Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik leicht verstimmbarer Schwingkreis


von Fritz (Gast)


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Ich möchte mit einem Schwingkreis eine Spule (der Sensor) zum schwingen
bekommmen. Wenn ich nun mit Metall in die Nähe der Spule komme, wird
sich die Induktivität der Spule erhöhen und die Resonanzfrequenz
verschieben.

Was für einen Schwingkreis kann ich dazu aufbauen, der sich möglichst
schnell ändert und einfach aufzubauen ist?

Ich habe gerade etwas gesucht, eine Meissner-Schaltung geht nicht, weil
ich an der Spule keine zweite Wicklung habe. Das gleiche gilt für die
Hartley-Schaltung.
Ist die Colpitts-Schaltung eine Lösung oder gibt es bessere Varianten?

Gruß Fritz

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi, Fritz,

googele mal unter "metal detector". Da bekam ich gerade "Ergebnisse
1 - 10 von ungefähr 4.530.000 für "metal detector"."

Wenn es Dir auf Empfindlichkeit ankommt, dann sind die differentiellen
Detektoren zu bevorzugen, die mit zwei Spulen ausgerüstet sind und den
Unterschied auswerten.

Ciao
Wolfgang Horn

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Hallo Fritz

"Ich möchte mit einem Schwingkreis eine Spule (der Sensor) zum
schwingen
bekommmen. Wenn ich nun mit Metall in die Nähe der Spule komme, wird
sich die Induktivität der Spule erhöhen und die Resonanzfrequenz
verschieben."

i.A. wird sich die Induktivität in Anwesenheit von Metallen verringern.
Ausnahmen bilden ferromagnetische Metalle wie Eisen, die zumindest bei
niedrigen Frequenzen die Induktivität erhöhen.

"Was für einen Schwingkreis kann ich dazu aufbauen, der sich
möglichst
schnell ändert und einfach aufzubauen ist?"

Die Schwingfrequenz ändert sich genauso schnell, wie sich das Metall
der Spule nähert.

"Ist die Colpitts-Schaltung eine Lösung oder gibt es bessere
Varianten?"

Colpitts ist die bekannteste Oszillatorschaltung für zweipolige Spulen.
es gibt aber noch eine einfachere, bei der sogar der Schwingkreis nur
zweipolig angeschlossen wird (siehe Anhang). Zu beachten ist nur, dass
die Amplitude auf wenige 100 mV reduziert werden muß, da sonst die
Sinusspannung verzerrt und die Frequenz nicht nur durch die
LC-Resonanzfrequenz bestimmt wird. Die Amplitude wird durch den Strom
in dem Widerstand bestimmt.

Jörg

von Fritz (Gast)


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Hallo Jörg,
danke für die Antworten.

Zur Induktivität:
Die hängt doch vom Spulenkernmaterial ab, also von my_0 (Μ oder mü
gesprochen)
Wenn es eine Luftspule ist, dann ist my_0 = 1. Wenn man nun einen
Eisenkern oder ähnliches in die Spule bringt, hat er ein my_0 << 1.
Deshalb wird die Induktivität größer.

Oder verstehe ich da etwas falsch?

Fritz

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ein nicht ferromagnetisches Material wirkt hauptsächlich kapazitiv,
erhöht die kapazitive Kopplung zwischen den Windungen und verringert
damit die Induktivität.
Zum Abgleich von Filtern benutzt man gern den "Zauberstab", der an
einem Ende ein Stück Ferrit, am anderen zum Beispiel Messing hat, damit
kann man beim Filter-Wobbeln die richtige Richtung sehen, ob mehr oder
weniger Induktivität richtig wäre.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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@Christoph
Wenn ein nicht ferromagnetisches Material haupsächlich die kapazitive
Kopplung zwischen den Windungen vergrößern würde, hätte das keinen
Einfluss auf die Induktivität. Vielmehr müßte die Vergrößerung der
Kapazität die Schwingfrequenz verringern. Das Material würde also die
Frequenz in die gleiche Richtung verändern wie ein ferromagnetisches.

@Christoph & Fritz
Tatsächlich wirkt auch ein nicht ferromagnetisches Material als
Spulenkern magnetisch. Hochfrequente magn. Wechselfelder verursachen in
Metallen Wirbelströme, die das Feld aus dem Material verdrängen
("magnetischer" Skin-Effekt). Metalle wie z.B. Messing verhalten sich
für hochfrequente Felder diamagnetisch, d.h. µ < 1. Nur deshalb
verkleinert sich die Induktivität, wenn man einen Messinkern einführt.

