Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Entstörkondensatoren - ein Brandrisiko?


von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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Hallo,
ich habe in letzer Zeit zwei negative Erfahrungen mit 
Entstörkondensatoren in Geräten gemacht.
Erstmal hat der Wäschetrockner im Betrieb plötzlich laut geknallt und 
die Sicherung ist rausgeflogen.
Nach dem Wiedereinschalten ging es wieder ein ppar Minuten, dann gab es 
wieder einen Knall => Sicherung wieder draußen.
So ging das etwa 3 mal, danach lief der Trockner wieder einwandfrei und 
ich habe die Sache nicht weiter beachtet.
Erst als ich den Trockner aus anderen Gründen geöffnet habe (ca. 2 Jahre 
später), habe ich die Bescherung gesehen: Da ist ein Kondensator direkt 
am Netzeingang, und dessen Gehäuse ist komplett aufgerissen und das 
Innere ist angeschmort.
Das ist zwar etwas beunruhigend (es steht auch Klasse X2 auf dem 
Kondensator), aber nicht so schlimm. Schließlich hat der Trockner ein 
Metallgehäuse, entzünden kann sich da wenig.

Und jetzt der zweite, sehr viel schwerwiegendere Vorfall:
Am Freitag lief mein alter Fernseher (Telefunken, Baujahr ca. 1990) 
erstmal noch einwandfrei. Dann fing er plötzlich an komische Geräusche 
zu machen, zu qualmen und zu stinken.
Ich habe sofort die Sicherung (im Sicherungskasten) abgeschaltet und den 
Feuerlöscher geholt. Der war aber glücklicherweise nicht nötig.
Da der Fernseher vorher eh schon viele Macken hatte, habe ich ihn 
daraufhin ausgeschlachtet.
Dabei habe ich auch die Ursache für den Rauch und Gestank gefunden 
(siehe angehängtes Foto):
Aus einem Kondensator ist ein angekohlter und extrem stinkender Matsch 
ausgetreten.
Am bedenklichsten finde ich dabei, dass der Kondensator direkt am 
Netzeingang ist, also noch vor dem Netzschalter!
Das heißt, auch wenn man den Fernseher korrekterweise immer am 
Netzschalter ausschaltet, hätte der Kondensator jederzeit abfackeln 
können!
Zum Glück lief der TV immer an einer schaltbaren Mehrfachsteckdose, die 
auch immer abgeschaltet war, wenn der Fernseher nicht benutzt wurde.
Der Kondensator war übrigens ein WIMA MP3 Metallpapier-Kondensator.

In diesen Kondensatoren wird zwar nur selbstverlöschendes Material 
verwendet, aber im Gerät vorhandener Staub oder "Wollmäuse" sind durch 
die hohen Temperaturen vermutlich leicht zu entzünden.
Und mal ernsthaft: Wer öffnet schon seinen Fernseher, um ihn von innen 
zu entstauben?

Und noch nicht mal die Sicherung am Netzeingang (1,6A träge) ist dabei 
rausgeflogen!

Ist euch sowas auch schon passiert? Ich frage mich nun jedenfalls 
ernsthaft, ob man Geräte mit solchen Kondensatoren überhaupt noch 
unbesorgt ohne Aufsicht eingesteckt lassen kann.

: Verschoben durch Admin
von Thomas (Gast)


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träge heißt ja nicht umsonst träge. Ich würd mal sagen irgendwas ist in 
deinem Versorgungsnetz schief. Da kommen wohl n paar Spannungspitzen an 
die deine Geräte nicht vertragen. ;) so was ist mir noch nie passiert

von Knut B. (Firma: TravelRec.) (travelrec) Benutzerseite


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Auch wenn´s klugscheißerisch klingt, aber ein ausgestecktes oder per 
mechanischer Schaltsteckdose abgeschaltetes Gerät ist immer noch das 
sicherste. Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn Leute ihre Wohnung 
oder ihren Abreitsplatz verlassen und sämtliche Geräte einschließlich 
Computer im Standby laufen lassen. Ganz zu schweigen von der 
Energieverschwendung birgt dies ein erhebliches Brandrisiko.

von Spice (Gast)


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Ich habe genau das selbe mit einer alten Nähmaschine erlebt. Da ist in 
dem "Fußpedal" ein WIMA MP3 komplett zerplatzt und das Elektrolyt hat 
sich überall verteilt. Erschreckend...

von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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Thomas schrieb:
> träge heißt ja nicht umsonst träge.

