Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kapazität zweier parallen Leiterbahnen


von Schraubenhuber (Gast)


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Mahlzeit liebe Forengemeinde,

hier mal eine Frage an die Elektronikexperten, die sich auch schon mit 
EMV beschäftigt haben:
Also, ich bin grad am Layouten einer größeren Platine, auf der auch eine 
PWM erzeugt wird. Besser gesagt, auf einer Leitung läuft ein PWM-Signal, 
auf der anderen das gleiche Signal, nur invertiert. Beide Leitungen 
laufen nun ein Stück parallel auf dem Board (ließ sich leider nicht 
anders machen...), ist so'ne Art "Sammelschiene".
Nun hab ich mir mal die Frage gestellt, wie ich die Kapazität dieses 
Stücks Doppelleitung berechnen (zumindest abschätzen) kann.
Bin bisher in Büchern und im I-Net nicht richtig fündig geworden. Dort 
steht immer nur die bekannte Plattenkondensator-Formel:

C=epsilon_0*epsilon_r*A/d

Aber diese Näherung ist hier wohl wenig aussagekräftig, oder?

Wie kann ich das berechnen?!

Vielen Dank und schöne Grüße!

von Zipp (Gast)


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Ich wuerd weniger auf die kapazitive Kopplung schauen, wie auf die 
Induktive.

von Netter Gast. (Gast)


Angehängte Dateien:

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Schraubenhuber schrieb:
> C=epsilon_0*epsilon_r*A/d
>
> Aber diese Näherung ist hier wohl wenig aussagekräftig, oder?
>
> Wie kann ich das berechnen?!

Siehe Bild. Das hatte ich mal aus Werkbuch Elektronik entnommen.

2.3 F. Kapazitäten von Leiterbahnaufbauten
S.631 Daten der Printplatte

von Michael M. (Gast)


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Schraubenhuber schrieb:
> C=epsilon_0*epsilon_r*A/d
> Aber diese Näherung ist hier wohl wenig aussagekräftig, oder?
noch ist da keine näherung dabei =)
aber eine größenordnung bekommst du damit sicher raus. deine 
plattenfläche ist das produkt aus leiterzuglänge und höhe der leitenden 
schicht.
vorsicht, die relative DiElKo wird durch lötstopp, bestückungsdruck, 
coating, usw. beeinflusst.

ansonsten würde ich sowas eher im forschungs- und damit 
englischsprachigen bereich suchen: 
http://www.google.de/search?q=inter%20line%20OR%20wire%20capacitance&ie=UTF-8&sa=N&tab=iw

von faustian (Gast)


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Was spricht denn gegen aetzen und messen? Gut, ein DMM kann meist nicht 
viel im pF Bereich, aber ein Schwingkreis oder eine Bruecke ....

von Netter Gast. (Gast)


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Michael M. schrieb:
> du damit sicher raus. deine
> plattenfläche ist das produkt aus leiterzuglänge und höhe der leitenden
> schicht.

Höhe spielt theoretisch auch eine Rolle aber die Betrachtungsweise ist 
eine andere, siehe "offener Kondensator" das Teil wird quasi 
zusammengeklappt daher auch epsilon r 4,5 von der Platine und 
Leiterbreite.

Insofern ich mich nicht täusche.

von Michael M. (Gast)


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Hmm, eigentlich war ich mir sicher, das mal ohne augeklappten C gelernt 
zu haben.
Nach deiner Formel wäre allerdings der Anteil dieser Kapazität auch 
nicht zu vernachlässigen.

Ich kann mich also auch irren...

von Netter Gast. (Gast)


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Habe da auch mal drüber gegrübelt, aber schon länger her.
Denke das Verhältniss der geringen leiterhöhe zur Breite der Bahn gibt 
den Ausschlag die Ergebnisse der Formel schienen jedenfalls plausibel 
müsste ich aber suchen ob ich noch was darüber finde.

von Anja (Gast)


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Schraubenhuber schrieb:
> hier mal eine Frage an die Elektronikexperten, die sich auch schon mit
> EMV beschäftigt haben:

In der Praxis heißt Dies (für akzeptables Übersprechen):
- entweder du verwendest eine Schirmleitung zwischen den Leitungen die 
alle 10-20 mm mit einer Durchkontaktierung auf die Massefläche 
durchkontaktiert ist.
- oder die gekoppelte Länge bleibt deutlich unter Lambda/4 (z.B. unter 
Lambda/40) wobei die äquivalente Frequenz 1 / (PI * Anstiegszeit) 
gerechnet wird.

