Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Welche Lösung ist besser? (Mosfet + WS2801)


von Sebastian B. (sebastian_b56)



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Hallo Ihr Lieben,

Ich habe hier eine (relativ triviale) Schaltung aufgebaut, die zwar 
inzwischen "funktioniert" mir ein paar Fragen aufgibt.
Da ich bei analoger Elektronik (und hier ist es ja "nur" ein MOSFET) 
leider ein paar Wissenslücken habe, ist das mal wieder eine gute 
Gelegenheit für mich, was zu lernen.

Die Schaltung (siehe angehängten Schaltplan) soll mit einem WS2801 LED 
Treiber IC (https://www.led-studien.de/datasheet/WS2801.pdf) eine 3W 
RGB-LED ansteuern. Der WS2801 selbst kann pro Kanal leider keine 350mA 
treiben, aber in den Application Notes wird eine "Constant Voltage 
Driving Mode with External Switches" beschrieben. Dort schaltet ein 
Transistor am Ausgang die LED. (Fig.8 - im Text wird fälschlicherweise 
Fig.9 referenziert)
Da die Schaltung nur mit einer Lithium-Ionen-Zelle betrieben wird, und 
ich mit der Versorgungsspannung damit eh schon sehr nah an der Forward 
Voltage der grünen und blauen LED bin, kann/will ich mir den 0.5 - 0.8V 
Drop des Transistors nicht wirklich leisten. Daher dache ich mir, dass 
ich einen MOSFET benutze.
Eine kurze Recherche hat ergeben, dass das andere auch schon gemacht 
haben:
(https://www.reddit.com/r/electronics/comments/oyfnc/how_to_connect_mosfets_to_a_ws2801_chip_instead/)

Ich habe also die Schaltung wie im angehängten Bild (und nach Vorschlag 
des Redditors) auf einem Breadboard und einem wohl massiv 
überdimensionierten IRLB8721PBF aufgebaut - und dort hat alles wunderbar 
funktioniert.

Im nächsten Schritt habe ich mir aus der Schaltung ein PCB designed und 
fertigen lassen. Da der IRLB8721PBF mir überdimensioniert vorkam, und 
ich außerdem für ein einseitiges (Aluminium-)PCB designen musste, habe 
ich mich mit den Kriterien
 - kleiner Footprint
 - den Preis,
 - niedrige V_GS(th)
 - genügend großen I_D
auf die suche gemacht, und mich dann für den YJL2302B N-Channel MOSFET 
(https://datasheet.lcsc.com/lcsc/2007231239_Yangzhou-Yangjie-Elec-Tech-YJL2302B_C699316.pdf) 
entschieden.

Nachdem das erste Board fertig bestückt war, kam die erste Überraschung: 
Es funktioniert, aber die LEDs leuchten invertiert. Also an statt aus, 
hell statt dunkel.
Hier also Frage 1: Hat jemand ne Idee, wieso? In einem kleinen 
Experiment habe ich herausgefunden, dass der POL(arity)-Pin sich bei 
meinem WS2801 anders verhält, als ich es im Datenblatt lese: Auf GND 
gezogen zeigt er das selbe Verhalten wie wenn ich ihn floaten lasse. Auf 
VCC gezogen invertiert sich die Ausgabe. Das Datenblatt interpretiere 
ich so, dass Floating und HIGH das selbe Verhalten haben sollte.. Meine 
Vermutung also: Vielleicht habe ich ne andere Chip-Version erwischt, und 
das Verhalten des POL-Pins ist invertiert? Der WS2801 IC auf dem 
Breadboard war 10 Jahre alt, im PCB habe ich einen ganz neuen verbaut.

Da ich die PCB jetzt schon hatte, habe ich einfach softwareseitig das 
Eingabesignal invertiert und gut war.