Jörg

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Der Diamagnetismus hat vermutlich nur einen geringen Einfluß, da er eine
sehr kleine Änderung der Induktivität ausmacht, im Gegensatz zum
Ferromagnetismus.
Die Kapazitäten, die ich genannt habe liegen gleichzeitig zwischen
vielen Windungen, das ist mit einem einfachen Schwingkreis nicht
vergleichbar, eher mit den kapazitiv belasteten Laufzeitleitungen, wie
die alte 4usec-Leitung im TV-Empfänger oder die Verzögerungsleitungen
im Oszilloskop.
Wirbelströme im Messing erzeugen vor allem eine Dämpfung des
Wirkwiderstands, also eine Verschlechterung der Güte, aber wenig
Änderung des Blindwiderstands.
Die Kapazitäten ändern vermutlich die Selbstinduktion, schließen die
magnetische Kopplung zwischen benachbarten Windungen kapazitiv kurz,
oder so ähnlich, das ergibt viele kleine Schwingkreise, jedenfalls wird
aus der einfachen Spule ein komplexeres Bauteil.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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@Christoph
"Der Diamagnetismus hat vermutlich nur einen geringen Einfluß, da er
eine sehr kleine Änderung der Induktivität ausmacht, im Gegensatz zum
Ferromagnetismus."

Ich schrieb ja auch nur, dass Messing bei hohen Frequenzen
diamagnetisch wirkt. Mit dem klassischen Diamagnetismus bei statischen
Feldern hat das überhaupt nichts zu tun. Diese diamagnetische Wirkung
bei hohen Frequenzen ist genauso dominierend für den Einfluß auf die
Induktivität wie der Ferromagnetismus bei niedrigen Frequenzen.

"Die Kapazitäten, die ich genannt habe liegen gleichzeitig zwischen
vielen Windungen, das ist mit einem einfachen Schwingkreis nicht
vergleichbar, eher mit den kapazitiv belasteten Laufzeitleitungen, wie
die alte 4usec-Leitung im TV-Empfänger oder die Verzögerungsleitungen
im Oszilloskop."

Das ist nach wie vor ein einfacher Schwingkreis. Kapazitive
Kopplungseffekte, wie Du sie beschreibst, kommen erst weit oberhalb der
Resonanzfrequenz zum Tragen und sind daher vernachlässigbar.

"Wirbelströme im Messing erzeugen vor allem eine Dämpfung des
Wirkwiderstands, also eine Verschlechterung der Güte, aber wenig
Änderung des Blindwiderstands."

Das ist falsch. Dämpfung erzeugen die Wirbelströme allenfalls im
unteren Frequenzbereich (< 1 MHz), wo Messimg u.a. aus diesem Grund
auch nicht für Spulenkerne verwendbar ist. Bei höheren Frequenzen
können die Wirbelströme nicht mehr ins Material eindringen
(Skin-Effekt) und folglich das Material auch nicht mehr aufheizen. Für
hohe Frequenzen geht die effektive Permeabilität µ von Messing und
allen anderen Metallen gegen null. Ausschließlich daraus resultiert die
erhebliche Verringerung der Induktivität beim Einführen eines
Messingkernes.

"Die Kapazitäten ändern vermutlich die Selbstinduktion,"

Nein, das hat nichts damit zu tun.

"schließen die magnetische Kopplung zwischen benachbarten Windungen
kapazitiv kurz, oder so ähnlich, das ergibt viele kleine Schwingkreise,
jedenfalls wird aus der einfachen Spule ein komplexeres Bauteil."

Wie gesagt, wirkt sich das erst bei Frequenzen weit oberhalb der
Resonanzfrequenz aus. Bei der Resonanzfrequenz kannst Du die Spule
getrost als einfache Spule betrachten.

