Forum: HF, Funk und Felder Antenne relevant für die Rauschzahl eines Empfängersystems


von guelcki (Gast)


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Hallo!

Ich habe diese Frage auch schon gestern unter www.amateurfunk-forum.de 
gestellt, bisher hat sich aber noch keine große Diskussion ergeben, 
deshalb noch einmal hier mein Versuch, da es mir unter den "Fingernägeln 
brennt" ;-)

Mit einem ehemaligen Kommilitonen (wir hatten unser Studium beide eher 
auf DSV ausgelegt, deshalb sind wir nicht sonderlich "HF-sicher") hatte 
ich vor kurzem eine Unterhaltung zum Thema Rauschzahl in 
Empfägersystemen.

Unsere Überlegungen:

Wir haben einen beliebigen Empfänger mit beispielsweise NF = 3 dB und G 
= 12 dB (die praktische Relevanz dieser Daten bzw deren Realitätsnähe 
sei dahingestellt, es ging uns eher um den theoretischen Aspekt). Diesem 
Empfänger vorgeschaltet sei Antenne mit NF = 0 dB und G = -6 dB 
(Dämpfung wird entweder durch deren Richtwirkung bei nicht Ausrichtung 
auf den Sender oder in einer zweiten Überlegung durch eine Fehlanpassung 
der Impedanzen verursacht. Es soll kein ohmscher Verlust in der Antenne 
betrachtet werden!).

Kann man auf diese Komplettsysteme (entweder bei Antenne mit 
Richtwirkung oder mit Fehlanpassung) die Kettenregel für Rauschzahlen 
anwenden? Also ist die Rauschzahl des Gesamtsystems:

NF = 1 + (2 - 1) / 0,25 = 5 = 7 dB ?

Wir sind uns sehr unsicher, da eine Antenne ja einerseits nicht so 
richtig mit den Komponenten (Dämpfungsglieder, Verstärker,...) 
vergleichbar ist, für die die Kettenregel üblicherweise angewandt wird, 
andererseits, laienhaft ausgedrückt, das Nutzsignal im System hinter der 
Antenne jetzt 6 dB dichter am Grundrauschen liegt als im Vergleich zu 
einer Antenne mit 0 dB, das SNR also um 6 dB schlechter ist.

Ich hoffe, ich konnte meine Überlegungen einigermaßen verständlich 
niederschreiben.

Im Voraus schon mal vielen Dank für eine Antwort!

guelcki

von Bernhard (Gast)


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Ich denke, die Rechnung stimmt. Natürlich verbessert eine Antenne mit 
Gewinn die 'noise figure' des gesamten Systems. Zusätzlicher 
Antennengewinn ist ja sowas wie Verstärkung kostenlos :-) und reduziert 
entsprechend Fges=F1+(F2-1)/G1 die gesamte Rauschzahl.

von guelcki (Gast)


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Intuitiv ist das auch mein Gedanke gewesen, ich kann diesen aber nicht 
mit Literatur oder ähnlichem belegen.

Sind hier denn noch andere der gleichen Meinung? Oder wissen vielleicht 
sogar, wie man das belegen kann?

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Der Antennengewinn ist doch nur bezogen auf den isotropen Rundstrahler, 
keine echte Verstärkung. Sonst könnte man ja auch zwei Parabolspiegel 
mit je 30 dB Gewinn "Rücken an Rücken" verbinden und hätte einen 
60dB-Verstärker ohne Stromversorgung.
Antennen gehen insofern ins Rauschen ein, wenn sie gegen den "kalten" 
Himmel gerichtet noch vom stärker rauschenden Boden über Nebenzipfel 
Energie aufnehmen. Für Erde-Mond-Erde-Antennen ist die 
Nebenzipfelunterdrückung ein wesentliches Kriterium.

von guelcki (Gast)


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Ja, dass mit dem Antennengewinn hatte ich schon für mich fast 
ausgeschlossen, es geht mir eigentlich nur noch um das Verhalten bei 
einer Dämpfung des Empfangssignals durch Fehlanpassung. Fließt diese 
Dämpfung in die Kettenregel mit ein?

von guelcki (Gast)


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>Ja, dass mit dem Antennengewinn hatte ich schon für mich fast
>ausgeschlossen,

