Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Sind Flüssigkristallanzeigen empfindlich?


von Thorsten (Gast)


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Hallo,

hab hier ein paar Flüssigkristallanzeigen (die Teile, die auch z. B. in
Multimetern eingebaut sind). Wenn ich die Anschlüsse mit den Fingern
berühre, "leuchten" einzelne Segmente auf. Ich nehme mal an, das
kommt von der statischen Aufladung meines Körpers? Jedenfalls würde ich
gerne wissen, ob solche Anzeigen dadurch kaputt gehen können. Die
Anzeigen habe ich vom Hersteller auf einer Styroporplatte bekommen die
zudem mit Schaumstoff abgedeckt war. Wenn ich dieses Schaumstoff nun
abziehen, entsteht auch statische Aufladung wodurch die Segmente
"aufleuchten". Also denke ich mal, daß das den Displays nichts
ausmacht, oder? Der Hersteller müsste es ja egentlich wissen-

Gruß
Thorsten

von Benedikt (Gast)


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LCD werden durch Gleichspannung zerstört. Das dauert aber eine Weile.
Solange du die Displays also nicht Stundenlang mit Gleichspannung
betreibst, passiert nichts.
Beim Abziehen der Schutzfolie auf einem LCD leuchet dieses auch auf
(wobei leuchten eigentlich der falsche Begriff ist. Dies ist aber
ungefährlich für das Display, solange du es nicht durch ESD zerstörst.

von Kupfer Michi (Gast)


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Flüssigkristallanzeigen veränder bei anlegen einer Spannung die
polarisationsrichtung von Licht. Durch eine vorgeschaltete
Polarisationsfolie "sieht" man dann das eingeschaltete Segment (oder
auch nicht). In deinem Fall wird durch Druck die Dicke der Schicht
verändert und damit ebenfalls die optische Achse gedreht. (Nimm mal die
Polaristationsfolie weg oder verdreh sie, z.B. an einem alten
Taschenrechner...)

von Jürgen Schuhmacher (Gast)


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Die leuchten nicht auf, sondern die Kristalle aendern ihre Lage. Das
kann man mit Spannung bewirken (das ist die gedachte Funnktion) oder
mit Druck. Wenn Du nicht so dolle drückst sollte es die Anzeige
überleben. Gefährlicher sind da schon ESDs, die beim Einbau das display
stressen und gfs früher ausfallen lassen.

von Rufus T. Firefly (Gast)


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Thorsten schildert recht eindeutig die Auswirkung von ESD und nicht die
von mechanischer Beanspruchung:

  "Wenn ich die Anschlüsse mit den Fingern
  berühre, "leuchten" einzelne Segmente auf."

Außerdem sieht der Effekt deutlich anders aus als die Folgen
mechanischer Beanspruchung.

Thorstens Frage ist also durchaus ernstzunehmen; wie ESD-fest sind denn
so passive LC-Displays?

von Thorsten (Gast)


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Danke Rufus, du hast mich verstanden :)

Ich meine natürlich die ESD-Festigkeit, ich dachte ich hätte es klar
formuliert.

von Benedikt (Gast)


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LCDs sind ziemlich unempfindlich gegenüber ESD im Vergleich zu ICs.

In den seltensten Fällen gehen die LCDs kaputt, meistens macht einer
der LCD Treiber voher einen Kurzschluss. Dann ist die ganze
Zeile/Spalte für immer an oder aus.

Ich werde das aber nachher mal testen, was passiert wenn man ein paar
kV an ein LCD anlegt.

von Thorsten (Gast)


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Cool, bin sehr gespannt :)

von Benedikt (Gast)


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Hab mal ein paar Extremtests gemacht:
Die Testkandidaten:
a) ein Handy LCD mit Transportschaden. Aufgrund des gebrochenen Glases
ist schon Luft eingedrungen, was zu einer Oxidation der
Flüssigkristalle geführt hat.

Da LCDs bekanntlich ja von Gleichspannung zerstört werden, habe ich
erstmal eine Wechselspannung von rund 1MHz angelegt und diese langsam
auf 10kV erhöht. Am Anfang leuchten nur alle Segmente auf, irgendwann
gab es dann eine spontane Selbstenzündung, aber davon abgesehen: Keine
bleibenden Schäden.
Der nächste Test: ein auf 5kV geladener 2nF Kondensator.
Wenn man mit dem 5kV Kabel über das LCD fährt, leuchten die Segmente
auf, verschwinden aber wieder sobald das Kabel weg ist.
Im LCD funkt es heftig. Die horizontalen und Vertikalen Balken
verschwinden nach einigen Minuten wieder. Der braune Fleck wird dagegen
größer und bleibt: Aufgrund des Stromflusses ist das Flüssgkristall
durch elektrolytische Effekte zerstört.

b) ein 7 Segment Display aus irgendeiner Anzeige. An sich noch voll
funktionisfähig (zumindest vor dem Test).
Diesmal bin ich sanfter vorgegangen:
An das LCD wird ein Netzteil 0-10kV, 1mA angeschlossen.
Der Strom von 1mA stellt sich bei nichtmal 1kV ein, da die Punkte auf
der rechten Seite eine leitfähige Verbindung mit < 1MOhm darstellen.
Die Punkte sind durch elektrolytische Effekte zersetzes
Flüssigkristall.
Davon abgesehen, dass diese Punkte wachsen, funktioniert das LCD aber
noch einwandfrei, zumindest wenn die zusätzliche ohmsche Belastung dem
LCD Treiber nichts ausmacht.

Fazit: LCDs sind wie alle elektronischen Bauteile empfindlich gegenüber
ESD. Solange man aber nicht auf einige kV aufgeladen, sich über ein
geerdetes LCD entläd, passiert nichts.
Es muss nichtmal Hochspannung sein, die ein LCD zerstört, es reichen
auf wenige Volt. Nur dauert es dann etwas länger.

von Thorsten (Gast)


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Danke für deine Testreihe, ist beeindruckend. Ganz so extreme
Bedingungen herrschen bei mir nicht, obwohl mein Teppich in Verbindung
mit den Sohlen meiner Schuhe sicher einige kV erzeugen. Von daher also
werde ich auch die Displays vorsichtig behandeln und mich vorher
mindestens mal erden.

Gruß
Thorsten

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