Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Freiwillige praktische Arbeit zusätzlich zur Bachelorarbeit: PFLICHTPRAKTIKUM??


von Anon1 (Gast)


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Hallo Leute,

TLDR: Hab in den Semesterferien in ner Firma mitgearbeitet und die 
Ergebnisse durfte ich dann (zusätzlich zum überwiegend theoretischen 
Teil) in einer Bachelorarbeit verwenden, jetzt bekomm ich für die Zeit 
kein Stipendium mehr, weils das angeblich ein Pflichtpraktikum wäre.

Mit Details (wems zu lang ist, der kann hier aufhören und braucht nicht 
meckern):
Ich stehe gerade vor einem recht großen Problem und wollte fragen, ob 
jemand von euch hiermit schonmal Erfahrung gemacht hat. Ich erwarte hier 
ausdrücklich NICHT, dass irgendjemand eine rechtliche Beratung vornimmt! 
Mir gehts eher um das, was ihr selbst erlebt habt und wie so etwas zu 
handhaben ist.

Um folgendes gehts: Ich werde aktuell von einem der sogenannten 
"Begabtenförderungswerken" gefördert, bekomme also ein Stipendium für 
mein E-Technik Studium.
Ich stehe dieses Jahr am Ende meines Bachelors und werde mit dem Master 
weitermachen (und vorraussichtlich auch weitergefördert).

Damit ich das Studium abschließen kann, hab ich mir eine Bachelorarbeit 
gesucht. Ich wollte da nichts REIN theoretisches, sondern mir wars 
wichtig, dass ich das Zeugs, welches ich dort herleite, simuliere und 
berechne, auch mal praktisch anwenden kann.
Ich war zu dieser Zeit bei einem Unternehmen als Werkstudent tätig, 
nebenher zur Uni und auch in den Semesterferien. Hab dann dort eine sehr 
interessante Tätigkeit für die letzten Ferien bekommen mit der Erlaubnis 
dies auch in einer Bachelorarbeit verwenden zu dürfen (Geheimhaltung 
usw!!). Im nachfolgenden Semesters konnte ich dann meine Bachelorarbeit 
schreiben und dieses Thema theoretisch sehr genau beleuchten. Natürlich 
kamen dann auch ein paar Ergebnisse meiner praktischen Arbeit in die 
Bachelorarbeit hinein, damit man sieht, dass ich da nicht irgendwas 
gerechnet hab, sondern das auch wirklich so funktioniert!

Sowas zu machen ist eher unüblich. Die Profs stehen Kooperationen ihrer 
Studenten mit Firmen meist eher kritisch gegenüber und nur wenige Leute 
können daher sowas machen. Firmen wollen meist Verschwiegenheit über 
Ergebnisse, Profs wollen die Studenten an der Uni für ihre Projekte. 
Vorgeschrieben ist so ein praktischer Teil natürlich nicht. Aber 
ansonsten wärs mir zu langweilig geworden ;-) Da wird man ja zum 
Fachidioten...

Soweit so gut! In den Ferien hab ich ganz normal in der Firma 
gearbeitet, Geld verdient und in der Vorlesungszeit dann nebenher zum 
Studium meine Arbeit geschrieben (stressig...) und die guten Ergebnisse 
haben die Arbeit nochmal interessanter gemacht. War wirklich saumäßig 
viel Aufwand (eher richtig Masterarbeit vom Umfang her, sofern man den 
praktischen Teil mitzählt), den Leuten an der Uni hats aber sehr gut 
gefallen.

Bis letzte Woche war auch noch alles gut. Jetzt kommen aber die 
Stipendiumsleute her und sagen: DAS IST ALS PFLICHTPRAKTIKUM EINZUSTUFEN 
WEIL BACHELORARBEIT MUSS MAN JA SCHREIBEN DAS GELD IST DAHER FAST 
VOLLSTÄNDIG ANZURECHNEN! Bedeutet effektiv für mich, dass ich nun 
vorraussichtlich etwa 2k€ sehr schnell zurückzahlen muss. Ich brauch 
wohl nicht zu beschreiben, dass das "ein wenig ungünstig" ist, 
insbesondere für einen Studenten zu Beginn der Vorlesungszeit...


Was mir aber noch nicht klar ist: Wie kommen die da überhaupt drauf 
sowas zu denken? Ja, ich hab meine Bachelorarbeit "in Kooperation mit 
FirmaASDF"(so stehts vorne drauf, die wollen halt auch genannt werden) 
gemacht. Die eigentlich Arbeit wurde natürlich aber an/für einen 
Lehrstuhl angefertigt und auch von diesem bewertet. Mein Betreuer ist 
Doktorant an diesem Lehrstuhl. Die Firma darf weder BAs ausschreiben, 
noch diese Bewerten! Das dürfen nach der Studienordnung der Uni nur 
prüfungsberechtigte Personen (Profs usw.).


