Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Mikrofonverstärkerschaltung


von Ralf (Gast)


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Hallo,

ich hab ein paar Fragen zur Verstärkerschaltung für ein Elektretmikrofon 
aus dem Anhang.

1) Die erste Stufe bildet gemäß der Signalbeschreibung einen virtuellen 
GND. Im Endeffekt macht sie aber doch nichts anderes, als aus der 
Referenzspannung ein vom eigentlichen GND abgehobenes DC-Signal bzw. 
einfach einen Offset zu erzeugen, oder?

2) Wenn aus der ersten Stufe tatsächlich ein Offset erzeugt wird, dann 
wirkt der 470k-Widerstand R3 in der zweiten Stufe doch eigentlich eher 
wie ein Pull-Up und nicht wie die Anbindung an Virtual_GND vermuten 
lässt wie ein Pull-Down, korrekt? R3 ist nötig, da das Mikrofonsignal 
über den Kondensator C1 DC-mäßig entkoppelt ist.

3) Der Kondensator C3 bildet einen Tiefpaß, nehme ich an? Welche 
Widerstände gehören dann in die Tiefpaßberechnung?

4) VREF ist in der Originalschaltung 2.4V. Ich würde das Ausgangssignal 
gern mit einem Microcontroller auswerten, der für die Referenzspannung 
aber nur seine eigene Versorgungsspannung (3.3V) oder optional eine 
externe Referenzspannung verwenden kann. Kann ich VREF = 3.3V verwenden, 
oder sind 2.4V (oder in diesem Bereich) besser geeignet? Auf dem 
Controllerboard hat die Leiterbahn für die Zuführung eines externen 
VREF-Signals leider ein paar Zentimeter Länge, was sich ja dann evtl. 
negativ auswirkt.

5) Statt dem MC33204 würde ich gern den OPA2353 einsetzen, auf den habe 
ich eher Zugriff. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, den OPA2353 
einzusetzen, allerdings kenne ich mich mit OPs noch nicht so gut aus. 
Mein Hauptkriterium bei der Auswahl waren nur die Spannungsversorgung 
und die GainBandWith.
Hier die Links zu den Datenblättern:
http://www.onsemi.com/pub_link/Collateral/MC33201-D.PDF
http://www.ti.com/lit/ds/symlink/opa2353.pdf

6) Kann ich irgendwie im Vorfeld berechnen, welche Amplitude das 
Ausgangssignal ungefähr haben wird? Ich möchte logischerweise den ADC so 
weit wie möglich ausreizen, also entweder das Ausgangssignal auf ~3.3V 
haben oder ich muss eben doch eine niedrigere VREF-Spannung erzeugen.
Dass das Ausgangssignal natürlich auch davon abhängt, wie stark man ins 
Mikro tönt, ist klar, daher würde ich den 200k-Widerstand R5 vielleicht 
eher durch einen 100k-Widerstand und ein 100k-Poti ersetzen.

7) Folgende Berechnung habe ich durchgeführt, bin aber nicht sicher, ob 
sie korrekt sind:
- Für das Virtual_GND-Signal habe ich eine Verstärkung von (10k / 5k11) 
+ 1 = 2.95 ausgerechnet, ergibt bei einem Teilerverhältnis von 24k9:4k99 
bei VREF = 2.4V etwa 0.4V.
- Wenn R3 wie in 2) vermutet eher ein Pull-Up-Widerstand ist, dann 
erzeugt die zweite Stufe bereits eine recht hohe Verstärkung des 
Signals, da das Eingangssignal bezogen auf die 0.4V verstärkt wird, ist 
das korrekt?
- Die AC-Verstärkung der zweiten Stufe beträgt (200k / 2k74) + 1 = 74.

8) Die Frage stelle ich bewusst zum Schluss: Taugt die Schaltung denn 
was? Also, wenn man's beispielsweise unter den o.g. "Anforderungen" von 
VREF = VCC = 3.3V und Signalspannung nahe an VREF betrachtet?

Vielen Dank und schönen Abend.

Ralf

von Kai K. (klaas)


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>ich hab ein paar Fragen zur Verstärkerschaltung für ein Elektretmikrofon
>aus dem Anhang.

Wirf einen kostenlosen Simulator (TINA-TI, LTSPICE, etc.) an, dann mußt 
du nicht fragen.

>Statt dem MC33204 würde ich gern den OPA2353 einsetzen,

Das Teil ist mit 44MHz erheblich schneller als das Originalteil mit 
2,2MHz. Ist also eher nicht zu empfehlen, wenn du nicht zusätzliche 
Filtermaßnahmen treffen willst.

>Im Endeffekt macht sie aber doch nichts anderes, als aus der
>Referenzspannung ein vom eigentlichen GND abgehobenes DC-Signal bzw.
>einfach einen Offset zu erzeugen, oder?

