Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frequenzkompensation für Gegenkopplung / Regelungstechnik


von A. R. (redegle)


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Hallo,

damit sich ein Verstärker gegenkoppeln lässt es ist notwendig, dass die 
Schleifenverstärkung bei einer Phasenverschiebung größer als 180° 
kleiner 1 ist. Ist dies nicht gegeben entsteht ein Oszillator.

Wenn ein Operationsverstärker betrachtet wird kann es vorkommen, dass 
diese Bedingung durch mehrere interne Tiefpässe nicht gegeben ist. Z.B. 
bei einem Tiefpass 3ter Ordnung entsteht eine Phasenverschiebung von 
180° bevor die Verstärkung auf einen Wert kleiner 1 gefallen ist.

Nach lesen mehrer Quellen (Internet --> Wikipedia, Skripte von 
Hochschulen ...) kam ich zu der Frequenzkompensation. Hierbei wird 
eigendlich fast immer ein Tiefpass eingesetzt, dessen Grenzfrequenz 
mehrer Dekaden vor der Grenzfrequenz des eigendlichen Verstärker liegt. 
Hiermit wird die Verstärkung um 20dB/Dek gesenkt und erreicht somit eine 
Verstärkung kleiner 1 bevor die Phasenverschiebung des Verstärkers 
einsetzt.

Nun zu der Frage:

Gibt es eine Möglichkeit den Frequenzgang zu kompensieren, ohne die 
Verstärkung über mehrere Dekaden abfallen zu lassen. Denn somit verliert 
der Verstärker bei hohen Frequenzen seine Verstärkung.

Anbei befindet sich die Übertragungsfunktion eines Chebyshevfilters 8ter 
Ordnung mit vorheriger Verstärkung. Der Filter könnte ggf. nach einem 
Schaltregler notwendig sein um die hohen Frequenzen herrauszufiltern.
Diese Schaltung hat bis 200kHz eine sehr hohe Verstärkung. Möchte man 
diese mit einem einfachen Tiefpass kompensieren, so wäre es notwendig 
eine Grenzfrequenz von ca. 2Hz zu wählen.

Ist dies wirklich notwendig?
Kann man ggf. eine inverse Kennlinie eines Chebyshevfilter vorschalten 
um den Phasenversatz zu kompensieren?

von Purzel H. (hacky)


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>Der Filter könnte ggf. nach einem Schaltregler notwendig sein um die hohen 
Frequenzen herrauszufiltern.

Der falsche Ansatz. Denn die zu filternenden Frequenzen sind derart 
hoch, dass ein aktives Filter nicht mehr hinkommt. Ich hab mal 
Nadelimpulse von 1.5ns Breite bei einem 600kHz Schaltregler gemessen. 
Diese 1.6ns Inpulse korrespondieren mit einer Frequenz von 600MHz. Bei 
600MHz gibt es keine OpAmp Filter mehr.

Der einfachere Ansatz ist ein Lownoise Schaltregler zu verwenden. Diese 
erreichen das mit reduzierten Flankensteilheiten. Ein gutes Layout ist 
natuerlich immer noch Pflicht.

von Elena (Gast)


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>Gibt es eine Möglichkeit den Frequenzgang zu kompensieren, ohne die
>Verstärkung über mehrere Dekaden abfallen zu lassen.

Nein, in der Regel nicht. Die Kompensation wird ja gerade so ausgelegt, 
daß die Verstärkung 1 ist, BEVOR sich alle parasitären Geschichten auf 
dem Die austoben können. Dazu zählen nicht nur Sperrschichtkapazitäten, 
sondern auch Leitungsinduktivitäten. Alles in allem ziemlich 
unvorhersagbare komplexe Geschichten, vor allem, wenn man bedenkt, daß 
die äußere Beschaltung auch dazu beiträgt und die von Anwendung zu 
Anwendung unterschiedlich ist. Also gibt es nicht so etwas, wie einen 
festen Phasengang, den man konkret mit einem festen Phasenschieber 
kompensieren könnte.

Es gibt zwar dekompensierte Verstärker. Aber die müssen mit einer 
Mindestverstärkung laufen. Und wehe, wenn da eine Streukapazität einen 
Strich durch die Rechnung macht. Deshalb gehen in der Regel dort nur 
ganz bestimmte, sehr niederohmige Beschaltungen, was die Universalität 
des OPamp doch sehr einschränkt. Dekompensierte Versträker sind daher 
nur für Spezialanwendungen geeignet.

von A. R. (redegle)


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Danke für die Antworten.

