Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Emitterschaltung ohne Basiswiderstand böse?


von Tom (Gast)


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Hi Leute

Um es gleich vorweg zu nehmen: Elektrotechnik is mein Hobby, deshalb
fehlt mir ein wenig der Durchblick. Und nun steh' ich wieder mal an:

Seit geraumer Zeit lese ich ein wenig in diesen Foren mit und habe viel
neues gelernt. Ab und an hab ich auch gelesen, dass man bei einem
Emitterschalter den Basiswiderstand weglassen könne. Das kam mir
gelegen: Ich hab mir das Wochenende Zeit genommen und eine neue
Testplatine für meinen MSP430 gelötet. Vom einen Port hab ich jeden Pin
direkt an die Basis eines BC337-40 (NPN-Transistor) angeschlossen. Die
Emitter hab ich mit GND verbunden und die Kollektoren auf Anschlüsse
geführt, die ich an meinem Experimentierboard anklemmen kann.

Meine Überlegung dabei war, dass der MSP430 einen maximalen Strom von
ca. 0,75 mA pro Pin liefern kann, was bei 3,6V einen Basiswiderstand
von mindestens 4KOhm ergeben würde. Wenn ich jetzt jedoch nur 1,8V
habe, dann fliesst ein sehr kleiner Strom, was ev. zu Problemen führen
könnte. Welcher Strom fliesst ohne Widerstand an der Basis? Meine
Hoffnung/Vermutung war, dass sich dies auf den notwendigen Wert
einpendelt. Das schien mir logisch und praktisch.

Nun hab ich aber heute morgen zum ersten mal gelesen, dass das
Beschalten von Transistoren ohne Basiswiderstand böse sei
(wortwörtlich). Nun meine Frage: Warum das? Mit der Suche in diesem
Forum habe ich herausgefunden, dass dies zum Ableben des Transistors
führen könne, wasshalb stand aber nicht. Besteht auch ein Risiko für
meinen uC?

Ich wäre sehr froh, wenn ihr meinen MSP vor dem sichern Tod bewahren
könnt ;-)

Gruss & Dank

Tom

: Verschoben durch Admin
von ka-long (Gast)


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Hi,

Wenn der Emitter auf GND liegt und Du 1.8V ohne Widerstand auf die
Basis gibst.....

Dann schließt Du praktisch den Port am uC mit GND kurz, Betonung liegt
auf PRAKTISCH.

D.h. Du ziehst soviel Strom aus dem uC, wie der kann. Falls der eine
Strombegrenzung hat, fließ halt 750uA. Und das fließt dann auch durch
die Basis-Emitter-Diode. Du wirst dann wahrscheinlich die
Basis-Emitterdiode zerstören.

Wenn Dein uC keine Strombegrenzung am Ausgang hat, dann kannst Du Dir
den Ausgangstreiber im uC zerstören.

Gruß ka-long

von Unbekannter (Gast)


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Also, mit 750 uA kann praktische keine Basis-Emitter-Diode zerstören.
Das ist ja kaum Leistung (750 uA mal 0,8 Volt = 600 uWatt). Da passiert
nichts.

Wenn der Controller mit 1,8 Volt betrieben wir, fallen beim
"Kurzschluss" an diesem Kontroller praktisch 1 Volt ab, also auch nur
750 uWatt Verlustleistung im Controller-Ausgangstreiber.

Natürlich immer nur unter der Voraussetzung, dass der Controller den
Strom auf 0,75 mA begrenzt.

Was sagt das Datenblatt des Controllers dazu?

von Tom (Gast)


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Achso! Jetzt geht mir ein Lichtlein auf! BLING Ich vergesse ab und an
Transistoren als Diodenkobo zu sehen. Ich dachte immer, dass der
Basiswiderstand die Spannung und den Strom an den Transistor anpasst,
dabei ist es genau umgekeht: Der fliessende Strom wird mit dem
Widerstand an den uC angepasst. Gerechnet hab ich richtig, nur
verstanden hatte ich's falsch.
Ob der MSP eine beschränkung hat kann ich nicht mit Sicherheit sagen.
Ich versuche also besser mal da noch ein paar Widerstände dazwischen zu
basteln bevor ich mir was zerschiesse. Vielen Dank für die sehr
hilfreiche Erklärung!