Ich schätze mal, dass auch eine flinke 1,6A Sicherung nicht 
durchgebrannt wäre. Vermutlich war der Strom nämlich deutlich unter 
1,6A.
1,6A bei 230V sind ja immerhin 368 Watt. So viel ist da bestimmt nicht 
geflossen, da würde der Kondensator ja in 1-2s verglühen und die 
Metallfolien würden einen Kurzschluss produzieren anstatt mindestens 15 
Sekunden (so lange wie ich eben gebracht habe, um 2 Treppen runter zum 
Sicherungskasten zu rennen, die Sicherung für diesen Raum zu suchen und 
abzuschalten) vor sich hin zu schmoren.

Wenn der Kondensator einfach einen Kurzschluss produziert hätte, wäre 
das ja noch eher unkritisch:
PENG, vielleicht platzt das Kondensator-Gehäuse und in wenigen 
Millisekunden schaltet die Sicherung ab. Die Brandgefahr dürfte da eher 
gering sein.

von Bernhard R. (barnyhh)


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Vor Jahren (Jahrzehnten?) hat SEL(?) eine Serie Farbfernseher 
zurückgerufen, weil derartige Kondensatordefekte zu ernsthaften Schäden 
(Wohnungsbränden?) geführt hatten. Das Ganze landete damals wohl sogar 
in der Zeitung mit den wenigen Buchstaben.

Heutige Rückrufaktionen von Elektrogeräten beziehen sich recht oft auf 
Brandrisiko - da war wohl schon etwas abgefackelt.

Mir selbst ist irgendwann einmal ein Verlängerungskabel mit 
Mehrfachsteckdose untergekommen, das infolge von "viel Strom durch 
gelockerte Schraubverbindung" kurz vor dem Verkokeln stand.

Natürlich könnte man beim Verlassen der Wohnung selbige stromlos machen. 
Ich persönlich halte allerdings das Hausfrauenrisiko (Herd an, 
Nachbarin bimmelt an der Tür, kleiner Hausfrauenschwatz, Küche fackelt 
ab) für wesentlich größer.

Bernhard

von naja (Gast)


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So etwas habe ich auch schon des öfteren gesehen und repariert.

Man hat kein gutes Gefühl mehr beim Betreiben elektronischer Geräte. Das 
schwindet mit jedem Vorfall dieser Art immer mehr. Aber alles selber 
bauen ist leider auch keine machbare Lösung.

von MaWin (Gast)


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Daß im KOndenstaor im Fehlerfall Energie umgesetzt wird,
und es stinkt und raucht, ist nicht das Problem.
Die Frage ist, ob es sich entzündet und brennt,
und das war bei allen bei mir bisher defekten Funkentstörkondensatoren 
nicht der Fall.
Flammhemmmittel wirken offenbar.

von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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naja schrieb:
> Aber alles selber bauen ist leider auch keine machbare Lösung.

Das Problem ist ja auch, dass das kein Konstruktionsfehler des 
Geräteherstellers ist, sondern dass die Bauteile bei Betrieb innerhalb 
der Spezifikation kaputt gehen und dabei ggf. Brände auslösen können.
Das heißt, dass man - auch wenn man alles selbst bauen würde - solche 
Bauteile gar nicht verwenden darf.

Der Gerätehersteller ist zumindest bei dem, was bei mir passiert ist 
unschuldig ;)

von naja (Gast)


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Markus F. schrieb:
> Das Problem ist ja auch,

Es geht darum: Man würde Teile mit höherer Spannungsfestigkeit wählen in 
der Hoffnung, daß diese der "Unterspannung" länger widerstehen.  :-)

von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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naja schrieb:
> Es geht darum: Man würde Teile mit höherer Spannungsfestigkeit wählen in
> der Hoffnung, daß diese der "Unterspannung" länger widerstehen.  :-)

Okay, so meinst du das.