Gruß Anja

von Stephan (Gast)


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Netter Gast. schrieb:
> hier mal eine Frage an die Elektronikexperten, die sich auch schon mit
> EMV beschäftigt haben

In Punkto EMV ist die parallele Führung doch bestens.

Ganz allgemein ist doch hier der Wellenwiderstand viel interessanter als 
die Kapazität.

von Fralla (Gast)


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Kommt ja auch wieder auf die Quellimpedanz an, ob die kapazitve Kopplung 
wirkt. Aber klar auch auf den Wellenwiderstand, man müsst wissen wo das 
Signal hinführt (Impedanz) und die Anstiegszeiten.

von MCUA (Gast)


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> auf einer Leitung läuft ein PWM-Signal,
>auf der anderen das gleiche Signal, nur invertiert
Das juckt nicht. Die Stör-Signale heben sich auf.

von Stephan (Gast)


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Fralla schrieb:
> Kommt ja auch wieder auf die Quellimpedanz an, ob die kapazitve Kopplung
> wirkt. Aber klar auch auf den Wellenwiderstand, man müsst wissen wo das
> Signal hinführt (Impedanz) und die Anstiegszeiten.

Für PWM (das Steuersignal) - sollte es nicht im +10MHz-Bereich sein - 
dürften Wellenwiderstand und Kapazitätsbelag relativ egal sein.

Ich vermute es ist eine rein theoretische Frage. PWM, etc. sind ohne 
Belang.

von Fralla (Gast)


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Klar, wenns eine PWM für einen Schaltregler, etc ist, egal
>sollte es nicht im +10MHz-Bereich
Eben, vielleicht ist es ja irgendeine Signalmodulation, oder die Flanken 
müssen besonders Steil seinm,
man weis es(noch) nicht...

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

was du wirklich brauchst, ist ja nicht die Kapazität, sondern der 
Crosstalk-Faktor. Meines Wissens liegen kapazitive und induktive 
Kopplung in der gleichen Grössenordnung, man kann also keine von beiden 
vernachlässigen.

Alle mir bekannten Calculator-Programme gehen von Leitungen über einer 
ground plane aus, in der Praxis wird nichts anderes verwendet. Du 
könntest aber die Höhe der Leiterbahenen über der GND-Fläche 
schrittweise erhöhen, dann sollte der Wert gegen den Wert ohne plane 
konvertieren. Ein Programm ist z.B.

http://www.ultracad.com/ct_calc.htm

Alternativ gibt es natürlich 3D-Solver, auch frei, aber der Umfang der 
Software ist da im GB-Bereich und die Einarbeitung dementsprechend, etwa 
eine Grössenordnung mehr als für ein CAD-Programm.

Gruss Reinhard

von Anja (Gast)


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Reinhard Kern schrieb:
> Meines Wissens liegen kapazitive und induktive
> Kopplung in der gleichen Grössenordnung, man kann also keine von beiden
> vernachlässigen.

Da digitale Schaltkreise und Leiterplatten Impedanzen weit unter der 
Fernfeld-Impedanz von 377 Ohm haben überwiegt für die Leitungsführung 
die induktive Kopplung. Deshalb wird auch ein magnetischer = 
kurzgeschlossener Schirm benötigt. (viele Durchkontaktierungen auf 
Massefläche).

Kapazitive Kopplung spielt normalerweise erst dann eine Rolle wenn 
zusätzliche Kapazitäten (z.B. Steckverbinder auf einer Backplane) hinzu 
kommen.

Gruß Anja

von Wolfgang M. (womai)


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Was Du da hast ist im Prinzip eine differentielle Microstrip-Leitung. 
Dazu gibt es jede Menge Programme, mit denen man Kapazitaet, 
Induktivitaet und basierend darauf den Wellenwiderstand berechnen kann.

Eine relativ einfache Variante ist der 2D-Solver TNT/MMTL, zum 
Runterladen von Sourceforge (einfach nach TNT Field Solver googeln); der 
ist gratis, also nix zu verlieren. Damit kann man unter anderem 
Kopplungskapazitaet und -induktivitaet einer solchen Doppelleitung 
ausrechnen. Wichtiges Detail, die Werte sind immer pro Laengeneinheit 
(Meter, Zoll, etc.), also muss man den Wert mit der Laenge der Leitung 
multiplizieren.

