Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik PD-Regler an I-Strecke?!


von Sven P. (Gast)


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He,

folgendes gibt mir Rätsel auf:
Kann ein Regelkreis mit (idealem) PD-Regler und (idealer) I-Strecke 
schwingen?

Gerechnet habe ich ganz naiv:

Den geschlossenen Standard-Regelkreis mit längerer Rechnung in 
PN-taugliche Form gebracht:

Mit TI = 1, KR = 1 und TV = 0,5 würde ich meinen: Eine Nullstelle und 
eine Polstelle, beide in der linken Halbebene. Also stabil.

Die Simulation mit WinFACT aber ergibt eine aufklingende Schwingung, und 
das verstehe ich nicht. Liegt das etwa daran, dass der PD-Reglerblock in 
WinFACT für den D-Anteil noch eine winzige Verzögerungszeit annimmt? 
Wenn ich den PD-Regler nämlich als Polynom nachbaue und diese 
Verzögerungszeit (im PD-Reglerblock mit 0,001 eingestellt) auch noch 
einrechne, dann steigt WinFACT sofort aus und bricht die Simulation 
wegen Instabilität ab.

Wo ist mein Denkfehler? Ich traue der Simulation ehrlich gesagt nicht 
sonderlich weit, weil ich nicht in den PD-Reglerblock reinschauen kann 
:-/

Vielen Dank und Grüße,
Kama

von A. S. (rava)


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Hey,

so wie ich das sehe hast du keinen Denkfehler. Ein geschlossener 
Regelkreis aus idealem PD-Regler und idealer I-Strecke ist stabil.

Ich schätze das Problem ist, dass ein idealer PD-Regler nicht 
realisierbar ist, da ein ideal differenzierendes Verhalten nicht 
konstruierbar ist.

Du kannst mal in der Simulation versuchen, ob das System stabil wird, 
wenn du den PD-Regler und das I-Glied mathematisch kompensierst (kürzt).
Dann ergibt sich als offener Regelkreis eine Summe aus P-Anteil und 
I-Glied.

zur Verdeutlichung
PD = a*s + b
I = c/s

Zusammen
PD * I = a*c + b*c/s

wenn du diesen Block einsetzt muss dein tool kein D-Glied 
implementieren. Ist die Instabilität immer noch da, wär das der Punkt, 
sich um die Mathematik sorgen zu machen (oder das tool).

Bis dahin einfach auf die Approximation schieben...



Wenn du eine genaue Formel für den approximativen PD-Regler hast, kannst 
du es auch genau ausrechnen, wobei ab einem bestimmten Punkt selbst noch 
digitale Quantisierungsfehler & Überläufe Instabilität verursachen 
könnten...

von Sven P. (Gast)


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Ich habe das jetzt mal mit dem realen D-Glied (also mit 
Verzögerungszeit) durchgerechnet und bekomme erwartungsgemäß eine zweite 
Polstelle.

Nur den Nenner betrachtend:

Umstellen und Einsetzen meiner Parameter liefert:

Das wäre also eine Polstelle dicht am Ursprung und eine recht weit davon 
entfernt bei -1500. Die Nullstelle liegt bei etwa -2.

Jetzt bewirken ja Pole nah am Ursprung, die nicht kompensiert sind, 
große Zeitkonstanten. Genau so könnte ich meine Beobachtung ja deuten: 
Es ist stabil, aber es dauert sehr lange, bis die Schwingung abgeklungen 
ist. Aber was ist 'nah'?

von A. S. (rava)


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-2 ist unkritisch. der Pol bei -2 heißt, soviel ich weiß, dass eine 
Schwingung nach 2 Sek auf 68% abgeklungen ist. Die -2 wandert nämlich, 
vereinfacht gesagt, in den Exponenten der e-Funktion der Lösung.

Bist du dir sicher, dass die Formel exakt das Verhalten des Tools 
repräsentiert?
Dann würde ich viellicht bei Quantisierungsfehlern suchen? Oder zu 
geringen Abtastzeiten bei der Simulation? Oder bei Stellgrößen, die in 
ihre Beschränkungen laufen?

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