiode wirkt ?

von Jens D. (jedi82)


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ja, Source des Lowside-FET ist gleich der Masse. Da ist kein Shunt 
dazwischen.

Die Bodydiode dient als Freilauf, ja. Die ist von den Werten her auch 
recht gut (trr=35ns). Im Prinzip müsste ich doch jetzt verhindern, dass 
der Abschaltstrom zu schnell aufhört zu fließen - dann würde auch die 
Induktionsspannung kleiner werder, richtig? ... Aber wie geht sowas?

von mischu (Gast)


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1. Negative Spikes am Gate können auch ein Messproblem sein. Wenn Du 
eine hart-schaltende Halbbrücke (unter Betriebsspannung) betreibst, dann 
werden je Schaltvorgang die parasitätren Kapazitäten in der DS-Strecke 
umgeladen. Wenn Du mit der Bezugmasse deines Oszis am Drain misst, dann 
fließt dieser Spitzenstrom durch die Leitung und erzeugt über die Drain 
Leitungswiderstand und Streuindiktivität einen Spannungspeak.
-> Schau dir das Datenblatt an, ob das bei deinem MOSFET überhaupt ein 
Problem ist!! Viele MOSFETs erlauben +/-20V am Gate!!

2. Ich bezweifele, dass dieser Spike dein eigentliches Problem ist!!
Welche Betriebsspannung hast Du?
Welche Spannungsfestigkeit besitzen die MOSFETs? (TYP?)
Werden die MOSFETs im unbelasteten Zustand sehr warm?

von Jens D. (jedi82)


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okay das klingt nicht ganz unplausibel!

Meine FET können 80V/75A und ich arbeite bisher mit max 36V.
Wie messen denn dann die Kollegen hier im Forum das Schalten der Gates? 
Ohne Bezugspannung der Highside-Source kann ich ja den realen 
Spannungsverlauf am Gate gegen über GND schlecht messen weil floatend...

von MaWin (Gast)


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> Aber wie geht sowas?

Verkürze mal die Dead-Time, den Oszillogrammen nach auf die Hälfte.

von mischu (Gast)


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@MaWin
Ein Verkürzen der Deadtime sollte eigentlich ein Durchbrennen der 
Halbbrückenmosfets nicht verhindern können (sofern keine 
resonante/weichschaltende Topologie).

@Jens
Brennen die FETs auch ohne angeklemmte Last durch, oder nur wenn der 
Motor dran hängt? Schließ doch mal eine rein ohmsche Last an.


In den meisten Fällen brennen die MOSFETs durch, weil der Peakstrom, 
Dauerstrom oder die maximale Spannung überschritten wurden. In ganz 
doofen Fällen auch, weil die Gatespannung außerhalb der Spek liegt.

Man rechnet in einem guten Halbbrücken-Aufbau mit ca. 40% Überspannung 
an den Schaltern. (36V * 1.4 = 50V)
Bei einem schlechten Layout des Leistungsteils kann diese Grenze durch 
hohe parasitäre Induktivitäten jedoch leicht darüber liegen. Ebenso 
wirkt sich ein schlechter Zwischenkreis aus.

Miss doch mal an den MOSFETs die Zwischenkreisspannung während des 
Schaltvorgangs.

von Jedi82 (Gast)


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Nee,also ohne Last werden die FET's auch nicht warm.
Ich werd mal die Überspannung am Zwischenkreis messen.

Spricht etwas dagegen die Gates zusätzlich mit Zenerdioden gegen 
Überspannung zu schützen? Müstte dann ja theoretisch auch beim Entladen 
der Gates beschleunigen, oder?

von mischu (Gast)


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Nochmal:
Ich weiss nicht welchen MOSFET Du konkret verwendest. Ich habe zur 
Verdeutlichung von IRF einen 80V Typen ausgesucht. Die erlauben +20V bis 
-20V am Gate (Absolute Maximum Rating). Da stören Deine -5 nicht die 
Bohne!

Bei einigen Anwendungen werden sogar explizit Gatetreiber verwendet, die 
zwischen einer negative und positiven Spannung schalten (-5V und +15V). 
Die Schwellenspannung für die Typischen MOSFETs / IGBTs liegen um 
+2..+5V.  Mit einer negativen Gatespannung kann man die Einschalt- und 
Ausschaltzeit symmetrieren.

