Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Herstellung und Lagerung von Halbleitern


von Dennis R. (reiden)


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Hallo,

ich betreibe Elektronik als Hobby und war daher heute bei unserem 
ortsansäßigen Radio und TV-Techniker der dankbarerweise auch 
Elektronikgrundbedarf führt. Um eine Schaltung aus dem Internet 
nachzubauen brauchte ich eine Hand voll 2N2222. Diese habe ich zwar 
bekommen aber a) mit dem Hinweis das dieser Typ total veraltet wäre und 
es einen BC3xx irgendwas als Nachfolger gäbe;  b) stand auf dem 
Tape-Träger (wie nennt man die eigentlich?) ein "Prod. Date: 21/92" und 
c) vom indischen Hersteller CDIL von dem ich vorher noch nie was gehört 
hab.

Googel brachte mich nicht wirklich weiter, kann mir einer von euch 
erklären wie so die "Geschäftspraktiken" bei solchen Halbleiterbauteilen 
sind? Werden die im großen Stil produziert und erstmal eingelagert um 
dann die Fertigungsstraße umzustellen und was anderes herzustellen. Und 
wenn die Lagerbestände dann weg sind gibt es diesen Typ einfach nicht 
mehr? Wo werden solche Teile gelagert, ja wohl nicht alle in China? Und 
ist es dann üblich das man (sofern es wirklich das Produktionsdatum war) 
18 Jahre alte Teile kaufen kann?

Ich habe auch noch einige Teile hier in der Kiste auf denen z.B. das 
Phillips oder SGS Thomson Log prangt - die Firmen heißen ja jetzt NXP 
bzw. ST - und das teilweise schon länger obwohl die Teile frisch von 
Reichelt geliefert wurden.

Also vielleicht hat ja jemand mal einen netten Link zu einer Seite oder 
ein Blog wo das ein wenig näher beleuchtet wird...

Gruß, Dennis

: Verschoben durch Admin
von Jochen F. (jamesy)


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Der 2N2222 ist in der Tat ein uralter Transistortyp, der allerdings auch 
heute noch verwendet wird in diversen Bauanleitungen oder Projekten. 
Wahrscheinlich setzen ihn auch kommerzielle Hersteller ein - im 
SMD-Gehäuse gibt es ihn sicher heute auch noch, evtl. mit anderem 
Prefix.
Ansonsten mal eine Vergleichstabelle wälzen, und einen geeigneten Typ 
der "Neuzeit" heraussuchen, das kann je nach Anwendung variieren.
Zur Lagerfähigkeit von Halbleitern kann ich nur anmerken, daß die 
Hauptgefahr von Feuchte ausgeht, Rost bzw. Oxidation der Anschlußdrähte 
ist ein Thema, wie auch Feutigkeit, die nach einer Weile in das Innere 
eines Epoxy-Gehäuses eindringt. Lötet man das dann einfach so, ohne ein 
langsames Vorwärmen, dann setzt sich das Wasser schlagartig als 
Dampfblase frei, und "schafft sich einen Weg nach Draußen", also kann 
das Gehäuse platzen, was ganz und gar nicht gut ist für den Halbleiter. 
Erwärmt man langsam, so kann der Dampf ohne Schäden auf dem Weg heraus, 
den die Feuchtigkeit hinein genommen hat - sehr grob geschildert.

von (prx) A. K. (prx)


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Reichelt, Kessler, Segor und dergleichen haben eine Unmenge Bauteile auf 
Lager. Manches geht schnell weg, manches liegt ewig rum. Ich habe bei 
Kessler mal ein Sammelsurium von 74HC bestellt und etliche davon waren 
älter als mancher Forenteilnehmer. Segor hat Mikroprozessoren vom Typ 
RCA 1802 rumliegen, mit Datecode 108 - also vermutlich von 1981, denn 
1991 waren die bereits museumsreif.

Der 2N2222 ist zwar uralt, aber die erwähnten BC3xx sind das ebenso. 
Beidessind weiterhin Standardtypen bei bedrahteten Bauteilen, die 2N in 
den USA, die BCs in Europa.

von holger (Gast)


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>Also vielleicht hat ja jemand mal einen netten Link zu einer Seite oder
>ein Blog wo das ein wenig näher beleuchtet wird...

Einen Link auf was? Hersteller kommen und gehen.
Für Transistoren gibt es meistens einen Ersatztypen von anderen 
Herstellern.
Da muss man nicht lange suchen.

Bei ICs sieht es anders aus. Hat das Teil eine spezielle
Funktion kann das schon mal das AUS für eine alte Schaltung bedeuten.

von Philipp (Gast)


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Das mit der Feuchtigkeit ist ja klar wenn die dinger mehrere jahrzehnte 
offen gelagert waren. (ebenso bei alten zeilentrafos, hören sich dann an 
wie popcorn nur viel lauter )
Einfacher trick:
Alles 1 Stunde bei ca. 80°C Umluft Oberunterhitze gut durchbacken!
"aber ja nicht vergessen, zwischendurch auch mal zu wenden, sonst ist 
alles oben schon gar und unten noch roh"

von Dennis R. (reiden)


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>Einen Link auf was? Hersteller kommen und gehen.

Na eine Webseite oder ein Blog das Herstellung und Vertrieb von 
Standard-Halbleiter-Elementen näher beleuchtet. Die meisten beschäftigen 
sich nur mit Funktionsweise und technischen Details.