MaWin schrieb:
> Flammhemmmittel wirken offenbar.
Ja, daran zweifle ich auch nicht.
Das Problem ist die Temperatur, die in so einem Fall erreicht werden 
kann. Ich denke mal, dass die auslaufenden Stoffe schon 300°C haben 
könnten, vieleicht sogar noch mehr. Möglicherweise könnte auch der eine 
oder andere Funke entstehen.
Wenn der Kondensator auf einer ebenfalls flammhemmenden Platine montiert 
ist, dann ist das recht unkritisch. Ganz anders sieht das aus, wenn er 
millimeterdick in Staub eingegraben ist. Und das ist wohl keine 
Seltenheit.

von Andreas F. (aferber)


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Markus F. schrieb:
> Wenn der Kondensator auf einer ebenfalls flammhemmenden Platine montiert
> ist, dann ist das recht unkritisch. Ganz anders sieht das aus, wenn er
> millimeterdick in Staub eingegraben ist. Und das ist wohl keine
> Seltenheit.

Das wird aber durchaus bei der Zulassung berücksichtigt. Für den 
Entflammbarkeitstest wird der Kondensator in Baumwollgaze eingewickelt, 
dann werden eine Anzahl Hochspannungspulse durchgeschickt (überlagert 
auf die normale Nennspannung bei 50Hz). Dabei darf die Gaze kein Feuer 
fangen.

Das ist natürlich keine 100%ige Absicherung gegen alle Eventualitäten, 
zeigt aber, dass da jemand bei der Erstellung der Vorschriften auch den 
Fall eines jahrelang einstaubenden Kondensators zumindest im Hinterkopf 
hatte.

Andreas

von Bensch (Gast)


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> Vor Jahren (Jahrzehnten?) hat SEL(?) eine Serie Farbfernseher
zurückgerufen, weil derartige Kondensatordefekte zu ernsthaften Schäden
(Wohnungsbränden?) geführt hatten. Das Ganze landete damals wohl sogar
in der Zeitung mit den wenigen Buchstaben.

Das waren die berüchtigten "gelben Brandbomben". Die waren m.W. von 
WIMA,
muss etwa um 1970-1980 gewesen sein. Eine davon hat auch in meinem Haus 
ihr Unwesen getrieben und zu einer umfangreichen Renovierung geführt- 
allerdings beim Vorbesitzer.

von Thomas B. (detritus)


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Markus F. schrieb:
> Am bedenklichsten finde ich dabei, dass der Kondensator direkt am
> Netzeingang ist, also noch vor dem Netzschalter!
> Das heißt, auch wenn man den Fernseher korrekterweise immer am
> Netzschalter ausschaltet, hätte der Kondensator jederzeit abfackeln
> können!
> Zum Glück lief der TV immer an einer schaltbaren Mehrfachsteckdose, die
> auch immer abgeschaltet war, wenn der Fernseher nicht benutzt wurde.
> Der Kondensator war übrigens ein WIMA MP3 Metallpapier-Kondensator.

Dieses häufige Einschalten des Geräts über die Steckdosenleiste bedeutet 
eine zusätzlichen Belastung des X-Kondensators durch die schlagartig 
anliegende Spannung und resultierenden Stromspitzen. Vermutlich hat man 
den Kondensator deshalb auch VOR dem Netzschalter eingebaut.

von Anja (Gast)


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Bensch schrieb:
> Das waren die berüchtigten "gelben Brandbomben". Die waren m.W. von
> WIMA,

Nicht ganz: die gelben XY-Kondensatoren waren von ITT:

http://www.radiomuseum.org/forumdata/upload/itt-abbildung.jpg

http://leila.dyna.ping.de/wolfgang/pic/itt-bericht.png

Gruß Anja

von Georg A. (Gast)


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Was mir schon an Entstöfiltern geplatzt ist, geht auf keine Kuhhaut... 
Es waren immer diese "vollintegrierten" Teile mit 2*C+2*L, die mit 
Knall, Gestank und auslaufender Sosse verstorben sind. Ohne Anspruch auf 
Vollständigkeit:

2*Bosch Küchenmaschine (gebaut späte 60er)
1*??? Handquirl (Anfang 80er)
2*Miele Staubsauger (Mitte 80er)
1*Miele WaMa (späte 70er)
1*Pfaff Nähmaschine (späte 70er)

Das sind alles an sich langlebige Geräte (die Mechanik ist noch gut in 
Schuss), dafür laufen sie jetzt alle ohne Filter weiter ;)

von oszi40 (Gast)


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Obiges Bild ist noch ein harmloser Fall. Andere abschreckende Beispiele 
wie aufladbare Taschenlampe (mit verbranntem Vorschalt-Kondensator), 
explodierte Elkos, Entstörkondensatoren, brüchige Gummikabel könnten die 
Brandrisiko-Sammlung ergänzen. Leider habe ich da keine Fotos gemacht.

von Kai Klaas (Gast)


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@Travel

>Auch wenn´s klugscheißerisch klingt, aber ein ausgestecktes oder per
>mechanischer Schaltsteckdose abgeschaltetes Gerät ist immer noch das
>sicherste.