Jedenfalls gehen dadurch die MOSFETs NICHT kaputt!
Lies selbst:

http://www.irf.com/product-info/datasheets/data/irf7493pbf.pdf

von Jens D. (jedi82)


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@ Mischu,
besten Dank, hab ich verstanden. Ich verwende IRF3805 MOSFET.

Kann es sein, dass ein unsynchronisiertes Update des DutyCycles der 
Center-Alligned PWM Kanäle zu diesen Schwingungen führt?

von nicht "Gast" (Gast)


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Bei dem FET sind ziemliche Kapazitäten am Werk und vielleicht presst das 
Umschwingen der Last das Gate da drüber ins negative. Kleinere 
Gate-Widerstände können das Umschalten noch beschleunigen.

von Jens D. (jedi82)


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also ich bin gerade auf einer ganz heißen spur. könnte nämlich doch die 
software schuld sein.

und zwar nutze ich ja ein 6-kanaliges PWM auf einem S12XF. Die MCU ist 
perfekt für Motor Control ausgestattet, aber leider ist die 
Konfiguration etwas aufwändig. jedenfalls fahre ich bisher in einem 
Modus, bei dem jeder PWM-Kanal seinen eigenen Timer hat. Untereinander 
sind die Kanäle also nicht synchronisiert. d.h. ich habe mit zunehmeder 
Laufzeit Schwebungen in der Ansteuerung. Geht wahrscheinlich so weit, 
dass die Gatetreiber teilweise nur einen kurzen Peak sehen, und dann 
wieder sperren müssen.

Scheint ja mit "hardwerker"-Erfahrungen nicht so einfach zu erklären^^

Grüße schon mal und danke für's mitdenken!

von Michael O. (mischu)


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ähem

Sollten beide Pfade (auch nur kurz) überlappend an sein, hast Du einen 
Halbbrückenkurzschluss. -> KaBummm

Mit individuellen Timern in einer MCU ist immer das Problem, dass die 
Software diese Timer nur nacheinander starten kann (es sei denn es gibt 
eine Möglichkeit die Timer zu konfigurieren und dann auf einen Befehl 
hin zu starten).

Das beste ist, wenn Du nur eine PWM-Einheit nutzt für eine Halbbrücke 
und dir die Totzeit von einem Halbbrücken-Gatetreiber erzeugen lässt 
(oder einer dedizierten Hardware aus Mono-Flops).
Manche MCUs (Du hast über Dein konkretes System extrem wenig verraten) 
haben Timer, die auch eine PWM mit Totzeit für mindestens 3 Phasen 
erzeugen können.

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Wenn die Timer von der gleichen Taktquelle aus laufen und die gleichen 
Einstellungen haben, dann sind die bereits (durch die Taktquelle) 
synchronisiert.

von Jens D. (jedi82)


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so leute,

der takt der 6 kanal pwms kam def. nicht aus einer takt-quelle. jetzt 
tut er das. im moment bin ich leider ohne oszi, allerdings messe ich 
nochmal im lauf der woche nach.

mein demoboard läuft jetzt mit den neuen einstellungen. bisher hat der 
bldc motor eine drehzahl von ca. 6000/min erreicht. durch die 
synchronisierung der pwms über eine taktquelle läuft der motor jetzt bis 
zu 9500/min.

über dieses detail hatte ich mir bisher überhaupt keinen kopf gemacht - 
man lernt nicht aus.

ich poste mal screenshots, sobald ich wieder ans ein oszi komme.

grüße!

von Jens D. (jedi82)


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Ein Oszi hab ich zwar bisher nicht zur Hand genommen. Der Effekt ist 
aber auch ohne Oszi sehr gut zu sehen. Der Controller läuft unabhängig 
von Batteriespannung und Strom sauber.

Hier ein kleiner Teaser für alle fleisigen Helfer. Lautstärke aufdrehen 
und Vorfreude auf E-Mobilität aufbauen.

http://www.myvideo.de/watch/7568471/1500W_E_Kart_with_sinusodial_inverter

von Michael O. (mischu)


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Hört sich nett an!

Wo bastelst Du genau? Privatprojekt? Uni? oder streng geheime Firma?

Damals am Institut wurde auch ein Benzinkart zugelegt um daraus einen 
"Prüfstand" für Elektromobilität zu bauen. Weiss nicht ob daraus was 
wurde ...

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