AVR-GCC-Tutorial/Der Watchdog
Und hier kommt das ultimative Mittel gegen die Unvollkommenheit von uns Programmierern, der Watchdog.
So sehr wir uns auch anstrengen, es wird uns kaum je gelingen, das absolut perfekte und fehlerfreie Programm zu entwickeln.
Der Watchdog kann uns zwar auch nicht zu besseren Programmen verhelfen aber er kann dafür sorgen, dass unser Programm, wenn es sich wieder mal in's Nirwana verabschiedet hat, neu gestartet wird, indem ein Reset des Controllers ausgelöst wird.
Ein Fallbeispiel
Betrachten wir doch einmal folgende Codesequenz:
uint8_t x;
x = 10;
while (x >= 0)
{
// tu was
x--;
}
Wenn wir die Schleife mal genau anschauen sollte uns auffallen, dass dieselbe niemals beendet wird. Warum nicht? Ganz einfach, weil eine als unsigned deklarierte Variable niemals kleiner als Null werden kann (der Compiler sollte jedoch eine ensprechende Warnung ausgeben). Das Programm wird also ewig diese Schleife durchlaufen. Und hier genau kommt der Watchdog zum Zug.
Wie funktioniert nun der Watchdog?
Der Watchdog enthält einen separaten Timer/Counter, welcher mit einem intern erzeugten Takt von 1 MHz bei 5V Vcc getaktet wird. Einige Controller haben einen eigenen Watchdog Oszillator, z. B. der Tiny2313 mit 128kHz. Nachdem der Watchdog aktiviert und der gewünschte Vorteiler eingestellt wurde, beginnt der Counter von 0 an hochzuzählen. Wenn nun die je nach Vorteiler eingestellte Anzahl Zyklen erreicht wurde, löst der Watchdog einen Reset aus. Um nun also im Normalbetrieb den Reset zu verhindern, müssen wir den Watchdog regelmäßig wieder neu starten bzw. rücksetzen (Watchdog Reset). Dies sollte innerhalb unserer Hauptschleife passieren.
Um ein unbeabsichtigtes Ausschalten des Watchdogs zu verhindern, muss ein spezielles Prozedere verwendet werden, um den WD auszuschalten. Es müssen zuerst die beiden Bits WDTOE und WDE in einer einzelnen Operation (also nicht mit sbi) auf 1 gesetzt werden. Dann muss innerhalb der nächsten 4 Taktzyklen das Bit WDE auf 0 gesetzt werden.
Das Watchdog Control Register:
WDTCR | WatchDog Timer Control Register
In diesem Register stellen wir ein, wie wir den Watchdog verwenden möchten. Das Register ist wie folgt aufgebaut:
WDTOE (Watchdog Turn Off Enable)
WDE (Watchdog Enable)
WDP2, WDP1, WDP0 (Watchdog Timer Prescaler Bits)
|
Um den Watchdog mit dem avr-gcc Compiler zu verwenden, muss die Headerdatei wdt.h (#include <avr/wdt.h>) in die Quelldatei eingebunden werden. Danach können die folgenden Funktionen verwendet werden:
- wdt_enable(uint8_t timeout)
- Aktiviert den Watchdog und stellt den Vorteiler auf den gewünschten Wert ein bzw. der in timeout übergebene Wert wird in das WDTCR-Register eingetragen. Einige Timeout-Werte sind als Konstanten vordefiniert
- Mögliche Timeoutwerte:
Konstante | Wert | TimeOut |
---|---|---|
WDTO_15MS | 0 | 15 ms |
WDTO_30MS | 1 | 30 ms |
WDTO_60MS | 2 | 60 ms |
WDTO_120MS | 3 | 120 ms |
WDTO_250MS | 4 | 250 ms |
WDTO_500MS | 5 | 500 ms |
WDTO_1S | 6 | 1 s |
WDTO_2S | 7 | 2 s |
- wdt_disable()
- Mit dieser Funktion kann der Watchdog ausgeschaltet werden. Dabei wird das notwendige Prozedere, wie oben beschrieben, automatisch ausgeführt.
- wdt_reset()
- Dies ist wohl die wichtigste der Watchdog-Funktionen. Sie erzeugt einen Watchdog-Reset, welcher periodisch, und zwar vor Ablauf der Timeoutzeit, ausgeführt werden muss, damit der Watchdog nicht den AVR zurücksetzt.
Selbstverständlich kann das WDTCR-Register auch mit den uns bereits bekannten Funktionen für den Zugriff auf Register programmiert werden.
Watchdog-Anwendungshinweise
Ob nun der Watchdog als Schutzfunktion überhaupt verwendet werden soll, hängt stark von der Anwendung, der genutzten Peripherie und dem Umfang und der Qualitätssicherung des Codes ab. Will man sicher gehen, dass ein Programm sich nicht in einer Endlosschleife verfängt, ist der Watchdog das geeignete Mittel dies zu verhindern. Weiterhin kann bei geschickter Programmierung der Watchdog dazu genutzt werden, bestimmte Stromsparfunktionen zu implementieren. Bei einigen neueren AVRs (z. B. dem ATTiny13) kann der Watchdog auch direkt als Timer genutzt werden, der den Controller aus einem Schlafmodus aufweckt. Auch dies kann im WDTCR-Register eingestellt werden. Außerdem bietet der WD die einzige Möglichkeit einen beabsichtigten System-Reset (ein "richtiger Reset", kein "jmp 0x0000") ohne externe Beschaltung auszulösen, was z. B. bei der Implementierung eines Bootloaders nützlich ist. Bei bestimmten Anwendungen kann die Nutzung des WD als "ultimative Deadlock-Sicherung für nicht bedachte Zustände" natürlich immer als zusätzliche Sicherung dienen.
Es besteht die Möglichkeit herauszufinden, ob ein Reset durch den Watchdog ausgelöst wurde (beim ATmega16 z. B. Bit WDRF in MCUCSR). Diese Information sollte auch genutzt werden, falls ein WD-Reset in der Anwendung nicht planmäßig implementiert wurde. Zum Beispiel kann man eine LED an einen freien Pin hängen, die nur bei einem Reset durch den WD aufleuchtet oder aber das "Ereignis WD-Reset" im internen EEPROM des AVR absichern, um die Information später z. B. über UART oder ein Display auszugeben (oder einfach den EEPROM-Inhalt über die ISP/JTAG-Schnittstelle auslesen).
Bei neueren AVR-Typen bleibt der Watchdog auch nach einem Reset durch den Watchdog aktiviert. Wenn ein Programm nach dem Neustart bis zur erstmaligen Rückstellung des Watchdogs länger braucht, als die im Watchdog eingestellte Zeit, sollte man den Watchdog explizit möglichst früh deaktivieren. Ansonsten resetet der Watchdog den Controller immerfort von Neuem. Die frühe Deaktivierung sollte durch eine Funktion erfolgen, die noch vor allen anderen Operationen (insbesondere vor dem mglw. länger andauernden internen Initialisierungen vor dem Sprung zu main()) ausgeführt wird. Näheres zur Implementierung mit avr-gcc/avr-libc findet sich in der Dokumentation der avr-libc (Suchbegriffe: attribut, section, init).
Siehe auch: