Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Brennende Tantalkondensatoren


von jojansen (Gast)


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Moin moin,
wir haben hier (in der Firma) gelegentlich das Problem, daß 
Tantalkondensatoren abbrennen.
Die Polarität ist die richtige und die Spannungsfestigkeit ist auch die 
richtige. Von der Seite Low ESR her sollte es auch keine Schwierigkeiten 
geben und es ist Markenware, nichts suspektes.
Normalerweise funktionieren die Boards auch, aber gelegentlich brennt 
einer sowohl bei der Inbetriebnahme als auch später ohne ersichtlichen 
Grund ab.
Die Boards werden zum Teil reflow und auch in der Vapor Phase bleifrei 
gelötet.
Was ich bisher herausgefunden habe ist, daß die Temperaturfestigkeit 
beim Löten nicht überschritten wird. Es sollte also funktionieren, aber 
es brennen immer wieder welche ab.
Mir geht das abgefackel langsam auf die Nerven, besonders dann, wenn ein 
Kundengerät brennt.
Habt Ihr Ideen für den Grund?
:-) Johannes

von ??? (Gast)


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Tantals brennen traditionell...
Das Problem ist die "Stromanstiegsgeschwindigkeit". Also die 
Flankensteilheit
des Ripplestroms. Tantals solltem an vermeiden. Die sind was für 
Preiskritische Consumerprodukte. Das hat man aber erst seit den 80ern 
lernen müssen...

von Fabian B. (fabs)


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Tantals kann man ohne Probleme einsetzten solange man den 
"Einschaltstromstoß" und den Ripple begrenzen bzw. klein halten kann.

Gruß
Fabian

von Peter D. (peda)


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Tantals sind sehr stromempfindlich, dashalb haben sie in Netzteilen 
(Einschaltstromspitze) überhaupt nichts verloren.

Nur hinter nem 78xx (Strombegrenzung 1,6A) kann man sie nehmen.

Tantals sollte man eigentlich nur in störempfindlichen Analogschaltungen 
einsetzen (Abblockung der +/-15V von OPVs).


Peter

von jojansen (Gast)


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Der Kondensator von AVX (TPX Serie mit 360mR ESR) sitzt zwischen einem 
kräftigen 24V Netzteil und zwei Step-Down Reglern für 5V und 3,3V. Die 
Regler arbeiten mit > 1MhZ.
Diese Schaltung funktioniert problemlos 10000-fach, aber gelegentlich 
brennt dann doch einer.
Bei einem anderen Schaltungsteil passiert das gelegentlich auch. Ein 
Steppertreiber bekommt 36V die von einem 2200µ Alu Elko und einem 
6,8µ/50V Tantal gepuffert sind. Sogar beim ersten Einschalten sind 
Kondensatoren hochgegangen, obwohl der Motor noch nicht lief und die 
Spannung stabil und sauber war.
:-) Johannes

von Martin Schneider (Gast)


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Naja, bei den Tantals gibt es zwei Probleme:

- sie sind extrem überspannungsempfindlich, Herstellerempfehlung lautet:
  Betriebsspannung soll max. halbe Nennspannung sein (also 50V-Typ für 
24V)

- Schäden im Dielektrikum (Microrisse beim Löten, Mechanisch,...) 
verursachen
  Kurzschlüsse. Diese können in einem Selbstheilungsprozess 
"ausgebrannt"
  werden - dabei muß aber der Strom begrenzt werden, sonst überhitzt 
sich
  diese Stelle und der punktuelle Schmelzprozess führt zur 
Kettenreaktion,
  der Kondensator brennt ab.

Deshalb: Tantals niemals ohne Strombegrenzung an eine potente 
Versorgung
(wie: Industrie-Netzteil, anderer Kondensator mit mindestens gleicher
Kapazität...).