Jörg

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wenn man eine Luftspule auseinanderbiegt, verringert sich die
Induktivität, so kann man sie etwa um 10 Prozent verringern, mehr geht
nicht. Das ist eindeutig eine Veränderung der Selbstinduktion von einer
zur anderen Windung, die beim Auseinanderbiegen geringer wird.
Ich meine immer noch, dass die kapazitive Wirkung eines nicht
ferromagnetischen Kerns entscheidend ist für eine
Induktivitätsänderung, aber habe in der Literatur dazu noch nichts
gefunden. Die Funk-, Radio- und Fernsehtechnik in der die für
konzentrierte Induktivitäten interessanten Frequenzbereiche vorkommen,
ist eben eine nicht sehr wissenschaftlich gewachsene Kunst. Man hat
mehr durch Probieren und anschließendes Erstellen von Nomogrammen
praktische Bemessungsregeln gefunden, wenn ich so die alten
"Transistorsender/ Empfänger"- Bücher von Harry Koch anschaue.
Ersatzschaltpläne gibts erst seit "Spice" und Konsorten.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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@Christoph
"Wenn man eine Luftspule auseinanderbiegt, verringert sich die
Induktivität, so kann man sie etwa um 10 Prozent verringern, mehr geht
nicht."

Wie kommst Du auf ausgerechnet 10 % ? Das hängt sehr stark von der
ursprünglichen Bauform der Spule ab. Von der kompakt gewickelten Spule
bis zum gerade gestreckten Draht sind es auf jeden Fall weit mehr als
10 %.

"Das ist eindeutig eine Veränderung der Selbstinduktion von einer
zur anderen Windung, die beim Auseinanderbiegen geringer wird"

Was verstehst Du unter "Selbstinduktion von einer zur anderen
Windung" ? Das ist alles schon seit langem bekannt. Die Induktivität
ist definiert als Quotient von Fluß und Strom L = Phi/I. Wenn die
Windungen dichter beieinander liegen, verstärken sich die Felder der
Einzeldrähte zu einem stärkeren Gesamtfeld, sodass beim gleichen Strom
ein größerer magnetischer Fluß entsteht. Nur deshalb erhöht sich die
Induktivität.

"Ich meine immer noch, dass die kapazitive Wirkung eines nicht
ferromagnetischen Kerns entscheidend ist für eine
Induktivitätsänderung, aber habe in der Literatur dazu noch nichts
gefunden"

Das ist keine Frage der Meinung. Mit etwas fundiertem Wissen aus den
Grundlagen der Elektrotechnik kann man sich das leicht selbst
überlegen. Messing verdrängt das Magnetfeld, reduziert dadurch den
Gesamtfluß und damit die Induktivität. Das ist alles.

"Die Funk-, Radio- und Fernsehtechnik in der die für
konzentrierte Induktivitäten interessanten Frequenzbereiche vorkommen,
ist eben eine nicht sehr wissenschaftlich gewachsene Kunst. Man hat
mehr durch Probieren und anschließendes Erstellen von Nomogrammen
praktische Bemessungsregeln gefunden, wenn ich so die alten
"Transistorsender/ Empfänger"- Bücher von Harry Koch anschaue"

Du darfst nicht aus wenigen Dir bekannten Büchern auf die ganze
wissenschaftliche Disziplin schließen. Die Nachrichtentechnik ist eine
außerordentlich wissenschaftliche Kunst, die sich u.a. mit genau diesen
Themen beschäftigt.

"Ersatzschaltpläne gibts erst seit "Spice" und Konsorten"

Das ist Unsinn. Ersatzschaltpläne sind so alt wie die Elektrotechnik
selbst. Ich habe hier rund 80-Jahre-alte Texte, in denen schon
Ersatzschaltbilder von Bauteilen zu finden sind. Damals, ohne PC,
konnte "Otto Normaltechhniker" allerdings praktisch nichts damit
anfangen und deshalb hat man die Techniker in ihrer Ausbildung nicht
damit belastet. Damit mußten sich seit jeher nur die Ingenieure
herumschlagen.