Ergänzung: Mein Posting von 13:30 ist in diesem Zusammenhang mindestens 
missverständlich, wenn nicht sogar unsinnig. Ich meinte auch da eher die 
Frage mit der Fehlanpassung.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Fehlanpassungen gibt es zwei, die des Verstärkereingangs und für 
reflektierte Signale noch die der Antenne. Was vom Verstärker an Energie 
reflektiert wird, wird von der Antenne wieder abgestrahlt, das ist 
natürlich für den Empfänger verloren.

von guelcki (Gast)


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Okay, wenn wir jetzt davon ausgehen, dass der Verstärker die Leistung 
durch Fehlanpassung reflektiert, führt dies zu einer Erhöhung der 
Rauschzahl? Ist meine simple Überlegung richtig, dass zum Beispiel durch 
die Dämpfung des Signals um 6 dB, das SNR jetzt auch um 6 dB schlechter 
ist, da dass Signal jetzt dichter am Grundrauschen liegt?

Und kann man in diesem Fall die Kettenregel wie oben beschrieben 
anwenden?

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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wie gesagt, ich kann mir einen Antenne nicht so recht als Zweitor 
denken, mit Ein- und Ausgang wie die restlichen Stufen. Sonst könnte man 
wirklich zwei Parabolspiegel gegenüberstellen und die beiden 
50-Ohm-Anschlüsse als Tore betrachten, die dann 60 dB Gewinn dazwischen 
haben.
Durch die Fehlanpassung des Verstärkers sinkt erst mal der Gewinn der 
Antenne. Eine Fehlanpassung der Antenne wird hauptsächlich zu Schwingen 
der Eingansstufe führen, wenn die nicht absolut stabil ist für passive 
Eingangsabschlüsse aller Art (=irgendwo im Inneren des Smith-Diagramms 
gelegen).

von guelcki (Gast)


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>Sonst könnte man wirklich zwei Parabolspiegel gegenüberstellen und die beiden
>50-Ohm-Anschlüsse als Tore betrachten, die dann 60 dB Gewinn dazwischen
>haben.

Dem stimme ich durchaus zu.

Aber was sagst du denn im Falle einer Fehlanpassung zu meiner Überlegung 
mit dem SNR? Wird das SNR dadurch schlechter?

von guelcki (Gast)


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>>Sonst könnte man wirklich zwei Parabolspiegel gegenüberstellen und die beiden
>>50-Ohm-Anschlüsse als Tore betrachten, die dann 60 dB Gewinn dazwischen
>>haben.

>Dem stimme ich durchaus zu.

Also ich stimme zu, dass das man das so nicht betrachten kann.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Für Pegelpläne einer Funkverbindung rechnet man das ja so:
Die Sendeendstufe macht z.B +40dBm Ausgangsleistung, dann kommen ein 
paar dB Dämpfung vom Antennenkabel, dann ein paar dB Antennengewinn der 
Sendeantenne, dann die Funkstrecke mit -100irgendwas dB, dann wieder ein 
paar dB Antennengewinn empfangsseitig, und dann der Empfänger mit seiner 
Rauschzahl  und dem nötigen minimlen Empfangspegel für einen bestimmten 
Störabstand.
Hier ist die Antenne wirklich ein Kästchen mit zwei Anschlüssen. Aber 
die Antenne als Teil des Empfängers zu betrachten und als Eingang die 
"Luftschnittstelle" zu sehen - ich weiß nicht, das ist jedenfalls nicht 
üblich.

von sechsmalzwei (Gast)


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Doch, man kann die Luftschnittstelle als Eingang sehen, mit einer 
einfallenden Leistung von minus-hundert-irgendwas dbm pro Quadratmeter, 
einem effektiven Antennenqueschnitt von x Quadratmetern und so einen 
Pegel von minus-hundert-irgendwas dbm am Eingang haben.

von guelcki (Gast)


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>Aber was sagst du denn im Falle einer Fehlanpassung zu meiner Überlegung
>mit dem SNR? Wird das SNR dadurch schlechter?

Weiß jemand eine Antwort darauf?

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi, guelcki,

such mal nach Patenten (z.B. http://www.patentfamily.de) unter den 
Stichworten "aktive Antenne" und "Prof. Dr. Flachenecker.
Auch "Franz Demmel"  und "Herbert Steghafner".

Deine Frage ist mit bequemen Konsumentendenken weder klar zu 
beantworten, noch die richtige Antwort richtig zu verstehen.

