Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Anekdoten aus der Bewerbung - Teil 2 : Nichtexistente Stelle


von HolliPolli (Gast)


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Es ist ja nun hinlänglich bekannt, daß sich Firmen öfters mal dazu 
hinreissen lassen, nichtexistente Stellen im Internet zu 
veröffentlichen, um eine gute Geschäftssituation vorzutäuschen. Andere 
gehen noch einen Schritt weiter, melden Stellen sogar beim Arbeitsamt 
und verstärken den Eindruck des chronischen Mitarbeitermangels noch 
durch lautes Geschrei in der Presse, um weiter Druck auf unsere 
Regierung zu machen, den Zugang für osteuropäische Nicht-EU-Akademiker 
zu erelcihtern. Den Gipfel stellt es meines Erachtes dar, wenn sich 
Firmenchefs und solche, die sich dafür halten, noch öffentlich im 
Fernsehen präsentieren und verkünden, man habe es ja sooooooo schwer, 
geignete Mitarbeiter zu finden, bei näherer Nachfrage, dann aber 
garnicht einstellen möchten.

Ich selbst war von einem solchen Fall betroffen: Nach meinem Ausstieg 
bei einer Pharmagerätefirma hatte ich mir einen Übergangsjob in einer 
Elektronikfirma gesucht und mich vor dort aus auf Stellen beworben, die 
sich wieder in einem ähnlichen Umfeld bewegen. Eine der angeschriebenen 
Firmen war ein Augenlaserhersteller im bayerischen Kleinostheim. Nach 
Anruf bei der auf der Webseite genannten Person, Frau F., die für eine 
ausdrücklich gelistete Stelle als Softwareentwickler zuständig war und 
mich bat, eine schriftliche BW einzureichen, übersendete ich meine 
Unterlagen. Nach schon 3 Wochen kam die Absage per mail, daß man mir 
keine Stelle anbieten könne.

Umso überraschter war ich, als ich wenige Wochen danach einen 
Fernsehbericht sah, der etwa während meiner Bewerbungsphase gedreht 
worden sein musste, in dem sich Firmen heftigst beklagten, daß sie keine 
Sotfwareentwickler fänden. Eine der Personen war ein gewisser Rolf S., 
Geschäftsführer dieser Augenlaserfirma !!!  Irritiert und belustigt 
zugleich erspähte ich auf dem Schirm ein aufgeregtes Männchen, welches 
lautstark und mit geschwellter Brust verkündete, , daß deutsche 
Softwareingenieure - so wörtlich - "zu behäbig und zu satt" seien und er 
sich deshalb im Ausland umsehen müsse. Aufgrund des Mangels und der 
schlechten Ausbildung hier, sei es unmöglich, einen geeigneten und 
motivierten Kandidaten zu finden. In dasselbe Horn stießen auch andere 
Chefs und Agitatoren, um zu untermauern, wie wichtig nun endlich eine 
Gesetzesnovelle sei.

Daß an solchen Pauschaldarstellungen, um nicht zu sagen, 
Pauschalabwertungen deutscher Softwwerker einerseits - und dem 
angeblichen Mangel andererseits - nicht alles ganz koscher sein kann, 
wurde dann auch im TV-Bericht angezweifelt. Mehr noch: Eine konkrete 
Rückfrage bei dem ortsansässigen Arbeitsamt in Offenbach ergab, daß zu 
diesem Zeitpunkt (um etwa 2002) rund 400 Programmierer und 
Softwareentwickler auf Stellensuche seien. Im Bericht wurde sogar ein 
junger Mann dagestellt, der nahc eigenen Angaben um jeden Preis arbeiten 
wolle, selbst bei geringerem Gehalt. Tenor des Berichtes war dann, daß 
er und die meisten seiner Kollegen mit z.T. 35 Jahren und älter als 
"nicht mehr prägbar" und "anpassungsunwillig" gelten und daher nicht 
vermittelbar seien.