Ja, früher stand auf den Waschmaschinen immer drauf: "Nach Gebrauch 
Netzstecker ziehen!".

@Markus

>Ich frage mich nun jedenfalls ernsthaft, ob man Geräte mit solchen
>Kondensatoren überhaupt noch unbesorgt ohne Aufsicht eingesteckt lassen >kann.

Aber das Entscheidende ist doch, daß gerade Nichts passiert ist!

Du kannst solche Vorfälle nicht verhindern, sondern höchstens die 
Eintrittswahrscheinlichkeit minimieren.

Für alle Teile, die mit Netzspannung in Berührung kommen und daher 
regelmäßig Impulsspitzen von bis 6kV mit Anstiegszeiten von mehreren 
1000V/µsec sehen, nur allerbeste Qualität verwenden! WIMA-Kondensatoren 
gehören leider nicht dazu. Wenn du allerbeste Qualität haben willst, 
mußt du RIFA MP-Kondensatoren einsetzen. Die halten wesentlich mehr aus, 
als vergleichbare WIMA Kondensatoren.

Von RIFA gab es mal eine äußerst nützliche Broschüre, in der diskutiert 
wurde, worin sich RIFA MP-Kondensatoren von Konkurrenzprodukten 
unterscheiden. Die Unterschiede sind teilweise wirklich extrem, 
beispielsweise was die Mindestspannung, bei der die erste Selbstheilung 
stattfindet, betrifft.

Ich hatte mal ein Telefonat mit Herrn Westermann von WIMA, der mir nicht 
einmal sagen konnte, ob WIMA MP-Kondensatoren ESD aushalten können...

Kai Klaas

von Düsentrieb (Gast)


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tja Kai, da sind meine erfahrungen mit RIFA deutlich anders:
ich würde sagen, der grösste dreck , den es gibt...
speziell: ein RIFA , MP , 1 uF / 400V  (typ: PME2614)

die dinger halten wochen oder monate, dann explodieren sie unter 
unglaublicher rauchentwicklung und -ganz klasse- einem abartigen 
gestank, der sich trotz lüften tagelang in der wohnung hält....echt 
qualität !
jedenfalls eine qualität, an die man sich jahrelang erinnert...

von Jens G. (jensig)


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>Von RIFA gab es mal eine äußerst nützliche Broschüre, in der diskutiert
>wurde, worin sich RIFA MP-Kondensatoren von Konkurrenzprodukten
>unterscheiden. Die Unterschiede sind teilweise wirklich extrem,

Jo - sowas ist für mich keine technische Abhandlung mehr, sondern eher 
als Werbebroschüre zu betrachten, wenn man sich darin mit anderen 
vergleicht, und dabei natürlich als klarer Sieger hervorgeht.

von oszi40 (Gast)


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Frage ist jedoch wie weit die Grenzdaten der jeweiligen Teile wirklich 
ausgereitzt werden und ob sie für den tatsächlichen Einsatzort überhaupt 
GEEIGNET sind.

Es wäre nicht der erste Fall wo Nager oder andere Tiere wie Termiten 
noch weitere Risiken hinzufügen. http://de.wikipedia.org/wiki/Termiten

Es ist mir ein Rätsel wie man dafür Plastegehäuse einsetzen kann.

von Wilhelm (Gast)


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Habe ich oben was falsch verstanden? Stinkender Matsch ausgetreten? 
Folienkondensatoren? Schmelztemperaturen von Kunststoffen?

Richtig dimensionierte Folienkondensatoren sind mir noch nie 
abgefackelt. Das kenne ich nicht, und finde diesen Beitrag deshalb mal 
ganz interessant.

Sie sind zwar selbstheilend, neigen aber an Durchschlagstellen wohl zu 
punktuellen Glimmentladungen, wenn sie nur ganz knapp dimensioniert bzw. 
sogar unterdimensioniert sind.