Gerade aktive Antennen (Empfangsantennen) sind die Spitze der Kunst - 
absichtlich fehlangepaßt, was den Antennengewinn angeht, aber optimal 
angepaßt auf die Impedanz des geringsten Rauschens des aktiven 
Elementes.

Dazu muß man den Weg vom freien Raum bis zum Empfänger zweckmäßig 
unterteilen:
1. der Übergang vom freien Raum zum passiven Teil der Antenne, (Achtung 
wegen Richtwirkung und Gewinn - die beiden darf man nicht verwechseln)
2. der Übergang zum passiven Teil zum Transistor,
3. Übergang zum Koax-Kabel,
4. Empfänger mit Impedanz und Rauschzahl.

Grundsätzlich ist die Ketttenregel anwendbar.

Wenn Du das gelöst hast, dann berechne mal die Systemeigenschaften 
zweier aktiver Antennen, die am Kabel auf einen PowerCombiner auflaufen 
- wie gehen die Rauschzahlen der beiden parallel geschalteten Antennen 
ein?


Ciao
Wolfgang Horn

von Christian (Guest) (Gast)


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Das "Koax-"kabel nicht vergessen.
Es gibt nicht grundlos 75 Ohm bzw. 50 Ohm.
Da geht/ging u.a. der Aspekt Rauschen auch ein.

Gruß
C.


p.s.: Antenne als Verstärker:
Nun, eine gute Antenne "sammelt"
mehr elek. Energie aus ihrer Umgebung
bzw. sendet diese zielgenauer.

von Werni (Gast)


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So ein Blödsinn !


Schau doch mal unter Amateurfunkforum.de, da steht doch schon der LINK 
zur Lektüre!

Habe es selber gelesen, leider habe ich nur Band I vom Meinke-Gundlach.


Gruß
Werner

von guelcki (Gast)


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@Wolfgang Horn

Habe das Patent mal überflogen, es ist aber nicht wirklich auf meine 
Frage anwendbar. Das eine aktive Antenne mit Verstärker in die 
Rauschbetrachtung mit eingeht, steht ja außer Frage. Interessant ist 
jetzt, ob letztendlich nur der integrierte Verstärker relevant ist, oder 
das komplette System.

@Werni

Meintest du jetzt mich?


@all

Ich fasse meine zwei kurzen (aber offensichtlich nicht wirklich einfach 
zu beantwortenden) Fragen noch einmal zusammen:

- Verschlechtert die Dämpfung einer passiven Antenne mit Fehlanpassung 
das SNR, da das Signal jetzt dichter am sowieso vorhandenen Rauschen 
liegt? (Vergleiche System ohne Fehlanpassung aber mit gleichem 
Rauschen.)

- Wenn dies der Fall bei der Betrachtung einer Fehlanpassung sein 
sollte, ist dann die Kettenregel für die Rauschzahl anwendbar?

Schönen Gruß
guelcki

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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1. Ich habe mal nachgelesen, wie Fachbücher das Thema Rauschen von 
Antennen behandeln:
Für die Antenne mit dem Strahlungswiderstand R_s (also üblicherweise vom 
Empfänger gesehen 50 Ohm) wird eine äquivalente Antennenrauschtemperatur 
T_a in Kelvin ermittelt.
Dieses Rauschen stammt allerdings (überwiegend?) nicht von der Antenne, 
sondern setzt sich zusammen aus kosmischem, in der Troposhpäre 
entstandenem und terrestrischem Rauschen, das wiederum natürliche und 
"man-made" Ursachen hat. Typische Werte seien 0,2...2M Millionen K bei 
10 MHz, 600...6000K bei 100 MHz und 3...7 K bei 1 GHz. Mit dem letzten 
Wert erklärt sich auch der von mir oben genannte Einfluß der Nebenzipfel 
einer Antenne die zum Himmel gerichtet ist.