Neulich hat hier jemand z.B. einen Link auf das Blog 
www.bunniestudios.com gepostet - da geht es um die Herstellung in China 
und es war ein sehr interessanter Artikel über die Herstellungspraxis 
von SD-Speicherkarten dabei...

von Arno H. (arno_h)


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Oft wird die (beabsichtigte) Mehrproduktion als Wafer eingelagert.
Stichwort "die banking".
Es gibt auch BE, bei denen der Hersteller eine längere Verfügbarkeit bei 
gleicher Qualität gewährleisten muß, z.B. Luft- und Raumfahrt oder 
Mil-BE.

Arno

von MaWin (Gast)


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Die Industrie will so alte Bauteile nicht mehr, die erwartet jünger als 
1 Jahr in Stickstoff gelagerte Bauteile ohne Feuchtigkeit und ohne 
Korrosion, in den üblichen Transportbehältern (Stangen, Tapes, ...) aber 
gerade deswegen stehen dir die Reste als Bastler zu günstigen Preisen 
zur Verfügung, zu Preisen die oft billiger sind, als die die die 
Industrie bezahlt.

Ob den 2N2222 funktioniert ? Meistens. Mit so gutem Erfolg, daß man 1970 
stolz auf die Ausbeute gewesen wäre. Es gibt zwar ein paar Fälschungen, 
es gibt ein paar Firmen die ihren Herstellungsprozess nicht im Griff 
hatten und deswegen als Ausschuss ihren Weg doch noch in die Läden 
finden, aber weit seltender, als das früher der Fall war "ungestempelte 
Ware".

Wer heute Schaltungen aus der Blechdosenzeit der Halbleitertechnik 
aufbaut und nicht in der Lage ist, den 2N2222 (30V,0.8A/0.5W/Hfe 
75/250MHz) durch einen zeitgemässeren zu ersetzen (BC337 tuts in den 
meisten Fällen), der muss halt die alten kaufen und die Preise bezahlen 
die verlangt werden.

Aber das liegt nicht an den bösen gemeinen Händlern.

Ich hab gerade für einen TDA1072A 2.90 bezahlt, obwohl Reichelt ihn für 
1.80 hat, nur leider nicht in DIL. Es hat gar nicht weh getan, Schaltung 
läuft wieder.

von Anja (Gast)


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Dennis Reichenbach schrieb:
> Und
> ist es dann üblich das man (sofern es wirklich das Produktionsdatum war)
> 18 Jahre alte Teile kaufen kann?

Hallo,

normalerweise werden die Teile direkt für die Produktion gefertigt. Nach 
etwa einem halben Jahr (in Luft gelagert) läßt die Lötbarkeit 
(oxidation) stark nach. Für eine automatisierte Produktion sind die 
Teile dann nicht mehr brauchbar. Den Oxidationsprozess kann man durch 
Lagerung in einem Stickstofflager reduzieren. Wird aber wegen der hohen 
Kosten meist nur für die Ersatzteilversorgung für abgekündigte 
Bauelemente wie Prozessoren gemacht wenn die Neu-Entwicklung teurer wie 
die Einlagerung ist.

So alte Bauelemente erhält man normalerweise nur in Bastler-Stückzahlen.

Jochen Fe. schrieb:
> Der 2N2222 ist in der Tat ein uralter Transistortyp, der allerdings auch
> heute noch verwendet wird in diversen Bauanleitungen oder Projekten.
> Wahrscheinlich setzen ihn auch kommerzielle Hersteller ein - im
> SMD-Gehäuse gibt es ihn sicher heute auch noch, evtl. mit anderem
> Prefix.

Der 2N2222 ist auch heute noch einer der schnellsten bipolaren 
Schalttransistoren mit hoher Verstärkung (für Spannungen > 20V). Im 
originalen Metallgehäuse ist er auch für Raumfahrtanwendungen geeignet. 
Heutzutage wird er allerdings hauptsächlich im Plastik (TO-92 -> 
P2N2222) oder SMD (SOT-23 -> SMBT2222/MMBT2222 bzw. SOT-223 -> PZT2222) 
gefertigt.

MaWin schrieb:
> (BC337 tuts in den
> meisten Fällen)

Der BC337 ist ein Audio-Transistor. Für Schaltanwendungen ist die 
Speicherzeit nicht spezifiziert.


Gruß Anja

von Jochen F. (jamesy)


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Na super!
Wieder so eine WI-Ingenieurin die nur die Vorlesung wiederholt - was das 
mit Realität zu tun hat, ist vollkommen egal!
Lieber mal selber ein Datenblatt lesen und Vergleichstypen ermitteln, 
DAS ist E-Technik.
Vom Entwickeln eigener Schaltungen ganz zu schweigen.......

von Zeus (Gast)


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Was du so schreibst, ist dir auch nicht in die Wiege gelegt worden. 
Manche sind göttlich geboren worden.

von Jochen F. (jamesy)


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Das ist ein Problem, Zeus: Blitze kannst Du schleudern, aber sogar ein 
moderner Taser ist Dir überlegen........
Denke mal über Deine PR nach... ;-)

von Philipp (Gast)


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>für abgekündigte Bauelemente wie Prozessoren gemacht
oh dann muss ich mich schnell noch mit ein paar i7 eidecken, bevor die 
stickstofflagervorräte leer sind
aber die oxidieren ja dann

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Für kleinere Halbleiter-Chips (also nicht gerade teure Prozessoren, 
deren Wert viel zu schnell fallen würde):
Es gibt noch den Schritt der Wafer-Einlagerung. Die nehmen wenig Platz 
weg. Die Chips sind dann schon entsprechend funzt oder eben nicht 
markiert. Der Wafer geht bei Bedarf am Markt dann zum Verkapsler, der 
das Gehäuse drumbackt. Die üblichen 6-12 Wochen Bestellzeit sind genau 
diese Zeit die der Fernost-Gehäusefritze für das Processing benötigt.

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