@Hex Oschi,

das mit dem Tiefpass war nur ein Beispiel. Es geht mir eher um das 
regelungstechnische "geschick". Ich wollte etwas "herrumspielen". Also 
wie schaffe ich es, eine gegebene Übertragungsfunktion zu regeln.


@Elena,

ich meinte das so.
Wenn ich eine bekannte Übertragungsfunktion vorfinde. In diesem Fall von 
dem Cheby 8ter Ordnung dann lässt sich auch die Übertragungsfunktion 
bestimmen.

In diesem Fall z.B. ergibt sich diese:

G(s)=(43868351034173114156891300542798794390128416768000)/(287879040*s^8 
+75053394329400*s^7+37192793000212055424*s^6+
7291504257174765023668890*s^5+1532126329615686209609381391320*s^4+200688 
295683815888120057553868877575*s^3+
20514083516022548818088329918769672239564*s^2+13762863776219628386757874 
36642676510659147415*s+
43868348098180822630820210289161504166085508060700)

Habe eine Matritze aufgestellt und diese mit einem wxMaxima lösen lasse. 
Also bitte nicht über die großen Zahlen wundern.

Müsste es nicht möglich sein, eine aktive Schaltung aufzubauen, die den 
Kehrwert als Übertragungsfunktion hat?

Anbei befindet sich die Übertragungsftunktion eines AD8066.
http://www.analog.com/static/imported-files/data_sheets/AD8065_8066.pdf
S.11

Mir ist auch unklar, wie die Hersteller es schaffen, trotz einer 
Dämpfung der Amplitude eine voreilende Phase zu realisieren.

von Elena (Gast)


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>Müsste es nicht möglich sein, eine aktive Schaltung aufzubauen, die den
>Kehrwert als Übertragungsfunktion hat?

So etwas gibt es auch teilweise. Suktraktiv-Filter wäre eventuell ein 
Stichwort. Elektor hat mal für eine Aktiv-Box einen Hochpaß aus einem 
Tiefpaß abegleitet, oder umgekehrt. Ich habe mich damit nie näher 
beschäftigt, weil im Audiobereich die Phase unhörbar ist, solange 
zwischen dem linken und rechten Ohr keine zusätzliche Phase dazukommt.

Du kannst auch die Phase gezielt mit Allpaßfiltern beeinflußen.

>Mir ist auch unklar, wie die Hersteller es schaffen, trotz einer
>Dämpfung der Amplitude eine voreilende Phase zu realisieren.

Die haben ja noch die Phasendrehung drin vom invertierenden Eingang. Das 
ist schon eine nacheilende Phase, die sie mit der internen Dämpfung 
erhalten.

von A. R. (redegle)


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>Die haben ja noch die Phasendrehung drin vom invertierenden Eingang. Das
>ist schon eine nacheilende Phase, die sie mit der internen Dämpfung
>erhalten.

OK

>Du kannst auch die Phase gezielt mit Allpaßfiltern beeinflußen.

Gibt es auch Allpassfilter die eine differenzierende Wirkung haben also 
die die Phase nach vorne schieben?

von Elena (Gast)


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>Gibt es auch Allpassfilter die eine differenzierende Wirkung haben also
>die die Phase nach vorne schieben?

Ich weiß jetzt nicht was du mit "differenzierender Wirkung" meinst, aber 
Allpaßfilter, die die Phase nach vorne schieben gibt es, klar!

von A. R. (redegle)


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>Ich weiß jetzt nicht was du mit "differenzierender Wirkung" meinst, aber
>Allpaßfilter, die die Phase nach vorne schieben gibt es, klar!

Differenzieren meinte ich im Sinne von Ableiten.
Das sind genau die Schaltungen, welche ich auch im Internet gefunden 
habe.

http://people.fh-landshut.de/~wlf/schT/Vorlesung/ST_4.pdf
S.13 unten

Ich befürchte, dass ich mich bei dem Satz
>"die die Phase nach vorne schieben?"
etwas unklar ausgedrückt habe aber Danke für die Mühe.

Ich meinte eine Übertragungsfunktion, welche die Phase bei kleinen 
Frequenzen gleich hält und bei stärkeren Frequenzen nach vorne schiebt.
Siehe Bild
G(s)= (1+s)   /   (1-s)

Habe schon mit verschiedenen Schaltung herrumgerechnet konnte aber keine 
stabile Schaltung finden, welche im Nenner ein -s stehen hat.

Natürlich darf die Phase bei sehr hohen Frequenzen wieder nacheilend 
werden.

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