News Digitale Feuchtigkeitssensoren hoher Genauigkeit


von Tam H. (Firma: Tamoggemon Holding k.s.) (tamhanna)


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von Tam Hanna

Feuchtigkeitsmessung ist in Zeiten von Internet of Things und Gebäudeautomatisierung ein Wachstumsmarkt. Renesas legte seinen EmbeddedWorld-Fokus unter Anderem auf einen – vergleichsweise neuen – Sensor, der mit +/- 1.5% Genauigkeit auftrumpft. Zeit für einen Blick auf die “1.5-Prozenter” im Sensorbereich.

Zu Allererst: alle hier besprochenen Sensoren kommunizieren per I2C mit dem Mikrocontroller. Texas Instruments, einst mit seinem HDC2010 mehr oder weniger Platzhirsch, hat den Kampf um höhere Feuchtigkeitsgenauigkeit aufgegeben. Die Neuvorstellungen haben durch die Bank und nach wie vor nur +/- 2% nominelle Genauigkeit. HDC2021 und HDC2022 haben entweder einen Polyamidfilm zum Schutz des Sensors während der Installation, oder – im Fall des HDC2022 – eine PTFE-Folie, die dem Sensor Schutz gemäß IP67 verspricht. Neu ist außerdem, dass die Sensoren nicht mehr wie der HDC2010 in DSBGA-6 unterkommen, sondern ein leichter inspizierbares WSON-Gehäuse aufweisen.

Sensirion…

Spitzen-Genauigkeit gibt es bei Sensirion im SHT35-Portfolio. Der DIS-B hat dabei keine Schutzmembran, während der DIS-F eine IP67-Schutzmembran mitbringt. Der Chip kommt in einem 8 Pin DFN-Package mit einer Größe von 2.5x2.5mm.

Bei der Versorgungsspannung erlaubt der Chip von 2.15 bis 5.5V; im Datenblatt findet sich zudem eine Angabe zur maximalen Slew Rate von Vdd. Dies ist insofern sinnvoll, als der Autor in seinen Tests mit dem HDC2010 bei spontanten Änderungen von Vdd mitunter seltsames Verhalten des Sensors beobachten durfte. Wichtig ist hier – wie bei allen anderen Sensoren – dass die Genauigkeit nicht absolut spezifiziert ist. Die folgende Abbildung zeigt, was sie sich erwarten dürfen. Interessant ist auch noch die maximale I2C-Arbeitsgeschwindigkeit von 1MHz.

(Bildquelle: Sensirion-Datenblatt)

...und Renesas

Renesas schickt zwei Sensoren der höchsten Genauigkeitsklasse ins Rennen – einerseits den HS3001 ohne, andererseits den HS3101 mit einer Schutzmembran. Die Genauigkeitsinformationen der beiden Sensoren sind identisch, siehe hier auch Abbildung zwei. Das gilt auch für das 6-LGA-Gehäuse, das der Autor als etwas schwieriger zu inspizieren betrachtet als das bei Sensirion verwendete DFN (Beim LGA sind die Kontakte von Außen nicht sichtbar).

(Bildquelle: Renesas-Datenblatt)

Im Bereich der Versorgungsspannung spezifiziert Renesas 3.3V; die Nutzung der “Extended Operating Supply Voltage” ab 1.8V führt zu stark erhöhter Spannungsabhängigkeit des Temperatursensors (von 0.03°c/V ab 2.8V auf 1.25°C/V). Auffällig ist die geringere maximale Arbeitsgeschwindigkeit von nur 400KHz.

Vom Preislichen

Es gibt kaum ein Thema, das so variabel ist wie die Bauteilbepreisung. Die in der folgenden Tabelle gegebenen Werte nutzten die Preissuchengine OEMSecrets, und geben den bestmöglichen Euro-Preis für 100 Stück des jeweiligen Sensors zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Textes an. Distributoren, die keinen Vorrat aufwiesen (oft AVNET und Future), wurden dabei ignoriert.

