Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Einfache, aber tiefgehende Frage


von Neuer (Gast)


Lesenswert?

Wenn ein Widerstand auch ein Kondensator und auch ein wenig Spule ist, 
bzw. umgekehrt, wie kann es dann eigentlich noch sein, daß Schaltungen 
funktionieren?

von Hauke R. (lafkaschar) Benutzerseite


Lesenswert?

Ja, alle Bauteile haben parasitäre Eigenschaften und Ersatzschaltbilder 
die genau darauf eingehen wie sie wirken. In den meisten Fällen sind 
diese parasitären Kapazitäten etc. aber so klein, dass man sie garnicht 
erst beachten braucht, in anderen fällen muss man damit rechnen und sie 
evtl. kompensieren.

von faustian (Gast)


Lesenswert?

Siehe mein beruechtigtes 0603 Kondensator vs 0603 Kupferklotz bei HF 
Gedankenspiel :)

von Neuer (Gast)


Lesenswert?

Hauke Radtki schrieb:
> Ja, alle Bauteile haben parasitäre Eigenschaften und Ersatzschaltbilder
> die genau darauf eingehen wie sie wirken. In den meisten Fällen sind
> diese parasitären Kapazitäten etc. aber so klein, dass man sie garnicht
> erst beachten braucht, in anderen fällen muss man damit rechnen und sie
> evtl. kompensieren.

Wie kompensiere ich etwas mit dem Gleichen? Denn Kompensieren kann ich 
ja auch nur wieder mit einem Widerstand aka Spule aka Kondensator. Und 
Leiterbahnen sind ja auch wieder Widerstand aka Spule aka Kondensator.

von Alexander V. (avogra)


Lesenswert?

Die Werte für Induktivität und Kapazität sind bei einem Widerstand 
einfach so klein, dass sie in der Regel kaum Einfluss auf die Funktion 
haben. Dazu musst du übrigens nicht mal einen Widerstand heranziehen. 
Auch schon ein Kabel oder eine Leiterbahn haben einen Widerstand, eine 
Induktivität und eine Kapazität.
Es gibt allerdings sehr wohl Fälle, in denen man das nicht 
vernachlässigen kann. z.B. überall wo höhere Frequenzen vorkommen. Bei 
einigen Megahertz macht auch schon eine sehr kleine Induktivität / 
Kapazität einen großen Unterschied für die Funktion. In solchen Fällen 
muss dann deren Wert beim Entwurf der Schaltung mit berücksichtigt 
werden. Wenn du z.B. mal nach Wellenwiderstand suchst, findest du hier 
einiges. Gibt auch nen sehr guten Artikel zu dem Thema hier in der 
Artikelsammlung.
Streng genommen kommt es nicht nicht (nur) auf die Frequenz des Signals 
an, sondern vor allem darauf, wie schnell die Signal-Spannung 
ansteigt/fällt. Ein häufiges Problem hier im Forum sind z.B. serielle 
Übertragungen über längere Leitungen. Da aktuelle Mikroprozessoren sehr 
steile Signal-Flanken erzeugen (also die Spannung schnell ansteigt), 
kann es auch schon bei niedrigen Übertragungsraten zu Fehlern kommen, 
wenn die Induktivität/Kapazität der Leitung unter den Tisch gekehrt 
wurde.
Genau sowas brauch ich demnächst auch, hatte aber bisher von diesem 
Phänomen keine Ahnung. deshalb hab ich einfach spasseshalber mal ein 
5kHz und ein 50kHz Signal über ein 10m Mikrofonkabel an ein Oszi gehängt 
und war schwer beeindruckt: Bei 5V High-Pegel hatte ich Überschwinger 
bis hin zu 8V und darauf folgende Unterschwinger auf 3,5V. Und das nur 
wegen der ach so kleinen Induktivität/Kapazität der Leitungen. Cool !

So, ich hoffe, das hilft dir.
Grüße, Alex

von dito (Gast)


Lesenswert?

Du sagst es doch selbst mit dem Wort "wenig". Die Haupteigenschaft bzw. 
Funktion des jeweiligen Bauteils "Widerstand", "Spule" oder 
"Kondensator" bleibt doch erhalten.