Hier kurz ein Auszug aus dem Vertrag mit der Firma (welcher auch den 
Leuten vom Stipendium vorliegt aber offenbar nicht gelesen wurde):
> Werkvertrag für Bachelor zwischen FirmaASDF und Herr Anon1
> ...
> Präambel
> Herr Anon1 ist als Student an der ... Universität immatrikuliert und
> beabsichtigt im Rahmen seiner Bachelorarbeit Arbeiten für FirmaASDF
> durchzuführen und deren Ergebnisse in der Bachelorarbeit zu verwenden.
> ...
> 1. Herr Anon1 wird im Rahmen seiner BA gemäß Arbeitsplan Arbeiten für
> FirmaASDF erstellen, durchführen, entwickeln und realisieren.
> 2. Zeitraum (Erstreckt sich über 6 Monate, keine wöchentliche Arbeitszeit 
angegeben oder so. Auch kein Stundenlohn.)
> 3. Bezahlung ... (Pauschale)
> 4. Zeit und Ort (nicht festgelegt, muss ich selbst abstimmen mit den Leuten)
> 5. Verschwiegenheitspflicht
Nur in der Präambel und bei 1. gibt es das Wort "Bachelorarbeit".
Im Arbeitsplan wird die Tätigkeit genauer beschrieben. Dort taucht aber 
nirgends "Schreiben der Bachelorarbeit" explizit auf. Nur im Diagramm 
drunter steht drin, dass dies während der Vorlesungszeit gemacht wird 
(die Personalabteilung will halt wissen wann ich fertig sein will, weil 
bis dahin der Vertrag gehen muss. Ansonsten komm ich ja nicht mehr in 
die Firma rein, wenn ich noch schnell nochmal was nachmessen will 
während der "Schreibzeit").
Den Vertrag in dieser Form braucht man eben, vor allem damit man die 
Ergebnisse verwenden darf: "[...] und deren Ergebnisse in der 
Bachelorarbeit zu verwenden [...]".

Die Firma hat sich auch gar nicht so für meine BA interessiert. Die 
wollten halt auch ein Exemplar für ihren Schrank haben und das wars.

Bewertet und Betreut wurde ich von der Uni bzw. von den Leuten am 
Lehrstuhl. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nichtmal der 
Abteilungsleiter oder Projektleiter weiß, welche Note ich für die BA 
bekommen habe. Die Firma musste auch nichts einreichen bzgl. meiner 
Bewertung, das dürfen die auch gar ned, weil sie keine zugelassenen 
BA-Prüfer sind!


Wie schon geschrieben soll meine Tätigkeit bei der Firma in den Ferien 
jetzt aber als Pflichtpraktikum ausgelegt werden. Von Pflicht kann doch 
hier nicht die Rede sein? Ich hätte das alles gar nicht machen müssen 
und auch eine rein theoretische Arbeit schreiben dürfen, wie viele 
andere meiner Mitstudenten! Die Studienordnung schreibt KEINEN 
praktischen Teil bei einer Bachelorarbeit vor. Hätte ich sonst in der 
Firma gearbeitet, wärs (wie im Jahr zuvor) normal als Ferienjob NICHT 
angerechnet worden. Die Bachelorarbeit habe ich auch nicht in der Firma 
geschrieben, sondern eben in der Vorlesungszeit, am Lehrstuhl und vor 
Allem Zuhause.


Und hätte ich gar nicht gearbeitet sondern wäre nur Faul am See gelegen, 
dann hätte ich jetzt mehr Geld als vorher. Das was mir von meinem Lohn 
bleibt ist schon lange, allein durch Fahrkosten, aufgefressen worden.


Habt ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie ist das ausgegangen?
Habt ihr irgendwelche Tipps? Werde denen auf jeden Fall nochmal nen 
Brief schreiben und versuchen, dass ich es ihnen nochmal klar mache. 
Telefoniert hab ich mit denen schon mal, wobei sie mich während der 
Vorlesung unbedingt anrufen wollten (+ Mail dass es sehr dringend ist 
und ich sofort zurückrufen müsse) um mir dann recht unfreundlich 
mitzuteilen, dass ich 2k€ zurückzahlen muss. Ne Begründung gabs erstmal 
keine anständige und so wirklich konnte (und wollte!) ich auch erstmal 
nichts erwidern, denn ich hab nicht das ganze Gesetzbuch bzgl. Förderung 
auswendig im Kopf.


In Zukunft werd ich wohl drauf verzichten müssen, dass ich meine 
theoretischen Arbeiten versuche praktisch zu verifizieren.
Offenbar wird gewünscht, dass man als Geförderter zum theoretischen 
Fachidioten gemacht wird. Dort werden notenmäßig eher die Besten 
genommen, also allem voran die reinen Theoretiker, wundert mich also gar 
nicht...


Danke schonmal für eure Antworten!
Heute Anonym,
Anon1

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