1
RENESAS
2
HS3001    412
3
HS3101    Keine Daten, bei Avnet als Quote on Request
4
5
SENSIRION
6
SHT35-DIS-B    447
7
SHT35-DIS-F    548
8
9
TEXAS INSTRUMENTS
10
HDC2010YPAR   136
11
HDC2021    197
12
HDC2022    197

Mehrere Addressen am Chip und Besonderheiten

Renesas tanzt insodern aus der Reihe, als die Chips der HS300x-Serie einerseits keinen Addresspin haben (von Haus aus nur 44h), aber beliebige I2C-Addressen unterstützen. In der Application Note “HS300x Custom I2C Address Programming” finden sich Anweisungen zum Ändern der im Flashspeicher der Chips hinterlegten I2C-Addresse, was den Betrieb größerer Sensornetze an einem I2C-Controller erlaubt. Zu guter Letzt möchte ich aufgrund praktischer schmerzhafter Erfahrung darauf hinweisen, dass man den Fertiger bei Verwendung von BGA-artigen Sensoren – unbedingt und immer – auf die Notwendigkeit eines XRAY-Scans stumpen muss. Unterbleibt dies, so bekommt man teilweise bis zu 40% DOA.

Einer von vielen toten Sensoren, die erst nach einem Retour-Trip nach China zum Leben erwachten - ob des Unterbleibens des XRAY-Scans erkannte der Fertiger die Fehlausrichtung des Bauteils nicht. (Bildquelle: Ing. Tam HANNA, via https://www.instagram.com/p/CIHfRx3DlmU/)


: Verschoben durch Admin
von Mark B. (markbrandis)


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Interesanter Artikel, danke dafür :-)

von Jonas B. (jibi)


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SHT sind wirklich gut aber sehr teuer, dafür haben die eine eigebaute 
Heizung...

von Mehmet K. (mkmk)


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Jonas B. schrieb:
> ... dafür haben die eine eigebaute Heizung...

... die ja aber nur dazu dient den Sensor zu testen.
Zitat aus dem SHT21-Manual:

The heater is intended to be used for functionality
diagnosis – relative humidity drops upon rising
temperature. The heater consumes about 5.5mW and
provides a temperature increase of about 0.5 – 1.5°C.

Wir setzen den SHT21 seit mehreren Jahren ein (so um die 1.000 Stück 
werden es wohl geworden sein) und hatten damit noch nie irgendwelche 
Probleme. Deshalb habe ich auch diese Heizung nie aktivieren müssen.
Bin am Überlegen, ob ich zum SHTC3 wechseln soll (der keine Heizung 
hat): ist 70% billiger.

: Bearbeitet durch User
von Tam H. (Firma: Tamoggemon Holding k.s.) (tamhanna)


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Zur Heizung: TI hat die im HDC2010 auch. Datenblatt sagt folgendes:

1
The HDC2010 is factory-calibrated to 0.2°C
2
temperature accuracy and 2% relative humidity
3
accuracy and includes a heating element to burn
4
away condensation and moisture for increased
5
reliability.

Ich verwende den derzeit selber im HygroSage. Super braver Sensor, wenn du dir die Möglichkeit gibst, ihm durch Abschalten der Vcc in den Kopf zu schiessen, wenn er sich wieder mal aufknuepft.


von Jonas B. (jibi)


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>... die ja aber nur dazu dient den Sensor zu testen.

Ja eben ob er abgesoffen ist (nach langer hoher Luftfeuchtigkeit), also 
durchaus für den normalen Gebrauch...