Weitere Schlussfolgerung: Besagter Herr S. und Konsorten sollten sich 
doch bitte einmal durchdenken, welche Ziele sie verfolgen, wenn man 
einseitig auf junge Mitarbeiter setzt.

Was aus meiner persönlichen Sicht noch interessant war: Die 
Augenlaserfirma und ihr wortgewaltiger Rolf S. HATTEN derzeit gar keine 
Stellen zu besetzen oder wollten es nicht! Da hört bei mir der Spass 
auf! Was denken sich diese arroganten Juniorchefs überhaupt?

Ich habe mich gleich nach der Sendung nochmals unter anderen Namen 
beworben und erhilet dasselbe Ergebnis: Es gab gar keinen Bedarf 
derzeit. Die Aufforderung auf der (damals noch dunkelblauen) Webseite, 
sich initiativ zu bewerben (Stelle war natürlich unmittelbar nach dem 
Bericht weg)  blieb aber bestehen.

Mann, Mann, Mann

von Sperrholzplatte (Gast)


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> Was denken sich diese arroganten Juniorchefs überhaupt?

Nichts, warum auch? Ihr Geld kriegen sie auch so.

von Mahner (Gast)


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Ich halte das schon für extrem problematisch, wenn hier eine 
organisierte Aktion im Gange ist, die wirtschaftlichen und politischen 
Verhältnisse so umzubiegen, daß der Ausbeutung Tür und Tor geoöffnet 
werden. Über den Druck billig importierter Entwickler sollen nur über 
das Hintertürchen geringere Gehälter durchgesetzt werden. Denn viele 
Ausländer will im Grunde eigentlich keiner einstellen. Da stehen 
sprachliche und kulturelle Aspekte dagegen. Es sollen wenn möglich schon 
Deutsche sein, aber halt arbeitswillige Angepasste zum Billigtarif.

Ich kann nur hoffen, daß die Politik dem nicht folgt, sonst haben wir 
bald noch mehr arbeitslose Ingenieure und Wissenschaftler und die jungen 
Nachwuchskräfte müssen bald 2 Jahre lang Praktikum kachen, bis sie mal 
irgendwo übernommen werden. Die jüngsten Aussgagen unserer offenbar 
mäßig intelligenten und mit geringem Weitblick ausgestatteten Kanzelin 
machen mich aber nachdenklich. Die Dame scheint nur der Industrie nach 
dem Mund zu reden, dabei ist die Fragestellung nach volkswirtschaflicher 
Sicht vollkommen eindeutig:

Wir brauchen keine Förderung für Unternehmen, die Arbeitsplätze abbauen 
und die Arbeitslosigkeit im eigenen Lande fördern, denn die Unternehmen 
zahlen kaum noch Steuern! Ein gut funktionierendes, weil wirtschaftlich 
arbeitendes, Unternehmen im eigenen Land sieht zwar gut aus, nutzt aber 
nur den wenigigen Aktionären und Firmeninhabern, nicht aber dem Staat! 
Was wir brauchen, um unseren Staat zu finanzieren, Polizisten und 
Kinderbetreuer zu bezahlen, sind Menschen, die Steuern zahlen und dies 
sind nunmal die Deutschen! Mit ausländischen Leihkräften, die ihr Geld 
sparen und ihre Familie im Ausland finanzieren und die Einnahmen 
womöglich noch dort versteuern, kurbeln wir hier keine Wirtschaft an und 
es geht weiter bergab! Und auch wenn nur wenige kommen und die Gehälter 
sinken, macht asich dies negativ bemerkbar: Die 25% "Besserverdienenden" 
wie sie immer genannt werden, leisten 70% der Steuerlast! Wenn es bei 
den hochbezahlten Akademikern auch nur 1 Euro die Stunde runtergeht, 
oder infolge des Konkurrenzdrucks nicht hochgeht, sind das für den 
Staatshaushalt gleich jählich Milliarden, die fehlen!