Eine ständig zu hohe Spannung stichelt da ständig am Bauteil.

Interessant wäre da, etwas über die Anzahl der Durchschläge zu erfahren. 
Die müßte sich im Laufe der Lebensdauer ja gehäuft haben. Möglicherweise 
führt ja erst eine enorm hohe Anzahl an Störungen und Glimmentladungen 
zur letztendlichen Erwärmung.

Aus Datenblättern und Spezifikationen, gehen solche Effekte ja nicht 
hervor.

Entstörkondensatoren mit 250V~ (+10%) finde ich aber auch haarscharf an 
der Grenze. Zumal der Sinus am Netz oft sehr verkrüppelt ist, und dU/dT 
da an manchen Stellen höher ist als vorgesehen. Andere Bauteile betreibt 
man auch nicht in der Nähe von 100% Leistungsfähigkeit.

von Jens G. (jensig)


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Ich würde aber mal behaupten, daß Entstörkondensatoren mit Angabe 250V~ 
(+10%) nicht nur für 250V~ ausgelegt sind, sondern massiv darüber. 250V~ 
legt einfach nur den Einsatzzweck fest (Netzwechselspannung)

von Wilhelm (Gast)


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Jens G. schrieb:

>Ich würde aber mal behaupten, daß Entstörkondensatoren mit
>Angabe 250V~ (+10%) nicht nur für 250V~ ausgelegt sind,
>sondern massiv darüber.

Stehe ich jetzt auf dem Schlauch? Ist das nicht das Thema hier gewesen?

von JojoS (Gast)


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ich hatte vor Kurzem meinen alten Yamaha Verstärker gereinigt weil der 
Eingangsumschalter oxydiert war und wollte noch ein paar defekte 
Skalenlampen wechseln. Auf der Suche nach den Lämpchen habe ich auch 
eine Rückrufaktion gefunden wg. Entstörkondensator. Das Gerät ist jetzt 
schon knapp 30 Jahre alt und Yamaha bezahlt noch immer die Rep.Kosten 
für den Austausch! Mir reichte es den Ersatz-C zu bekommen weil der 
Verstärker sowieso schon zerlegt war. Der org. C ist übrigends ein Rifa, 
der hatte schon ordentliche Risse im Gehäuse aber geknallt hat es noch 
nicht.

von MaWin (Gast)


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> Richtig dimensionierte Folienkondensatoren sind mir noch nie
> abgefackelt.

In deiner perfekten Welt.

Wenn aber bei einem Elektromotor ein Problem mit dem Motor auftaucht, 
z.B. verschlissener Kollektor,
dann wird der Strom den den Funkentstörkondensator vertragen muss 
deutlich höher, die Belastung deutlich höher, und er stirbt ggf. OBWOHL 
das Gerät (bei korrekter Funktion) richtig ausgelegt war.

Es hilft also nichts, eine Schaltung auszulegen, und darauf zu 
vertrauen, daß sie ewig so funktionieren wird, sondern man muss sich 
Gedanken machen, was im EXTREMFALL passiert.

von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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Düsentrieb schrieb:

> die dinger halten wochen oder monate, dann explodieren sie unter
> unglaublicher rauchentwicklung und -ganz klasse- einem abartigen
> gestank, der sich trotz lüften tagelang in der wohnung hält....echt
> qualität !
> jedenfalls eine qualität, an die man sich jahrelang erinnert...

Exakt das ist mit dem WIMA aber auch passiert: Starke Rauchentwicklung 
und ein Gestank, der sich im ganzen Haus ausbreitet und trotz intensivem 
Lüften ca. 2 Tage lang anhielt...
Dabei hat der ja (wie gesagt) nur 10...15s lang gequalmt. Keine Ahnung 
was passiert wäre, wenn der noch länger an Netzspannung gelegen hätte.

von ITT (Gast)


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Auf den ITT`s steht auch nur 220V.

von ... (Gast)


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ITT schrieb:
> Auf den ITT`s steht auch nur 220V.

