Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Betriebsarten H-Brücke (Gleichstrommotor)


von unwissender (Gast)


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Hallo,
ich lese hier schon eine Weile mit, und habe in den Foren schon viele 
Lösungen für verschiedene Probleme gefunden.

Nun aber habe ich eine Verständnisfrage zur Ansteuerung einer H-Brücke, 
die einen DC-Motor durch Pulsweitenmodulation steuern soll.

Im Anhang befindet sich (mehr oder weniger) ein Prinzipschaltbild, zu 
sehen ist, dass die High-Side Fets über eine Bootstrap Schaltung 
angesteuert werden. Die Erzeugung der PWM und Steuerung der Treiber 
(IR2110) werden von einem Mikrocontroller übernommen, und hier ist schon 
meine erste Frage:

Wenn Q4 statisch angeschaltet ist, und ich den Motor drehen lassen will, 
dann muss ich logischerweise periodisch Q1 einschalten. Da das Gate von 
Q1 aber durch die Bootstrap Schaltung versorgt wird, befürchte ich, dass 
der Bootstrap Kondensator sich während der Ausschaltphasen durch die 
Last nicht ausreichend (wenn überhaupt) aufladen kann. Gibt es hierzu 
Erfahrungen eurerseits? Ich meine hier übrigens nicht den ohmschen 
Widerstand des Motors, sondern vielmehr die Verhinderung eines 
Stromflusses durch eine Induktionsspannung des Motors bei Drehzahlen >0.
Als "Alternative" habe ich mir ausgedacht, Q1 und Q2 alternierend 
(natürlich mit Totzeit) zu schalten, um den Bootstrap Kondensator direkt 
durch Q2 auf Masse zu ziehen. Hierbei befürchte ich allerdings hohe 
Verluste im Motor, da dieser ja abwechselnd beschleunigt und gebremst 
(durch Q2 und Q4 kurzgeschlossen) wird. Klar, der Strom würde ja sowieso 
nach Abschalten von Q1 ein Weilchen durch die Body-Diode von Q2 
weiterfließen, aber was ist nach dem Abklingen des Stromes...?

Wäre es eine Möglichkeit, während der Phase, in der Q1 aus und Q2 an 
ist, Q4 abzuschalten? Somit würde verhindert werden, dass ein 
Kurzschluss des Motors stattfindet. Nachteile?

Gibt es andere, einfache Möglichkeiten? Mich verfolgt das Problem schon 
länger, vielleicht sehe ich einfach die (einfache) Lösung nicht.

Ich habe schon sehr viel im Internet gesucht und gefunden, aber eine 
wirkliche Klärung des Problems brachte das nicht.

Vielen Dank im Voraus

von eProfi (Gast)


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Die PWM-Frequenz wird so hoch gewählt, dass der Strom aufgrund der 
Induktivität des Motors annähernd konstant bleibt. So wie ein 
Kondensator versucht, die Spannung konstant zu halten, versucht eine 
Spule, den Strom konstant zu halten.

Der Motor wird nicht abgebremst, wenn Q2 und Q4 leitend sind, sondern 
der Strom macht slow-decay. Selbst wenn Du fast-decay machst, wird der 
Motor erst abgebremst, wenn der Strom abgeklungen ist (und durch active 
fast decay unter 0 geht). Das dauert aber (je nach Induktivität) 
wesentlich länger als die PWM-Periodendauer.

Denke Dir mal die drei Szenarien durch:
 - fast rise  (Q1 und Q4)
 - passive fast decay (Q2 und Q3-BodyDiode)
 - active  fast decay (Q2 und Q3)
 - slow decay (Motor kurzgeschlossen)

> befürchte ich, dass der Bootstrap Kondensator sich während der
> Ausschaltphasen durch die Last nicht ausreichend (wenn überhaupt)
> aufladen kann.
Doch, selbst wenn Du Q1 ausschaltest und Q2 nicht explizit einschaltest, 
wird die Spannung an linken Mittelpunkt low (-0,7V) sein, weil das 
Weiterfließen des Stromes die Q2-BodyDiode leitend macht.

Wenn Du ActiveRectification machst, schaltest Du Q2 ein, damit die Diode 
vom Fet kurzgeschlossen wird, das ergibt weniger Verlustleistung, ist 
aber für die eigentliche Funktion nicht nötig. Der Fet leitet dann 
"anders herum". Im Datenblatt des L6208 ist das recht gut erklärt.

Ich verwende als Brückentreiber den HIP4081, der hat eine integrierte 
Ladungspumpe und kann den HiFet unendlich lange einschalten.

Vorschlag: simuliere eine H-Brücke z.B. mit LT-Spice (einfach zwei 
Rechteckquellen und den Motor dazwischen) und schaue Dir die Spannungen 
und Ströme an, dann wird Dir einiges klar.

von unwissender (Gast)


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Vielen Dank, jetzt ist mir alles klargeworden. Hatte wohl ein Brett vorm 
Kopf... ;)
Danke auch für den Hinweis auf das Datasheet des L6208, ist sehr gut 
erklärt!
Einen Brückentreiber mit Ladungspumpe bzw. den IR2110 mit DC/DC 
Converter habe ich mir auch schon überlegt, dies scheiterte aber 
einerseits am Preis (DC/DC) bzw. der Verfügbarkeit bei Reichelt. Auf das 
mit der Diode hätte ich auch selbst kommen können... :) Werde nun wohl 
aktive Gleichrichtung umsetzten um die Verluste zu minimieren, und da 
ich die Steuerung schon mehr oder weniger nach diesem Prinzip 
programmiert habe.
Nochmals vielen, vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
Gruß

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