Jörg

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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Ich habe einen dicken Wälzer zum Thema Modellierung elektronischer
Bauelemente, viel zu Halbleitermodellen, aber das Kapitel zu
Induktivitäten und Übertragern ist ziemlich dünn.
In einem meiner Bücher zur Magnettheorie ist der Diamagnetismus nur für
statische Felder erwähnt, für dynamische Felder spricht niemand von
Diamagnetismus. Und statisch bewegen sich die Effekte im ppm-Bereich,
das Mü von Kupfer ist 1 - 5ppm, Wasser hat -9ppm und Wismut -154ppm.
Niemand bringt absichtlich nicht-ferromagnetisches Matall in Spulen
ein, weil es keinen praktischen Nutzen hat. Nur Schatzsucher träumen
davon, auf ihrem zappelnden Zeigerinstrument einen Ausschlag auf des
Wort "Gold" zu bekommen.
In Helix-Filtern werden Alu-Kerne zum Abgleich eingeschraubt, aber das
ist einfach eine kapazitive Verkürzung des oben leerlaufenden
Lambda-Viertel-Kreises, und hat nichts mit einer Induktivitätsänderung
zu tun, auch wenn das Bauteil von außen genauso aussieht wie
irgendwelche Filterkreise.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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"Ich habe einen dicken Wälzer zum Thema Modellierung elektronischer
Bauelemente, viel zu Halbleitermodellen, aber das Kapitel zu
Induktivitäten und Übertragern ist ziemlich dünn."

Wenn sich ein Buchautor zu bestimmten Themen etwas bedeckt hält, liegt
das oft daran, dass er von diesen Dingen nicht so viel Ahnung hat oder
dass sie einfach zu weit führen würden.

"In einem meiner Bücher zur Magnettheorie ist der Diamagnetismus nur
für statische Felder erwähnt"

Das ist auch so üblich

"für dynamische Felder spricht niemand von Diamagnetismus"

Richtig, ich auch nicht. Deshalb sagte ich, dass sich Messing bei hohen
Frequenzen diamagnetisch verhält. Das soll heißen, dass sich Messing bei
hohen Frequenzen genau so verhält als wäre es diamagnetisch, also das
Magnetfeld nach außen verdrängt. Der Unterschied ist nur, dass der
Effekt um viele Größenordnungen stärker ist als der "echte"
Diamagnetismus. Im Grunde genommen ist massives Messing für
HF-Magnetfelder sogar völlig undurchlässig.

"Und statisch bewegen sich die Effekte im ppm-Bereich,
das Mü von Kupfer ist 1 - 5ppm, Wasser hat -9ppm und Wismut -154ppm"

Deshalb kann man diese Effekte bei der Spule vernachlässigen.

"Niemand bringt absichtlich nicht-ferromagnetisches Matall in Spulen
ein, weil es keinen praktischen Nutzen hat"

Aber sicher doch. Spulen für Frequenzen über 100 MHz werden meistens
mit Messingkernen abgeglichen. Das geht auch schon ab 1 MHz, allerdings
sind da Ferritkerne besser geeignet.

"Nur Schatzsucher träumen davon, auf ihrem zappelnden Zeigerinstrument
einen Ausschlag auf des Wort "Gold" zu bekommen"

Und was denkst Du, wie die Suchspule eines Metallsuchgerätes NE-Metalle
unter bis zu 1 m feuchter Erde kapazitiv erkennen kann ? Wieso nimmt man
dann überhaupt eine Suchspule und nicht gleich einen kapazitiven Sensor
? Außerdem müßte ein kapazitiv wirkender Metalldetektor extrem
empfindlich auf Kapazitätsänderungen in unmittelbarer Nähe reagieren,
also auf kleinste Abstandsänderung zum Boden. Wie sollte man mit einer
derart instabilen Anzeige noch Metall finden können ?

"In Helix-Filtern werden Alu-Kerne zum Abgleich eingeschraubt, aber
das ist einfach eine kapazitive Verkürzung des oben leerlaufenden
Lambda-Viertel-Kreises, und hat nichts mit einer Induktivitätsänderung
zu tun, auch wenn das Bauteil von außen genauso aussieht wie
irgendwelche Filterkreise"