Zu der Zeit hatten wir auch 220V.

von ITT (Gast)


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Und heute würde Dir ein 230er genügen ?

von Michael_ (Gast)


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>Ich hatte mal ein Telefonat mit Herrn Westermann von WIMA, der mir nicht
>einmal sagen konnte, ob WIMA MP-Kondensatoren ESD aushalten können...
Auf so eine provozierende Frage gibt es keine Antwort. 
Entstörkondensatoren wurden eben zu einer Zeit entwickelt, wo es noch 
kein "ESD" gab.
Und was soll schon passieren, in einem PC-Netzteil, einer Waschmaschine, 
einem Netzteilgehäuse aus selbstverlöschendem Plast, ....
Es wird immer defekte Teile in jedem Lebensbereich der Menschen mit mehr 
oder weniger Folgen geben. Ein abgeschossener Kondensator der mal etwas 
riecht ist doch da wohl Kindergram!

von Bernhard R. (barnyhh)


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Neben der Industrie gibt es auch noch Bastler. Im folgenden thread 
Beitrag "welcher Kondensatortyp als 230V Blindwiderstand?" kann man die Meinung mancher 
"Bastler" zum Thema "sichere Dimensionierung von Kondensatornetzteilen" 
lesen. Mir grausts!

Bernhard

von Kai Klaas (Gast)


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Hallo Michael,

>Auf so eine provozierende Frage gibt es keine Antwort.
>Entstörkondensatoren wurden eben zu einer Zeit entwickelt, wo es noch
>kein "ESD" gab.

Naja, Murata konnte mir sofort Auskunft geben. Eine einfache kleine 
Meßreihe zeigt sofort, was Sache ist. Von einem Global Player wie WIMA 
erwarte ich, daß da entsprechende Untersuchungen vorliegen.

>Und was soll schon passieren, in einem PC-Netzteil, einer Waschmaschine,
>einem Netzteilgehäuse aus selbstverlöschendem Plast, ....

Bei Y-Kondensatoren wird es dann schon ungemütlich.

Kai Klaas

von faustian (Gast)


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"Ich würde aber mal behaupten, daß Entstörkondensatoren mit Angabe 250V~
(+10%) nicht nur für 250V~ ausgelegt sind, sondern massiv darüber. 250V~
legt einfach nur den Einsatzzweck fest (Netzwechselspannung)"

Soviel ich weiss sind die dafuer ausgelegt bei wesentlicher 
Ueberspannung eben durchzuschlagen und selbstzuheilen - ist wohl kleiner 
und billiger als ein echter 2000V-Kondensator

von oszi40 (Gast)


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Klar halten die mit Angabe 250V~ etwas mehr aus, sonst wäre nie ein 
Gerät duch die Hochspannungsprüfung gekommen.

Frage ist trotzdem ob sie in der jeweiligen Umgebung lange Jahre 
überleben können ohne auszubrennen oder zu platzen.

Steile Impulse, höhere Spannungen, Wärme ...

von Kai Klaas (Gast)


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Es sind gerade die vielen "Selbstheilungen", die auf die Dauer für den 
Kondensator irgendwann zum Problem werden. Vor allem dann, wenn der 
Kondensator von Anfang an schon ein Fertigungsproblem hatte, also einen 
Wickel- oder Überlappungsfehler oder eine fehlerhafte Harzimprägnierung.

Kai Klaas

von Markus F. (5volt) Benutzerseite


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Kai Klaas schrieb:
> Es sind gerade die vielen "Selbstheilungen", die auf die Dauer für den
> Kondensator irgendwann zum Problem werden.

Ja, genau: Durch die Durchschläge (Funke mit Temperaturen von einigen 
1000°C) wird das Dielektrikum chemisch gespalten. Dabei wird Kohlenstoff 
frei (Kunststoff, Epoxid und Papier enthalten Kohlenstoff), der 
leitfähig ist.
Siehe z.B. http://www.wima.de/DE/flammability.htm

Dagegen sind fast nur Keramik-Kondensatoren immun. Diese sind aber meist 
wenig überspannungsfest (Stichwort: Transienten) und nicht 
"selbstheilend". Zudem wären sie mit solchen Werten (z.B. 0,33µF/250V) 
sehr teuer in der Fertigung.
Als Y-Kondensatoren sieht man sie aber recht häufig, z.B. 4,7nF mit 3kV 
Nenn-Spannungsfestigkeit