Hinzu kommt die Abwanderung: Was nutzen uns all die Universitäten und 
Elitebildungsstätten, wenn die Jungabgänger keine gut bezahlten Stellen 
finden? Die einen werden sich überlegem, ob sie überhaupt noch studieren 
und die anderen verfahren nach dem Motto "Augen zu und durch und dann ab 
ins Ausland". Da hat dann der Staat einen jungen Menschen 30 Jahre 
durchgefüttert (Kindergaretn, Kinderfreibeträge, kostenlose 
Krankenkasse, Schulbildung, billige Hochschulausbildung) und dann zieht 
er ins Ausland, zahlt dort Lohnsteuern, kauft dort Möbel und Autos, 
zahlt und erhöht dort die Mieten und führt für all das seine 
Umsatzsteuer im Ausland ab.


von vagabund (Gast)


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Na und ? Solange es hier einigermassen ertraeglich ist , bleibt man 
hier. Sollte sich die Situation wesentlich verschlechtern, geht man eben 
in die Schweiz. Die koennen dort naemlich rechnen und freuen sich ueber 
deutsche Spezialisten, wie ich selber erfahren durfte.

von Jens (Gast)


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"Sollte sich die Situation wesentlich verschlechtern, geht man eben
in die Schweiz. Die koennen dort naemlich rechnen und freuen sich ueber
deutsche Spezialisten, wie ich selber erfahren durfte."

Warum ist die Mehrzahl dann noch nicht in der Schweiz? Du kannst mir 
nicht erzählen, dass die es alle hier so toll finden.

von Patrick (Gast)


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Hi HolliPolli,

Ich finde dein Selbstvertrauen schon bewundernswert: Man erdreistet 
sich, dich als Bewerber abzulehnen und das ist ein Zeichen dafür, dass 
die Firma gar keine Stelle vakant haben kann?
Wieviel Wert deine darauf fussende Verschwörunstheorie hat, kannst du 
dir dann ja an einer Hand abzählen

von heiko (Gast)


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"Verschwör-uns-theorie" ***LOL*** Coole Wortkreation :-)

Das Problem mit den nichtexistenten Stellen ist aber schon nervig. 
Schließlich bedeutet es auch für die Bewerber einen gewissen Aufwand von 
einigen Stunden. Dann muss man sich ja auch bei mehreren Firmen 
bewerben. Sind das dann teilweise Dummies, ist die Zeit für`n A....

Wenn man sich mal überlegt, daß man pro Bwerbung 2-3h an suche, 
Anschreiben, Anpassung des Lebenslaufes verwendet, müsste man im Gründe 
3 Nettostunden als Verlust buchen. Macht bei 10 Firmen rund 1000,- 
Euronen Miese.

Kann man eigentlich Schadenersatz fordern? ;-)







von Patrick (Gast)


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heiko,

das Problem bei deiner Schadensersatzvorderung ist es, nachzuweisen das 
dir dieser Schaden entstanden ist. Denn wer zahlt dir schon Geld, wenn 
du zu Hause sitzt?

von HolliPolli (Gast)


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Als Nachtrag: Die Tatsache, daß es in der Firma keine Stellen gab, war 
nicht nur durch meine Erfahrung und Anfragen belegt, sondern wurde 
ausdrücklich im Bereicht so dargestellt. Dort - und noch bei einer 
anderen Firma. die angeblich keinen Softwareentwickler einstellen konnte 
- gab es auf Nachfrage durch die Redaktion gar keine aktuellen Stellen. 
Man hatte einfach mal so pauschal bahauptet, daß es derziet schwierig 
sei, Leutze zu finden. Ich frage mich da halt, was das Gezeter soll?

von Kliby (Gast)


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stimmt, billigarbeiter in der schweiz sind bei gewissen arbeitgebern 
sehr gefragt, wie personen anderer länder in deutschland... gggg

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