Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Touchscreen für wenig Geld?


von Holger Menges (Gast)


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Moin,

derzeit wird bei ebay die SnapCam von Toshiba oftmals als Restposten
angeboten, z.B. hier:

http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&category=51540&item=3875464663

Dabei handelt es sich um eine 320x240 Pixel Kamera mit Touchscreen zur
Bildnachbearbeitung.
Kennt jemand zufällig das Teil und weiß, ob der Touchscreen mit
vertretbarem Aufwand auch anderweitig genutzt werden kann (z.B. für MP3
- Player)?
Oder noch besser, weiß jemand, was da für ein Display verbaut ist?

Viel Grüße,
Holger

von Rufus T. Firefly (Gast)


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So ein Teil habe ich mir auch mal näher angesehen. Es ist wirklich
erstaunlich, mit welchem Aufwand ein so mäßiges und letztlich fast
vollkommen nutzloses Produkt realisiert wurde.

Um das Gerät zu zerlegen, sollte man den erhabenen Rand rund um den
Touchscreen vom Gerät trennen. Dabei gilt es nicht nur einige
Rastnasen, sondern auch etwas doppelseitiges Klebeband zu überwinden -
mit etwas wohldosierter Gewalt aber zerstörungsfrei hinzubekommen.
Die vier Gehäuseschrauben lösen (eine ist von einem Gummipröpel
abgedeckt) und vorsichtig die Display- & Touchscreen-Einheit anheben,
so daß zwei Foliensteckverbinder gelöst werden können (Kragen anheben,
vorsichtig an Folie ziehen). Dann lässt sich die Display- &
Touchscree-Einheit etwas aus dem Gerät herausheben, so daß nun der
zweipolige Anschluss der CCFL-Röhre der Hintergrundbeleuchtung
abgezogen werden kann. Ein weiterer Foliensteckverbinder ist nur
gesteckt, dies ist der Anschluss des Touchscreens.
Jetzt lassen sich -ebenfalls mit wohldosierter Gewalt- die beiden
Gehäusehälften voneinander trennen.
Im Inneren des Gerätes finden sich drei Platinen, die kleinste ist der
"Inverter" der Hintergrundbeleuchtung des Displays.
Die nächstgrößere enthält einen Taster, die Batterie- sowie alle
weiteren Anschlüsse.
Auf der größten Platine sitzen zwei DRAMs mit je 1 MByte Kapazität, ein
Flash-ROM, ein 32-Bit-Microcontroller sowie ein weiterer beeindruckend
aussehender Baustein, den ich nicht näher identifizieren konnte. Den
Typ des Microcontrollers kann man erst nach dem Auslöten des
Smartmediasockels erkennen.
An dieser Platine angeschlossen ist die Kamera; der hier verwendete
Foliensteckverbinder hat eine kleine braune Klappe, die vor dem
Herausziehen des Kabels angehoben werden muss.

Touchscreen und Display lassen sich voneinander trennen, sie sind nur
mit einigen Streifen doppelseitigen Klebebandes aneinandergeklebt. Der
Anschluss des Touchscreens ist vierpolig; vermutlich arbeitet er
resistiv. Wenn man die hinterklebte Folie mit den verschiedenen
Symbolen entfernt, erhält man einen sicherlich auch für sinnvollere
Zwecke verwendbaren Touchscreen.

Das Display ähnelt den in Digitalkameras verbauten; die Pixelanordnung
hat nichts mit der von "richtigen" TFT-Displays zu tun. Über die Art
der Ansteuerung ist mir nichts bekannt - man müsste mal ein Oszilloskop
dranhängen. Es werden zwei getrennte Anschlüsse mit recht vielen
Kontakten verwendet; anscheinend werden Spalten und Zeilen völlig
getrennt voneinander angesteuert, da jeder Anschluss zu einem Chip
geführt wird, der jeweils an den Zeilen/Spalten angeordnet ist.
In einer etwas älteren Digitalkamera fand ich ein sehr ähnlich
aufgebautes Display; möglicherweise ist so etwas irgendeine Art
Standard.

Der "Inverter" wird mit einem ebenfalls vierpoligen Anschluss
betrieben, zwei Leitungen sind folglich für die Versorgungsspannung
erforderlich; die anderen beiden vemutlich für ein/aus und Helligkeit.
So müsste sich auch der Inverter nebst CCFL-Röhre und Lichtkeil für
andere Zwecke recyclen lassen.

Ob man mit der "Kamera" irgendetwas sinnvolles anfangen kann,
entzieht sich meiner Kenntnis - der Anschluss weist ziemlich viele
Kontakte auf und der Steckverbinder gehört zur ganz besonders
ekelerregenden Submikrominiatursorte.