Kai Klaas schrieb:
> Bei Y-Kondensatoren wird es dann schon ungemütlich.
Und der Kondensator, der in dem Wäschetrockner war und bei dem das 
Gehäuse total aufgerissen ist, war sogar ein Kombi-Kondensator mit einem 
großen X2 und 2 kleinen Y2-Kondensatoren.
Durch die Zerstörung des X-Kondensators könnten die Y-Kondensatoren auch 
Schaden nehmen.
In einem Wäschetrockner ist das aber vergeichsweise harmlos, da die 
Y-Kondensatoren gegen Erde gehen. Schlimmstenfalls fliegt also der FI 
(falls vorhanden) oder die Sicherung raus.

von Wilhelm (Gast)


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Kai Klaas schrieb:

>Es sind gerade die vielen "Selbstheilungen", die auf die Dauer
>für den Kondensator irgendwann zum Problem werden.

Eben, genau das meinte ich auch weiter oben.

An diesen Stellen ist ein Loch in der Kunststofffolie, es gibt 
Glimmentladungen, die klitzekleine Wärme produzieren, aber davon 
zunehmend mehr.

Markus F. schrieb:

>Dabei wird Kohlenstoff frei (Kunststoff, Epoxid und Papier
>enthalten Kohlenstoff), der leitfähig ist.

Das begünstigt weitere Vorgänge noch.

Weiß eigentlich jemand, wie die Durchschläge optisch aussehen, kann man 
sowas mit dem bloßen Auge sehen, oder braucht man eine Lupe oder gar ein 
Mikroskop? OK, es wird wohl etwas von der Kapazität und Ladung abhängen.

So einen Kondensator kann man doch an den Kontaktierungsseiten mal 
aufsägen, und die Folie ausrollen. Hab ich alles schon mal gemacht, und 
wenn es nur Neugier war.

von Иван S. (ivan)


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Wilhelm schrieb:
>>Es sind gerade die vielen "Selbstheilungen", die auf die Dauer
>>für den Kondensator irgendwann zum Problem werden.
> An diesen Stellen ist ein Loch in der Kunststofffolie, es gibt
> Glimmentladungen, die klitzekleine Wärme produzieren, aber davon
> zunehmend mehr.

Hier muß ich Dir widersprechen. Zwar wird beim Durchschlag auch das 
Dielektrikum beschädigt, ebenso jedoch auch die Elektrode. Und die von 
der Elektrode verabschiedete Fläche ist größer als der Durchmesser des 
Kanals im Dielektrikum. Es bildet sich ein isolierender Ring ohne 
Elektrodenmaterial rund um den Durchschlagskanal, der Vorhof.

Glimmentladungen sind daher in's Reich der Märchen zu verbannen.

> Weiß eigentlich jemand, wie die Durchschläge optisch aussehen,

Bild im Anhang. (c) WIMA.

> kann man sowas mit dem bloßen Auge sehen, oder braucht man eine Lupe
> oder gar ein Mikroskop?

Die Durchschlagsstellen sind idR. mikroskopischen Größenordnung.

Iwan

von Wilhelm (Gast)


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Иван S. schrieb:

>Hier muß ich Dir widersprechen. Zwar wird beim Durchschlag
>auch das Dielektrikum beschädigt, ebenso jedoch auch die
>Elektrode. Und die von der Elektrode verabschiedete Fläche
>ist größer als der Durchmesser des Kanals im Dielektrikum.
>Es bildet sich ein isolierender Ring ohne Elektrodenmaterial
>rund um den Durchschlagskanal, der Vorhof.

Ja, das ist ein ganz alter Hut, nämlich die Selbstheilung.

>Glimmentladungen sind daher in's Reich der Märchen zu verbannen.

Genau die finden an solchen Beschädigungen statt.

von Jens G. (jensig)


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wenn ständig Glimmentladungen stattfinden, sollte sich doch dann auch 
ein größerer Reststrom einstellen - hat das schon mal einer gemessen?
Und das ständige Gepratzel müsste man doch auch im Radio höhren, wenn 
man mal mit sowas wie einer Antenne rangeht.

von Michael_ (Gast)


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Also, es geht um X2 und ob sie einen Brand auslösen können.
Es werden Milliarden solcher C eingesetzt und etwas Gestank oder eine 
ausgelöste Sicherung ist noch kein Brand. Sie sind doch immer in 
Metallgehäuse oder in in selbstverlöschende Plastgehäuse eingebaut. Also 
bitte keine Panik.
Ausreißer wird es immer geben, siehe klemmende Gaspedale (nur USA).

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