Tom

von crazy horse (Gast)


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weglassen kann man den Basiswiderstand, wenn man den Transistor in
Kollektorschaltung (=Emitterfolger) betreibt. Dabei liegt der Kollektor
an der Betriebsspannung, die Basis direkt am treibenden Port, die Last
zwischen Emitter und Masse, ergibt eine Spannungsgegenkopplung.
Nachteilig ist, dass man an die Betriebsspannung des MC gebunden ist,
Lastbetriebsspannung also nicht frei wählbar. Ausserdem ergibt sich ein
Verlust von ca. 0,7V am Transistor.

von Tom (Gast)


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Ich hab nochmal das Datenblatt hervorgekramt:
http://focus.ti.com/lit/ds/symlink/msp430f149.pdf

Auf Seite 23, bei den absolute maximum ratings steht da was von 'Diode
current at any device terminal: +/- 2mA'. Ist es das, was ich suche?
Bei 3V an der Diode wären das schon 600mW, was spürbar nahe an den
800mW des Transistors ist - und ausserhalb jegliches zulässigen Wertes
für einen Port-Pin. Von einem schützenden Wert habe ich noch nirgends
etwas lesen können. Zum Glück habe ich nur einen Port so beschaltet,
sonst ginge die ganze Bastelarbeit nochmal von vorne los.

Nochmals vielen Dank für eure Hilfe!

Gruss Tom

von Unbekannter (Gast)


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Nein, ist es nicht.

Die Werte in "absolute maximum Ratings" besagen, dass der Hersteller
bei diesen Strömen und Spannungen gerade noch so garantiert, dass der
Controller davon nicht dauerhaft Schaden nimmt. Ob er bei diesen Werten
überhaupt noch richtig arbeitet, ist aber gar nich gesagt.

Konkret: "Diode current at any device terminal: +/- 2mA" besagt, dass
über die internen Schutzdioden maximal 2 mA fließen dürfen. Wird es
mehr, werden sie beschädigt.

Was für Dich wichtig ist, ist die Tabele auf Seite 27 Oben und die
Diagramme auf Seite 28. Vor allem auch die Anmerkungen zur Tabelle von
Seite 27:

  1. The maximum total current, IOH(max) and IOL(max), for all
     outputs combined, should not exceed ±6 mA to satisfy the
     maximum specified voltage drop.

  2. The maximum total current, IOH(max) and IOL(max), for all
     outputs combined, should not exceed ±24 mA to satisfy the
     maximum specified voltage drop

D.h. der Hersteller empfiehlt, aus jedem Ausgang maximal 6 mA rein-
oder raußfließen zu lassen, und die Summe aller Ströme nicht über 24 mA
gehen zu lassen, damit die angegeben Werte (auch in den Diagrammen auf
Seite 28) eingehalten werden.

Konkret heisst das:

Die Ausgänge haben keine Strombegrenzung und Du brauchst einen
Widerstand.

Angenommen, Du möchtest durch die Basis des angeschloßenen Transistors
5 mA fließen lassen, und Dein Controller wird von 2,2 Volt versorgt,
gehtst Du mit dem Datenblatt folgendermaßen vor, um den Widerstand zu
berechen.

a. ) Die Basis-Emitter-Diode Deines Transistors wird vermutlich ca. 0,8
Volt Spannungsabfall haben, wenn 1 mA durch sie durchfließt. Der genau
Wert findest Du im Datenblatt des Transistors, ist aber nicht so super
wichtig.

b.) Auf Seite 28, im Diagramm links unten, kannst Du ablesen, dass bei
einer Versorgungsspannung von 2,2 Volt und bei 5 mA Strom die
Ausgangsspannung des Controller noch ca. 1,8 Volt beträgt.

c.) Der Widerstand muss also die Differenz von 1,8 Volt vom Ausgang und
0,8 Volt vom Transistor, also 1 Volt, bei einem Strom von 5 mA
"vernichten".

Das kannst Du mit dem ohmschen Gesetz ausrechnen:

R  =  U / I  =  1 Volt / 5 mA  = 200 Ohm.

D.h. Du bräuchtest einen 200 Ohm Widerstand. Den wirst Du aber so nicht
finden, nimmst Du also den nächstbesten. Es kommt jetzt darauf an, ob
die benötigten 5 mA eher etwas großtügig dimensioniert sind, dann
nimmst Du den nächstgrößten, also 220 Ohm, oder wenn die 5 mA etwas
knapp dimmensioniert sind, nimmst du eben den nächstkleinsten, 180
Ohm.

Nun das große Aber:

Du willst das ganze ja für 1,8 Volt Versorgungsspannung wissen und 0,75
mA Basisstrom.

Das wird schon etwas kniffliger, da die Diagramme dafür im Datenblatt
nich angegeben sind.

Du kannst aber aus den Kurven auf Seite 28 erkenn, dass bei 1 mA
Strömen die Ausgangsspannung ziemlich genau bei der Versorgungsspannung
liegt.  D.h. Du hast gute Chancen, dass es bei 1,8 Volt ähnlich ist.

Ich perönlich würde bei 1,8 Volt und 1 mA mal von ca. 1,6 Volt am
Ausgang ausgehen. Im Zweifel musst Du das nachmessen oder den
Hersteller fragen.

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