Ein ideales Bauteil wirst du nirgendswo finden. Genauso wenig wie z.B. 
ein Getriebe ohne Reibungsverluste.

von Andre M. (loonquawl)


Lesenswert?

Neuer schrieb:
> Wie kompensiere ich etwas mit dem Gleichen? Denn Kompensieren kann ich
> ja auch nur wieder mit einem Widerstand aka Spule aka Kondensator. Und
> Leiterbahnen sind ja auch wieder Widerstand aka Spule aka Kondensator.

Das ist eine ziemlich laxe Betrachtung. Wie [lafkaschar] schon sagte, 
alles eine Frage der Verhältnisse. Zieh einen Strich frei Hand, und er 
ist (sichtbar)ungerade. Nimm ein Lineal zur Hilfe und der Strich ist für 
alle typischen Anwendungen gerade, obwohl das Lineal, mikroskopisch 
betrachtet, eine Kraterlanschaft ist.
Du hast also in dem Fall etwas ungenaues mit etwas ungenauem kompensiert 
und trotzdem Ergebnisse erzielt...

von dito (Gast)


Lesenswert?

Oder anders ausgedrückt: Willkommen in der Realität. ;-)

von Hauke R. (lafkaschar) Benutzerseite


Lesenswert?

dito schrieb:
> Oder anders ausgedrückt: Willkommen in der Realität. ;-)

Nett ausgedrückt ;)

von Winfried (Gast)


Lesenswert?

Ist wie beim Essen, auch im Salat steckt Kupfer und sonstige 
Spurenelemente. Bei spanischen Erdbeeren hat das, was eigentlich nicht 
drin sein sollte, schon sehr deutliche Relevanz und zeigt Wirkung :-)

von Neuer (Gast)


Lesenswert?

dito schrieb:
> Oder anders ausgedrückt: Willkommen in der Realität. ;-)

Was soll der Unsinn, dito?

von Ich (Gast)


Lesenswert?

In der Realität gibts keine idealen Bauteile. Das wollte dito damit 
sagen ;)

Muss Hauke Radtki da zustimmen ist wirklich nett ausgedrückt :)

von dito (Gast)


Lesenswert?

Ich schrieb:
> In der Realität gibts keine idealen Bauteile. Das wollte dito damit
> sagen ;)

So war es gemeint. Sollte keine Beleidigung sein.

von ossi (Gast)


Lesenswert?

Wie ein Kollege mal sagte:
Es gibt keine Widerstände, nur Schwingkreise mit schlechter Güte....
Oder auch:
In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und 
Praxis....

von Thomas S. (klegom)


Lesenswert?

dito schrieb:
> Auch schon ein Kabel oder eine Leiterbahn haben einen Widerstand, eine
> Induktivität und eine Kapazität.

Das ist sogar NOCH VIEL schlimmer. Eine Leitung hat nämlich nicht 
einfach eine Induktivität, eine Kapazität und einen Widerstand, nein, 
sie hat einen Induktivitätsbelag, einen Kapazitätsbelag und einen 
Widerstandsbelag, das heißt die Werte sind räumlich verteilt (Das 
bedeutet z.B. jedes Stück Leiterbahn bildet in sich bereits mehrere 
Schwingkreise). Damit nicht genug, diese sind natürlich weder Entlang 
der Ausdehnung der Leiterbahn, noch bei verschiedenen Temperaturen 
Konstant und hängen ggf. auch noch von aktuellen Strom und umgebenden 
Magnetfeldern ab.

Außerdem verteilt sich der Strom nicht Gleichmäßig über den 
Leiterquerschnitt. Das bedeutet, dass wir nicht von einem "Strom" 
sprechen können, sondern eine "Stromverteilung" innerhalb des 
Leiterquerschnitts betrachten müssen, die natürlich auch nicht über die 
Länge des Leiters konstant bleibt und schon gar nicht bei allen 
Frequenzen ;-)

Zum Glück kann man MEISTENS das MEISTE davon vernachlässigen.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.