Wolfgang

von Schraubenhuber (Gast)


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Uijujui... So viele Antworten :-)

Danke Euch allen schonmal!

Um mal etwas mehr über mein Projekt zu verraten:
Also, das eine PWM-Signal taktet zwischen 0 und +12V, das andere 
dementsprechend zwischen 0 und -12V. Beide laufen ein Stück weit 
parallel auf zwei Leiterbahnen. Das ganze soll meherere 
parallelgeschaltete Impulstransformatoren anstuern (primärseits). Auf 
der Sekundärseite wird dann jeweils wieder über eine 
Spannungsverdopplerschaltung gleichgerichtet, um jeweils +/-15V 
(potentialgetrennt) zu erhalten. Ist für IGBT-Gateansteuerungen...

von Reinhard Kern (Gast)


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Wolfgang M. schrieb:
> Was Du da hast ist im Prinzip eine differentielle Microstrip-Leitung.

Hallo Wolfgang,

du gehst da auch davon aus, dass drunter eine GND-Fläche liegt, aber 
davon ist nicht die Rede! Für mich ist das auch schon ein Fehler an 
sich, aber so isses halt. Ein echter Solver sollte das trotzdem rechnen 
können (z.B. mit GND sehr weit weg), aber es ist so gesehen kein 
Microstrip, sondern eher sowas wie ein 2poliges Flachkabel.

Gruss Reinhard

von Haudrauf (Gast)


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Man kann auch Microstrip als Koplanar rechnen, dann muss keine GND plane 
mehr da sein. zB mit Appcad von HP.

von Anja (Gast)


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Man kann auch wie folgt +/-30% (3dB) abschätzen:


also



Gruß Anja

von Hübsch. (Gast)


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Schon mal eine verdrillte Zweidrahtleitung geätzt ;-)

von naja (Gast)


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Hübsch. schrieb:
> Schon mal eine verdrillte Zweidrahtleitung geätzt ;-)

Mit Durchkontaktierungen kein Problem, und sogar schon mal gemacht.
Ist aber nur durch umgebende Massefläche und weniger manuellen 
Herstellungsaufwand von Vorteil gewesen.

von Anja (Gast)


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Wer sagt denn daß die verdrillt sein muß.

von Hübsch. (Gast)


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Kam mir als typischer Wert grad in den Sinn. War jetzt auch nicht so 
ernst gemeint.

Aber, beim Zeichnen seiner Bahnen kann ihm die Impedanz nur vorschweben 
schliesslich ist er frei in der Wahl von Bahnbreite u. Abstand wie soll 
diese Betrachtungsweise da helfen ?

Sehe ich jetzt gerade nicht.

von Netter Gast. (Gast)


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Michael M. schrieb:
> Hmm, eigentlich war ich mir sicher, das mal ohne augeklappten C gelernt
> zu haben.




http://www.elektronikentwickler-aachen.de/allgemeines/kapazitaet_leiterbahnen.htm

Der machts auch so. Aber Belege aus einem Skript oder weiter Literatur 
sind mir nicht bekannt. Nührmann hatte den Faktor halt gleich mit der 
Feldkonstante verechnet während hier die dicke (Höhe) berücksichtigt 
wird.

Ist eh nur Pi mal Daumen.

von Anja (Gast)


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Hübsch. schrieb:
> Aber, beim Zeichnen seiner Bahnen kann ihm die Impedanz nur vorschweben
> schliesslich ist er frei in der Wahl von Bahnbreite u. Abstand wie soll
> diese Betrachtungsweise da helfen ?

Hallo,

die Leiterbahnbreite spielt erst dann eine wesentliche Rolle wenn eine 
Massefläche darunter / darüber vorhanden ist. Den Abstand kann er auch 
nicht beliebig wählen: ist begrenzt durch Minimal-Isolationsabstand (ca 
0,2 mm) und "eng benachbart" wegen Gesamt verfügbarer Fläche. (kostet ja 
schließlich Geld). Die Kupferdicke ist auch nicht beliebig wählbar 
(18-70um) -> in der Praxis streut der Kapazitätsbelag von Leitungspaaren 
auf 2-Lagen Layouts nur unwesentlich um 50pF/m.

Außerdem sind in der Formel nur Größen angegeben die sich mit ein 
bischen HF-Kenntnissen und einem schnellen Oszi leicht messen lassen.

