Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Atmega48p - PowerSave und Leakage Current


von Klaus B. (nuccleon)


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Hallo Atmegafreunde...

ich habe für eine LowPower Anwendung den Atmega48p in die nähere Wahl 
genommen.

Laut Datenblatt liegt der Stromverbrauch bei 0,85µA im PowerSave Mode.

Pro I/O Pin wird jetzt allerdings noch ein Leakage Current von 1µA 
angegeben. Beim MSP430 beträgt der Leckstrom/Pin gerade mal 50nA.

Hab ich da vielleicht etwas falsch verstanden? Zumal beim Stromverbrauch 
im PowerSave Mode folgendes angegeben ist: "The current consumption 
values include input leakage current."

Irgendwie finde ich das Ganze leicht widersprüchlich.

Kann mir irgendjemand mehr zu dem Thema sagen, bzw weiterhelfen?

von Andreas K. (a-k)


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Solche Angaben sind extreme Obergrenzen unter extremen Bedingungen. 
Realastische Werte liegen um Grössenordnung darunter.

von 6641 (Gast)


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Da sollte man sich etwas genauer drum kuemmern. Wird die Strommessung am 
GND gegen das Supply vorgenommen und hat daher alle Eingangsstroeme 
dabei, oder ist die Strommessung in der VCC und hat dann alle 
Ausgangsstroeme dabei ?Dann sollte man auch noch schauen, ueber welchen 
Temperaturbereich die Werte angegeben werden. Ein Leckstrom nimmt mit 
der Temperatur stark zu, sehr stark. Am besten selbst mal messen.

von Gast (Gast)


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Die AVR pins werden nur indivuell getestet, dass sie 1µA abkönnen. Der 
wahre Leakage liegt viel weiter drunter und ist in den Sleep modi schon 
eingerechnet.

von Klaus B. (nuccleon)


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D.h. der Leckstrom aller(!) Pins ist in den Low Power Modis mit 
enthalten?

Abkönnen, sprich belastbar sind die Portpins ja laut Datenblatt mit 
40mA.

Oder was meinst du mit "1µA abkönnen"?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Du musst unterscheiden zwischen dem Leckstrom, den der IC über Vcc
aufnimmt und dem Leckstrom, den ein einzelner Eingang ableitet,
wenn man an ihn Spannung anlegt.  Logischerweise kann letzterer
nicht im Vcc-seitigen Leckstrom enthalten sein, da er ja aus einer
anderen Quelle kommt.

Ansonsten: Leckströme sind sehr stark temperaturabhängig, du musst
also genau gucken, für welche Temperaturen sie tatsächlich angegeben
sind.  Maximalwerte werden daher üblicherweise für den ganzen
Temperaturbereich garantiert, während typische Werte oft nur bei
Raumtemperatur angegeben sind.

von Klaus B. (nuccleon)


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Hallo Jörg,

trotzem finde ich die Angabe im Datenblatt vom Atmega88p sehr 
verwirrend.

Es wird behauptet der Input Leakage Current (per Pin, bei 5,5V) sei max. 
1uA. (MSP430 max 50nA (!))

Das würde ja bedeuten, man hätte beim Atmega88P mit 23 I/O's im worst 
case mit einem Strom von 23uA zu rechnen. (Vgl. MSP430 23*50nA -> 
1,15uA)

Oder verstehe ich das etwa flasch.

Des weiteren behauptet Atmel im Datenblatt bei der Stromaufnahme des im 
Power-Down Mode mit max. 2uA auszukommen. ("The current consumption 
values include input leakage current.")
Bei der Angabe kann aber (vorausgesetzt meine obige Interpretation 
stimmt) der Input Leakage Current nicht berücksichtigt sein. (23uA)

Welchen Leakage Current meint dann Atmel wenn Sie sagen ("The current 
consumption values include input leakage current.")

Also ich finde das Ganze sehr widersprüchlich und außerdem 23uA sehr 
hoch. (Da braucht Atmel nicht gegen TI antreten - bei Low Power 
Anwendungen)

Hoffe irgendjemand kann Licht ins Dunkel bringen ;-) Danke schonmal 
vorab.

von 6642 (Gast)


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Ich denke current consupmtion bedeutet Strom in den Vcc pin hinein. Ein 
input leakage current fliesst durch einen Pin hinein, falls der eine 
genuegend hohe Spannung aussen anliegen hat.