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von Geert H. (geerth)


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Achtung: Sehr empfindlich für viele Stoffe und Dampfe, bitte nicht 
einfach zusammen mit andere Teile löten.
https://www.ti.com/lit/pdf/snau250

: Bearbeitet durch User
von Tam H. (Firma: Tamoggemon Holding k.s.) (tamhanna)


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Geert H. schrieb:
> Achtung: Sehr empfindlich für viele Stoffe und Dampfe, bitte nicht
> einfach zusammen mit andere Teile löten.
> https://www.ti.com/lit/pdf/snau250

Ja, das stimmt. Man muss den Fertiger stumpen. Ich habe mit Dalian Jy 
gottseidank Glück - kaum DOA. Anderer Fertiger, den ich sonst gerne 
verwende, 40% DOA.

von Sebastian S. (amateur)


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Vorsicht bissiger Hund!
Es wird oft nur am Rande erwähnt, dass die Feuchte auf bzw. über der 
Platine keinen interessiert.
Will sagen: Einfach einlöten bzw. -lassen, reicht bei weitem nicht aus. 
Auch reicht einfach ein Loch, auch wenn es an der richtigen Stelle sitzt 
nicht.
Irgendwie habe ich bei den Teilen immer das Gefühl, dass, wenn der 
Hersteller irgendwelchen Schrott verbaut und einen µP zwecks 
Verschönerung der Werte hintenan baut (integriert), das nicht ausreicht. 
Ist aber Ansichtssache.

: Bearbeitet durch User
von Crazy Harry (crazy_h)


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Geben die tatsächlich dir relative Luftfeuchte temperaturkompensiert 
aus?

von Hasenstall (Gast)


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Sebastian S. schrieb:
> Es wird oft nur am Rande erwähnt, dass die Feuchte auf bzw. über der
> Platine keinen interessiert.
> Will sagen: Einfach einlöten bzw. -lassen, reicht bei weitem nicht aus.
> Auch reicht einfach ein Loch, auch wenn es an der richtigen Stelle sitzt
> nicht.

Ja, da hast absolut recht! Wenn ich RH messen will, dann sicher nicht 
auf einer größeren Platine! Die Abhängigkeit der relativen Feuchte von 
der Temperatur ist essentieller Teil der Wahrheit! Heizt nun irgendein 
Bauteil auf der Platine sind meine Messwerte fürn A..!

Dient die Platine ausschließlich als Bauteilträger und Anschlußelement 
sieht das schon ganz anders aus, jedoch sollte sie so beschaffen sein, 
daß sie die Energie des Schaltkreises (Sensoransprache, ADC, I2C, uC) 
gut an die Umgebung abgeben kann. Insofern hast du auch an dieser Stelle 
recht, kurz mal nen uC drangebastelt ist nicht der Weisheit letzter 
Schluß!

Grüße aus dem Hasenstall ;-)

von Mehmet K. (mkmk)


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Hasenstall schrieb:
> Heizt nun irgendein
> Bauteil auf der Platine sind meine Messwerte fürn A..!

Dieses Problem haben wir dadurch gelöst, dass wir die Belüftungslöcher 
nur an der schmalen Ober- und Unterseite des Gehäuses plaziert haben. 
Der Sensor selbst befindet sich unten auf der Platine, wobei auf der PCB 
rundherum vieles weggefräst ist. Alles was Wärme erzeugt, haben wir 
weiter oben plaziert. Der Kamineffekt sorgt dafür, dass der Sensor exakt 
die Aussen-Temperatur und -Feuchtigkeit misst.

von Sebastian S. (amateur)


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>Geben die tatsächlich dir relative Luftfeuchte temperaturkompensiert
>aus?
Habe mir jetzt das Datenblatt des Bauteils nicht reingezogen, aber da ja 
schon für die Anbindung (I²C oder so) ein Grübler benötigt wird, würde 
es mich nicht wundern, wenn man dann nicht gleich auch Butter bi de 
Fische macht. Der dazu nötige Temperatursensor kann ja dann auch gleich, 
vom µC, gerade gebogen werden.

von Mehmet K. (mkmk)


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Crazy H. schrieb:
> Geben die tatsächlich dir relative Luftfeuchte temperaturkompensiert
> aus?

