Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Maßnahmen zur Verbesserung der EMV-Abstrahlung


von Mille (Gast)


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Guten Tag,

ich habe ein Steuergerät für den Automobil-Bereich entworfen und bin 
grundsätzlich mit der Funktionalität zufrieden.
Letzte Woche war ich mit dem Steuergerät in einer EMV-Prüfzelle und war 
von dem Ergebnis überrascht. Bei eingestrahlten Störungen (Strip-Line) 
verhält sich das Gerät sehr gut und auch bei hohen Feldstärken (~100V/m) 
gibt es keine funktionalen Probleme. Was mir Sorgen macht ist die 
elektromagnetische Abstrahlung, die weit über den Grenzwerten 
vergleichbarer Geräte liegt.
Grundsätzlich sind an dem Steuergerät mehrere Sensoren und Aktuatoren 
angeschlossen und der notwendige Kabelbaum war ebenfalls in der 
Strip-Line.
Auf der Platine befindet sich sowohl der Prozessor (150MHz Taktrate), 
als auch hochfrequente Bussysteme mit den entsprechenden Bausteinen 
(CAN-Transceiver) sowie auch Leistungsbausteine (H-Brücke, IGBT,...).

Kann man pauschal sagen, was typische Ursachen für ein hohes Maß an 
elektromagnetischen Abstrahlungen sind? Sind das z.B. hochfrequente 
Bussysteme, die auf Leitungen, die nach außen gehen, einkoppeln?
Ich weiß nicht so recht, wo meine Ursachen liegen...

Freundliche Grüße,
Mille

von Anja (Gast)


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Mille schrieb:
> Ich weiß nicht so recht, wo meine Ursachen liegen...

Das schlimme ist:
Die KFZ-Grenzwerte liegen so niedrig daß alle von Dir genannten 
Schaltungsteile in Frage kommen.

Prozessor: Sind die Flankensteilheiten auf minimale Einstellung (für 
Funktion)
CAN: CAN-Drossel verbaut?
Leistungsbausteine: Die Stromanstiegsgeschwindigkeit muß je nach 
Grenzwert auf bestimmte Werte begrenzt werden.

Ferner spielt noch die Anordung der Bauteile im Gehäuse eine Rolle 
(Abstand Prozessor zu Steckverbinder). Die Anordnung der Filter-Cs im 
Stecker bzw. deren Gehäuseanschluß ist ebenfalls ein wichtiger Faktor.

Ein gutes EMV-Labor mit KFZ-Erfahrung sollte entsprechende Hinweise 
geben können.

Gruß Anja

von Kai Klaas (Gast)


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>Kann man pauschal sagen, was typische Ursachen für ein hohes Maß an
>elektromagnetischen Abstrahlungen sind?

In der Regel sind das Gleichtakt-Störungen auf der Platine und zwar auf 
der Massefläche! Dann strahlt sogar eine vermeindlich ruhige 
Masseleitung oder gar ein Kabel-Schirm.

Wie Anja bereits sagte, kommt dies oft von einem Prozessor oder einem 
anderen schnellen digitalen Schaltungsteil, der zu nahe an der Stelle 
abgeordnet ist, an dem die Kabel die Platine verlassen. Also, diesen Ort 
unbedingt "ruhig" halten, auch und gerade auf der Masse.

Wenn du Signale von anderen Stellen auf der Platine zu diesem Ort 
schickst, sollten sie gefiltert werden, und zwar so, daß keine 
Gleichtaktsignale die Masse verseuchen. Das macht man üblicherweise mit 
einem Gleichtaktfilter (Drossel, Pi-Filter, etc.).

An dem Ort, an dem die Signale das Board verlassen, mußt du eine 
RF-Plane (am besten als Teil eines Gehäuses) haben, auf die sich alle 
Filter und Kabelschirme beziehen. Diesen Ort verbindest du auch auf 
kürzestem Wege mit dem Autochassis. Dann ist die RF-Plane "geerdet".

Signale sollten an keinem anderen Punkt das Board verlassen als bei 
dieser RF-Plane, auch nicht DC-Signale, die vermeindlich langsam und 
"beruhigt" sind. Denn auch dort kann die Masse wieder verseucht sein mit 
Gleichtakt-Störungen.

Ale Signale, die das Board verlassen, sollten durch ein Gleichtaktfilter 
geführt werden, im einfachsten Fall ein Klapp-Ferrit, den du auch 
nachträglich anbringen kannst. Diese Gleichtaktdrossel verhindert, daß 
das Kabel Gleichtaktstörungen abstrahlt (bezogen auf die geerdete 
Auto-Karosserie), läßt gleichzeitig differentielle Signale aber 
unbeeinflußt.

Ich schätze mal, daß du mit einer Handvoll Klapp-Ferriten den CE-Test 
bestanden hättest, obwohl das natürlich unelegant ist.

Murata hat dazu sehr interessantes Material veröffentlicht, finde es 
aber gerade nicht.

Kai Klaas

von Kai Klaas (Gast)


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Hier hab ichs:

http://www.murata.com/emc/knowhow/pdfs/te15ey/8to15e.pdf

Lies dir das mal sehr aufmerksam durch!!

Kai Klaas

von Purzel H. (hacky)


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Zeig doch mal ein Photo des geoeffneten Geraetes und das Layout.

von Anja (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Ich schätze mal, daß du mit einer Handvoll Klapp-Ferriten den CE-Test
> bestanden hättest, obwohl das natürlich unelegant ist.

Die helfen allerdings nur bei hohen Frequenzen (um 100 MHz). Falls bei 
niedrigen Frequenzen Abstrahlungen vorhanden sind sollte man sich die 
Leistungsendstufen (Flankensteiheiten) anschauen.

Hey noch Was schrieb:
> Zeig doch mal ein Photo des geoeffneten Geraetes und das Layout.

und das Abstrahldiagramm damit wir wissen bei welchen Frequenzen die 
Probs auftreten.

Gruß Anja

von Jochen F. (jamesy)


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Mal ein ketzerischer Gedanke - der TO fragt nach Verbesserung der 
Abstrahlung, und alle geben hier nur Tips, wie man die Abstrahlung 
verringern, also verschlechtern kann. Man sollte sich fragen, WAS nun 
das Ziel des TO ist!

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