Ja, aber es erlaubt dir eine ratiometrische Signalverarbeitung mit dem 
ADC, was eine aus einer normalen Versorgungsspannung gewonnene 
Hilfspannung nicht bietet.

>Kann ich irgendwie im Vorfeld berechnen, welche Amplitude das
>Ausgangssignal ungefähr haben wird?

Nicht, nicht einmal ansatzweise.

>Dass das Ausgangssignal natürlich auch davon abhängt, wie stark man ins
>Mikro tönt, ist klar, daher würde ich den 200k-Widerstand R5 vielleicht
>eher durch einen 100k-Widerstand und ein 100k-Poti ersetzen.

Du unterschätzt die natürlichen Pegelschwankungen völlig. Das ist nicht 
eine Frage von Faktor 2 oder so, sondern Faktor 10, 100 und 1000, 
eventuell sogar noch darüber.

von MaWin (Gast)


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> nicht wie die Anbindung an Virtual_GND

Aber sicher doch, genau das ist es.

> Der Kondensator C3 bildet einen Tiefpaß, nehme ich an? Welche
Widerstände gehören dann in die Tiefpaßberechnung?

Ja, R4.

> Kann ich VREF = 3.3V verwenden

Ja, nur ist die Versorgungsspannung normalerweise deutlich versauter ls 
die ARef Referebzspannung, daher hat er die lieber genommen.

Der Verstärkungsfaktor 3 von U1A soll eine Spannung ca. halb so hoch wie 
die Versorgung ergeben, also 1.65V, also an R8 0.558V, also R6 25k. 
Nanu, hat er ja schon.

> Kann ich irgendwie im Vorfeld berechnen, welche Amplitude das
> Ausgangssignal ungefähr haben wird?

Nicht so lange du nicht weisst, wie gross dein Eingangssiganl ist.
Die Verstärkung ist 74 (hast du ja schon ausgerechnet), die maximale 
Aussteuerung 0.25 bis 3.05V am Ausgang, also 37.8mVpp am Eingang.

> Taugt die Schaltung denn was?

Im Prinzpi schon, der OpAmp ist nicht besonders gut, LME49721 wäre 
deutlich besser, aber wenn es nicht um optimale Rauschfreiheit geht, 
kann der billigere ausreichen.

von Ralf (Gast)


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Hallo,

danke für eure Antworten.

@Kai:
> Wirf einen kostenlosen Simulator (TINA-TI, LTSPICE, etc.) an, dann mußt
> du nicht fragen.
Doch, dann würd ich nämlich fragen, wie man die Simulatoren richtig 
bedient, soweit ich das bei anderen gesehen hab gehört da schon ein 
bisschen Erfahrung dazu.

> Das Teil ist mit 44MHz erheblich schneller als das Originalteil mit
> 2,2MHz. Ist also eher nicht zu empfehlen, wenn du nicht zusätzliche
> Filtermaßnahmen treffen willst.
Mmmh, okay. Mehr ist also nicht immer (ohne zusätzlichen Aufwand) 
besser...

> Ja, aber es erlaubt dir eine ratiometrische Signalverarbeitung mit dem
> ADC, was eine aus einer normalen Versorgungsspannung gewonnene
> Hilfspannung nicht bietet.
Was bedeutet "ratiometrisch" ?

> Nicht, nicht einmal ansatzweise.
Hab ich schon befürchtet :)

> Du unterschätzt die natürlichen Pegelschwankungen völlig. Das ist nicht
> eine Frage von Faktor 2 oder so, sondern Faktor 10, 100 und 1000,
> eventuell sogar noch darüber.
Und wie sieht die Lösung dazu aus? Was heisst "natürliche 
Pegelschwankung"?
Du meinst, ich soll die Widerstands-Poti-Kombination so auslegen, dass 
die ursprüngliche Verstärkung der zweiten Stufe von 10-1000+ eingestellt 
werden kann?

@MaWin:
>> nicht wie die Anbindung an Virtual_GND
> Aber sicher doch, genau das ist es.
Weil das DC-entkoppelte Mikrofonsignal über einen Widerstand mit 
Virtual_GND verbunden ist? Und weil die zweite Stufe Virtual_GND am 
invertierenden Eingang anliegen hat?

> Ja, nur ist die Versorgungsspannung normalerweise deutlich versauter ls
> die ARef Referebzspannung, daher hat er die lieber genommen.
Aber wenn Dreck auf der Versorgung vom OP ist, spielt's doch keine Rolle 
wie sauber VRef ist, oder? In der Originalschaltung stammt beides vom 
verwendeten Controller.

> Der Verstärkungsfaktor 3 von U1A soll eine Spannung ca. halb so hoch wie
> die Versorgung ergeben, also 1.65V, also an R8 0.558V, also R6 25k.
Ich komme auf ca. 1.2V für Virtual_GND, also eher die Hälfte der 
VRef-Spannung.