Scheint so :)

von Helmut -. (dc3yc)


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Mittlerweilen sind aber die SHT4x-Sensoren aktuell, und nicht die 
"veralteten" SHT3x. Die verwende ich schon seit fast 5 Jahren!

von Sebastian S. (amateur)


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>Der Kamineffekt sorgt dafür, dass der Sensor exakt
>die Aussen-Temperatur und -Feuchtigkeit misst.
Dein Wort in Gottes Gehörgang.

- Um einen "Kamineffekt" aufrecht zu halten, ist ein relativ hoher
  Temperaturunterschied nötig. Oder große Öffnungen.
- Meist dürfen die Löcher, aus vielerlei Gründen aber nur sehr
  klein sein. Sicherheit, Schmutz, DAU.
- Meist unterscheidet sich aber die "Innentemperatur" stark von der
  des Raumes. Die Temperatur und damit die Messwerte stimmen nicht.
  Heißt ja nicht umsonst "relative" Feuchte.

Ist aber wahrscheinlich eine Glaubensfrage.

von my2ct (Gast)


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Tam H. schrieb:
> Auffällig ist die geringere maximale Arbeitsgeschwindigkeit von nur
> 400KHz.

Die Einheit für die Arbeitsgeschwindigkeit (KHz=Kelvin Hertz) mutet 
schon etwas merkwürdig an ;-(

von Jonas B. (jibi)


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>Die Einheit für die Arbeitsgeschwindigkeit (KHz=Kelvin Hertz) mutet
>schon etwas merkwürdig an ;-(

Das kann nur von einem Amateurfunker kommen...

von Holger D. (hodoe)


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Crazy H. schrieb:
> Geben die tatsächlich dir relative Luftfeuchte temperaturkompensiert
> aus?
Moin,

phänomenale Datenblattangaben findet man ja nun überall! Wie ist es in 
der Realtität? Ist ein solcher Feuchtesensor schon einmal kalibriert 
(Referenz Taupunktspiegel) worden? Wie sieht es mit der Drift aus?


Holger

: Bearbeitet durch User
von Sebastian S. (amateur)


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> Auffällig ist die geringere maximale Arbeitsgeschwindigkeit von nur
> 400KHz.
Eine reichlich unsinnige Aussage!

Ich weiß, manche regeln z.B. die Raumtemperatur mit wer weiß wie viel 
hunderttausend Temperaturmessungen pro Sekunde, was aber nur beweist, 
dass die null Ahnung haben.
Prozesse, die die Raumtemperatur oder den Wassergehalt der Luft 
beeinflussen, sind recht träge.
Aber wenn man nichts zu tun hat und die Rechenleistung verfügbar ist...
Außerdem sind die ausgegebenen Kurven auch in der nächsten Zoomstufe (so 
die Anpassungsalgorithmen stimmig sind) glatt und nicht eckig.

von Mehmet K. (mkmk)


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Man darf wohl davon ausgehen, dass der ziemlich missverständliche 
Ausdruck "Arbeitsgeschwindigkeit" sich nicht auf die 
Mess-Wiederholungs-Rate, sondern auf die I2C-Clock-Frequenz bezieht.

von Wolfgang (Gast)


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Mehmet K. schrieb:
> Man darf wohl davon ausgehen, dass der ziemlich missverständliche
> Ausdruck "Arbeitsgeschwindigkeit" sich nicht auf die
> Mess-Wiederholungs-Rate, sondern auf die I2C-Clock-Frequenz bezieht.

Und - was ergibt das für einen Unterschied. Bei einer sinnvollen 
Messfolge, die an die Zeitkonstanten der Messwertänderung angepasst hat, 
bleibt die Bus-Auslastung - unabhängig von der Geschwindigkeit - 
verschwindend gering.

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