Der Prozessor ist ein Sache. Dann braucht man noch ein supply. Mit einem 
7805 muss  man nicht kommen, der laesst 5mA runter. Ein 1 MOhm 
Spannungsteiler laesst auch ein paar ua runter.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Klaus B. wrote:

> trotzem finde ich die Angabe im Datenblatt vom Atmega88p sehr
> verwirrend.

Das hängt wohl teilweise damit zusammen, dass du zwischen garantierten
Werten (einklagbar für den Kunden) und tatsächlichen Werten unter-
scheiden musst.

> Es wird behauptet der Input Leakage Current (per Pin, bei 5,5V) sei max.
> 1uA. (MSP430 max 50nA (!))

Beim MSP430 bei 5,5 V? :-)

> Das würde ja bedeuten, man hätte beim Atmega88P mit 23 I/O's im worst
> case mit einem Strom von 23uA zu rechnen.

Nein, denn dem widerspricht die Aussage für das gesamte Device (und
auch dort gibt es einen garantierten Maximalwert).

Es werden halt nur 1 µA für die Pins garantiert, allerdings wird dir
auch garantiert, dass es im Powerdown-Fall nicht mehr als 2 µA
insgesamt sind, die in den Vcc-Pin hineinfließen.  Ob von diesen 2 µA
nun 1 µA zu einem Pin wieder rausfließt, zu den anderen Pins dafür
rein gar nichts, darüber will sich das Datenblatt nicht auslassen.
(Außerdem könnte noch Strom in einen Eingang hinein zusätzlich
fließen, denn der würde nicht unter “power supply current” zählen).

> Also ich finde das Ganze sehr widersprüchlich und außerdem 23uA sehr
> hoch.

Sie sagen dir ja auch, dass es typisch bei 25 °C eher 180 nA sind.
Die hohen Ströme entstehen ja nur bei hohen Spannungen und hohen
Temperaturen.  Wenn du dir das entsprechende Diagramm anguckst,
dann wird es ja schon mal nur noch halb so viel (1 µA statt 2 µA),
wenn du die Betriebsspannung auf die 3,6 V reduzierst, die für den
MSP430, mit dem du vergleichst, das obere Ende markieren.

von Klaus B. (nuccleon)


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> (Außerdem könnte noch Strom in einen Eingang hinein zusätzlich
> fließen, denn der würde nicht unter “power supply current” zählen).

Genau das ist der Punkt.

2uA über VCC (garantiert durch Atmel)
Und zusätzlich 1uA in einen (worst case: jeden) Eingang hinen.

Ergibt: 2uA "power supply current" + 23uA Input Leakage = 25uA fuer das 
Ganze System. (ok, bei VCC = 5V)

Und beim MSP430 verursacht jeder Port eben nur 50nA Input Leakage, was 
bei 23 Ports eben nur 1,15uA sind. (VCC = 3,6V)

Um jetzt eine objektiven Vergleich anzustellen, bräuchte ich also die 
Werte des Atmels für 23uA und die gibt Atmel leider nicht an :-(

Hintergrund meiner Ganzen Fragerei ist die Suche nach einem Alternativen 
Controller zum MSP430 für ein Low Power System im Rahmen meiner DA. - 
und das macht mich wahnsinnig! Ist wie Äpfel mit Birnen vergleichen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Klaus B. wrote:

> 2uA über VCC (garantiert durch Atmel)
> Und zusätzlich 1uA in einen (worst case: jeden) Eingang hinen.

Wenn du alle Pins als Eingänge hast und alle auf Vcc legst.

Da aber Atmels Garantie umfasst, dass der input leakage current
mit abgedeckt ist, wenn du alle Eingänge auf low legst (dann würde
Strom aus dem Eingang rausfließen und folglich mit als power supply
current auftauchen), kannst du davon ausgehen, dass die Situation
mit allen Eingängen high nicht anders sein wird.

Im Prinzip ist sogar die Frage, ob nicht die Aussage “includes
input leakage current” nicht ohnehin für beide mögliche Eingangs-
polaritäten gemeint ist und dann auch den Strom mit summiert.
Vermutlich stammen die 1 µA pro Eingang aus einer uralten Spec,
mit der der Chip mal gebaut worden ist, und enden in der Praxis
mit eher sowas wie 10 nA...