Was mag sich Toshiba nur bei der Entwiclung dieses Gerätes gedacht
haben?

von Einhart (Gast)


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Moin Holger,

ich hab' mir die Teile bei:

http://www.securitec-gerlach.de/index.html?target=p_4.html&lang=de

gekauft. Die erste Charge aber komplett an meine Kinder und deren
Klassenkameraden verloren ;-). Ist wirklich ein tolles Spielzeug.

Ich denke Toshiba hat die Dinger entwickelt als die Handys noch keine
Kameras hatten. Der Markt hat das Produkt dann wohl rechts überholt.

Der "beeindruckend aussehende Baustein" ist ein ASIC also für den
Bastler Schrott. Ich denke, das Display könnte man nur verwenden, wenn
man das Gerät komplett lässt, die Kamera entfernt und die Kamerasignale
mit einem µC simuliert (viel Arbeit). Touchscreen und viele andere
Bauteile sind m.E. das Geld wert.

Gruß
Einhart

von Holger Menges (Gast)


Angehängte Dateien:

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@Einhart:

Hey, danke für den Tip! Ich habe mir gleich 'mal zwei Stück bestellt.
'Mal wieder was zum basteln. Nach Informationen von Google müsste es
sich bei der Kamera um die TCM5023LU (siehe Datenblatt) handeln. Liege
ich da richtig?
'Bin 'mal gespannt, ob ich das Display über den Kameraeingang zum
laufen bekomme.

von Rufus T. Firefly (Gast)


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Nö, das ist nicht das Kameramodul. Das ist in einem komplett anderen
Gehäuse untergebracht (Platine mit direkt aufgebondetem nackten Chip
auf der einen Seite, aufgeklebtes Optikgehäuse auf der anderen Seite,
in dem der eigentliche Sensorchip per Folienkabel steckt und mit der
kleinen Platine verbunden ist; Folienkabel ist direkt auf Platinchen
gelötet).
Eine in irgendeiner Weise sinnvolle Beschriftung ist nicht zu erkennen;
das Optikgehäuse trägt lediglich die Nummer 20712439, während die
Platine nur mit der Nummer 23537808 beschriftet ist. Kein
Herstellerlogo.

Das vielpolige Kabel mit dem ekelerregenden Steckverbinder verbindet
dieses Platinchen mit der Hauptplatine und hat 27 Kontakte.

Der Prozessor ist ein TMPR3911AU von Toshiba, die beiden DRAMs sind ein
GM71VS18163CLT6 von Hyundai und ein HY62U16100 ebenfalls von Hyundai.


Ein Flash-ROM von Samsung (K9F1608W0A-TCBO) dient als interner
Bildspeicher (wird genauso angesteuert wie SmartMedia-Karten), die
Firmware des Gerätes ist in einem Flash-ROM von Sharp (LH28F320BJE)
untergebracht.

Das "beeindruckende" IC ist mit TC200G58TB beschriftet und im
BGA-Gehäuse untergebracht


Vom Prozessor lässt sich mit Google ein Datenblatt finden, das ist ein
32-Bit TX RISC-Prozessor, der dem Datenblatt zufolge MIPS
R3000-kompatibel ist. Das Teil hat 4 KByte Cache und scheint mit bis zu
92 MHz getaktet werden zu können.

Es gab mal ein Windows NT für den R3000 ...

von Michael (Gast)


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So eine Snapcam würde mich wegen des Displays auch interessieren.

@Holger:
Wäre nett, wenn Du Infos zur Ansteuerung des Displays posten könntest,
sobald Du da was herausgefunden hast.

Gruß
Michael

von Joachim Arnold (Gast)


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Hallo zusammen

@Rufus
In Deinen Beitrag hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen.
Laut Datenblatt:
Maximum operation frequency: 58 MHz (TMPR3911BU and TMPR3911BXB)
                             36 MHz (TMPR3911AU)
                             92 MHz (TMPR3912AU-92 and XB-92)
Der TMPR3911AU kann also keine 92 MHz, sondern max. 36MHz

Ansonsten sind Deine Ausführungen für jeden sehr hilfreich.
Ich hoffe doch, dass dieser Thread nicht einschläft.
Joachim

von Holger Menges (Gast)


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So,
heute habe ich meine beiden SnapCams bekommen. Die Qualität der
eingebauten Kamera ist, wie erwartet, absolut indiskutabel. Auch werden
die abgespeicherten Bilder stark komprimiert, so dass Artefakte, je nach
photographiertem Objekt, sichtbar sind. Das Display selbst sieht jedoch
schön aus, auch der Touchscreen ist relativ hochauflösend.
Am Wochenende werde ich 'mal eine zerlegen und mich mit den Innereien
vertraut machen.

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