Das zweite Problem, das sich dann zeigte, war, dass die LED leicht 
flackerten. Meine Vermutung war, dass der Pull-Up mit 1K etwas zu knapp 
bemessen war, und der WS2801 das Gate des MOSFET nicht voll nach GND 
ziehen konnte. Ich hab den 1k Pull-up durch einen 10k Pull-Up ersetzt, 
und das flackern war weg. Nach einiger Zeit ist mir allerdings 
aufgefallen, dass die LED nie ganz aus sind, wenn sie es sein sollten, 
sondern immer noch leicht glimmen. Mit einem Poti habe ich dann den 
Widerstand des Pull-Ups bestimmt, bei dem die LED auch aus war, wenn sie 
es sein sollte: 33 k - Das kam mir für einen Pull-Up recht viel vor, 
aber damit funktionierte die Schaltung dann.

Eine Alternative, mit der ich sie auch ans Laufen bekommen habe, war 
folgende: Den POL(arity)-Pin des WS2801 doch wieder auf HIGH zu ziehen. 
Damit waren die LED dann auch schon mit dem 1k Pull-Up aus, wenn sie es 
sein sollten. Allerdings bin ich ein wenig unsicher, da das laut meiner 
Interpretation des Datenblattes den IC in den "Constant Current Driving 
Mode" versetzt. Das will ich ja eigentlich nicht?

Da ich jetzt (auch aus einem anderen Grund) noch einmal neue PCBs 
fertigen muss, hier die Frage: Welches meiner beiden Lösungen ist die 
bessere Variante? (33k Pull-Up oder POL auf HIGH?)

Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich nicht verstehe, was im 
WS2801 vor sich geht. In meiner Vorstellung liegen an den X_OUT-Pins im 
Constant Voltage Driving Mode verschiedene Spannungen an, die dann den 
MOSFET durchschalten oder eben nicht. Warum da dann der Wert des 
Pull-Ups so wichtig ist, ist mir nicht klar. Vielleicht kann da einer 
mein Verständnis erhellen. (Entsteht da vielleicht ein relevanter 
Spannungsteiler, der die Spannung am MOSFET beeinflusst?)

Vielleicht hat ja jemand von euch einen hilfreichen Input für mich :-)

Liebe Grüße,

Sebastian

von Christoph K. (kobelix)


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Herzlich willkommen in der Welt der Analogtechnik :-)

> Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich nicht verstehe, was im
> WS2801 vor sich geht.

Ein Blick in die Datenblätter verrät folgendes:

Der "überdimensionierte" IRLB8721 hat ein Uth von ca. 1,8 V bei 25 µA.
Der "Neue" hat ein Uth von ca. 0,78 V bei 250 µA.
Bei 250 µA leuchtet eine LED bereits deutlich sichtbar, selbst bei 25 µA 
schon ein klein wenig.

Grob überschlagen (Mathe falsch, keine Lust die exakten Formeln 
nachzuschlagen, aber pragmatisch grob passend) hat "der Neue" dann bei 
25 µA ein Uth von 0,5 V. Das ist ja keine Schwarz-Weiß-Ein-Aus-Thematik, 
sondern ein mehr oder weniger sanfter Übergang ... Analogtechnik eben 
;-)

Der WS2801 hat eine "Output Saturation Voltage" von ca. 0,4 bis 0,6 Volt 
(bei 20 mA), für andere Ströme ist nix spezifiziert (Seite 2 ganz 
unten).

Kurz: Es ist gut möglich, dass Dein Uth bei dem neuen Mosfet ZU GERING 
ist, weil der WS2801 die Spannung nicht so weit runter ziehen kann. 
Deswegen leuchten die LEDs noch und vermutlich schwingt / flackert es 
deswegen auch.

> Mit einem Poti habe ich dann den
> Widerstand des Pull-Ups bestimmt, bei dem die LED auch aus war, wenn sie
> es sein sollte: 33 k - Das kam mir für einen Pull-Up recht viel vor,
> aber damit funktionierte die Schaltung dann.