Das MSP430-Datenblatt ist da ein wenig genauer (sie haben eindeutig
dokumentiert, dass die Eingänge entweder an GND oder Vcc liegen
müssen), und ich habe mir mal den MSP430F1132 rausgepickt, da er
einigermaßen äquivalent zum ATmega48 ist (weniger Pins, weniger RAM,
mehr Flash-ROM), der schneidet insgesamt ein klein wenig schlechter ab
(im LPM4 werden bei 85 °C 1,9 µA garantiert, aber eben nur bei 3 V,
während der ATmega48 2 µA bei 5,5 V garantiert).

> Ist wie Äpfel mit Birnen vergleichen.

Ja, klar, jeder hat seine eigene Terminologie, seine eigenen Varianten
von Schlafkonzepten, und seine eigenen Messmethoden.

von Klaus B. (nuccleon)


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Ok, danke für die ausführliche Hilfestellung.

von Martin (Gast)


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Fahr den MC doch einfachmal in den Ruhezustand und lege mit einem 
Megaohm Widerstand die pins auf High oder auf Low. Jetzt mit einem 
normalem Messgerät den Spannungsabfall messen, 1mV entstprechen 1nA, 
schon gute Auflösung :D. Ist vielleicht nicht hochgenau, aber ein 
Anhaltspunkt wirds sein.

Martin

von Klaus B. (nuccleon)


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Hätte ich gemacht, hätte ich schon einen vor mir liegen :-)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Übrigens, nachdem ich auch schon mehr als einmal versucht habe,
Schlafströme zu messen: kauf dir eine große Flasche Leiterplatten-
reiniger.  Jegliche Flussmittelreste kosten viel mehr Strom als
die paar 100 nA, die diese Controller so im Schlafmodus verbrauchen.

von Klaus B. (nuccleon)


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> die paar 100 nA, die diese Controller so im Schlafmodus verbrauchen.

+die 23uA Input Leakage ;-)

Wie verhalten sich eigentlich die Portpins wenn sie als Output/TriState 
konfiguriert sind, jedoch extern nicht beschaltet? Stichwort: Leckströme 
über interne Schutzdioden.

Dazu, bzw zu der Größenordnung findet man gar nix im Dabenblatt.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Was denn nun, als Ausgang oder Tristate?  Tristate geht nur, indem du
sie als Eingang konfigurierst.

Der Leckstrom der Dioden ist natürlich im angegebenen Wert enthalten
(das wird vermutlich der Leckstrom schlechthin sein, die paar
Elektronen, die durchs Gateoxid tunneln, kannste sicher
vernachlässigen).

Ein offener Eingang kostet aber heftig Strom.  Durch den hohen
Eingangswiderstand fängt er sehr oft Störungen ein, und die lassen
die Eingangsstufe dann ständig hin- und herkippen.  Die Umladevorgänge
der internen Kondensatoren brauchen dann Strom.  Daher wird auch
empfohlen, bei rein analog genutzten Eingängen die interne digitale
Eingangslogik abzuklemmen.  Das geht aber erst bei relativ neuen
AVRs.

von Tim (Gast)


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Ich finde diesen Beitrag hier recht interessant, habe aber eins noch 
nicht ganz begriffen. Meint "Input Leakage Current" den Strom, der in 
den Portpin fließt, wenn man ihn als Eingang definiert und eine Spannung 
gleich der Versorgungsspannung der CPU anlegt?

von aha (Gast)


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Ja. denk ich das kommt hin.

von (prx) A. K. (prx)


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Yep, allerdings rein wie raus, d.h. bei Input=GND fliesst der raus nicht 
rein. Das ist aber als oberer Grenzwert bei maximaler Temperatur und 
miserabelstem Exemplar zu verstehen, und nicht als Normalwert.

von Ernestus P. (malzeit) Benutzerseite


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Das Datenblatt von Reichelt ist Stein alt (2004). Im aktuellen (2009) 
von atmel.com steht auch 50 nA.

Meine Messversuche bei Raumtemperatur lagen unter 2 nA, sofern ich 
irgend etwas sinnvolles gemessen habe. (Multi mit 10MOhm Ri im 2 Volt 
Messbereich)

Daraus lernt man: Datenblätter möglichst direkt vom Anbieter beziehen.

http://www.atmel.com/dyn/resources/prod_documents/doc7530.pdf

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