Gruß Anja

von Netter Gast. (Gast)


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Anja schrieb:
> Außerdem sind in der Formel nur Größen angegeben die sich mit ein
> bischen HF-Kenntnissen und einem schnellen Oszi leicht messen lassen.

Klar, aber dann ist die Platine schon gefertigt.

Anja schrieb:
> die Leiterbahnbreite spielt erst dann eine wesentliche Rolle wenn eine
> Massefläche darunter / darüber vorhanden ist

Für die Kapazität nicht.

Für die Gesamtipedanz schon.

von Netter Gast. (Gast)


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Netter Gast. schrieb:
> Für die Kapazität nicht.

Missverständlich.

Die breite vergrössert die Plattenfläche und unweigerlich die Kapazität.

Und dann kommt es halt drauf an von sich der Rückstrompfad befindet was 
den induktiven Teil anlangt, aber darum gehts doch in der Fragestellung 
garnicht.

von Wolfgang M. (womai)


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Reinhard Kern schrieb:
> Wolfgang M. schrieb:
>> Was Du da hast ist im Prinzip eine differentielle Microstrip-Leitung.
>
> Hallo Wolfgang,
>
> du gehst da auch davon aus, dass drunter eine GND-Fläche liegt, aber
> davon ist nicht die Rede! Für mich ist das auch schon ein Fehler an
> sich, aber so isses halt. Ein echter Solver sollte das trotzdem rechnen
> können (z.B. mit GND sehr weit weg), aber es ist so gesehen kein
> Microstrip, sondern eher sowas wie ein 2poliges Flachkabel.

Auch wenn man in der Realitaet keine GND-Flaeche unterhalb hat, kann man 
die Leitung einwandfrei mit TNT/MMTL berechnen. Einfach die obligate 
GND-Flaeche im simulierten Modell weit genug weg von der Doppelleitung 
legen, d.h. erstes Dielektrikum sehr dick. Habe ich schon oefter gemacht 
und funktioniert prima, ohne jedes Konvergenzproblem. Einfacher Test, ob 
man "weit genug" ist: Abstand zur GND-Flaecher verdoppeln und nochmals 
simulieren - das Ergebnis sollte sich nicht signifikant aendern.

Wolfgang

von Wolfgang M. (womai)


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@Schraubenhuber,

wenn Du mir die Modellparameter sagst, kann ich die die Struktur auch 
schnell selber durchsimulieren. Ich brauche:

- Breite der Leiterbahnen
- Abstand zwischen den Leiterbahnen
- Dicke der Platine
- Dielektrizitaetskonstante der Platine
- Erdflaeche auf der anderen Seite ja/nein
- ich nehme an die Platine ist ein- oder zweilagig, korrekt?

Ich bin angemeldet, Du kannst mir das ganze also auch per PM schicken.

Gruss,

Wolfgang

von Purzel H. (hacky)


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Appcad von HP : http://www.hp.woodshot.com/

von Pothead (Gast)


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Hey noch Was schrieb:
> Appcad von HP : http://www.hp.woodshot.com/

Leider ein bissl mager.

http://www.mantaro.com/resources/impedance_calculator.htm


Kennt jemand ein Calculator für ein eingebettetes differenzielles Paar, 
welches unterschiedliche Abstände zur darüber- und darunterliegenden 
Plane hat? So wie hier, nur differenziell:

http://www.mantaro.com/resources/impedance_calculator.htm#asymmetric_stripline_impedance

von Wolfgang M. (womai)


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Ja, das kann man ebenfalls sehr einfach mit TNT/MMTL erschlagen. Solange 
man nur zwei Signalleiter hat, gibt das Programm sogar 
Even-Mode-Impedanz (Zeven) und Odd-Mode-Impedanz (Zodd) direkt aus. 
Differentielle Impedanz ist dann einfach

Zdiff = 2 * Zodd

Download von meiner Webseite: http://www.testtechniques.com --> Free 
Tools

Wolfgang

von Pothead (Gast)


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Super Tool! Danke Wolfgang.

von Wolfgang M. (womai)


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Nichts zu danken - ich hab's ja nicht geschrieben :-)

Ein paar kleine Fallen:

- um einen Leiter als Erde zu definieren (ausser Top- und Bottom-GND), 
muss der Name mit "gr" anfangen, nicht blos "g". Also z.B. grSchirm

- keine negative y-Offsets verwenden - das sieht zwar in der Anzeige 
richtig aus, aber die Berechnung liefert dann falsche Werte.

- Achtung, Anfangsdimension is Meter

Wolfgang

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