Ein Mosfet braucht (DC-mäßig) keinen Strom, daher ist ein großer Pull-Up 
theoretisch kein Problem. Praktisch wird es ein Problem, weil der 
Treiber PWM macht und dann die Gate-Kapazität zu langsam aufgeladen 
wird. Der Mosfet wird dann unnötig heiß und die PWM ist nicht mehr 
linear. UND der Treiber bekommt die Gates auch nicht schnell genug 
entladen, weil er eine Sättigungsspannung hat, die sehr dicht am Uth 
dran ist.

> Da ich jetzt (auch aus einem anderen Grund) noch einmal neue PCBs
> fertigen muss, hier die Frage: Welches meiner beiden Lösungen ist die
> bessere Variante? (33k Pull-Up oder POL auf HIGH?)

Ich würde keines von beidem machen, da es Gefrickel ist. Sonst erlebst 
Du bei den nächsten PCBs wieder eine Überraschung.

Vorschläge:
1. Nimm andere Transistoren.
a) Entweder npn ... dann einmal kurz vorher auf dem Breadboard aufbauen 
und testen, ob das funktioniert ... oder
b) Nimm Mosfets mit einem Uth von mehr als 1,2 V. Damit bist Du 
ausreichend weit von den 0,6 V Sättigungsspannung entfernt.
2. Achte darauf, wo Du die ICs herbekommst. Das Datenblatt ist schon 
"schlampig" ... es würde mich nicht wundern, wenn jemand dazu noch 
schlampige ("gefälschte") ICs verkauft. Nur so 'ne Idee. Normalerweise 
sollten sich Chips aus unterschiedlichen Chargen nicht gegensätzlich 
verhalten.
3. Miss mal nach, was Deine Schaltung tatsächlich macht! ;-)
Ich habe mich bei Deinem Beitrag gewundert, dass keine konkreten 
Spannungsangaben bzw. Messergebnisse darin vorkommen.

: Bearbeitet durch User
von Till (Gast)


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Hallo Sebastian

Betr. 1) - aus dem Datenblatt ist tatsächlich nicht ersichtlich, wieso 
POL offengelassen sich gleich verhält, wie wenn er auf GND gelegt wird 
und wieso die Funktion anders als beschrieben ist. Ich hätte den pin 
auch auf GND gezogen, da Du ja die invertierte Polarität möchtest.

Betr. 2) bin ich einer Meinung mit Christoph. Ich hätte aber noch einen 
andern Vorschlag: um den FET unabhängiger von Sättigungseffekten des 
R/G/BOUT zu machen und daher niedriges Uth spezifizieren zu können (um 
den Transistor möglichst leitfähig zu machen sollte ja VGS - Vth 
maximiert werden und Deine Spannungen sind ja nicht enorm) könntest Du 
einen P-Kanal MOS verwenden. Der Leckstrom am Ausgang des WS2801 ist ja 
mit max. 1uA spezifiziert, d.h, mit einem pull-up von 10k wäre der 
P-Kanal MOS sicher dicht. Ich verwende z.B. immer gerne mal Si3477. POL 
wäre damit wieder umzukehren. Ich hoffe, mein ASCII-art kommt durch

  ----------------   Vcc
   |       |--|
  |R|    | |>-|
   |_____| |------
   |             |
   |            |R|
   |            _|_
   |            \ /  LED
 R/G/BOUT      -----
                 |

                GND

Viel Glück
- Till

von Till (Gast)


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...one more thing...

wie von Christoph schon angetönt möchtest Du R1/2/3 so klein halten, 
dass die Zeitkonstante zum Entladen der FET-Kapazitäten (schon beim 
Si3477 beträchtliche Ciss=2.6nF, Crss=0.6nF zusammen also ~3nF) klein im 
Vergleich zur PWM Frequenz bleibt. Falls ich das richtig verstehe sind 
das 2.5kHz ~ 400us (nachmessen?). Ein dickerer FET kann nicht nur 
stärkere Lasten treiben - er braucht (beim dynamischen Betrieb) auch 
mehr Treiberpower.
10k*3nF = 30us; sollte OK sein, viel grösser würde ich R1 bei diesem 
Beispieltransistor nicht wählen.

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