Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spannung an ein- und ausgeschalteter Spule


von Electric S. (electricsheep)



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Hi,
wie in den Schaltplänen ähnlich gezeigt, ist eine Spule über einen 
Schalter an einer Batterie angeschlossen.
Die Spule hat eine Induktivität von z.B. 1H. Die Batterie und die Spule 
haben jeweils einen ohmschen Innenwiderstand von z.B. je 10 Ohm.
Wie sieht der Spannungsverlauf an der Spule aus, wenn der Schalter 
geschlossen und wieder geöffnet wird?

Den Aufbau habe ich inzwischen in mehreren Programmen simuliert. Das 
Ergebnis ist jeweils das gleiche: bei Schließen des Schalters springt 
die Spannung auf Batteriespannung und sinkt dann exponentiell auf 
Betriebsspannung ab. Beim Öffnen des Schalters springt die Spannung auf 
die negative Induktionsspannung und geht exponentiell gegen 0V (siehe 
Screenshots).
Könnt ihr mir diesen Spannungsverlauf kurz bestätigen oder sogar kurz 
begründen?

Ich nehme an, die Simulationsprogramme liegen richtig, allerdings ist 
beim realen Messen eines solchen Aufbaus nur die negative 
Induktionsspannung beim Öffnen des Schalters zu sehen. Beim Schließen 
des Schalters springt die Spannung dagegen direkt auf Betriebsspannung 
und steigt am Anfang nicht noch auf Batteriespannung an. Aber warum?

Vielen Dank schonmal,
electricsheep

von Falk B. (falk)


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@ Electric S. (electricsheep)

>Ergebnis ist jeweils das gleiche: bei Schließen des Schalters springt
>die Spannung auf Batteriespannung und sinkt dann exponentiell auf
>Betriebsspannung ab.

Logisch. Im Einschaltmoment fließt erstmal kein Strom, da hat die Spule 
was dagegen (-> Widerstand  unendlich). Also fällt keine Spannung über 
den Widerständen ab.

> Beim Öffnen des Schalters springt die Spannung auf
>die negative Induktionsspannung und geht exponentiell gegen 0V (siehe
>Screenshots).

In deiner Simulation öffnet kein Schalter, deine Quelle springt 
praktisch ideal auf Null. Dabei wird logischerweise die Spannung direkt 
an der Quelle auf 0V gesetzt, sprich um 48V verringert. Der Strom fließt 
aber weiter, die Spule treibt ihn an. Damit springt auch die Spannung an 
deinem Messpunkt um -48V.

>Ich nehme an, die Simulationsprogramme liegen richtig,

Ausnahmsweise ja ;-)

> allerdings ist
>beim realen Messen eines solchen Aufbaus nur die negative
>Induktionsspannung beim Öffnen des Schalters zu sehen.

Weil dein Innenwiderstand deiner realen Quelle DEULTICH kleiner als der 
Spule ist.

> Beim Schließen
>des Schalters springt die Spannung dagegen direkt auf Betriebsspannung
>und steigt am Anfang nicht noch auf Batteriespannung an (ist der
>Innenwiderstand der Batterie zu niedrig?).

GENAU! Spannungsteiler!

von Electric S. (electricsheep)


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Vielen Dank für die schnelle Antwort und die Erklärungen!
Wenn man an die Spannungsquelle noch einen Widerstand hängt (ähnlich 
groß wie der Widerstand in der Spule), dann müsste man also einen 
solchen Einschaltvorgang messen können (weil die Betriebsspannung dann 
weit unter der Batteriespannung liegt)?

von Falk B. (falk)


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Ja.

von Electric S. (electricsheep)


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Ok, vielen Dank! ;-)

von Helmut S. (helmuts)


Angehängte Dateien:

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Schau dir mal die große Abschaltspannung an. Damit wird klar warum man 
eine Schutzschaltung (Diode oder R-C) parallel zu einer einer Spule 
braucht. Der kleine C mit 100p soll die Wicklungskapazität sind.

von Electric S. (electricsheep)


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Oh, die 120V sind natürlich gefährlich für kleine Bauteile. Danke für 
den Hinweis!
Wieso ist denn die Spannung so hoch (betragsmäßig) und wieso fällt der 
Strom so schnell ab? Liegt das am Kondensator?

von Falk B. (falk)


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@ Electric S. (electricsheep)

>Wieso ist denn die Spannung so hoch (betragsmäßig)

Weil es der Spule missfällt, dass der Strom plötzlich unterbrochen wird.

> und wieso fällt der Strom so schnell ab?

Nö, an der hohen Induktionsspannung. Und irgendwann ist die Energie der 
Spule mal verbraucht.

> Liegt das am Kondensator?

R2 und C1 irritieren hier nur. In deiner Simulation mit den Pulsquellen 
gibt es nie eine Stromunterbrechung. In der Realität mit einem 
mechanischen Schalter schon. Dort gibt es die böse, hohe 
Induktionsspannung. Nimmt man aber real eine annähernd ideale 
Pulsquelle, z.B. einen Funktionsgenerator oder was ähnliches, wird der 
Stromfluß nicht unterbrochen und man sieht wieder die harmlosen 
Simulationsergebnisse.

von Helmut S. (helmuts)


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Die Ladezeitkonstante beträgt
tau1 = 0,1H/10Om = 10ms

Die Entladezeitkonstante beträgt
tau2 = 0,1H/1kOhm = 0,1ms

Nachtrag: Die Spitzenspannung ist einfach -(Ispule*1kOhm) = -120V.
Merk dir einfach, dass der Spulenstrom im ersten Moment weiterfließt. Da 
der Schalter jetzt offen ist, kann der Strom nur noch über den 1k 
fließen.


Mit dem Kondensator hat das nichts zu tun. Den kannst du auch wegnehmen. 
Interessant wird der, wenn du den 1kOhm Widerstand wegmachst. Dann wäre 
die Spitzenspannung U aus dieser Formel zu berechnen:
1/2*L*I^2 = 1/2*C*U^2
Probiere das mal aus.

von Electric S. (electricsheep)


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Ah, bei meiner Simulation wird die Spannung auf 0V gesetzt und stellt 
praktisch einen "Kurzschluss" der Spule dar (über die Widerstände), und 
bei dieser zweiten Simulation wird die Spannungsquelle einfach 
abgeklemmt. Daran habe ich beim Aufbau der Simulation überhaupt nicht 
gedacht... Beim prinzipiellen Spannungsverlauf (positiv/negativ etc., 
ohne genaue Größe) macht es aber wohl keinen Unterschied.

Weil der Strom über den 100 Ohm-Widerstand aufgebaut wird und über den 
1kOhm-Widerstand abfließt, ist auch die Induktionsspannung beim 
Abschalten 10mal so hoch wie beim Einschalten.

@Helmut: habe deinen Beitrag gerade erst gesehen:
Danke, warum die Spannung so hoch ist, habe ich jetzt verstanden.
Ohne den Widerstand (nur mit Kondensator) komme ich auf etwa 4000V. 
Damit hat man natürlich schnell Schwierigkeiten. ;-)

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