Ahoi, Martin

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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Wenn das Netzteil bereits eingeschaltet ist und der Tantal über einen 
Schalter zugeschaltet wird, ist die Anstiegsgeschwindigkeit zu hoch , da 
sind mir auch schon Tantals abgebrannt.

von Falk (Gast)


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@ Martin Schneider

>Deshalb: Tantals niemals ohne Strombegrenzung an eine potente
>Versorgung

Wird damit aber nicht der eigentliche Zweck des Kondensators völlig 
zunichte gemacht? Schliesslich soll er kurzzeitig hohe Ströme liefern, 
die der Spannungsregler nicht liefern kann. Wenn aber schon ne 
Strombegrenzung während es Ladens notwendig ist (Vorwiderstand), dann 
ist diese ja auch während des Entladens aktiv.

MFG
Falk

von Unbekannter (Gast)


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Tantals sind Weicheier. Wenn man sie einsetzen will/muss, sollte man sie 
nach dem Löten formatieren, also Spannung langsam hochfahren mit 
Strombegrenzung.

von Sonic (Gast)


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Wie oben schon erwähnt sollten die Teile nicht in Schaltungen verbaut 
werden, in denen sie hohen Stromstößen ausgeliefert sind. Dort lieber 
Elkos mit hoher Impulsfestigkeit und hohem Isolationswiderstand, z.B. 
von Frolyt oder BC, verbauen. Die Abmessungen dieser Teile sind 
mittlerweile so klein, dass der Tantal fast keinen Vorteil mehr bietet.

von jojansen (Gast)


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Erst mal vielen Dank für die Antworten.
Ich werde mal mit unserem Entwickler sprechen, was der davon hält.
Gibt es eigentlich irgendwelche Literatur über das Thema? Ist ja schon 
interessant.
Wenn Euch sonst noch was einfällt, her damit.
:-) Johannes

von Peter D. (peda)


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jojansen wrote:
> Der Kondensator von AVX (TPX Serie mit 360mR ESR) sitzt zwischen einem
> kräftigen 24V Netzteil ...

Ja genau, kräftige Netzteile sind des Tantals Tod.


Ich kenn das auch so, wenn Tantals hochgehen, dann immer nur beim 
Einschalten.


Peter

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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AVX hat Applikationsschriften zu Tantals, andere Hersteller sicher auch:
http://www.avx.com/techinfo_doclisting.asp?Category=Tantalum+%26+Niobium+Capacitors

von Christoph Kessler (db1uq) (Gast)


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von jojansen (Gast)


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Nochmals Danke für die Tips und die Literatur.
Noch ein schönes Wochenende.
:-) Johannes

von Jadeclaw D. (jadeclaw)


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Mein Rat: Wenn der Platz vorhanden ist, hochwertige Low-ESR AL-Elkos 
einsetzen, dabei auf Markenware achten. Oder bei kleineren Kapazitäten 
Keramikkondensatoren. Die gibt es mittlerweile bis in den 2stelligen 
µF-Bereich. Ich habe auch schon genügend Erfahrung mit abgebrannten und 
kurzgeschlossenen Tantals gemacht. Sowas kommt bei mir nirgendwo mehr in 
eine Schaltung.

Gruss
Jadeclaw.

von Sonic (Gast)


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>Oder bei kleineren Kapazitäten Keramikkondensatoren.

Wäre ich vorsichtig! Mit denen habe ich auch schon zur Genüge schlechte 
Erfahrungen gemacht. Der Effekt ist ähnlich wie bei den Tantal. Die 
sterben nur langsamer. Es tritt ein VDR-Effekt auf, d.h., sie 'schlagen' 
ab einer bestimmten Spannung durch und werden niederohmig, diese 
Durchschlagspannung verringert sich immer weiter bis ein Kurzschluss 
entsteht. Gerade bei Größen ab 1µF hatten wir schon jede Menge Probleme.

von Dietmar (Gast)


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Von Peter Dannegger schon empfohlen:

> Nur hinter nem 78xx (Strombegrenzung 1,6A) kann man sie nehmen:

Wie bei uns, Stückzahlen ca. 5-stellig:
Da hatten wir nie auch nur einen einzigen Ausfall.

Tantals niemals in Schaltnetzteilen mit niederohmigen Wegen verwenden.