2. Die ursprüngliche Frage war doch, ob man einer nicht optimal 
ausgerichteten Antenne einen negativen Gewinn, im Beispiel -6dB, 
zuweisen darf, der dann eine Verschlechterung der Gesamtrauschzahl 
bewirkt.
Die Formeln für Streckendämpfung sind für isotrope Antennen auf beiden 
Seiten ausgelegt, daher darf ich den Antennengewinn auf beiden Seiten 
addieren. Wenn meine Antenne hier negativen Gewinn aufweist gegenüber 
dem Isotropstrahler, oder zumindest weniger Gewinn als bei optimaler 
Ausrichtung, dann ändern sich eben diese dB-Werte im Pegelplan, die 
Streckendämpfung incl. Antennengewinnen steigt.
Genausogut könnte ich auch noch die Streckendämpfung in eine 
Gesamtrauschzahl hineinrechnen, die Kettenregel gilt sicher, aber was 
soll das?

von guelcki (Gast)


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@Christian

zu 1. Das Rauschen der Antenne interessiert mich nicht so stark, es geht 
mir wirklich nur um die Dämpfung durch die Fehlanpassung!

zu 2. Die ursprüngliche Frage bezog sich auf eine Antenne, die entweder 
nicht richtig ausgerichtet war ODER durch Fehlanpassung eine Dämpfung 
verursacht. Bei dem Punkt mit der Fehlausrichtung kann ich 
nachvollziehen, dass dieser nichts mit der Rauschbetrachtung zu tun hat, 
wie du weiter oben erläutert hast, deshalb spielt das für meine 
Überlegungen keine Rolle mehr. Mich interessiert wirklich nur noch der 
Punkt mit der Fehlanpassung, Linkbetrachtungen etc. spielen also auch 
keine Rolle mehr.

@all
Also, vielleicht erkenne ich die Lösung in euren Antworten bloß nicht, 
weil ich ein bißchen verbohrt bin, deshalb jetzt eine "einfache" ja / 
nein Frage:

- man hat zwei Systeme
- beide empfangen das gleiche Signal mit einer passiven Antenne 
(meinetwegen ein isotroper Rundstrahler)
- bei beiden arbeitet der exakt gleiche Empfänger (gleiches NF, G)
- bei einem System ist die passive Antenne optimal angepasst, das 
empfangene Signal wird mit 0 dB an den Empfänger übertragen
- bei dem anderen System ist die passive Antenne nicht optimal 
angepasst, deshalb wird ein Teil der empfangenen Leistung vom Verstärker 
im Empfänger reflektiert, dass Signal wird beispielsweise um 6 dB 
gedämpft

Meine Frage:

Hat das Signal im System mit der fehlangepassten Antenne ein 
schlechteres SNR als im System mit der angepassten Antenne?

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi, guelcki,

Du: "Interessant ist jetzt, ob letztendlich nur der integrierte 
Verstärker relevant ist, oder das komplette System."

Betrachtest Du das System bis zum Empfänger, dann erhältst Du das 
Systemrauschmaß mit der Kettenregel, wobei Du die Dämpfung vor dem 
ersten aktiven Element auf dessen Rauschmaß addierst.
Die Besonderheit der aktiven Antenne nach Meinke-Gundlach-Flachenecker 
ist der Verzicht auf Leistungsanpassung zugunsten der Rauschanpassung.

Peiler nutzen einen weiteren Vorteil der aktiven Antenne im 
Antennenarray - ihre geringe Kopplung untereinander.

Ciao
Wolfgang Horn

von guelcki (Gast)


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@Wolfgang

>Betrachtest Du das System bis zum Empfänger, dann erhältst Du das
>Systemrauschmaß mit der Kettenregel, wobei Du die Dämpfung vor dem
>ersten aktiven Element auf dessen Rauschmaß addierst.

Nur um das jetzt endgültig klarzustellen:

Diese Dämpfung vor dem ersten aktiven Element muss keine ohmsche 
Dämpfung sein, sondern kann auch einzig und allein durch eine 
Fehlanpassung hervorgerufen werden?

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi,  guelcki,

Du: "Diese Dämpfung vor dem ersten aktiven Element muss keine ohmsche
Dämpfung sein, sondern kann auch einzig und allein durch eine
Fehlanpassung hervorgerufen werden?"

Jede Dämpfung. Alles, was den Pegel des Nutzsignals vor dem ersten 
Verstärker  mindert.

Noch die Lösung der Kombination von Antennen mit Verstärkern und 
Power-Combiner: Der Combiner addiert das Nutzsignal im Spannungsmaß, das 
unkorrelierte Rauschen aber im Leistungsmaß.


Ciao
Wolfgang Horn

von guelcki (Gast)


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Okay, vielen Dank für die Informationen!

Schönen Gruß
guelcki

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