Das ist wohl richtig, hat aber nichts mit dem NE-Metall in der Spule zu
tun

Jörg

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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Die Spulen über 100 MHz zum Beispiel von Neosid sind eben Helixkreise.
Zitat aus dem Katalog http://www.neosid.de/DWL/Teil3/Teil_3.pdf :
"Der Abgleich wird mit einem Metallkern vorgenommen, der eine Erhöhung
der Kapazität bewirkt und metallisch mit dem Abschirmbecher verbunden
ist. Ein anderes Abgleichsystem verwendet ebenfalls einen Metallkern,
der induktiv wirkt und eine Erniedrigung der Induktivität der Wendel
herbeiführt."
Da kann ich es mir also aussuchen, wie das funktioniert und gemeint
ist.
Dass Metalldetektoren kapazitiv arbeiten habe ich nicht behauptet. Es
sind meiner Meinung nach Wirkwiderstandsänderungen durch
Wirbelstromverluste, aber das sagte ich schon.
Die Impedanz einer Spule, einfachstes Ersatzschaltbild ein idealer R
und ein ideales L in Serien (oder Parallel)schaltung, bei einer
Messfrequenz betrachtet ist ein Punkt in der komplexen
Widerstandsebene, horizontal der Wirkwiderstand R , vertikel der
Blindwiderstand XL aufgetragen. Ein eingebrachter Ferritkern,
hochohmig, daher kaum Wirbelströme, bewirkt eine Verschiebung des
Punktes auf einer Senkrechten nach oben. Eine reine
Wirkwiderstandsänderung durch Wirbelstromverluste wäre eine horizontale
Verschiebung, und eine Mischung aus beidem zum Beispiel durch Eisenkern
wäre eine schräge Verschiebung weg vom Nullpunkt.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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"Die Spulen über 100 MHz zum Beispiel von Neosid sind eben Helixkreise.
Zitat aus dem Katalog http://www.neosid.de/DWL/Teil3/Teil_3.pdf :
"Der Abgleich wird mit einem Metallkern vorgenommen, der eine
Erhöhung
der Kapazität bewirkt und metallisch mit dem Abschirmbecher verbunden
ist. Ein anderes Abgleichsystem verwendet ebenfalls einen Metallkern,
der induktiv wirkt und eine Erniedrigung der Induktivität der Wendel
herbeiführt."
Da kann ich es mir also aussuchen, wie das funktioniert und gemeint
ist"

Nein, aussuchen kannst Du da garnix. Wie der von Dir zitierte Text
bereits richtig aussagt, erhöht sich die Kapazität und die Induktivität
verringert sich in Anwesenheit eines Metallkernes. D.h., die Frequenz
wird einmal niedriger und einmal höher. Du kannst also bereits aufgrund
der Frequenzänderung ganz eindeutig erkennen, ob die Wirkung induktiv
oder kapazitiv ist. Kapazitiv ist sie nur, wenn der Kern am Ende eines
Resonators eingeführt wird, wo elektrische Felder dominieren. Es geht
hier aber nicht um Resonatoren sondern um richtige gewickelte Spulen
mit einem parallelgeschalteten Kondensator, dessen Kapazität i.d.R.
relativ groß gegenüber den parasitären Windungskapazitäten ist. Hier
gibt es in erster Linie einen magnetischen Effekt. Das kann jeder
leicht testen, indem er einen Messingstab in eine Oszillatorspule
einführt und feststellen wird, dass die Frequenz höher wird ->
induktiver Effekt

"Dass Metalldetektoren kapazitiv arbeiten habe ich nicht behauptet"

Hat sich aber so angehört.

"Es sind meiner Meinung nach Wirkwiderstandsänderungen durch
Wirbelstromverluste, aber das sagte ich schon"

Einfache Metalldetektoren arbeiten mit 2 HF-Oszillatoren, von denen
einer mit einer stabilen Frequenz arbeitet und die Frequenz des anderen
durch den Schwingkreis bestimmt wird, in den die Suchspule eingebaut
ist. Durch Mischung beider Frequenzen entsteht eine Schwebungsfrequenz,
die hörbar gemacht wird und sehr empfindlich auf Frequenzänderungen des
Suchspulen-Oszillators reagiert. Der Wirkwiderstand bzw. die Dämpfung
des Schwingkreises hätten aber nur geringe bis keine Auswirkung auf die
Frequenz. Derartige Metalldetektoren dürften also Deiner Meinung nach
garnicht funktionieren - tun sie aber doch.

"Die Impedanz einer Spule, einfachstes Ersatzschaltbild ein idealer R
und ein ideales L in Serien (oder Parallel)schaltung, bei einer
Messfrequenz betrachtet ist ein Punkt in der komplexen
Widerstandsebene, horizontal der Wirkwiderstand R , vertikel der
Blindwiderstand XL aufgetragen. Ein eingebrachter Ferritkern,
hochohmig, daher kaum Wirbelströme, bewirkt eine Verschiebung des
Punktes auf einer Senkrechten nach oben. Eine reine
Wirkwiderstandsänderung durch Wirbelstromverluste wäre eine
horizontale
Verschiebung, und eine Mischung aus beidem zum Beispiel durch
Eisenkern
wäre eine schräge Verschiebung weg vom Nullpunkt"

Richtig und ein Messingkern ergibt bei genügend hohen Frequenzen eine
senkrechte Verschiebung nach unten.