Nie Low ESR, immer die Stromspitzen beachten.

Wenn die Anwendung nicht gerade für -20°C ausgelegt sein muß, sondern 
nur bis zum Gefrierpunkt: Schaltfeste Flüssig-Elektrolyt-ELKOs 
verwenden. Denn unter dem Gefrierpunkt, verlieren die Flüssig-ELKOs 
erheblich an Kapazität, es zerstört sie nicht.

Vorwiderstand vorsehen, wenn auch noch so klein! Manche Spannungsregler, 
z.B. der ansonsten sehr gute Linearregler LP2951, mögen wegen der 
Regelcharakteristik auch kein low ESR. Die können ins Schwingen geraten.

Anmerkung meinerseits: In einem unserer Prototypen, funktionierten sogar 
einmal verpolte Tantals mit Vorwiderstand einwandfrei.

Meinem Kollegen habe ich nach etwas Betriebszeit der Prototypen, als wir 
es bemerkten, davon abgeraten, sie wieder richtig zu polen. Denn dann, 
gehen sie sicher hoch. Die Tantals arbeiteten wie erwartet.

Neu, nicht formiert, nehmen sie die Polung anscheinend erst an. Mir war 
das bisher nur bei Flüssig-ELKOs bekannt.

Wenn jemand das bestreiten will und was genaueres über Formierung und 
Falschpolung weiß, bitte, da bin ich natürlich gerne aufgeschlossen.

Gruß

Dietmar

von jojansen (Gast)


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Nochmals Dank an Alle,
ich habe mal versucht, der Entwicklung das Thema etwas näher zu bringen, 
aber das sind Mühlen mit einem eigenen Tempo.
Egal.
Ich kann zumindest bei meinen Projekten was machen. Daher ergibt sich 
meine (blöde) Frage and die, die es ohne zu suchen wissen, wo bekomme 
ich gute, SMD, LOW-Esr (mein Regler will die haben) Alu Elkos her, bzw., 
wer stellt die her? 10-100µ, 35-50V.
Bei Vishay, Epcos und AVX habe ich nichts gescheites gefunden (oder war 
nicht gründlich genug).
:-) Johannes

von Dieter Werner (Gast)


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Matsushita / Panasonic und auch Chemi-con sollten da was passendes 
haben.

von Marcus (Gast)


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Wenn das alles so stimmt, dürfte es kein Handy, keine Digitalkamera,
keinen MP3 Player geben ...

All diese hochminiaturisierten Geräte mit geringem Stromverbrauch /
geringer Betriebsspannung sind ohne Schaltregler + Tantalelkos
(da extrem miniaturisiert) nicht machbar.

Tantalelkos werden hier sowohl von den Herstellern der Schaltregler
als auch denen der Tantalelkos ausdrücklich empfohlen / vorgegeben.

Hierzu gibt es von Epcos oder AVX spezielle Tantalelkos, die auch
einzeln getestet und wohl auch bereits formatiert sind.

Gruß, Marcus

von Dieter Werner (Gast)


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Hinweis an Rande:
Tantis / Elkos sind zwar im Prizip auch (volatile) Speichermedien ;-), 
werden aber trotzdem nicht formatiert sondern formiert.

von Peter D. (peda)


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Marcus wrote:

> Wenn das alles so stimmt, dürfte es kein Handy, keine Digitalkamera,
> keinen MP3 Player geben ...
>
> All diese hochminiaturisierten Geräte mit geringem Stromverbrauch
> ...

Genau das wird doch hier ständig gesagt, bei geringen Strömen sind 
Tantals durchaus geeignet.

Aber in "dicken" Netzteilen eben nicht.
Schau mal auf Dein Motherboard, da sind die Core-Spannungsregler ohne 
Tantals, sondern mit Alu-Elkos.


Erzähl mir nicht, daß in Deinem MP3-Player mehrere Ampere fließen.

Und das Blitzlicht in der Digitalkamera hat nen Alu-Elko, keinen Tantal.


Peter

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