>> Kann ich irgendwie im Vorfeld berechnen, welche Amplitude das
>> Ausgangssignal ungefähr haben wird?
> Nicht so lange du nicht weisst, wie gross dein Eingangssiganl ist.
Okay, ich hätte jetzt 50-200µV als Daumenwert für Elektretmikrofone 
angenommen.

> Die Verstärkung ist 74 (hast du ja schon ausgerechnet), die maximale
> Aussteuerung 0.25 bis 3.05V am Ausgang, also 37.8mVpp am Eingang.
Wie kommst du auf die beiden Werte der Aussteuerung bzw. auf welchen der 
beiden OpAmps bezogen?

>> Taugt die Schaltung denn was?
> Im Prinzpi schon, der OpAmp ist nicht besonders gut, ...
Der in der Schaltung gezeigte MC33204 oder der hier rumliegende OPA2353? 
:)

> LME49721 wäre deutlich besser, aber wenn es nicht um optimale
> Rauschfreiheit geht, kann der billigere ausreichen.
An einen LME49720 könnte ich rankommen :)
Rauschfreiheit wäre in dieser Applikation nicht unbedingt nötig, da ich 
nicht aufnehmen will, aber wenn ich die Schaltung irgendwann dann auch 
für Aufnahmen verwenden kann, wär's natürlich praktisch.

Ralf

von Kai K. (klaas)


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>Doch, dann würd ich nämlich fragen, wie man die Simulatoren richtig
>bedient, soweit ich das bei anderen gesehen hab gehört da schon ein
>bisschen Erfahrung dazu.

LTSPice vielleicht, aber TINA-TI ist wirklich super simpel.

>Was bedeutet "ratiometrisch" ?

Schon danach gegurgelt? Also, zusammengefaßt, wenn kein Eingangssignal 
anliegt, zeigt dir der ADC praktisch immer denselben ADC-Wert. Kann 
sinnvoll sein, ob auch hier, weißt nur du.

>Und wie sieht die Lösung dazu aus? Was heisst "natürliche
>Pegelschwankung"?

Jenachdem wie laut du in das Mikro hineinredest und wie weit das Teil 
von dir weg ist...

>Du meinst, ich soll die Widerstands-Poti-Kombination so auslegen, dass
>die ursprüngliche Verstärkung der zweiten Stufe von 10-1000+ eingestellt
>werden kann?

Nö, habe ich nicht gesagt. Ich kenne deine Anwendung ja garnicht, also 
kann ich dir auch nichts empfehlen. Aber eventuell macht ein Begrenzer 
vor dem ADC Sinn, der das Signal je nach Lautstärke unterschiedlich 
verstärkt, sodaß immer genügend Signal am ADC-Eingang vorhanden ist.

von Ralf (Gast)


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Hallo Kai,

> LTSPice vielleicht, aber TINA-TI ist wirklich super simpel.
TINA kannte ich bis dato gar nicht :)

> Schon danach gegurgelt?
Nein, sorry. Solche "Nachforschungen" treibe ich immer am Wochenende, 
aber das ist ja jetzt dann ^^

> Also, zusammengefaßt, wenn kein Eingangssignal anliegt, zeigt dir der ADC
> praktisch immer denselben ADC-Wert. Kann sinnvoll sein, ob auch hier,
> weißt nur du.
Danke für die Erläuterung. Ist natürlich sinnvoll, wenn ein definierter 
Ruhepegel herrscht.

>> Und wie sieht die Lösung dazu aus? Was heisst "natürliche
>> Pegelschwankung"?
> Jenachdem wie laut du in das Mikro hineinredest und wie weit das Teil
> von dir weg ist...
Ach soooo :) Ja, das wollte ich eben mit dem Poti einstellbar machen, 
zumindest in gewissen Grenzen.

>> Du meinst, ich soll die Widerstands-Poti-Kombination so auslegen, dass
>> die ursprüngliche Verstärkung der zweiten Stufe von 10-1000+ eingestellt
>> werden kann?
> Nö, habe ich nicht gesagt.
Hab ich auch nicht gesagt, dass du das gesagt hast, nur gefragt ob du 
das damit gemeint hast :)

> Ich kenne deine Anwendung ja garnicht, also kann ich dir auch nichts
> empfehlen.
Die Anwendung ist simples Reagieren auf Sprache in einfachster Form. 
Also keine Spracherkennung ála StarTrek oder so, ich will grob gesagt 
einfach Lautstärke messen bzw. über gesprochene Sätze eine Art Kurve mit 
den Ausschlägen legen.

> Aber eventuell macht ein Begrenzer vor dem ADC Sinn, der das
> Signal je nach Lautstärke unterschiedlich verstärkt, sodaß immer
> genügend Signal am ADC-Eingang vorhanden ist.
Ich möchte (bzw. muss) den Hardwareaufwand so gering wie möglich halten, 
selbst wenn das kleine Abstriche bedeutet :(

Ralf

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