Jörg

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ich habe nochmal meine (ältere) Fachliteratur gewälzt. Ernsthafte
wissenschaftliche Bücher, wie der Meinke/Gundlach (meine Ausgabe von
1962) oder Megla ( noch älter) kennen keine Induktivitätsabstimmung mit
anderen als ferromagnetischen Materialien.
Es gibt allerdings das Variometer mit Kurzschlußwicklung, das unserem
Fall nahe kommt. Diese kurzgeschlossene Wicklung bildet die
Sekundärwicklung eines Übertragers, und wird mehr oder weniger in das
Feld des Primärkreises, also der eigentlichen, auf diese Weise
abstimmbaren Induktivität eingetaucht. Hier verringert sich die
Induktivität tatsächlich, abhängig von der Verkopplung der beiden
Kreise.
Ein zweiter Fall ist die Betrachtung eines Abschirmbechers über der
Spule, der ebenfalls eine Art Kurzschlußwicklung darstellt, und in
gleicher Weise eine Induktivitätsverminderung bewirkt. Durch Eindrücken
dieses Bechers könne sogar ein Feinabgleich erfolgen.
Im Megla ist ein Topfkreis abgebildet, dessen Innenleiter gewendelt
ist. Ein in der Wendel einschraubbarer Metallkern schließt die
Windungen der Reihe nach kapazitiv kurz, wodurch seine Resonanzfrequenz
steigt.
Poulärwissenschaftlichere Werke wie ein Buch vom guten Heinz Richter
(1971) erwähnen nur kurz, dass nicht ferromagnetische Kerne in der
Praxis selten vorkommen, die Induktivität verringern ( ohne Erklärung)
und es damals einen Fernsteuersender gab, der in der Frequenz durch
Austausch des Ferrits gegen Alukern in einen anderen Frequenzbereich
umgebaut werden konnte. Der RPB-Band 80 "Das Spulenbuch" zeigt am
Rande, dass man in der Frühzeit des UKW-Empfangs, noch in
Röhrentechnik, Variometer mit Alukern benutzt hat.
Ach ja für Messing wird im Zusamnmenhang mit Skineffekt und Einfluß von
Versilberung erwähnt dass es je nach Zinkanteil schon fast
ferromagnetische Permeabilitäten erreichen könne, es sei ein denkbar
schlechtes Material für Hochfrequenz, wenn kein ausreichend dicker
Silberbelag das Messing abschirmt.

von Michael U. (Gast)


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Hallo,

ich will mich nicht sonderlich in die Diskussion einmischen, die
Wirkungsweise ist mir auch relativ egal.
Man hat auch in der Frühzeit der Transistor-UKW-Tuner Alu- oder
Messingkerne für den Abgleich benutzt. Damals, weil es keine Ferrite
gab, die mit ausreichend geringen Verlusten im Bereich um 100MHz
aufwarten konnten. Später war sparen angesagt und man beschloß,
Luftspulen, die man zum Abgleich einfach passen biegt, tun es auch
(japanische Taschenradios dürften damit angefangen haben).
Wenn es der Meinungsbildung förderlich ist, mach eich mal ein paar
Bilder von UKW-Tunern aus dieser Zeit. Müßte ich nur meine Radios mal
aufschrauben.
TV-VHF-Tuner hatten übrigens auch Messingkerne als Abgleichelemente.

Gruß aus Berlin
Michael

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ja damals gab es noch keine Kapazitätsdioden, Drehkondensatoren waren
für UKW etwas groß, daher ist man diese Kompromisse eingegangen.

Ich will die Diskussion auch langsam beenden, das Variometer aus dem
Meinke-Gundlach scheint mir der richtige Ansatz zu sein.
Beim Wort Wirbelstrom-Verluste denkt man erst mal an Wirkleistung, da
aber die transformatorische Kopplung unvollständig ist, gibt es auch
Blindanteile. Hier das einfachste Ersatzschaltbild eines unvollständig
gekoppelten realen Übertragers. Aus dem schon erwähnten Wälzer (1072
Seiten) "Elektronische Bauelemente, Funktion, Grundschaltungen ,
Modellierung mit SPICE" , Springer Verlag 1998 ISBN 3-540-60991-1.
Auf den folgenden Seiten wird das Ersatzschaltbild immer komplizierter,
für Spice gibts aber fertige Modelle, das wird auch beschrieben.
Schön die professorenhafte ( der Autor Reisch ist Prof an der FH
Kempten) Formulierung "...folgt mühelos..."

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Und hier der Meinke-Gundlach, der genau diese drei Elemente L1, L2 und M
für ein kurzgeschlossenes Variometer benutzt und eine Verkleinerung der
ursprünglichen Induktivität abhängig von der Ankopplung beschreibt.
Das kurzgeschlossene Variometer ist ja ein Spezialfall der
Wirbelstrombildung in einem Metallteil in der Spule, die hier ganz
bewußt und einstellbar provoziert wird. Klar ist auch die Bemerkung
"mit festerer Kopplung sinkt die Spulengüte" das ist eine Folge der
Verluste.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wegen Jörgs Frage "Was verstehst Du unter "Selbstinduktion von einer
zur anderen Windung" ?" noch aus dem RPB-Band Nr. 80 "Das
Spulenbuch" von H. Sutaner 1972 die etwas umständlich erklärte
Darstellung, warum ein aufgewickelter Draht mehr Induktivität aufweist
als ein gestreckter.
Die "Urspannungen" durch Induktion , wenn die "magnetischen
Kraftlinien" einer Windung eine Nachbarwindung schneiden, addieren
sich. Eine lineare Überlagerung von Feldern erklärt mir noch nicht
warum die Induktivität steigt.
Die genannten 10 Prozent Änderung sind ein Erfahrungswert für
Luftspulen mit ein paar mm Durchmesser, die man zum Abgleich
auseinanderbiegt, sodaß die Windungen wenige paar Zehntel mm
auseinanderklaffen.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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@Michael
"Später war sparen angesagt und man beschloß,
Luftspulen, die man zum Abgleich einfach passen biegt, tun es auch
(japanische Taschenradios dürften damit angefangen haben)."

Du mußt doch zugeben: Einfacher und billiger geht's kaum ;-)

"Wenn es der Meinungsbildung förderlich ist, mach eich mal ein paar
Bilder von UKW-Tunern aus dieser Zeit. Müßte ich nur meine Radios mal
aufschrauben"

Danke für das Angebot, aber von mir aus mußt Du diesen Aufwand nicht
machen. Ich habe da auch schon ausreichend Vieles von innen gesehen.

"TV-VHF-Tuner hatten übrigens auch Messingkerne als
Abgleichelemente"

Du meinst vermutlich die alten Trommeltuner, bei denen für jeden der 11
Kanäle ein kompletter Spulensatz umgeschaltet wurde. Dort waren
massenweise Messingkerne verbaut.

@Christoph
Ich habe nochmal meine (ältere) Fachliteratur gewälzt. Ernsthafte
wissenschaftliche Bücher, wie der Meinke/Gundlach (meine Ausgabe von
1962) oder Megla ( noch älter) kennen keine Induktivitätsabstimmung mit
anderen als ferromagnetischen Materialien"

Was aber nicht heißen muß, dass es nicht gängige Praxis ist oder war.
Auch Autoren können ja nicht alles wissen. Weitgehend unbekannt ist
auch das "Schleifer-Variometer", das vorwiegend im UHF-Bereich zum
Einsatz kam. Damit wurde die Resonatorlänge mit einem Schleifer nach
Bedarf verkürzt.

"Es gibt allerdings das Variometer mit Kurzschlußwicklung, das
unserem
Fall nahe kommt. Diese kurzgeschlossene Wicklung bildet die
Sekundärwicklung eines Übertragers, und wird mehr oder weniger in das
Feld des Primärkreises, also der eigentlichen, auf diese Weise
abstimmbaren Induktivität eingetaucht. Hier verringert sich die
Induktivität tatsächlich, abhängig von der Verkopplung der beiden
Kreise"

Es kommt unserem Fall nicht nur nahe sondern ist ihm äquivalent. Der
massive Messinkern (es könnte genauso gut ein dünnwandiges Rohr sein)
schließt alle eventuell auftretenden Induktionsspannungen im Inneren
über die äußere Mantelfläche kurz. Genau darauf beruht auch seine
diamagnetische Wirkung bei hohen Frequenzen.

"Ein zweiter Fall ist die Betrachtung eines Abschirmbechers über der
Spule, der ebenfalls eine Art Kurzschlußwicklung darstellt, und in
gleicher Weise eine Induktivitätsverminderung bewirkt"

Das ist exakt der gleiche Effekt, zumindest bei hohen Frequenzen und
nicht-ferromagn. Abschirmmaterial. Die magn. Feldlinien können die
Abschirmung nicht durchdringen und so bleibt für den magn. Rückfluß der
Spule nur der enge Zwischenraum zwischen Abschirmung und Spule, während
ohne Abschirmung die gesamte Umgebung der Spule zur Verfügung steht.
Daraus ergibt sich bei Spulen mit Abschirmung ein größerer magn.
Widerstand -> weniger magn. Fluß -> kleinere Induktivität.

"Im Megla ist ein Topfkreis abgebildet, dessen Innenleiter gewendelt
ist. Ein in der Wendel einschraubbarer Metallkern schließt die
Windungen der Reihe nach kapazitiv kurz, wodurch seine Resonanzfrequenz
steigt"

Wer sagt das ? Um die Wendeln kapazitiv kurzschließen zu können, müßte
die Kapazität zwischen Kern und Draht um Größenordnungen größer sein
als die Schwingkreiskapazität, sonst gäbe es u.U. mehrere verkoppelte
Resonanzen. Dazu dürfte dazwischen nur ein µm-breiter Spalt sein. Das
ist bei einer freitragenden Spule nicht machbar und mit Spulenkörper
schon garnicht.

"Ja damals gab es noch keine Kapazitätsdioden, Drehkondensatoren
waren
für UKW etwas groß, daher ist man diese Kompromisse eingegangen"

Warum sollten Drehkondensatoren für UKW groß sein ? Sie sind auf jeden
Fall wesentlich kleiner als für MW und sie sind auch nicht unbedingt
größer als Variometer. Sie haben allenfalls eine etwas aufwendigere
Mechanik.

"Wegen Jörgs Frage "Was verstehst Du unter "Selbstinduktion von
einer
zur anderen Windung" ?" noch aus dem RPB-Band Nr. 80 "Das
Spulenbuch" von H. Sutaner 1972 die etwas umständlich erklärte
Darstellung, warum ein aufgewickelter Draht mehr Induktivität aufweist
als ein gestreckter. Die "Urspannungen" durch Induktion , wenn die
"magnetischen Kraftlinien" einer Windung eine Nachbarwindung
schneiden, addieren sich. Eine lineare Überlagerung von Feldern erklärt
mir noch nicht warum die Induktivität steigt"

Das wundert mich nicht; "etwas umständlich erklärte Darstellung" ist
wirklich sehr schmeichelhaft ausgedrückt. Die Formulierung ist
grauenhaft schlecht und trägt in keinster Weise zum Verständnis bei. Da
rollen sich jedem Physiker und E-Techniker die Fußnägel hoch. Wie ich
bereits schrieb gilt die grundlegende Formel L = Phi/I. Induktivität
ist also ein Maß dafür, wieviel magn. Fluß die Spule mit einem
bestimmten Strom erzeugen kann. Dabei ist zu beachten, dass I der
tatsächlich durch den Draht fließende Spulenstrom ist, während Phi der
insgesamt vom Draht umschlossene Fluß ist und sich als Produkt von
Windungszahl und physikalischen Fluß ergibt. Bei einem gestreckten
Draht laufen die magn. Feldlinien konzentrisch um den Draht herum und
man kann durch Integration der Flußdichte den Gesamtfluß ausrechnen.
Wenn man nun, wie in einer Spule, Drähte gleicher Stromrichtung dicht
zusammenlegt, gibt es einen ganz kleinen Bereich zwischen benachbarten
Drähten, wo die magn. Feldlienien einander entgegenlaufen und sich
aufheben. Im restlichen wesentlich größeren Raum um die Drähte herum
addieren sich die Feldstärken, sodass sich der Fluß bei
gleichbleibenden Strom deutlich vergrößert. Also: Gleicher Strom, mehr
Fluß -> größere Induktivität.
Wenn man sich das einprägt, versteht man auch ganz einfach, warum die
Induktivität bei sonst gleichbleibender Geometrie quadratisch mit der
Windungszahl steigen muß.

Jörg

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